Sturm

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 8. Oktober 2016 um 15:25 Uhr durch Alnilam (Diskussion | Beiträge) (Änderungen von 2A02:8108:8800:1514:A4E6:AF0E:C5F:E8DB (Diskussion) auf die letzte Version von S.K. zurückgesetzt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Sturmfront auf einem Doppler-Radar-Schirm

Der Begriff Sturm bezeichnet ein Starkwind­ereignis.

Meteorologische Definition

Sturm im Nordatlantik, 9..12 Bft.
Wellenhöhe 12 m
Wintersturm im Nordatlantik: hohe See und Wasser über Deck und Luken

Als Sturm werden Winde mit Geschwindigkeiten von mindestens 20,8 m/s (74,9 km/h) oder 9 Beaufort bezeichnet. Ein Sturm mit einer Windgeschwindigkeit von mindestens 32,7 m/s (117,7 km/h) oder 12 Beaufort wird als Orkan bezeichnet. Dazwischen spricht man bei 10 Beaufort von einem schweren und bei 11 Beaufort von einem orkanartigen Sturm. Erreicht der Wind nur kurzzeitig (für wenige Sekunden) Sturmstärke, so spricht man von einer Sturmböe. In der Regel sind mit einem Sturm auch starke Regenfälle verbunden, weshalb die Bezeichnung umgangssprachlich oft als Synonym für einen schweren Schauer oder ein Gewitter verwendet wird, beide stellen jedoch nur Begleiterscheinungen bzw. Spezialfälle eines Sturms dar. Auf See ist für den windbedingt hohen Wellengang ebenfalls die Bezeichnung Sturm gebräuchlich, mit einer geringeren Betonung auf den meist gleichzeitigen Niederschlägen. Je nachdem, was ein Sturm aufwirbelt bzw. womit er zusammen auftritt, spricht man des Weiteren von einem Schneesturm, Hagelsturm, Sandsturm (Buran) oder Staubsturm. In Gebirgen entstehen Föhnstürme als Trockenwindereignis.

Auch eine Unterscheidung nach der Jahreszeit wird manchmal genutzt, man spricht dann beispielsweise von einem Wintersturm. Solche Unterscheidungen sind insbesondere bei land- und forstwirtschaftlichen Schäden in der Folgenabschätzung von Bedeutung (etwa Ernteausfälle nach Überschwemmungen, Windbruch und Borkenkäfergefahr).

Weitere Sturmarten sind der Tornado, gelegentlich (Klein-)Trombe, Windhose, Wasserhose oder Twister genannt, sowie der Schneesturm Blizzard.

In Küstenregionen kann es durch das Zusammenwirken von Sturm und Gezeiten zu Sturmfluten kommen.

Entstehung und Erscheinung

Sturmwinde können entstehen, wenn hohe Druckgradienten (hohe Druckunterschiede auf relativ kurzer Distanz) auftreten. Diese sind als Sturmtief häufig im Einflussbereich starker Tiefdruckgebiete vorhanden. Ferner können Sturmwinde durch topographisch bedingte Kanalisierung des Windes entstehen, zum Beispiel als Talwind in engen Tälern.

Stürme treten häufig über dem Meer auf, da dort weniger Bodenreibung vorhanden ist. So können sich die Winde besser entfalten als auf dem Festland und erreichen wesentlich häufiger Sturmstärke. Zudem können tropische Wirbelstürme, also Hurrikane und Taifune, nur über dem Meer entstehen und schwächen sich über Landmassen rasch ab.

Gefahren, Schäden und Sturmversicherung

Sturmschaden in der Hohen Tatra, Slowakei
Ein aufziehender Sturm über der Nordsee vor Sylt

Direkte Sturmschäden betreffen vor allem das Abdecken von Dächern oder andere Windverfrachtungen, bei waldreichen Gebieten kommt der Sachschaden durch umgeworfene Bäume hinzu (Sturmholz). Von Bedeutung sind auch indirekte Schäden, zum Beispiel durch die Ablagerungen von Sand auf Landwirtschaftsflächen bei einem Sandsturm oder Hagelschäden. Für Menschen geht die größte Gefahr von herumfliegenden Gegenständen, herabfallenden Ästen und umfallenden Bäumen, sowie gegebenenfalls von beschädigten überirdischen Stromleitungen aus, so dass es in der Regel am sichersten ist, sich für die Dauer eines Sturms im Inneren von Gebäuden aufzuhalten.

Viele Versicherungsgesellschaften bezahlen einen Sturmschaden – bei abgeschlossener Sturmschadensversicherung – erst, wenn der Wind nachweislich Windstärke 8 (stürmischer Wind, der Versicherungsbegriff „Sturm“ ist hier anders zu interpretieren) erreicht hat. Unter Sturm verstehen die allgemeinen Versicherungsbedingungen für Wohngebäude (Deutschland etwa § 8 VGB 88) eine wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8. Ähnlich ist die Definition im deutschen § 3 Abs. 3 a FEVB, wonach es sich um eine atmosphärisch bedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8 nach Beaufort handeln muss. Damit weicht der versicherungsrechtliche Begriff von den meteorologischen Begrifflichkeiten ab. Stärke 8 bedeutet nach der maßgeblichen Beaufortskala „stürmischer Wind, der Zweige von Bäumen bricht und das Gehen im Freien erheblich erschwert“.

Der Versicherungsnehmer einer Gebäudeversicherung, der das Vorliegen eines Sturms behauptet, kann in Grenzfällen Beweisschwierigkeiten ausgesetzt sein. Zum Nachweis eines Sturmschadens ist es freilich nicht erforderlich, dass der Beweis für ein direktes Auftreffen einer Luftbewegung von mindestens Windstärke 8 auf das versicherte Gebäude erbracht wird. Viele neuere Versicherungsbedingungen lassen genügen, dass (auch) in der Nachbarschaft Sturmschäden aufgetreten sind. Ansonsten genügt nach Ansicht des Oberlandesgerichts Karlsruhe sogar, dass am Gebäude von Luftbewegungen verursachte Schäden aufgetreten sind und in seiner näheren Umgebung zu gleicher Zeit ein Sturm der Windstärke 8 aufgetreten ist.[1]

In der Schifffahrt kann bei Sturm das Abwettern Gefahren vermeiden.

Historische Sturmereignisse und deren Schäden

Weltweit

Die weltweit größten Versicherungsfälle:[2]

Österreich

Bedeutende Sturmkatastrophen in Österreich:[3][4][5]

  • 8. November 1982, der „Jahrhundertföhn“[6]
  • Februar/März 1990 Vivian und Wiebke (Spitzen Wiebke mit 147 km/h (Hörsching), gemeinsamer Schaden drei Milliarden Schilling (ca. 218 Mio. Euro))
  • 5. April 1997, verbunden mit starken Schneefällen in den nächsten Tagen
  • 5. Februar 1999, Lara mit Sturmspitzen von 130 km/h (Flughafen Wien)
  • 26. Dezember 1999, Orkan Lothar
  • 19. März 2001, Sturmtief Emma (eine Tote und zwei Schwerverletzte in Niederösterreich)
  • 15. Dezember 2005, Sturmtief Dorian
  • 18. Januar 2007 Orkan Kyrill, 216 km/h (Gaisberg), 100 Millionen Euro Schaden, zahlreiche Todesopfer in der Schadensbeseitigung
  • 26.–27. Jänner 2008 Sturmtief Paula, 230 km/h (Schneeberg), große Schäden insbesondere in der Steiermark
  • 1.–2. März 2008 Emma, 222 km/h (Wendelstein)

Deutschland

Bedeutende Sturmkatastrophen in Deutschland:

  • 13. November 1972: Orkan Quimburga, 245 km/h (Brocken), über England, Benelux, Norddeutschland, 73 Tote, Schaden ca. 1,34 Mrd. DM
  • 25.-26. Januar 1990: Orkan Daria, 130 km/h, 8 Tote in Deutschland, Schaden ca. 4,4 Mrd. Euro
  • 26. Dezember 1999: Orkan Lothar, 272 km/h (Hohentwiel), 13 Todesopfer in Deutschland und weitere in der Schadensbeseitigung, Schaden ca. 1,2 Mrd. Euro
  • 18. Januar 2007: Orkan Kyrill, 200 km/h (Wendelstein), 13 Todesopfer und weitere in der Schadensbeseitigung, Schadenshöhe 2,3 Mrd. Euro

Weblinks

Wikiquote: Sturm – Zitate
Wiktionary: Sturm – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Sturm – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Aktuelle Sturmwarnungen:

Sammlungen von Sturmereignissen:

Einzelnachweise

  1. OLG Karlsruhe, Urteil vom 12. April 2005, Az. 12 U 251/04, Volltext.
  2. Natur- und anthropologische Katastrophen 2001: Man-made-Schäden einer neuen Dimension. In: sigma 1/2002, Schweizerische Rückversicherungs-Gesellschaft, S. 23 (Webdokument, pdf)
  3. Definitionen & Übersicht der letzten Jahrzehnte zu Starksturmereignissen in Österreich, Analysen von Extremwetterereignissen aus Österreich 2002–2006, unwetterstatistik.at
  4. Seit 1990: Immer wieder starke Stürme in NÖ
  5. Mächtigste Stürme über Österreich 1990 bis 2005, Salzburger Nachrichten online, 18. Jänner 2007
  6. K. Frey: Der „Jahrhundertföhn“ vom 8. November 1982. Eine synoptische Betrachtung. In: Meteorologische Rundschau 37 (1984), S. 209–220