stoersender.tv

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Störsender.tv)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

stoersender.tv war ein satirischer deutscher Internetfernsehsender. Er präsentierte von Ende März bis Dezember 2013 alle zwei Wochen ein 20- bis 40-minütiges Video-Magazin zu kritisch betrachteten Themen unter Mitwirkung bekannter Kabarettisten. Zentrale Figur des „Störsenders“ war Dieter Hildebrandt (gestorben am 20. November 2013) und zusammen mit Georg Schramm und Konstantin Wecker auch dessen Gründer.

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Idee und Konzept für das Internetmagazin entwickelte Ende 2011 der Journalist und PR-Berater Stefan Hanitzsch,[1] Sohn von Dieter Hanitzsch, in Gesprächen mit Dieter Hildebrandt. Im Mittelpunkt sollte von vornherein der seinerzeit bereits 84-jährige Kabarettist stehen und zugleich für den „Störsender“ werben.[2][3]

Finanzierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 6. Dezember 2012 wurde das Projekt „Störsender“ der Presse vorgestellt, um über ein Crowdfunding mit der Plattform Startnext die Finanzierung der ersten zwanzig Folgen abzusichern. Bereits am 25. Januar 2013 war der anvisierte Betrag von 125.000 Euro gesammelt und um 30.000 Euro übertroffen worden.[4][2]

Frank-Markus Barwasser, Erfinder der Figur „Erwin Pelzig“, Urban Priol und andere spendeten dem „Störsender“ je 2222 Euro und traten wie die meisten anderen Kabarettisten ohne Gage auf. Diese Form der Finanzierung erlaubte lediglich den Bezug eines festen Gehalts von Redaktionsleiter Hanitzsch sowie die Honorierung der Kameraleute.[5][6]

Konzept[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

stoersender.tv definierte sich als Crossover-Medium, das „Kabarett, Journalismus und politisches und soziales Engagement zu einer Kampagnen-Plattform“ verbinde.[7] Unter „Soziales Engagement“ werden „Störereien aller Art, online und offline“ verstanden, zudem will stoersender.tv „Alternativen aufzeigen“.[8] Nach eigener Einschätzung gab es inhaltliche Gemeinsamkeiten mit der Internetplattform „Generation Solidarität“ des Fernsehsenders Arte, auf der stoersender.tv mit einem Blog vertreten war.[9][10][11]

Der „Störsender“ wollte mehr Menschen zu politischem Engagement bewegen, „Gegenöffentlichkeit zum Fernsehen schaffen“[12] und Menschen und Organisationen „stören, die ihrerseits die Demokratie stören“. Zu den Inhalten des alle 14 Tagen erschienenen IPTV-Magazins, das auch über Vimeo und YouTube verbreitet wurde, heißt es: „Politiker aller Parteien nehmen wir auf den Arm, Extremisten aller Couleur nehmen wir aufs Korn und Aktivisten aller Art nehmen wir ins Programm.“[8]

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Deutschlandradio Kultur bezeichnete stoersender.tv als „Spielwiese des subversiven Geistes“ und befand nach der ersten Episode: „Scharf, ironisch, analytisch, oft heiter anarchisch“.[13] Focus Online fragte hingegen: „Stört das wirklich irgendwen?“ Und anstatt dass Dieter Hildebrandt „Aufregenderes, Verstörenderes“ beitrüge, wirkten seine Intermezzi wie „‚Löwenzahn‘ für mündige Bürger“.[14] In der Wochenzeitung der Freitag schrieb Nils Markwardt, dass Stefan Hanitzsch einen Großteil der ersten Folge in „ganz spaßfreien Gesprächen“ mit dem Erfurter Ökonomieprofessor Helge Peukert bestritten habe – da bleibe „der Lachfaktor gering, der Informationsfaktor hingegen hoch. Obschon man vor allem Scharpfs Thesen zum Vollgeldsystem anzweifeln darf, ergänzen sich diese journalistischen Beiträge überraschend gut mit den kabarettistischen Teil der Sendung.“ Nur an einem Sujet, nämlich Angela Merkel – die „bekanntlich eine ziemlich harte Nuss für Kabarettisten“ sei –, sei die erste Folge des Störsenders komplett gescheitert: Ein „leidlich lustiges Lied über Angies Lächeln von Konstantin Wecker, ein uninspirierter Cartoon über die Kumpanei von Bundesregierung und Bankern und ein platter Einspieler über Merkels neues nordkoreanisches PR-Team – das ist flach und oberflächlich.“[7] Nichtsdestotrotz äußerte sich Markwardt abschließend im Hinblick auf die kommende Folge hoffnungsvoll.

Abrufbare Sendungen (Season One)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1. Episode, 28. März 2013: Klappe, die erste! Finanzkasinokapitalismus! (40:09 min)
  • 2. Episode, 14. April 2013: Wasser marsch! (37:53 min)
  • 3. Episode, 28. April 2013: Die Herren der Welt (23:30 min)
  • 4. Episode, 15. Mai 2013: Brauner Dunst (31:42 min)
  • 5. Episode, 5. Juni 2013: Benefizgala Teil 1 (56:35 min)
  • 6. Episode, 24. Juni 2013: Benefizgala Teil 2 (40:09 min)
  • 7. Episode, 11. Juli 2013: Altersarmut & Pflegenotstand (45:11 min)
  • 8. Episode, 25. Juli 2013: NSA-Spione & Große Brüder (19:53 min)
  • 9. Episode, 30. Juli 2013: Neuer HVB-Skandal – Rudolf Schmenger im Interview... (26:56 min)
  • 10. Episode, 11. August 2013: Lobby-Fotobombing! (19:47 min)
  • 11. Episode, 6. September 2013: Stoertalk – „Ausreden“ (88:10 min)
  • 12. Episode, 13. September 2013: Demo „UmFAIRteilen“ (60:32 min)
  • 13. Episode, 28. September 2013: Das organisierte ERbrechen und die DADA-Wiesn (23:35 min)
  • 14. Episode, 2. November 2013: Aufruf zur Revolte (43:34 min)
  • 15. Episode, 14. November 2013: Planet Merkel (16:43 min)
  • 16. Episode, 24. Dezember 2013: Ausreden II, der Stoertalk (105:31 min)

Das Datum bezieht sich auf den Upload der jeweiligen Sendung dieser ersten Staffel, bezeichnet als „Season One“, die Angaben in Klammern auf deren Dauer.[15]

Stör-Aktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 23. April 2013 verlieh der „Störsender“ in München dem Apple-Konzern die russische Staatsbürgerschaft ehrenhalber – „für besondere Verdienste beim Schlupfen in Steuerlöchern“.[16] Apple zahle außerhalb der USA nur 1,9 Prozent Steuern. Die Urkunde überreichte Wladimir Kaminer, begleitet von Dieter Hildebrandt, Stefan Hanitzsch und der Münchner Express Brass Band in russischen Militäruniformen, an einen Manager des lokalen Apple-Store.[16]

Mitwirkende und Unterstützer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf der Projektseite zu stoersender.tv werden u. a. folgende Personen gelistet:[8]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Kurzvita von Stefan Hanitzsch auf startnext.de
  2. a b Jörgen Camrath: Ein Störsender gegen die Ungerechtigkeit der Welt in The Wall Street Journal vom 28. März 2013
  3. Richard Gutjahr: Stör langsam – Dieter Hildebrandt goes Web-TV, Interview mit Dieter Hildebrandt und Stefan Hanitzsch auf gutjahr.biz
  4. Geschafft! Réalisé! (Memento vom 7. März 2013 im Internet Archive) Beitrag im Arte-Journal „Generation Solidarität“ am 28. Januar 2013
  5. Max Muth: Dieter Hildebrandt kommt, um zu stören., siehe Seite 2: Schramm, Polt, Butzko, Barwasser, alle helfen ehrenamtlich. in Der Tagesspiegel vom 30. März 2013
  6. stoersender.tv mit Dieter Hildebrandt, Pinnwand auf startnext.de zu stoersender.tv, abgerufen am 24. April 2013
  7. a b Nils Markwardt: Dieter Hildebrandt 2.0 in der Freitag vom 4. April 2013
  8. a b c stoersender.tv mit Dieter Hildebrandt, Projektbeschreibung im Blog zum „Störsender“ auf startnext.de
  9. Stefan Hanitzsch: Störsender – hier darf jeder mitmischen (Memento vom 21. April 2013 im Internet Archive) im Arte-Journal „Generation Solidarität“
  10. Die Kamera läuft … dank Euch!, Störsender.tv im Arte-Journal vom 16. Januar 2013, ab Minute 3:00 von 4:13 Minuten
  11. Andre Zantow: Neues Projekt für alten Störenfried in Deutschlandradio Kultur am 28. März 2013
  12. Kabarett im Internet: Hildebrand hat Startkapital für seinen Störsender zusammen, Süddeutsche Zeitung, 29. Januar 2013
  13. Beitrag in Deutschlandradio Kultur am 2. April 2013
  14. Sandra Zistl: Stört Dieter Hildebrandts neuer Sender? in Focus Online vom 2. April 2013
  15. Die komplette Season One von stoersender.tv. Für 30 Tage gratis zu testen, online unter stoersender.tv.
  16. a b Wolfgang Görl: Satireprojekt „Störsender.tv“: Absurdistan marschiert gegen Apple, Süddeutsche Zeitung, 23. April 2013