NATO-Russland-Rat

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Wappen der Ständigen Mission Russlands bei der NATO

Der NATO-Russland-Rat (Abkürzung NRR; englisch Nato-Russia Council; französisch Conseil OTAN-Russie) dient der Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den NATO-Staaten und Russland in Fragen der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik. 2002 wurde der fünf Jahre zuvor als Konsultationsforum gegründete „Gemeinsame Ständige NATO-Russland-Rat“ zum „NATO-Russland-Rat“ weiterentwickelt.

Geschichte

Seit 1991 arbeiten die NATO und Russland in Fragen der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik zusammen. 1994 wurde die Russische Föderation Mitglied im Programm „Partnerschaft für den Frieden“. Mit Unterzeichnung der „Grundakte über gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit zwischen der NATO und der Russischen Föderation“ vom Mai 1997[1] wurde die Kooperation darüber hinaus gefestigt.

Mit der Grundakte sollten Russlands Vorbehalte gegen die NATO-Osterweiterung im Vorfeld des Beitritts osteuropäischer Staaten abgeschwächt werden. Grundakte und NATO-Russland-Rat wurden 1997 vereinbart, 1999 traten Polen, Ungarn und Tschechien der NATO bei.

Die Grundakte legte den Mechanismus für die Konsultation, die Zusammenarbeit, die gemeinsame Entscheidungsfindung und das gemeinsame Handeln fest. Um die Ziele der Grundakte zu verwirklichen, wurde ein „Gemeinsamer Ständiger NATO-Russland-Rat“ eingerichtet, der zum „NATO-Russland-Rat“ (NRR) weiterentwickelt wurde. Russland und 19 NATO-Staaten unterzeichneten im Mai 2002 die „Erklärung von Rom“, mit der dieser neue „Rat der 20“ eingerichtet wurde. Er soll das wichtigste Forum für Konsultationen, besonders in Krisenzeiten, zwischen NATO und Russland bieten.[2] Der „Gemeinsame Ständige Rat“ hatte ein „NATO+1-Format“; Russland entsandte einen Vertreter mit Botschafterrang zur NATO. Der „NATO-Russland-Rat“ arbeitet im „29-Format“; Russland und inzwischen 28 NATO-Staaten kooperieren als „gleiche Partner in Bereichen gemeinsamen Interesses“.[3][4] Beim NATO-Gipfel im November 2002 in Prag erklärten die Staats- und Regierungschefs folgende Themen zu gemeinsamen Interessenbereichen von NATO und Russland: Friedenserhaltung, Verteidigungsreform, Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und Trägersystemen, Rüstungskontrolle, Luftverteidigung am Gefechtsfeld, Such- und Rettungsdienst, zivile Notfallplanung, taktische Raketenabwehr und Terrorismusbekämpfung.[5]

Im Jahr 2001 richtete die NATO ein Informationsbüro in der russischen Hauptstadt ein. Russland eröffnete eine Ständige Vertretung beim NATO-Hauptquartier in Brüssel und SHAPE in Mons (Belgien).

Unter Vorsitz des NATO-Generalsekretärs treffen Russland und die Allianz im Rat Entscheidungen nach dem Konsensprinzip. Die Bestimmungen räumen weder der NATO noch Russland ein Veto-Recht über die Handlungen der jeweils anderen Seite ein. Der NRR tagt zweimal jährlich auf Ebene der Außen- und Verteidigungsminister sowie der Generalstabschefs. Die militärische Zusammenarbeit wird im gemeinsamen Ausschuss monatlich koordiniert.

Wappen

Wappenbeschreibung: Der russische Doppeladler hält in seinen Klauen die Kompassrose der NATO-Flagge, welche wiederum von den Farben der russischen Streitkräfte bzw. des Heiligen Georg gesäumt wird.

NATO-Russland-Rat in militärischen Konflikten

Kosovo-Konflikt

Infolge des Kosovokriegs zog Russland im März 1999 seinen Vertreter bei der NATO zurück und nahm die Beziehungen erst im Februar 2000 wieder auf.[6]

Terrorismus-Bekämpfung im Mittelmeer

Die NATO-Staaten unterzeichneten im Dezember 2004 im NATO-Russland-Rat ein Übereinkommen, demzufolge Russland die NATO-Operation Active Endeavour unterstützt. Russland stellte dazu die Fregatten RFS Pitliviy und RFS Ladniy unter NATO-Kommando.[7]

Kaukasus-Konflikt 2008

Am 19. August 2008 beschlossen die Außenminister der NATO vor dem Hintergrund des Georgienkonflikts, die Arbeit des NATO-Russland-Rates bis auf weiteres auszusetzen.[8] Am gleichen Tag wurde die Gründung einer NATO-Georgien-Kommission („NATO Georgia Commission“) beschlossen, die die Aufnahme Georgiens in die NATO vorbereiten helfen sollte.[9][10] Anfang Dezember 2008 sprachen sich die Außenminister der NATO für die Wiederaufnahme informeller Gespräche im NATO-Russland-Rat aus. Die NATO wolle so „ein bedingtes und abgestuftes neues Engagement mit Russland“ einleiten, die Beziehungen seien aber auch weiterhin angespannt.[11] Nachdem die neue US-Regierung unter Barack Obama einen Neuanfang der Beziehungen zu Russland angekündigt hatte, beschlossen Anfang März 2009 die Außenminister der NATO-Staaten die Wiederaufnahme von Gesprächen auf Ministerebene im NATO-Russland-Rat.[12]

Ukraine-Konflikt ab 2014

Im September 2014 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der in der NATO verbündeten Länder auf dem NATO-Gipfel in Wales wegen der Krise in der Ukraine 2014 jegliche praktische militärische und zivile Zusammenarbeit zwischen der NATO und Russland auszusetzen, die politischen Kommunikationskanäle jedoch weiter offenzuhalten.[13] Dieser Beschluss folgte einem Übereinkommen der Außenminister der NATO-Staaten vom 1. April 2014, die Kooperation im NATO-Russland-Rat auf die diplomatische Ebene der Botschafter zu beschränken.[14]

Nach zweijähriger Pause tagte der NATO-Russland-Rat erstmals wieder am 20. April 2016 in Brüssel, um ein diplomatisches Vorankommen zu arrangieren.[15]

Weblinks

Commons: Relations of NATO and Russia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Grundakte über gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit zwischen der NATO und der Russischen Föderation
  2. Johannes Varwick: Die NATO. Vom Verteidigungsbündnis zur Weltpolizei?, München 2008, ISBN 978-3-406-56809-1, S. 108f.
  3. NATO.NATO-Russia-Council
  4. Gunther Hauser: Die NATO – Transformation, Aufgaben, Ziele, Frankfurt 2008, ISBN 978-3631573679, S. 105
  5. Erklärung der Staats- und Regierungschefs des NATO-Gipfels in Prag vom 21./22. November 2002
  6. Johannes Varwick: Die NATO. Vom Verteidigungsbündnis zur Weltpolizei?, München 2008, ISBN 978-3-406-56809-1, S. 109
  7. Gunther Hauser: Die NATO – Transformation, Aufgaben, Ziele, Frankfurt 2008, ISBN 978-3631573679, S. 165
  8. Spiegel Online: Truppenabzug aus Georgien: Nato friert Beziehungen zu Russland ein
  9. Varinia Bernau: „Eine brisante Liaison“, sueddeutsche.de, 20. August 2008
  10. „NATO’s relations with Georgia“ (Memento vom 8. Mai 2007 im Internet Archive) (NATO, 28. August 2008)
  11. Der Tagesspiegel: Ein Kompromiss zum Abschied vom 3. Dezember 2008.
  12. Spiegel Online: Westen beendet die Eiszeit mit Russland vom 5. März 2009.
  13. Gipfelerklärung von Wales. Treffen des Nordatlantikrats auf Ebene der Staats- und Regierungschefs in Wales, Veröffentlicht am 5. September 2014
  14. NZZ:Nato stoppt Kooperation mit Russland, NZZ vom 1. April 2014
  15. Die Nato und Moskau kommen ins Gespräch, Neue Zürcher Zeitung, 20. April 2016