Ofra (Unternehmen)

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OFRA

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Rechtsform GmbH & Co. KG
Gründung 1945
Auflösung 2014
Sitz Beverungen
Mitarbeiterzahl ca. 50 (2010)[1]
Umsatz ca. 30 Mio. EUR (2010)[1]
Branche Systembau

Die Ofra Generalbau GmbH & Co. KG (Eigenschreibweise OFRA) war ein deutsches Unternehmen mit Sitz in der ostwestfälischen Stadt Beverungen, das Gebäude in Systembauweise produzierte. Dabei wurde der Stahlskelettbau mit vormontierten Segmenten verwendet, entsprechend dieser Leichtbauweise werden kleinere Gebäude des Herstellers häufig als OFRA-Pavillons bezeichnet. Gegründet wurde OFRA 1945 von Oskar Franz in Karlshafen, das Namenskürzel des Gründers „O. Fra.“ bildete dabei die Firma. 1953 erfolgte der Umzug nach Beverungen, das Produktsortiment umfasste zunächst Stahlrohrmöbel. 1961 begann OFRA mit der Herstellung von Systembauten, überwiegend für Schulen und Verwaltungsgebäude, später auch Krankenhäuser und Hotels. OFRA stellte zum Jahresende 2013 die Geschäftstätigkeit ein.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Unternehmensgründer Oskar Franz (1913–1994) stammte aus einer Bauernfamilie im Dorf Frohnhofen, Ortsteil von Laufach in Unterfranken. Nach dem Besuch der Techniker- und Ingenieurschule in Würzburg arbeitete er bei Siemens. Im Zweiten Weltkrieg diente er als Soldat und gründete 1945 nach der Rückkehr sein Unternehmen. Für seine Verdienste um seinen Heimatort wurde er 1973 zum Ehrenbürger von Laufach ernannt. 1994 wurde dort die Oskar-Franz-Straße nach ihm benannt.[2]

Marke auf der Sperrholz-Sitzfläche eines OFRA-Klappstuhls

Oskar Franz gründete OFRA 1945 in Karlshafen.[3] Sein erstes Produkt waren handgesägte Frühstücksbrettchen, dann auch Schmuckkästchen, beides aus Holz. Später kamen Stahlrohrmöbel und Gartenmöbel ins Produktsortiment.[4] Besonders erfolgreich war OFRA mit Hollywoodschaukeln. Neben Möbeln für den privaten Gebrauch fertigte OFRA auch Tische und Stühle (insbesondere Klappstühle) für Schulen.[4] 1953 erfolgte der Umzug nach Beverungen.[3] Zu Klappliegen und -stühlen sowie Gartenmöbeln meldete Franz von 1956 bis 1965 knapp 80 Patente an.[5]

1961 begann OFRA mit der Herstellung von Systembauten, zunächst für Schulen, Kindergärten und Verwaltungsgebäude. Die schnelle Montage und die im Vergleich zu Massivbauten geringeren Kosten begünstigten die Herstellung von Räumen im Bildungsbereich, wo in den 1960er Jahren angesichts des Baby-Booms viele Schulen benötigt wurden. Ende der 1960er Jahre stellte OFRA Module für mehr als 100 Klassenräume pro Monat her. Bis 1970 wurden allein nach Hamburg Schulhäuser mit in Summe etwa 800 Klassenräumen geliefert und montiert,[4] insgesamt entstanden in Hamburg mehr als 100 Schulgebäude.[6] Mit Stand 1979 hatten deutschlandweit mehr als eine Million Kinder einen Teil ihrer Schulzeit in OFRA-Schulbauten durchlaufen.[7] Später kamen Krankenhäuser und Hotels zum Produktsortiment hinzu.[3]

1987 trat Oliver Franz, der Sohn des Gründers, in die Geschäftsführung ein.[4][8] Zwischen 2005 und 2010 lag der Umsatz der OFRA Generalbau zwischen knapp 19 und 32 Millionen Euro, wobei das Geschäftsjahr 2007 mit knapp 10 Millionen Euro einen Ausreißer nach unten darstellte.[1] Die Weltfinanzkrise sorgte 2008 für einen starken Einbruch im Bausektor. Auf die mangelnde Auslastung reagierte die Geschäftsleitung von OFRA mit einem starken Personalabbau, vorher 90 Mitarbeiter.[4] 2010 beschäftigte die Gesellschaft 51 Mitarbeiter.[1]

OFRA stellte zum Jahresende 2013 die aktive Geschäftstätigkeit ein. Zu diesem Zeitpunkt bestanden noch sechs unfertige Bauvorhaben, die mit dem bereits abgebauten Mitarbeiterstamm nicht mehr beendet werden konnten. Das Unternehmen samt den dazugehörigen Beteiligungen wurde 2014 aufgelöst bzw. ging in die Insolvenz.[9]

Technik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gebäude von OFRA bestehen aus selbsttragenden Modulen, die in den eigenen Produktionshallen in Beverungen hergestellt wurden. Jedes Modul besteht aus einem Stahlskelett mit integrierten Außenwänden, Decken, Böden und Fenstern. In der Herstellung wurde zuerst der Boden des Moduls aus einem viereckigen Rahmen aus Quadratstahlrohren gebildet, die an den Ecken zusammengeschweißt wurden. Dann wurde der Boden mit Trapezblech ausgekleidet, dessen Sicken später mit Leichtbeton verfüllt wurden. Die Ecken des Moduls wurden durch Pfosten aus Quadratstahlrohren gebildet. Die Decke war wie der Boden ein Rahmen aus Quadratstahlrohren, der mit Trägern ausgesteift wurde. Boden, Eckpfosten und Decke wurden an den Ecken miteinander verbunden. Das tragende Stahlskelett wird somit einzig durch die Außenkanten jedes Moduls gebildet, innere Wände sind wie die Fassadenelemente nie tragend. Somit können innere Wände später versetzt werden, ebenso kann die Fassadenverkleidung oder Dämmung getauscht werden.[10]

Innere Erschließungselemente wie Treppen und Fahrstuhlschächte wurden vorproduziert und waren bei Anlieferung an der Baustelle bereits in den Modulen enthalten. Ebenfalls noch im Werk wurden die Module an den Wänden beplankt und an Decken wie äußeren Wänden mit Mineralwolle gedämmt. Im Schallschutz wurden so die Anforderungen der DIN 4109 („Schallschutz im Hochbau“) erfüllt, die Wärmedämmung lag bei einem U-Wert von 0,2. Auf Wunsch wurden die Module speziell für den Brandschutz ausgestattet, wodurch eine Feuerwiderstandsklasse von bis zu F 180 (DIN 4102-2) erreichbar war.[10]

Diese Module wurden per Schwerlaster oder Schiff zur Baustelle transportiert und dort montiert. Ungewöhnlich war die Reihenfolge der Montage: Die Module einer Rasterbreite wurden bis zur maximalen Höhe von sieben Vollgeschossen aufgestapelt und verbunden, erst dann erfolgte die Montage der nächsten Reihe. Ein mehrstöckiges Gebäude wuchs so zur Seite, nicht von unten nach oben.[6] Die Module wurden am Montageort verschraubt oder verschweißt. Danach erfolgte der Ausbau auf konventionelle Art. Versorgungsleitungen wurden an der Decke angebracht, die danach abgehängt wurde. Fassaden konnten nach Wunsch gestaltet werden, Putz war ebenso möglich wie Metall, Kunststoff oder Holz.[10]

Die oben genannten Werte für Schall- und Wärmeschutz bei OFRA-Neubauten beruhen auf Angaben von 2005 bzw. 2010.[10] Frühere OFRA-Pavillons entsprechen häufig nicht mehr den aktuellen Anforderungen, so wie sie zum Beispiel im Gebäudeenergiegesetz festgelegt sind. Durch ihre Bauart lassen sich Stahlskelettbauten im Vergleich zu Massivbauten schwieriger nachträglich dämmen, da ein Wärmedämmverbundsystem nicht ohne weiteres auf nicht-tragende Paneele geklebt oder gedübelt werden kann. Neben der schlechten Wärmedämmung wurde bei „Container[n], mobile[n] Pavillons oder demontable[n] Einheiten“ in Schulen und Kindergärten nach einer Nutzungszeit von mehr als 20–30 Jahren teils die Ausgasung von Schadstoffen aus Plastikpaneelen und Dämmstoffen befürchtet.[11] Zusammengenommen führt dies bei Grundsanierungen an Schulstandorten häufig zur Entscheidung gegen die Sanierung und für den Abbruch von OFRA-Bauten. Durch die Montageart sind dabei Wertstoffe vergleichsweise gut zu trennen, die Stahlbauteile können dem Recycling zugeführt werden.

Bauwerke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Airbus-Werk in Finkenwerder (2007), die kammförmigen Gebäude links oben im Luftbild bilden einen Teil des Verwaltungszentrums (Gebäude 54–58)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: OFRA – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d OFRA Generalbau GmbH & Co. KG, Beverungen: Jahresabschluss zum 31. Dezember 2010 mit Lagebericht. (Veröffentlicht im Elektronischen Bundesanzeiger)
  2. Geschichte(n) aus dem Laufachtal. Oskar Franz - „Ofra“. In: Laufacher Amts- und Mitteilungsblatt, 62. Jahrgang 2020, Nr. 49 (4. Dezember 2020), S. 8. (online)
  3. a b c Deutsche Wirtschaftarchive, Band 1. 3. Auflage, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1994, S. 207. (eingeschränkte Vorschau auf Google Bücher)
  4. a b c d e Andreas Moseke: Ofra übersteht den Sturm. Bauunternehmen hat Krise im Jahr 2008 bewältigt. In: Westfalen-Blatt vom 29. September 2011.
  5. Anmeldungen von Oskar Franz bei Google Patents
  6. a b c d Gisela Schütte: Raum auf Raum statt Stein auf Stein. In: Die Welt, 17. August 2002.
  7. Der Städtetag, ISSN 0038-9048, 32. Jahrgang 1979, S. 189.
  8. Zur Person von Oliver Franz siehe auch dessen Website, abgerufen im Juli 2021
  9. Alexandra Rüther: Ofra in der Insolvenz. In: Westfalen-Blatt vom 20. Februar 2014. (Das Insolvenzverfahren wurde vor dem Amtsgericht Paderborn geführt, zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Wolfgang Köhler aus Lippstadt bestellt.)
  10. a b c d OFRA Generalbau GmbH & Co KG: Das Prinzip der OFRA Systembauweise. Beverungen 2005.
  11. Umweltgifte in Schulcontainern. Kleine Anfrage der Abgeordneten Vera Lengsfeld, Rita Grießhaber, Michaele Hustedt, Dr. Jürgen Rochlitz und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 5. Juni 1996. (Deutscher Bundestag, 13. Wahlperiode, Drucksache 13/4815) und Antwort der Bundesregierung vom 24. Juni 1996. (Drucksache 13/5045)
  12. Neue Büros entstehen im Sauseschritt. In: Saarbrücker Zeitung, 17. September 2003. (Ressort Wirtschaft, Gesamtausgabe)
  13. R. Hoffmann-Wittenburg: NDR dokumentiert Klinikbau : Fernsehteam dreht bei Ofra in Beverungen. In: Neue Westfälische, 17. August 2004.
  14. Architekturbox, Website von Architekturführungen in Hamburg, 26. Mai 2016. (Vergleiche Walter Meyer-Bohe: Baukonstruktion: ein Kompendium. Kohlhammer, Stuttgart 2008, S. 81. und Deutsche Bauzeitung, Band 140 (2006), S. 117. und The Architectural Review, ISSN 0003-861X, Band 220 (2006), S. 94.)
  15. Bürobau im hessischen Korbach fertig, 5. März 2009, Baunetz
  16. Korbach: Verwaltungsgebäude - Abdichtung bei unterschiedlicher Bauweise, Bitumenbahn GmbH (Abgerufen im August 2021)
  17. Bundesbank Frankfurt Erweiterungsbau, Entwurf Tagebau Architekten, Leipzig
  18. Inselklinik: Der Grundstein ist gelegt. In: Fehmarnsches Tageblatt, 29. September 2011.