Wolfram Wette

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Wolfram Wette (2008)

Wolfram Wette (* 11. November 1940 in Ludwigshafen am Rhein) ist ein deutscher Historiker und Friedensforscher.

Leben

Wette wurde 1940 als Sohn von Hermann Maria Wette, Leiter der Musikhochschule des Saarlandes, und seiner Frau, einer Zahnärztin geboren. Seine Großmutter war die Librettistin Adelheid Wette. Als prägende Erfahrung seiner Jugend bezeichnet er die von Peter Rohland gegründete Schwäbische Jungenschaft.

Nach dem Abitur 1959 in Geislingen war Wette von 1959 bis 1965 Soldat auf Zeit bei der Fernmeldetruppe der Bundeswehr. Sein letzter Dienstgrad war Hauptmann der Reserve des Heeres.

Wette studierte Politikwissenschaft, Geschichte und Philosophie und wurde 1971 bei Hans Maier an der Philosophischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München mit einer Arbeit zu den Kriegstheorien deutscher Sozialisten. Marx, Engels, Lassalle, Bernstein, Kautsky, Luxemburg. Ein Beitrag zur Friedensforschung zum Dr. phil. promoviert. Von 1971 bis 1995 arbeitete er als beamteter Historiker am Militärgeschichtlichen Forschungsamt (MGFA) in Freiburg im Breisgau.

Während seiner Zeit am MGFA erarbeitete Wette eine umfangreiche Biografie des umstrittenen Sozialdemokraten Gustav Noske. Der kurz zuvor nach Querelen innerhalb des MGFA eingesetzte Beirat, dem unter dem Vorsitz von General a. D. Johann Adolf Graf von Kielmansegg die Historiker Klaus Hildebrand, Michael Stürmer und Thomas Nipperdey angehörten, erklärte das fertige Manuskript im April 1986 für nicht druckreif und empfahl, die Publikation nicht durch das MGFA zu unterstützen. Hinzu komme, dass Noske lediglich kritisiert und abqualifiziert werde. Wettes Urteil über Noske laute nicht wesentlich anders als seinerzeit bei der KPD. Das Manuskript sei umfassend umzuarbeiten. Im MGFA wurden jedoch weitere Gutachten eingeholt, die zu einem positiven Ergebnis kamen, so dass die Studie Gustav Noske. Eine politische Biographie 1987 gedruckt wurde.[1] Der Historiker Hans-Ulrich Wehler kritisierte 1988, dass die Stellungnahme des Beirats „verzweifelt schwer von dem Versuch einer Zensurausübung zu unterscheiden“ sei.[2]

1990 habilitierte sich Wette mit seiner Noske-Biographie in Neuester Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. 1991 wurde er Privatdozent. Seit 1998 ist er als außerplanmäßiger Professor für Neueste Geschichte am Historischen Seminar der Universität Freiburg tätig. Er ist Mitbegründer des Arbeitskreises Historische Friedensforschung (AHF) und Mitherausgeber der Reihe Geschichte und Frieden sowie des Jahrbuchs für Historische Friedensforschung (2001 umbenannt in Frieden und Krieg). Wette ist Mitglied des Förderkreises des pazifistischen Arbeitskreises Darmstädter Signal.[3] Er ist Ehrenprofessor der russischen Universität in Lipezk. Im Verein Kontakte-Контакты e.V. – Verein für Kontakte zu Ländern der ehemaligen Sowjetunion (Berlin) ist er im Beirat tätig.

Wette ist Mitglied der SPD.[4] Von 1980 bis 1989 war er Stadtrat in Waldkirch und Fraktionsvorsitzender. Außerdem ist er Mitglied von Ver.di.

Ehrungen

Schriften (Auswahl)

Monografien

(Mit-)Herausgeberschaften

  • Mit Gerd R. Ueberschär: „Unternehmen Barbarossa“. Der deutsche Überfall auf die Sowjetunion 1941: Berichte, Analysen, Dokumente. Schöningh, Paderborn 1984; erweiterte Neuausgabe: Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2011, ISBN 978-3-596-19063-8.
  • Militarismus in Deutschland 1871–1945. Zeitgenössische Analysen und Kritik. Lit, Münster 1999, ISBN 3-8258-4019-0.
  • Pazifistische Offiziere in Deutschland 1871–1933. Donat, Bremen 1999, ISBN 3-931737-85-3.
  • Retter in Uniform. Handlungsspielräume im Vernichtungskrieg der Wehrmacht. Mit einem Geleitwort von Fritz Stern. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-596-15221-6.
  • Mit Vincas Bartusevičius und Joachim Tauber: Holocaust in Litauen. Krieg, Judenmorde und Kollaboration im Jahre 1941. Mit einem Geleitwort von Ralph Giordano. Böhlau, Köln / Weimar / Wien 2003, ISBN 3-412-13902-5.
  • Zivilcourage. Empörte, Helfer und Retter aus Wehrmacht, Polizei und SS. Mit einem Geleitwort von Johannes Rau. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-596-15852-4.
  • Mit Helmut Kramer: Recht ist, was den Waffen nützt. Justiz und Pazifismus im 20. Jahrhundert. Mit einem Geleitwort von Hans-Jochen Vogel. Aufbau, Berlin 2004, ISBN 3-351-02578-5.
  • Stille Helden. Judenretter im Dreiländereck während des Zweiten Weltkrieges. Herder, Freiburg im Breisgau / Basel / Wien 2005, ISBN 3-451-05461-2.
  • Filbinger: Eine deutsche Karriere. Zu Klampen, Springe 2006, ISBN 3-934920-74-8.
  • Mit Detlef Vogel: Das letzte Tabu. NS-Militärjustiz und Kriegsverrat. Mitarbeit von Ricarda Berthold und Helmut Kramer. Mit einem Vorwort von Manfred Messerschmidt. Aufbau, Berlin 2007, ISBN 978-3-351-02654-7.
  • Mit Detlef Bald: Alternativen zur Wiederbewaffnung. Friedenskonzepte in Westdeutschland 1945-1955 (= Frieden und Krieg. Beiträge zur Historischen Friedensforschung. Bd. 11). Klartext, Essen 2008, ISBN 978-3-8375-0013-4.
  • Mit Detlef Bald: Friedensinitiativen in der Frühzeit des Kalten Krieges 1945–1955 (= Frieden und Krieg. Beiträge zur Historischen Friedensforschung. Bd. 17). Klartext, Essen 2010, ISBN 978-3-8375-0402-6.
  • Mit Joachim Perels: Mit reinem Gewissen. Wehrmachtrichter in der Bundesrepublik und ihre Opfer. Aufbau, Berlin 2011, ISBN 978-3-351-02740-7.

Publizistische Tätigkeit

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hans-Ulrich Wehler: Entsorgung der deutschen Vergangenheit? Ein polemischer Essay zum „Historikerstreit“. Beck, München 1988, S. 193–195.
  2. Hans-Ulrich Wehler: Entsorgung der deutschen Vergangenheit? Ein polemischer Essay zum „Historikerstreit“. Beck, München 1988, S. 196.
  3. Förderkreis Vorstellung, Darmstädter Signal, abgerufen am 12. März 2014.
  4. Sylvia Timm: Wolfram Wette und die späte Rehabilitierung der „Kriegsverräter“. In: Badische Zeitung, 25. August 2009.
  5. Verdienstorden der Bundesrepublik für Historiker Wolfram Wette. In: Badische Zeitung, 4. Mai 2015.