Flugunfall der Star Dust

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Flugunfall der Star Dust

Eine Avro 691 Lancastrian der BOAC 1945

Unfall-Zusammenfassung
Unfallart Controlled flight into terrain
Ort Tupungato (Vulkan)
Datum 2. August 1947
Todesopfer 11
Überlebende keine
Luftfahrzeug
Luftfahrzeugtyp Avro 691
Betreiber British South American Airways
Kennzeichen G-AGWH
Name Star Dust
Passagiere 6
Besatzung 5
Listen von Luftfahrt-Zwischenfällen

Das Flugzeug des Typs Avro 691 Lancastrian 3 der 1949 von der British Overseas Airways Corporation (BOAC) übernommenen Fluggesellschaft British South American Airways (BSAA) mit Namen Star Dust (Sternenstaub) und dem Luftfahrzeugkennzeichen G-AGWH verschwand am 2. August 1947 mit fünf Besatzungsmitgliedern, bestehend aus dem Flugkapitän R. J. Cook, dem ersten Offizier N. H. Cook, dem zweiten Offizier D. S. Checklin, dem Radio-Offizier Dennis B. Harmer und der Stewardess Iris M. Evans,[1] sowie sechs Passagieren an Bord unter lange Zeit rätselhaften Umständen in einem Schneesturm über den argentinischen Anden. Für den Namen am Bug des Flugzeugs wurde neben STAR DUST zeitweise auch die übliche englische Schreibweise STARDUST verwendet.[2]

Flugablauf

Das Flugzeug war am Tag des Absturzes auf der Strecke Buenos AiresSantiago de Chile mit der Flugnummer C.S.59 eingesetzt und sollte dabei nach dem Überflug von Mendoza das Gebirgsmassiv der Anden von Ost nach West überqueren.

Trotz einer äußerst schlechten Wetterlage über den Bergen mit eingeschränkter oder nicht mehr vorhandener Erdsicht hatten sich die Piloten für eine direkte Anden-Überquerungsroute entschieden, statt eine der für solche Fälle empfohlenen Ausweichstrecken zu benutzen. Laut Funktelegrafiemeldung von 17:00 Greenwich Mean Time (GMT) stiegen sie zur Andenüberquerung auf eine Flughöhe von 24.000 ft (ca. 7.300 m): „1700 hrs 32°50' S 68°30' W, Height 20 000 feet, ascending to 24 000 feet, speed 194 knots, ETA Santiago 1743 hrs“, übersetzt: „Position von 17:00 ist 32°50' Süd, 68°30' West, Höhe 20 000 Fuß, steigen auf 24 000 Fuß, Geschwindigkeit (unkorrigierte Geschwindigkeit gegenüber der umgebenden Luft, englisch: Indicated air speed, IAS) 194 Knoten, geschätzte Ankunftszeit in Santiago de Chile 17:43 Uhr.“

Um 17:33 GMT erhielt der Funker des Flughafens in Santiago de Chile vom Flugzeug die Meldung: „ETA Santiago 1745 hrs“ (geschätzte Ankunftszeit in Santiago 17:45 Uhr). Die letzte Nachricht von Bord des Flugzeuges wurde um 17:41 GMT vom Bodenfunker in Santiago verstanden als: „ETA Santiago 1745 hrs STENDEC“. Der Lotse im Tower fand für das derart gelesene letzte Meldungswort und seine auf Nachfrage vom Bordfunker noch gegebene doppelte Wiederholung keine Erklärung, es wurde zu einem Mysterium. Bis heute wurden zahllose unterschiedliche Theorien über die Bedeutung dieser Nachricht aufgestellt. Ein spanisches UFO-Magazin benutzte die leicht abgewandelte Form STENDEK sogar als Titel.

Nach dem Absturz

Aufgrund des dichten Schneesturms ging man von einem Absturz der Star Dust aus, da die Piloten, kurz bevor die Verbindung zum Flugzeug abriss, mit ihrer letzten Funkmeldung indirekt ausgedrückt hatten, dass sich die Star Dust im Landeanflug auf Santiago de Chile befinde. Deswegen suchte man zunächst die nähere Umgebung des Flughafens ab. Doch da man keine Wrackteile fand, dehnte man die Suche immer weiter aus. Da sich unter den sechs Passagieren und der fünfköpfigen Crew auch ein britischer diplomatischer Kurier mit geheimen Papieren befand, drängte die britische Regierung auf eine Aufklärung des Verbleibs der Star Dust.

Trotz einer intensiven Suche, in die auch diverse Bergketten einbezogen wurden, wurde kein einziges Trümmerteil gefunden. Das Flugzeug blieb zunächst verschollen. Im Lauf der nächsten Jahre entstanden wilde Gerüchte über den Verbleib, darunter auch UFO-Theorien und diverse Verschwörungstheorien wegen des an Bord befindlichen Kuriers.

Entdeckung der Wrackteile

Erst mehr als 50 Jahre später, am 23. Januar 2000, entdeckte eine Bergsteigergruppe am Fuße des Tupungato einen Flugzeugmotor. Ein Expeditionsteam der argentinischen Armee untersuchte daraufhin die Gegend und fand weitere Flugzeugüberreste. Auf einem Wrackteil waren die Buchstaben „Star Dust“ zu erkennen. Man geht davon aus, dass ungefähr 10 % der Überreste gefunden wurden.[3]

An einem entdeckten Propeller konnte anhand der Beschädigungen und Verformungen nachgewiesen werden, dass im Moment des Flugzeugabsturzes die Motoren mit nahezu der Drehzahl der Reisegeschwindigkeit gelaufen sein mussten. Aus weiteren aufgefundenen Trümmern einschließlich der zwei großen Räder des Flugzeugs konnte man schließen, dass auch das Fahrwerk noch nicht ausgefahren war. Aus diesen Indizien und anhand der Verformung der Wrackteile schließen Gutachter auf einen kontrollierten Flug direkt in den Berghang, mit normal laufenden Motoren.[3]

Für einen unkontrollierten Absturz beispielsweise aufgrund von Motor-, Propeller- oder Tragflächenschäden oder auch für eine bewusst eingeleitete Notlandung konnten bislang keinerlei Hinweise gefunden werden.

Absturzursachen

Die wahrscheinlichste Erklärung für die Unglücksursache ist der Jetstream. Mit diesem bis zu 400 km/h extrem starken Höhenwind hatten Piloten damals kaum Erfahrung, da nur wenige Flugzeuge – so beispielsweise eben Lancastrians wie die Star Dust – überhaupt hoch genug fliegen konnten, um in den Jetstream zu geraten. Heutige Experten halten es aufgrund der damaligen Wetteraufzeichnungen für wahrscheinlich, dass der Jetstream der Star Dust mit etwa 100 Meilen pro Stunde (160 km/h) entgegenblies. Damit hätte er das Flugzeug deutlich verlangsamt, ohne dass es den Piloten aufgefallen war.

Ohne Bodensicht und Astronavigation1) war mit den damaligen Bordinstrumenten allein die relative Fluggeschwindigkeit gegenüber der umgebenden Luft ermittelbar und nicht – wie ab den späten 1960er Jahren mit Trägheitsnavigationssystemen – auch die Geschwindigkeit über Grund. Diese ermittelten damalige Navigatoren bei ausreichender Sicht mit Hilfe der Uhr und mit kartografierten Objekten am Boden (Koppelnavigation), was in der Star Dust wegen Schneesturms nicht möglich war.[3]
1) Ob auf diesem Flug astronomische Navigation überhaupt möglich war und angewandt wurde, ist nicht bekannt.

Aufgrund von verstrichener Zeit und gemessener Geschwindigkeit wähnte sich die Besatzung also höchstwahrscheinlich schon jenseits der Bergkette, gab die letzte Funkmeldung ab, mit der sie eine voraussichtliche Landung auf dem Flughafen von Santiago in vier Minuten ankündigte, und leitete den Sinkflug und damit auch den Landeanflug ein. Als die Maschine in den Sinkflug überging, muss sie den Tupungato frontal gerammt haben. Experten vermuten, dass der Aufprall nicht im Gipfelbereich, sondern an einem etwas tiefer gelegenen Abhang erfolgte und dabei in dem darüber befindlichen Gelände eine Lawine ausgelöst wurde, welche die Flugzeugtrümmer mit den verunglückten Insassen dann vollständig begrub. Mit der Zeit wurden diese zum Teil des Gletschers und bewegten sich mit ihm langsam in Richtung Tal.[3]

Zur Bedeutung des Funksignals „STENDEC“

Zur möglichen Bedeutung des vermeintlichen Funksignals „STENDEC“ wurden im Laufe der Zeit unzählige Bedeutungsvarianten und Theorien entwickelt [4]. Einige gehen davon aus, dass „STENDEC“ bewusst gesendet wurde, aber ein Akronym mit unbekannter Bedeutung darstellt. Andere gehen von einem Übermittlungsfehler aus, so ließe sich der gleiche Morsecode mit einer geringfügig verschobenen Pause als „STR DEC“ wiedergeben und dann als Starting Descent (Beginn Sinkflug) interpretieren. Bislang ließ sich keine der Theorien zufriedenstellend erhärten.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1947 Official Accident Report. (d) The Crew. 1. Januar 2001, abgerufen am 4. September 2012.
  2. Philip Jarrett: Captain Cook's last voyage. In: Aeroplane Monthly. April 2000, S. 22 ff.
  3. a b c d Vanished: The Plane That Disappeared. BBC2, 2. November 2000, abgerufen am 4. September 2012.
  4. "STENDEC" - die mysteriöse letzte Nachricht der Startdust. Auf: stendec.de ; zuletzt abgerufen am 2. Juni 2015.

Koordinaten: 33° 21′ 16″ S, 69° 46′ 7″ W