„Prompt Global Strike“ – Versionsunterschied

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== Blitzschnell zuschlagen - wann immer, wo immer ==
== Blitzschnell zuschlagen - wann immer, wo immer ==


Am 12. September 2007 hat der Unterausschuss des [[US-Senat]]s für Haushaltsfragen 125 Millionen US-Dollar für das Konzept „Prompt Global Strike“ bewilligt und damit nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti die schon Anfang August vom [[US-Repräsentantenhaus]] bewilligten Gelder um 25 Millionen US-Dollar aufgestockt. Mit der Militärstrategie sollen die Streitkräfte der USA in die Lage versetzt werden, mittels rund um den Planeten allozierter und ständig in Bereitschaft gehaltener Truppen und Waffen binnen einer Stunde einen nichtatomaren Schlag an jedem beliebigen Punkt der Erde zu führen.
Am 12. September 2007 hat der Unterausschuss des [[US-Senat]]s für Haushaltsfragen 125 Millionen US-Dollar für das Konzept „Prompt Global Strike“ bewilligt und damit nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti die schon Anfang August vom [[US-Repräsentantenhaus]] bewilligten Gelder um 25 Millionen US-Dollar aufgestockt. Mit der Militärstrategie sollen die Streitkräfte der USA in die Lage versetzt werden, mittels rund um den Planeten allozierter und ständig in Bereitschaft gehaltener Truppen und Waffen binnen einer Stunde einen (in der Regel) nichtatomaren Schlag an jedem beliebigen Punkt der Erde zu führen.
Wie es hieß, wird in der von den Kongressabgeordneten verabschiedeten Fassung des Rüstungshaushalts 2008 darauf verwiesen, dass das Pentagon beauftragt worden sei, alle Spielarten eines eventuellen globalen und extrem effektiven Erstschlags (''vgl.'' [[Präventivkrieg|"pre-emptive strike"]]) zu prüfen und auf der Grundlage der bewilligten Mittel für die Projektierung und Erprobung des „Prompt Global Strikes“ auszuarbeiten. Dabei geht es vornehmlich um die Entwicklung von Leitsystemen, die Einsatzplanung und die Schaffung der erforderlichen [[Infrastruktur]]. Die neuen Technologien sollen demzufolge in die laufenden Pentagon-Projekte zur Umrüstung der seegestützten [[Trident (SLBM)|Trident-Raketen]] auf konventionelle Sprengköpfe <ref>Harold Brown and [[James Schlesinger]]: [http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2006/05/21/AR2006052101180.html A Missile Strike Option We Need] ("Washington Post", 22. Mai 2006)</ref> und die Entwicklung [[Überschallflugzeug|hypersonischer]] [[Marschflugkörper]] integriert werden. Damit soll die zielgenaue [[Kriegsführung]] auf Distanz vorangetrieben werden, das Land soll jedoch in der frühen Planungsphase nicht auf eine einzige Variante begrenzt werden. Bis zum 31. Januar 2008 soll das US-Verteidigungsministerium dem [[US-Kongress]] einen Bericht über die technologischen Möglichkeiten und deren voraussichtliche Kosten vorlegen. Die Bush-Regierung hält die Überlegungen zum „Global Strike“ für dringend erforderlich, um das US-Militär für den [[Krieg gegen den Terror|Kampf gegen den Terrorismus]] an jedem Punkt der Erde zu rüsten. <ref>[http://de.rian.ru/safety/20070912/78218879.html „Prompt Global Strike“: US-Senat stockt beantragte Mittel auf] ([[RIA Nowosti]], 12. September 2007)</ref>
Wie es hieß, wird in der von den Kongressabgeordneten verabschiedeten Fassung des Rüstungshaushalts 2008 darauf verwiesen, dass das Pentagon beauftragt worden sei, alle Spielarten eines eventuellen globalen und extrem effektiven Erstschlags (''vgl.'' [[Präventivkrieg|"pre-emptive strike"]]) zu prüfen und auf der Grundlage der bewilligten Mittel für die Projektierung und Erprobung des „Prompt Global Strikes“ auszuarbeiten. Dabei geht es vornehmlich um die Entwicklung von Leitsystemen, die Einsatzplanung und die Schaffung der erforderlichen [[Infrastruktur]]. Die neuen Technologien sollen demzufolge in die laufenden Pentagon-Projekte zur Umrüstung der seegestützten [[Trident (SLBM)|Trident-Raketen]] auf konventionelle Sprengköpfe <ref>Harold Brown and [[James Schlesinger]]: [http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2006/05/21/AR2006052101180.html A Missile Strike Option We Need] ("Washington Post", 22. Mai 2006)</ref> und die Entwicklung [[Überschallflugzeug|hypersonischer]] [[Marschflugkörper]] integriert werden. Damit soll die zielgenaue [[Kriegsführung]] auf Distanz vorangetrieben werden, das Land soll jedoch in der frühen Planungsphase nicht auf eine einzige Variante begrenzt werden. Bis zum 31. Januar 2008 soll das US-Verteidigungsministerium dem [[US-Kongress]] einen Bericht über die technologischen Möglichkeiten und deren voraussichtliche Kosten vorlegen. Die Bush-Regierung hält die Überlegungen zum „Global Strike“ für dringend erforderlich, um das US-Militär für den [[Krieg gegen den Terror|Kampf gegen den Terrorismus]] an jedem Punkt der Erde zu rüsten. <ref>[http://de.rian.ru/safety/20070912/78218879.html „Prompt Global Strike“: US-Senat stockt beantragte Mittel auf] ([[RIA Nowosti]], 12. September 2007)</ref>
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<b>FALCON: "Gewaltanwendung und Start von den kontinentalen USA aus"</b>
<b>FALCON: "Gewaltanwendung und Start von den kontinentalen USA aus"</b>
[[Bild:Htv-1-usaf-darpa.jpg|thumb|right|280px|Modell des [[Hypersonic-Technology-Vehicle]] HTV-1]]
[[Bild:Htv-1-usaf-darpa.jpg|thumb|right|280px|Modell des [[Hypersonic Technology Vehicle]] HTV-1]]
Um vom US-Territorium aus rasch und ungehindert Ziele überall auf der Erde angreifen zu können, entwickelt das US-Militär zusammen mit der [[Defense Advanced Research Projects Agency]] (DARPA) seit einigen Jahren <ref>[http://www.newscientist.com/article.ns?id=dn4408 Celeste Biever: US begins hypersonic weapons program] (NewScientist.com news service, 21. November 2003)</ref> Hyperschall-Flugkörper im Rahmen des FALCON-Programms (''Force Application and Launch from the Continental US''; nicht zu verwechseln mit der [[Falcon (Rakete)|Rakete gleichen Namens]]), die u.a. dazu beitragen sollen, die Notwendigkeit von teuren Militärstützpunkten rund um den Planeten zu reduzieren, die es dem Pentagon bislang ermöglichen, "sofort und entschieden auf destabilisierende oder bedrohende Aktionen von feindlichen Ländern und Terrororganisationen zu reagieren". Bis 2025 soll ein mit mehrfacher Überschallgeschwindigkeit (projektiert sind bis zu 20 [[Machzahl|Mach]]) fliegendes unbemanntes Flugzeug, ein "reusable hypersonic cruise vehicle" (HCV) <ref>[http://www.darpa.mil/tto/programs/falcon.htm Falcon HCV] (DARPA, Update: 19. September 2007)</ref>, einsatzbereit sein. Das wiederverwendbare [[UAV]] soll so schnell fliegen können, dass es von einem normalen Militärflugplatz in den USA weniger als zwei Stunden bis zum Einsatzort in einer Entfernung bis zu 16000 Kilometer benötigt, wobei es einen Großteil der Flugbahn im [[Weltall]] bzw. in der [[Stratosphäre]] zurücklegen soll. Die Entwicklung der mit dem langfristig angelegten FALCON-Programm verbundenen Waffensysteme muss natürlich evolutionär erfolgen, um zu gewährleisten, dass avisierte Projekte nicht schon vor ihrer Fertigstellung veralten und obsolet werden. <ref>[[Florian Rötzer]], [http://www.heise.de/tp/r4/artikel/15/15112/1.html Globale Angriffs- und Zerstörungskapazität] (Telepolis, 2. Juli 2003)</ref> Zudem gibt es gerade hier auch Widerstände aus der Politik; so wies der Kongress das Pentagon im Jahr 2004 an, die Entwicklung von Waffennutzlasten für die FALCON-Projekte zunächst einzustellen. Ursprünglich sollten damit korrelierende Waffensysteme bis 2010 einsatzbereit sein.
Um vom US-Territorium aus rasch und ungehindert Ziele überall auf der Erde angreifen zu können, entwickelt das US-Militär zusammen mit der [[Defense Advanced Research Projects Agency]] (DARPA) seit einigen Jahren <ref>[http://www.newscientist.com/article.ns?id=dn4408 Celeste Biever: US begins hypersonic weapons program] (NewScientist.com news service, 21. November 2003)</ref> Hyperschall-Flugkörper im Rahmen des FALCON-Programms (''Force Application and Launch from the Continental US''; nicht zu verwechseln mit der [[Falcon (Rakete)|Rakete gleichen Namens]]), die u.a. dazu beitragen sollen, die Notwendigkeit von teuren Militärstützpunkten rund um den Planeten zu reduzieren, die es dem Pentagon bislang ermöglichen, "sofort und entschieden auf destabilisierende oder bedrohende Aktionen von feindlichen Ländern und Terrororganisationen zu reagieren". Bis 2025 soll ein mit mehrfacher Überschallgeschwindigkeit (projektiert sind bis zu 20 [[Machzahl|Mach]]) fliegendes unbemanntes Flugzeug, ein "reusable hypersonic cruise vehicle" (HCV) <ref>[http://www.darpa.mil/tto/programs/falcon.htm Falcon HCV] (DARPA, Update: 19. September 2007)</ref>, einsatzbereit sein. Das wiederverwendbare [[UAV]] soll so schnell fliegen können, dass es von einem normalen Militärflugplatz in den USA weniger als zwei Stunden bis zum Einsatzort in einer Entfernung bis zu 16000 Kilometer benötigt, wobei es einen Großteil der Flugbahn im [[Weltall]] bzw. in der [[Stratosphäre]] zurücklegen soll. Die Entwicklung der mit dem langfristig angelegten FALCON-Programm verbundenen Waffensysteme muss natürlich evolutionär erfolgen, um zu gewährleisten, dass avisierte Projekte nicht schon vor ihrer Fertigstellung veralten und obsolet werden. <ref>[[Florian Rötzer]], [http://www.heise.de/tp/r4/artikel/15/15112/1.html Globale Angriffs- und Zerstörungskapazität] (Telepolis, 2. Juli 2003)</ref> Zudem gibt es gerade hier auch Widerstände aus der Politik; so wies der Kongress das Pentagon im Jahr 2004 an, die Entwicklung von Waffennutzlasten für die FALCON-Projekte zunächst einzustellen. Damit korrelierende Waffensysteme sollen bis 2010 einsatzbereit sein.

[[Common Aero Vehicle]]s (CAVs) zum Beispiel der ersten Generation, also unbemannte manöverierbare Weltraumfahrzeuge mit fünffacher Schallgeschwindigkeit, die fast 500 Kilogramm an Zuladung transportieren können, werden "über eine unglaubliche Fähigkeit verfügen, dem Krieger die Möglichkeit weltweiten Zugriffs auf höchst lohnenswerte Ziele zu bieten", erklärte Gen. [[Lance W. Lord]], seinerzeit Befehlshaber des ''Air Force Space Command'' (Weltraumkommando der US-Luftwaffe) gegenüber dem Streitkräfteausschuss des [[US-Repräsentantenhaus]]es im März 2005. <ref>[http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/articles/A38272-2005Mar15.html Walter Pincus: Pentagon Has Far-Reaching Defense Spacecraft in Works] - Bush Administration Looking to Space to Fight Threats ("Washington Post", 16. März 2005)</ref>


"Es gibt auch politische Berechnungen hinter FALCON. Die USA mögen derzeit Stützpunkte rund um die Welt besitzen. Aber morgen könnte die Weltgemeinschaft diese Einrichtungen nicht mehr einfach so hinnehmen", erläuterte Noah Shachtman in "Wired". <ref>[http://www.wired.com/science/discoveries/news/2003/11/61268 Noah Shachtman: Speed Kills, Military Wants More] ("Wired", 20. November 2003)</ref> Die DARPA selbst stellte demnach in einer Präsentation für Rüstungsauftragsnehmer fest: "Die gegenwärtige und zukünftige politische Umgebung beschränkt ernsthaft die Fähigkeit dieses Landes [der USA], Angriffsmissionen über lange Strecken auf hochwertige, zeitkritische Ziele von außerhalb des CONUS (Abk. für ''Continental United States'', also dem US-amerikanischen Festland auf dem nordamerikanischen Kontinent) durchzuführen."
"Es gibt auch politische Berechnungen hinter FALCON. Die USA mögen derzeit Stützpunkte rund um die Welt besitzen. Aber morgen könnte die Weltgemeinschaft diese Einrichtungen nicht mehr einfach so hinnehmen", erläuterte Noah Shachtman in "Wired". <ref>[http://www.wired.com/science/discoveries/news/2003/11/61268 Noah Shachtman: Speed Kills, Military Wants More] ("Wired", 20. November 2003)</ref> Die DARPA selbst stellte demnach in einer Präsentation für Rüstungsauftragsnehmer fest: "Die gegenwärtige und zukünftige politische Umgebung beschränkt ernsthaft die Fähigkeit dieses Landes [der USA], Angriffsmissionen über lange Strecken auf hochwertige, zeitkritische Ziele von außerhalb des CONUS (Abk. für ''Continental United States'', also dem US-amerikanischen Festland auf dem nordamerikanischen Kontinent) durchzuführen."
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<b>Bereitschaft rund um die Uhr, atomare Präzisionswaffen als Mittel präemptiver Schläge</b>
<b>Bereitschaft rund um die Uhr, atomare Präzisionswaffen als Mittel präemptiver Schläge</b>


Nach der Konzeption des zur Jahreswende 2003/2004 ausgearbeiteten CONPLAN 8022 "sollen speziell konfigurierte bunkerbrechende '[[Kernwaffe#Mini-Nukes|Mini-nukes]]' zum Einsatz kommen, die unterirdische Anlagen wie die des Iran zerstören können. Am 15. Mai 2005 berichtete die 'Washington Post', dass Verteidigungsminister [[Donald Rumsfeld|Rumsfeld]] im Sommer 2005 eine streng geheime 'Interim Global Strike Alert Order' genehmigte, das ist ein Befehl, der rund um die Uhr militärische Bereitschaft anordnet, die von '[[United States Strategic Command|Stratcom]]', der strategischen Kommandozentrale in [[Omaha]], geführt wird. Bis dahin hatte Stratcom - bedrohlich genug - nur die Nukleareinheiten unter sich gehabt. Im Januar 2003 unterzeichnete Bush eine Definition des 'full spectrum global strike' <ref>[[Noam Chomsky]]: [http://bostonreview.net/BR28.5/chomsky.html Dominance and Its Dilemmas - The Bush administration’s Imperial Grand Strategy] ("Boston Review", October/November 2003)</ref>, eine militärische Option, die im Krieg atomare Präzisionswaffen ebenso wie konventionelle Bomben und Kriegführung im Raum vorsieht. Sie war die Fortsetzung von Präsident [[Bush-Doktrin|Bushs Nationaler Sicherheitsstrategie vom September 2002]], mit der eine Politik 'präemptiver Kriege' zur strategischen Doktrin der USA erhoben wurde." <ref>[[F. William Engdahl]], [http://www.engdahl.oilgeopolitics.net/Auf_Deutsch/Kriegsrisiko_Iran/kriegsrisiko_iran.html Wie hoch ist das Kriegsrisiko mit dem Iran?] (Website des Autors, 15. Februar 2006)</ref>
Nach der Konzeption des zur Jahreswende 2003/2004 ausgearbeiteten CONPLAN 8022 "sollen speziell konfigurierte bunkerbrechende '[[Kernwaffe#Mini-Nukes|Mini-nukes]]' zum Einsatz kommen, die unterirdische Anlagen wie die des Iran zerstören können. Am 15. Mai 2005 berichtete die 'Washington Post', dass Verteidigungsminister [[Donald Rumsfeld|Rumsfeld]] im Sommer 2005 eine streng geheime 'Interim Global Strike Alert Order' genehmigte, das ist ein Befehl, der rund um die Uhr militärische Bereitschaft anordnet, die von '[[United States Strategic Command|Stratcom]]', der strategischen Kommandozentrale in [[Omaha]], geführt wird. Bis dahin hatte Stratcom - bedrohlich genug - nur die Nukleareinheiten unter sich gehabt. Im Januar 2003 unterzeichnete Bush eine Definition des 'full spectrum global strike', eine militärische Option, die im Krieg atomare Präzisionswaffen ebenso wie konventionelle Bomben und Kriegführung im Raum vorsieht. Sie war die Fortsetzung von Präsident [[Bush-Doktrin|Bushs Nationaler Sicherheitsstrategie vom September 2002]], mit der eine Politik 'präemptiver Kriege' zur strategischen Doktrin der USA erhoben wurde." <ref>[[F. William Engdahl]], [http://www.engdahl.oilgeopolitics.net/Auf_Deutsch/Kriegsrisiko_Iran/kriegsrisiko_iran.html Wie hoch ist das Kriegsrisiko mit dem Iran?] (Website des Autors, 15. Februar 2006)</ref>


<b>Ende der Abrüstung? James Cartwright plädiert für Aussetzung des START-I-Vertrags</b>
<b>Ende der Abrüstung? James Cartwright plädiert für Aussetzung des START-I-Vertrags</b>
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=== Kritik ===
=== Kritik ===


Das Konzept des ''Global Strike'' ist ein Teil der militärisch-technologischen Basis des weltweiten Führungsanspruchs der USA (''s.'' [[Pax Americana]]): "Der mächtigste Staat der Geschichte verkündete eine neue [[Bush-Doktrin|nationale Sicherheitsstrategie]], die beteuert, die weltweite [[Hegemonie]] dauerhaft aufrechterhalten zu wollen: Jede Herausforderung wird mit Gewalt unterbunden - [das ist] das Ausmaß, mit welchem die Vereinigten Staaten überlegen herrschen. [..] Die grundlegenden Prinzipien dieser 'neuen imperialen Gesamtstrategie', wie sie John Ikenberry umgehend und zutreffend genannt hat, lassen sich bis in die frühen Tage des [[Zweiter Weltkrieg|2. Weltkriegs]] zurückverfolgen und wurden seitdem oft wiederholt." [..] Die Nachfolger [[John F. Kennedy|Kennedys]] und [[Ronald Reagan|Reagans]] "fuhren fort, klarzustellen, dass die Vereinigten Staaten sich das Recht vorbehalten, 'falls erforderlich, einseitig' zu handeln, unter Einschluss der 'unilateralen Anwendung militärischer Gewalt', um so lebenswichtige Interessen wie 'die Sicherung ungehinderten Zugangs zu Schlüsselmärkten, der Energieversorgung und strategischen Ressourcen' zu verteidigen. <ref>Dean Acheson, American Society of International Law Proceedings 13, 14 (1963); Abraham Sofaer, U.S. Department of State Current Policy 769 (December 1985); President Bill Clinton, address to the U.N., 1993; Secretary of Defense William Cohen, Annual Report, 1999. (zitiert nach N. Chomsky, a.a.O.)</ref> [..] Die imperiale Gesamtstrategie basiert auf der Annahme, dass die Vereinigten Staaten durch militärische Programme, die jene jeder möglichen Koalition klein erscheinen lassen, die 'full spectrum dominance' erlangen können ...", so [[Noam Chomsky]]. Die neue Strategie spiegele "die Verachtung der US-Regierung für internationale Gesetze und Institutionen sowie für Maßnahmen zur Rüstungskontrolle, die kaum mit einem Wort in der National Security Strategy [erwähnt und somit] verworfen werden. Sie veranschaulichen das Engagement für eine [[Extremismus|extremistische]] Version der langjährigen Doktrin", meinte Chomsky schon 2003. Im Hinblick auf die sich herausbildende tripolare Welt (USA, Europa und insbesondere das ressourcenreiche Asien mit den Führungsmächten [[China]] und [[Russland]]) gab er sich überzeugt, sie bilde eine anhebende Gefahr für die von den USA proklamierte und aufrechterhaltene [[Neue Weltordnung|Weltordnung unter ihrer Führung]]: "Gewalt ist ein mächtiges Kontrollinstrument, wie die Geschichte belegt. Aber die [[Dilemma]]ta der Dominanz sind nicht unerheblich." ''(a.a.O.)''
Das Konzept des ''Global Strike'' ist ein Teil der militärisch-technologischen Basis des weltweiten Führungsanspruchs der USA (''s.'' [[Pax Americana]]): "Der mächtigste Staat der Geschichte verkündete eine neue [[Bush-Doktrin|nationale Sicherheitsstrategie]], die beteuert, die weltweite [[Hegemonie]] dauerhaft aufrechterhalten zu wollen: Jede Herausforderung wird mit Gewalt unterbunden - [das ist] das Ausmaß, mit welchem die Vereinigten Staaten überlegen herrschen. [..] Die grundlegenden Prinzipien dieser 'neuen imperialen Gesamtstrategie', wie sie John Ikenberry umgehend und zutreffend genannt hat, lassen sich bis in die frühen Tage des [[Zweiter Weltkrieg|2. Weltkriegs]] zurückverfolgen und wurden seitdem oft wiederholt." [..] Die Nachfolger [[John F. Kennedy|Kennedys]] und [[Ronald Reagan|Reagans]] "fuhren fort, klarzustellen, dass die Vereinigten Staaten sich das Recht vorbehalten, 'falls erforderlich, einseitig' zu handeln, unter Einschluss der 'unilateralen Anwendung militärischer Gewalt', um so lebenswichtige Interessen wie 'die Sicherung ungehinderten Zugangs zu Schlüsselmärkten, der Energieversorgung und strategischen Ressourcen' zu verteidigen. <ref>Dean Acheson, American Society of International Law Proceedings 13, 14 (1963); Abraham Sofaer, U.S. Department of State Current Policy 769 (December 1985); President Bill Clinton, address to the U.N., 1993; Secretary of Defense William Cohen, Annual Report, 1999. (zitiert nach N. Chomsky, a.a.O.)</ref> [..] Die imperiale Gesamtstrategie basiert auf der Annahme, dass die Vereinigten Staaten durch militärische Programme, die jene jeder möglichen Koalition klein erscheinen lassen, die 'full spectrum dominance' erlangen können ...", so [[Noam Chomsky]]. Die neue Strategie spiegele "die Verachtung der US-Regierung für internationale Gesetze und Institutionen sowie für Maßnahmen zur Rüstungskontrolle, die kaum mit einem Wort in der National Security Strategy [erwähnt und somit] verworfen werden. Sie veranschaulichen das Engagement für eine [[Extremismus|extremistische]] Version der langjährigen Doktrin", meinte Chomsky schon 2003. Im Hinblick auf die sich herausbildende tripolare Welt (USA, Europa und insbesondere das ressourcenreiche Asien mit den Führungsmächten [[China]] und [[Russland]]) gab er sich überzeugt, sie bilde eine anhebende Gefahr für die von den USA proklamierte und aufrechterhaltene [[Neue Weltordnung|Weltordnung unter ihrer Führung]]: "Gewalt ist ein mächtiges Kontrollinstrument, wie die Geschichte belegt. Aber die [[Dilemma]]ta der Dominanz sind nicht unerheblich." <ref>[[Noam Chomsky]]: [http://bostonreview.net/BR28.5/chomsky.html Dominance and Its Dilemmas - The Bush administration’s Imperial Grand Strategy] ("Boston Review", October/November 2003)</ref>


<b>Furcht vor einer nuklearen Eskalation</b>
<b>Furcht vor einer nuklearen Eskalation</b>
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== Weblinks ==
== Weblinks ==


*[http://www.army.mil/ United States Army]
*[http://www.defenselink.mil/pubs/pentagon/ Pentagon]
* [http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26189/1.html Nick Abbe: Blitzkrieg 2.0?] ([[Telepolis]], 18. September 2007)
* [http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26189/1.html Nick Abbe: Blitzkrieg 2.0?] ([[Telepolis]], 18. September 2007)
* [http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22272/1.html Georg Schöfbänker: CONPLAN 8022] (Telepolis, 17. März 2006)
* [http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22272/1.html Georg Schöfbänker: CONPLAN 8022] (Telepolis, 17. März 2006)

Version vom 2. Oktober 2007, 16:20 Uhr

Die Fähigkeit zu einem "Global Strike" (etwa: weltweiten Schlag) ist seit der Jahrtausendwende Kernbestandteil der Militärstrategie der US-Streitkräfte. Das Pentagon plant unter anderem, ballistische Nuklearraketen mit konventionellen Sprengköpfen auszurüsten [1] und eine Reihe weiterer neuartiger Waffen zu entwickeln. Sie sollen im Rahmen der in diversen Dokumenten festgelegten militärischen Gesamtplanung für bis dato unbekannt rasche Präzisionsschläge an beliebigen Orten der Erde ständig einsetzbar gehalten werden.

Blitzschnell zuschlagen - wann immer, wo immer

Am 12. September 2007 hat der Unterausschuss des US-Senats für Haushaltsfragen 125 Millionen US-Dollar für das Konzept „Prompt Global Strike“ bewilligt und damit nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti die schon Anfang August vom US-Repräsentantenhaus bewilligten Gelder um 25 Millionen US-Dollar aufgestockt. Mit der Militärstrategie sollen die Streitkräfte der USA in die Lage versetzt werden, mittels rund um den Planeten allozierter und ständig in Bereitschaft gehaltener Truppen und Waffen binnen einer Stunde einen (in der Regel) nichtatomaren Schlag an jedem beliebigen Punkt der Erde zu führen.

Wie es hieß, wird in der von den Kongressabgeordneten verabschiedeten Fassung des Rüstungshaushalts 2008 darauf verwiesen, dass das Pentagon beauftragt worden sei, alle Spielarten eines eventuellen globalen und extrem effektiven Erstschlags (vgl. "pre-emptive strike") zu prüfen und auf der Grundlage der bewilligten Mittel für die Projektierung und Erprobung des „Prompt Global Strikes“ auszuarbeiten. Dabei geht es vornehmlich um die Entwicklung von Leitsystemen, die Einsatzplanung und die Schaffung der erforderlichen Infrastruktur. Die neuen Technologien sollen demzufolge in die laufenden Pentagon-Projekte zur Umrüstung der seegestützten Trident-Raketen auf konventionelle Sprengköpfe [2] und die Entwicklung hypersonischer Marschflugkörper integriert werden. Damit soll die zielgenaue Kriegsführung auf Distanz vorangetrieben werden, das Land soll jedoch in der frühen Planungsphase nicht auf eine einzige Variante begrenzt werden. Bis zum 31. Januar 2008 soll das US-Verteidigungsministerium dem US-Kongress einen Bericht über die technologischen Möglichkeiten und deren voraussichtliche Kosten vorlegen. Die Bush-Regierung hält die Überlegungen zum „Global Strike“ für dringend erforderlich, um das US-Militär für den Kampf gegen den Terrorismus an jedem Punkt der Erde zu rüsten. [3]

Die "Global Strike Task Force" der US-Luftwaffe

Ein bedeutendes Element ist schon seit einigen Jahren die Global Strike Task Force (GSTF) der US-Luftwaffe - nach den Worten von General John P. Jumper "ihr Beitrag zur kick-down-the-door force (etwa: "Türeintretestreitmacht") der Nation". [4]. Die GSTF werde eine Schnelleingreiftruppe im Rahmen der Air Expeditionary Force (AEF) sein und gleichzeitig mit anderen Teil- bzw. Koalitionsstreitkräften und alliierten Einrichtungen zusammenwirken. Sie werde rasch die Luftüberlegenheit erringen und in der Folge sicherstellen, dass gemeinsame Luft-, Land- und Seestreitkräfte "frei von Angriffen und frei zu Angriffen" (im Original: freedom from attack and freedom to attack) seien, so Jumper.

Eine große Rolle spielen im Rahmen der Strategie insbesondere auch Spezialeinheiten wie etwa die United States Navy Seals sowie die umfassende weltweite Vernetzung von militärischer Aufklärung, Information und Kommunikation.

Waffenneuentwicklungen für den "Blitzkrieg 2.0"

Ab 2008 plant das US-Militär u.a. Tests einer neuartigen "Global Strike Weapon", die nach Angaben der Zeitschrift "Popular Mechanics" (Ausgabe Januar 2007) [5] auf der aktuell in der Entwicklung befindlichen hypersonischen (Scramjet-)Flügelrakete X-51 WaveRider beruhen wird. Unter Berufung auf den Konstrukteur der Rakete, Mark J. Lewis, hieß es, die Geschwindigkeit der Neuentwicklung werde die des Marschflugkörpers BGM-109 Tomahawk um das Siebenfache übertreffen.

In den Standardabmessungen einer Luft-Boden-Rakete (Länge: 3,5 Meter) aus einer Nickellegierung gefertigt, werde die X-51 voraussichtlich eine Geschwindigkeit von ungefähr 6 000 Kilometer pro Stunde erreichen. - Die Tomahawk ist rund 800 km/h schnell, was bislang dazu führte, dass zwischen Zielaufklärung bzw. -erfassung und dem tatsächlich ausgeführten Schlag zuviel Zeit vergeht, wie etwa bei einem von Bill Clinton am 20. August 1998 angeordneten Angriff auf ein Terroristenlager in Afghanistan, aus dem vor dem Eintreffen der Cruise Missile angeblich Osama bin Laden noch rechtzeitig fliehen konnte (die Tomahawk benötigte für die 1760 Kilometer fast zwei Stunden; die X-51 hätte binnen 20 Minuten eingeschlagen). [6]

FALCON: "Gewaltanwendung und Start von den kontinentalen USA aus"

Modell des Hypersonic Technology Vehicle HTV-1

Um vom US-Territorium aus rasch und ungehindert Ziele überall auf der Erde angreifen zu können, entwickelt das US-Militär zusammen mit der Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) seit einigen Jahren [7] Hyperschall-Flugkörper im Rahmen des FALCON-Programms (Force Application and Launch from the Continental US; nicht zu verwechseln mit der Rakete gleichen Namens), die u.a. dazu beitragen sollen, die Notwendigkeit von teuren Militärstützpunkten rund um den Planeten zu reduzieren, die es dem Pentagon bislang ermöglichen, "sofort und entschieden auf destabilisierende oder bedrohende Aktionen von feindlichen Ländern und Terrororganisationen zu reagieren". Bis 2025 soll ein mit mehrfacher Überschallgeschwindigkeit (projektiert sind bis zu 20 Mach) fliegendes unbemanntes Flugzeug, ein "reusable hypersonic cruise vehicle" (HCV) [8], einsatzbereit sein. Das wiederverwendbare UAV soll so schnell fliegen können, dass es von einem normalen Militärflugplatz in den USA weniger als zwei Stunden bis zum Einsatzort in einer Entfernung bis zu 16000 Kilometer benötigt, wobei es einen Großteil der Flugbahn im Weltall bzw. in der Stratosphäre zurücklegen soll. Die Entwicklung der mit dem langfristig angelegten FALCON-Programm verbundenen Waffensysteme muss natürlich evolutionär erfolgen, um zu gewährleisten, dass avisierte Projekte nicht schon vor ihrer Fertigstellung veralten und obsolet werden. [9] Zudem gibt es gerade hier auch Widerstände aus der Politik; so wies der Kongress das Pentagon im Jahr 2004 an, die Entwicklung von Waffennutzlasten für die FALCON-Projekte zunächst einzustellen. Damit korrelierende Waffensysteme sollen bis 2010 einsatzbereit sein.

Common Aero Vehicles (CAVs) zum Beispiel der ersten Generation, also unbemannte manöverierbare Weltraumfahrzeuge mit fünffacher Schallgeschwindigkeit, die fast 500 Kilogramm an Zuladung transportieren können, werden "über eine unglaubliche Fähigkeit verfügen, dem Krieger die Möglichkeit weltweiten Zugriffs auf höchst lohnenswerte Ziele zu bieten", erklärte Gen. Lance W. Lord, seinerzeit Befehlshaber des Air Force Space Command (Weltraumkommando der US-Luftwaffe) gegenüber dem Streitkräfteausschuss des US-Repräsentantenhauses im März 2005. [10]

"Es gibt auch politische Berechnungen hinter FALCON. Die USA mögen derzeit Stützpunkte rund um die Welt besitzen. Aber morgen könnte die Weltgemeinschaft diese Einrichtungen nicht mehr einfach so hinnehmen", erläuterte Noah Shachtman in "Wired". [11] Die DARPA selbst stellte demnach in einer Präsentation für Rüstungsauftragsnehmer fest: "Die gegenwärtige und zukünftige politische Umgebung beschränkt ernsthaft die Fähigkeit dieses Landes [der USA], Angriffsmissionen über lange Strecken auf hochwertige, zeitkritische Ziele von außerhalb des CONUS (Abk. für Continental United States, also dem US-amerikanischen Festland auf dem nordamerikanischen Kontinent) durchzuführen."

EADS-Hyperschall-Lenkflugkörper: Weltrekord mit sieben Mach in Bodennähe

Führend auf dem Gebiet Hyperschallflugkörper waren bemerkenswerterweise (jedenfalls bis 2004) jedoch offenbar nicht die USA: Am 23. Oktober 2003 wurde in Deutschland auf dem Versuchsgelände der Wehrtechnischen Dienststelle WTD 91 in Meppen ein Test eines Lenkflugkörpers durchgeführt, der dabei erstmals Mach 7 (entspricht 2,3 Kilometer pro Sekunde) in Bodennähe überschritten hat. Das Triebwerk lieferte bei einem Eigengewicht des Flugkörpers von zirka 130 Kilogramm etwa 23 Tonnen Schub. „Damit haben wir unseren internationalen Know-How-Vorsprung weiter ausgebaut,“ erklärte seinerzeit Peter Gleich, Programmverantwortlicher bei der EADS/LFK. "Das Thema Hyperschallflugkörper hat weltweit an Bedeutung gewonnen. Auf der Grundlage der technologischen Erkenntnisse aus den Hyperschallstudien und Tests sollen zukünftige Hochgeschwindigkeits-Lenkflugkörpersysteme in den Bereichen Flugabwehr/Luftverteidigung und Bodenzielbekämpfung entwickelt werden. Insbesondere die USA und Schweden haben ihre nationalen Industrien in jüngster Zeit mit Studien beauftragt", hieß es in einer Pressemitteilung. In Deutschland sei die Förderung der Arbeiten durch das BMVg allerdings 2004 eingestellt worden; "die insgesamt knapp bemessenen Mittel für Forschung und Technologie (FuT) können angesichts der Zwänge im Verteidigungshaushalt nicht aufgestockt werden", so EADS [12].

CONPLAN 8022: nukleare Komponente

Die auf dem Militärkonzept CONPLAN 8022 und seiner Subvariante 8022-2 beruhende Global-Strike-Strategie, deren Details einer breiteren Öffentlichkeit durch einen Artikel des US-Militärexperten William Arkin in der "Washington Post" im Mai 2005 [13] bekannt wurden, hat allerdings auch eine nukleare Komponente. Im September 2005 berichtete Walter Pincus [14] im gleichen Blatt von einer Überarbeitung der Militärdoktrin JP 3-12, der Doctrine for Joint Nuclear Operations [15] des US-Generalstabs, wie Georg Schöfbänker, der Betreiber des Österreichischen Informationsbüros für Sicherheitspolitik und Rüstungskontrolle in Linz im März 2006 schrieb. Mit der Nuclear Posture Review (NPR) von 2001, also mit der "Neubewertung für die Richtlinien für die Kernwaffenstrategie", sei "in einem größeren strategischen Zusammenhang, d.h. auch für die Öffentlichkeit sichtbar, eine nicht nur, aber auch präventive Nuklearstrategie eingeführt" worden, so der Politikwissenschafter.

Kleine Operationen, "keine Stiefel am Boden"

CONPLAN 8022 unterscheide "sich von anderen Kriegsplänen dadurch, dass er kleine Operationen und 'keine Stiefel am Boden' postuliert", so William Arkin. Das Konzept "antizipiert zwei verschiedene Szenarien. Das erste ist die Reaktion auf eine spezifische und unmittelbare nukleare Bedrohung, sagen wir: in Nordkorea. Eine rasch erfolgender, hoch choreographierter Schlag würde genau lokalisierte Bombardements mit elektronischer Kampfführung und Cyberangriffen kombinieren, um eine nordkoreanische Antwort auszuschalten, mit Kommandos, die tief in feindlichem Gebiet operieren, vielleicht sogar, um die nukleare Vorrichtung in Besitz zu nehmen. - Das zweite Szenario beinhaltet einen allgemeineren Angriff auf die Infrastruktur der Massenvernichtungswaffen eines Gegners. Der Argumentation halber sei angenommen, dass der Iran ein Crash-Programm zum Bau einer Atomwaffe auflegt. Ein multidimensionales (kinetisches) Bombardement und (nicht-kinetische) Informationskriegsangriffe könnten versuchen, das Programm des Iran zu zerstören, und Spezialeinheiten würden eingesetzt, um unterirdische Anlagen auszuschalten oder abzutrennen."

Im Frühjahr 2007 wurde z.B. bekannt, dass die USA auf dem formell britischen Stützpunkt Diego Garcia im indischen Ozean einen U-Boothafen bauen, von dem aus umgebaute Atomunterseeboote kleinere U-Boote für gezielte, schnell vorgetragene und durchgeführte Kommandounternehmen küstennah absetzen können (vgl. SEAL Delivery Vehicle). [16]

Massiver Aufmarsch kein Anhaltspunkt für Kriegsvorbereitungen mehr

Nick Abbe analysierte dazu im September 2007: "...ein Angriff auf Iran, gemäß der 'Global Strike'-Strategie, ist de facto jederzeit möglich, auch wenn Ausgang und Konsequenzen einer solchen Handlung natürlich auf einem anderen Blatt geschrieben stehen. - Die Tatsache, dass sich momentan anscheinend 'nur' drei Träger der USA, die Kitty Hawk, die Enterprise und die Nimitz, samt ihren Begleitschiffen, in Einsatzreichweite zum Iran aufhalten, kann inzwischen nicht mehr als Indikator für oder gegen Kriegsvorbereitungen herhalten. - Ein Angriff mit nuklearen Waffen, der ebenfalls Teil der Kontingenzplanung im Rahmen von CONPLAN 8022 ist, kann ebenfalls nicht ausgeschlossen werden (z.B. wenn der Iran B- oder C-Waffen einsetzt bzw. zur Verhinderung dieser Möglichkeit, oder wenn Nuklearanlagen konventionell nicht zu zerstören sind), erscheint aber aufgrund der vielfältigen Konsequenzen eher als unwahrscheinlich. Andererseits gibt es seit Amtsantritt der Bush-Administration ein verstärktes Bemühen seitens des Pentagons und des Weißen Hauses, die nukleare in die konventionelle Kriegführung zu integrieren und nukleare Waffen weniger als Abschreckungsmittel, sondern vielmehr als 'normale' Kriegsmittel, zu betrachten." (a.a.O.)

Bereitschaft rund um die Uhr, atomare Präzisionswaffen als Mittel präemptiver Schläge

Nach der Konzeption des zur Jahreswende 2003/2004 ausgearbeiteten CONPLAN 8022 "sollen speziell konfigurierte bunkerbrechende 'Mini-nukes' zum Einsatz kommen, die unterirdische Anlagen wie die des Iran zerstören können. Am 15. Mai 2005 berichtete die 'Washington Post', dass Verteidigungsminister Rumsfeld im Sommer 2005 eine streng geheime 'Interim Global Strike Alert Order' genehmigte, das ist ein Befehl, der rund um die Uhr militärische Bereitschaft anordnet, die von 'Stratcom', der strategischen Kommandozentrale in Omaha, geführt wird. Bis dahin hatte Stratcom - bedrohlich genug - nur die Nukleareinheiten unter sich gehabt. Im Januar 2003 unterzeichnete Bush eine Definition des 'full spectrum global strike', eine militärische Option, die im Krieg atomare Präzisionswaffen ebenso wie konventionelle Bomben und Kriegführung im Raum vorsieht. Sie war die Fortsetzung von Präsident Bushs Nationaler Sicherheitsstrategie vom September 2002, mit der eine Politik 'präemptiver Kriege' zur strategischen Doktrin der USA erhoben wurde." [17]

Ende der Abrüstung? James Cartwright plädiert für Aussetzung des START-I-Vertrags

James E. Cartwright, damals noch Chef des Strategischen Kommandos der USA, erklärte am 31. Juli 2007 bei einer Anhörung im US-Senat, ein Verzicht der US-Regierung auf die Verlängerung des START-1-Vertrags mit Russland würde den USA die Möglichkeit für schnelle weltweite Angriffe erleichtern. "Dies würde mehr Flexibilität bei der Realisierung des 'Global-Strike-Programms' bei gleichzeitigen Bemühungen um die Erhaltung entsprechender vertrauensbildenden Maßnahmen ermöglichen", so General Cartwright. "Im Endeffekt lassen wir neue Systeme entstehen, die zur nationalen Sicherheit beitragen und es ermöglichen, uns weniger auf unsere Nuklearrüstungen zu stützen", zitierte ihn die RIA Nowosti. - Der eigentlich bis zum 5. Dezember 2009 geltende sowjetisch-US-amerikanische Vertrag über die Reduzierung und Begrenzung von strategischen Angriffswaffen war am 31. Juli 1991 bei einem Treffen zwischen Michail Gorbatschow und George Bush sen. in Moskau unterzeichnet worden (also rund fünf Monate vor dem Ende der Sowjetunion) und trat am 5. Dezember 1994 in Kraft. Der Vertrag schreibt eine Parität der strategischen Nuklearkräften beider Seiten auf einem Niveau vor, das im Vergleich zur Situation in den 1980-er Jahren um 30 Prozent geringer ist und betrifft die Anzahl der Gefechtsköpfe bzw. der Flugkörper sowie der ballistischen Raketen. [18]

Umsetzung des "No-Nuke-Trident"-Konzepts noch in der Schwebe

Allerdings ist noch unklar, ob das No-Nuke-Trident-Konzept wie geplant umgesetzt werden kann: Kritiker vor allem auch im US-Kongress sehen die Gefahr, dass es zu fatalen Missverständnissen mit möglicherweise katastrophalen Folgen kommen könnte, weil nicht alle Staaten über hinreichend elaborierte Aufklärungssysteme verfügen, daher gfs. den Abschuss einer nuklear bestückten Rakete vermuten und entsprechend reagieren könnten. Noch Anfang 2007 beklagten sich zudem Vertreter der Rüstungsindustrie, das Pentagon habe sein Konzept des Global Strike noch nicht hinreichend präzisiert. [19] Das US-Militär hatte hingegen schon Ende 2005 die Fähigkeit zu einem qualifizierten "prompten globalen Schlag" beansprucht. [20] Die Anforderungen seien "nach einem rigorosen Test der integrierten Planung und der operationellen Fähigkeiten zur Ausführung während der Exercise Global Lightning ("Übung weltweiter Blitz") erfüllt worden", hieß es demnach in einer Stellungnahme des STRATCOM.

Zu den Alternativen zum Trident-Konzept zählen US-Experten zufolge von U-Booten abgefeuerte Raketen kürzerer Reichweite wie auch Langstreckenraketen, die von Stützpunkten auf dem Territorium der USA gestartet werden könnten, die der potentiell feindlichen Aufklärung als Nicht-ICBM-Standorte bekannt sind. [21]

Joint Vision 2020: "Full Spectrum Dominance"

Die full spectrum dominance (etwa: Überlegenheit in allen Bereichen) der Vereinigten Staaten ist das erklärte Kernanliegen der Militärdoktrin Joint Vision 2020 des Pentagon [22], und die Fähigkeit zu weltweiten Schlägen binnen kürzester Frist soll zum vorrangigen Mittel ihrer Sicherung werden.

Kritik

Das Konzept des Global Strike ist ein Teil der militärisch-technologischen Basis des weltweiten Führungsanspruchs der USA (s. Pax Americana): "Der mächtigste Staat der Geschichte verkündete eine neue nationale Sicherheitsstrategie, die beteuert, die weltweite Hegemonie dauerhaft aufrechterhalten zu wollen: Jede Herausforderung wird mit Gewalt unterbunden - [das ist] das Ausmaß, mit welchem die Vereinigten Staaten überlegen herrschen. [..] Die grundlegenden Prinzipien dieser 'neuen imperialen Gesamtstrategie', wie sie John Ikenberry umgehend und zutreffend genannt hat, lassen sich bis in die frühen Tage des 2. Weltkriegs zurückverfolgen und wurden seitdem oft wiederholt." [..] Die Nachfolger Kennedys und Reagans "fuhren fort, klarzustellen, dass die Vereinigten Staaten sich das Recht vorbehalten, 'falls erforderlich, einseitig' zu handeln, unter Einschluss der 'unilateralen Anwendung militärischer Gewalt', um so lebenswichtige Interessen wie 'die Sicherung ungehinderten Zugangs zu Schlüsselmärkten, der Energieversorgung und strategischen Ressourcen' zu verteidigen. [23] [..] Die imperiale Gesamtstrategie basiert auf der Annahme, dass die Vereinigten Staaten durch militärische Programme, die jene jeder möglichen Koalition klein erscheinen lassen, die 'full spectrum dominance' erlangen können ...", so Noam Chomsky. Die neue Strategie spiegele "die Verachtung der US-Regierung für internationale Gesetze und Institutionen sowie für Maßnahmen zur Rüstungskontrolle, die kaum mit einem Wort in der National Security Strategy [erwähnt und somit] verworfen werden. Sie veranschaulichen das Engagement für eine extremistische Version der langjährigen Doktrin", meinte Chomsky schon 2003. Im Hinblick auf die sich herausbildende tripolare Welt (USA, Europa und insbesondere das ressourcenreiche Asien mit den Führungsmächten China und Russland) gab er sich überzeugt, sie bilde eine anhebende Gefahr für die von den USA proklamierte und aufrechterhaltene Weltordnung unter ihrer Führung: "Gewalt ist ein mächtiges Kontrollinstrument, wie die Geschichte belegt. Aber die Dilemmata der Dominanz sind nicht unerheblich." [24]

Furcht vor einer nuklearen Eskalation

Die neuen "Global-Strike"-Pläne seien Teil einer Revolution, die hinsichtlich der nuklaren Richtungsentscheidung in den Vereinigten Staaten vor sich gehe, schrieb Jonathan Schell 2005 und strich die Unterschiede zu früheren Epochen der Nuklearpolitik der USA heraus. Unter Anspielung auf die Lage nach dem Irakkrieg meinte er: Das "globale Neue Rom" habe "seine konventionelle Macht beim Niederhalten gerade mal eines Landes erschöpft, den Irak. Aber die 2000-er Jahre sind nicht die 1950-er." Eisenhowers (auf den die Doktrin der "massiven Vergeltung" mit Nuklearwaffen für den Fall eines sowjetischen Angriffs zurückgeht) "übergeordnetes Ziel war hauptsächlich defensiv. Er wollte keinen Krieg, weder einen nuklearen oder konventionellen, und kam der Entscheidung, einen Atomschlag anzuordnen, nie nahe. Im Gegensatz dazu ist Bushs Politik des Präventivkriegs inhärent aktivistisch und aggressiv [25]: Die Option eines Global-Strike dient nicht nur zur Abschreckung; sie dient zum Gebrauch." [26]

Literatur

Siehe auch

Quellen

  1. Nikolas Busse: Militärstrategie: Globaler Schlag (FAZ, 13. Juli 2006 - die einleitende Bemerkung des Autors ist irreführend: "Global Strike" ist eine Strategie und keine einzelne Waffe)
  2. Harold Brown and James Schlesinger: A Missile Strike Option We Need ("Washington Post", 22. Mai 2006)
  3. „Prompt Global Strike“: US-Senat stockt beantragte Mittel auf (RIA Nowosti, 12. September 2007)
  4. John P. Jumper: Global Strike Task Force - A Transforming Concept, Forged by Experience In: Aerospace Power Journal, Spring 2001; John P. Jumper ist General der US-Luftwaffe
  5. Noah Shachtman: Hypersonic Cruise Missile: America's New Global Strike Weapon ("Popular Mechanics", Januar 2007; darin auch Informationen zur "No-Nuke Trident II")
  6. US-Administration setzt im Antiterrorkampf auf neue "globale Stoßwaffe" (RIA Nowosti, 21. Dezember 2006)
  7. Celeste Biever: US begins hypersonic weapons program (NewScientist.com news service, 21. November 2003)
  8. Falcon HCV (DARPA, Update: 19. September 2007)
  9. Florian Rötzer, Globale Angriffs- und Zerstörungskapazität (Telepolis, 2. Juli 2003)
  10. Walter Pincus: Pentagon Has Far-Reaching Defense Spacecraft in Works - Bush Administration Looking to Space to Fight Threats ("Washington Post", 16. März 2005)
  11. Noah Shachtman: Speed Kills, Military Wants More ("Wired", 20. November 2003)
  12. Mit gezielter Technologieförderung zur Weltspitze (EADS, Geschäftsbereich Lenkflugkörper, Pressemitteilung, 10. Mai 2004)
  13. William Arkin: Not Just A Last Resort? A Global Strike Plan, With a Nuclear Option ("Washington Post", 15. Mai 2005)
  14. Walter Pincus: Pentagon Revises Nuclear Strike Plan - Strategy Includes Preemptive Use Against Banned Weapons ("Washington Post", 11. September 2005)
  15. Joint Publication 3-12: Doctrine for Joint Nuclear Operations, Final Coordination (2) (Globalsecurity.org, 15. März 2005 - PDF-Download des Dokuments möglich)
  16. Lewis Page: US Navy builds Stingray-esque base in Indian Ocean (The Register, 7. April 2007)
  17. F. William Engdahl, Wie hoch ist das Kriegsrisiko mit dem Iran? (Website des Autors, 15. Februar 2006)
  18. Pentagon-Stratege: Verzicht auf START-1-Vertrag ermöglicht den USA schnellere Angriffe weltweit (RIA Nowosti, 1. August 2007)
  19. John T. Bennett: Official: Pentagon Told to Scrap Conventional Trident Missile Concept (DefenseNews.com, 1. Februar 2007)
  20. David Ruppe: U.S. Command Declares Global Strike Capability (Global Security Newswire, 2. Dezember 2005)
  21. Jeremy Singer: Pentagon Weighs Global Strike Options (Space News Business Report, 6. November 2006)
  22. William Blum: Full Spectrum Dominance (ZNet, 7. Februar 2007)
  23. Dean Acheson, American Society of International Law Proceedings 13, 14 (1963); Abraham Sofaer, U.S. Department of State Current Policy 769 (December 1985); President Bill Clinton, address to the U.N., 1993; Secretary of Defense William Cohen, Annual Report, 1999. (zitiert nach N. Chomsky, a.a.O.)
  24. Noam Chomsky: Dominance and Its Dilemmas - The Bush administration’s Imperial Grand Strategy ("Boston Review", October/November 2003)
  25. Die nukleare Option der USA und der "Krieg gegen Terrorismus" (Referat von Michel Chossudovsky auf dem Atomkongress der IPPNW Anfang Mai 2004 in Berlin)
  26. Jonathan Schell: Revolution in American Nuclear Policy (zuerst in: TomDispatch, 26. Mai 2005)