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„Ameisensäure“ – Versionsunterschied

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{{Infobox Chemikalie
| Strukturformel = [[Bild:Formic-acid.png|150px|Strukturformel der Ameisensäure]]
| Andere Namen = * Formylsäure
* Formalinsäure
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'''Ameisensäure''' (nach der [[Nomenklatur (Chemie)|Nomenklatur]] der [[IUPAC]] '''Methansäure''' genannt, eng: '''formic acid''', lat: ''acidum formicum'') ist eine farblose, ätzende und in [[Wasser]] [[Löslichkeit|lösliche]] [[Flüssigkeit]], die in der Natur vielfach von Lebewesen zu Verteidigungszwecken genutzt wird. Sie zählt zu den gesättigten [[Carbonsäure]]n und ist mit der strukturierten [[Summenformel]] HCOOH die einfachste Carbonsäure. Die Ameisensäure wurde im Jahre 1671 von [[John Ray]] erstmals aus roten [[Ameisen]] isoliert und erhielt von diesen ihren Namen. Ein weiterer Trivialname für Methansäure, ''Formylsäure'', geht auf das lateinische Wort für Ameise, ''formica'', zurück.

== Aufbau und Nomenklatur ==
Ameisensäure ist die einfachste [[Carbonsäure]] und kurzkettigste [[Alkansäure]], die [[Carboxylgruppe]] (–COOH) bestimmt besonders stark ihre Eigenschaften. Das Kohlenstoffatom hat eine formale [[Oxidationsstufe]] von +2. Es kann deswegen analog zu den [[Carbonyl]]verbindungen als [[Hydrid]]überträger wirken, daher rührt ihre [[Reduktion (Chemie)|reduzierende]] Wirkung.

Aufgrund der stark polaren Carboxylgruppe ist Ameisensäure in jedem Verhältnis mit Wasser mischbar.

Ameisensäure, ein historisch bedingter Name, der auf das Vorkommen in Ameisen hinweist, ist der wesentlich häufiger verwendete Name. Die Salze der Ameisensäure heißen Methanoate - auch hier wird der [[Trivialname]] Formiate häufiger benutzt, obwohl er nicht der Nomenklatur entspricht. Die Formiate haben die strukturierte Summenformel (HCOO)<sub>n</sub>M, wobei n der Wertigkeit des Metall-Ions entspricht. Beispiele von Formiaten sind [[Natriumformiat]] (HCOONa) und [[Aluminiumformiat]] [(HCOO)<sub>3</sub>Al)].

== Geschichte ==
[[Bild:John Ray.jpg||thumb|left|John Ray isolierte 1671 als erster die Ameisensäure.]]
Im frühen 15. Jahrhundert beobachteten einige [[Alchemie|Alchemisten]] und [[Naturalismus (Philosophie)|Naturalisten]], dass [[Ameisen]] eine saure Flüssigkeit absondern. Der englische Naturalist [[John Ray]] isolierte 1671 als Erster die Ameisensäure, indem er eine große Anzahl von Ameisen [[Destillation|destillierte]]. Der [[Arzt]] [[Christoph Girtanner]] schrieb 1795 zur Gewinnung von Ameisensäure folgenden Text:

<!-- (Originalzitat!) -->''Die Ameisensäure erhält man durch Destillation aus den Ameisen ([[Formica rufa]]). Man destilliert Ameisen bei gelindem Feuer, und erhält in der Vorlage die Ameisensäure. Sie macht ungefähr die Hälfte des Gewichtes der Ameisen aus. Oder man wäscht die Ameisen in kaltem Wasser ab, legt sie nachher auf ein Tuch, und gießt kochendes Wasser darüber. Drückt man die Ameisen gelinde aus, wird die Säure stärker. Um die Säure zu reinigen, unterwirft man sie wiederholt der Destillation, und um sie zu konzentrieren, lässt man sie gefrieren. Oder noch besser: man sammelt Ameisen, preßt sie aus, ohne Wasser, und destilliert die Säure davon.''

Der französische [[Chemiker]] [[Joseph Louis Gay-Lussac]] synthetisierte die Ameisensäure als Erster aus dem [[Cyanwasserstoff]]. 1855 erfand ein anderer französischer Chemiker, [[Marcellin Berthelot]], die Synthese aus Kohlenmonoxid, welche noch heute angewendet wird. Lange Zeit war Ameisensäure nur von geringer technischer Bedeutung. In den späten 60er Jahren des 20. Jahrhunderts fielen bedeutende Mengen Ameisensäure als Nebenprodukt bei der Synthese von [[Essigsäure]] an. Erst später wurde Ameisensäure in größerem Stil genutzt. Sie wurde jetzt nicht mehr nur als Nebenprodukt gewonnen, sondern gezielt synthetisch hergestellt.

== Vorkommen ==
[[Bild:Brennhaare.jpg|thumb|200px|Die Brennhaare der [[Brennnessel]] enthalten einen Cocktail mit Ameisensäure.]]
Auf der Erde findet sich die Ameisensäure nur in Tieren und Pflanzen, in geringen Mengen auch im menschlichen Körper – allerdings nie in reiner Form. Sogar im Weltall finden sich Spuren der Ameisensäure.

In der Natur ist Ameisensäure weit verbreitet. Sie wird von vielen Pflanzen- und Tierarten, besonders von [[Stechimmen]], als Bestandteil von Giftcocktails zu Verteidigungs- beziehungsweise Angriffszwecken genutzt.

Die [[Raupe (Schmetterling)|Raupen]] des [[Großer Gabelschwanz|Großen Gabelschwanz]] (''Cerura vinula'') – einer [[Schmetterlinge|Schmetterlingsart]] – sowie einige Ameisenarten (Angehörige der Unterfamilie ''[[Schuppenameisen|Formicinae]]'') verspritzen zur Verteidigung eine ameisensäurehaltige Flüssigkeit. Während die Gabelschwanzraupen die Ameisensäure nur einige Zentimeter weit verspritzen können, kommen z. B. [[Waldameisen]] bei der Verteidigung ihres Ameisenhaufens auf etwa einen Meter Reichweite. Einige [[Laufkäfer]]-, Skorpion- sowie [[Bienen]]arten benutzen Ameisensäurecocktails sowohl zu Verteidigungs- als auch zu Angriffszwecken. Bei einigen [[Quallen]]arten ist die Ameisensäure ein Bestandteil des Giftes in den Nesseln, mit dem die [[Beutetier|Beute]] vergiftet wird.

In den [[Brennhaar]]en der [[Brennnesseln]] befindet sich ein Nesselgift, das unter anderem Ameisensäure und Natriumformiat enthält.

Im menschlichen Organismus entsteht Ameisensäure neben [[Formaldehyd]] bei der [[Metabolisierung]] von Methanol. Ameisensäure ist biologisch leicht abbaubar.

In [[Interstellare Materie|interstellarer Materie]] (Gas- und Staubwolken) sind etwa 3/4 der Stoffe kohlenstoffhaltige Verbindungen. Hier beobachtet man auch Spuren der Ameisensäure. Auf Kometen findet sich häufig Ameisensäure. In der Hülle ([[Komet#Koma|Koma]]) des Kometen [[Hale-Bopp]] fanden sich normalisiert auf 100 mol Wasser 0,06 mol Ameisensäure. Auch auf vielen anderen Kometen finden sich Spuren von Ameisensäure. Auf einigen weiteren Planeten wurde sie ebenfalls in geringen Spuren gefunden.

== Gewinnung ==
[[Bild:Marcellin Berthelot.jpg|thumb|150px|Marcellin Berthelot erfindet 1855 die Synthese der Ameisensäure aus dem Kohlenmonoxid.]]
Die urtümliche Isolation der Ameisensäure aus toten Ameisen wird heutzutage nicht mehr durchgeführt. Die Herstellung der Ameisensäure erfolgt in der [[chemische Industrie|chemischen Industrie]] meist nach dem von [[Marcellin Berthelot]] 1855 erfundenen Verfahren. Die Synthese gliedert sich hierbei in zwei Verfahrensschritte:

:<math>\mathrm{NaOH + CO \longrightarrow HCOONa}</math>
:<small>[[Natriumhydroxid]] reagiert bei etwa 8&nbsp;bar und 120&nbsp;°C mit [[Kohlenmonoxid]] zu Natriumformiat.</small>

:<math>\mathrm{2 \ HCOONa + H_2SO_4 \longrightarrow 2 \ HCOOH + Na_2SO_4}</math>
:<small>Natriumformiat wird mit [[Schwefelsäure]] zu Ameisensäure und [[Natriumsulfat]] umgesetzt.</small>

Auch die Herstellung der Ameisensäure aus Methanol erfolgt unter anderem mit Hilfe von Kohlenmonoxid. Auch hier werden zwei Verfahrensschritte durchlaufen. Als Zwischenprodukt wird Ameisensäuremethylester hergestellt. Am Ende wird Methanol zurückgewonnen, welches wieder als Ausgangsprodukt für diese [[Synthese (Chemie)|Synthese]] genutzt werden kann:

:<math>\mathrm{CH_3OH + CO \longrightarrow HCOOCH_3}</math>
:<small>Methanol reagiert bei 80&nbsp;°C und 40&nbsp;atm mit Kohlenmonoxid zu [[Ameisensäuremethylester]].</small>

:<math>\mathrm{HCOOCH_3 + H_2O \longrightarrow HCOOH + CH_3OH}</math>
:<small>Ameisensäuremethylester reagiert mit Wasser zu Ameisensäure und Methanol.</small>

Weil die [[Hydrolyse]] des Ameisensäuremethylesters viel [[Wasser]] verbrauchen würde, benutzen einige Hersteller von Ameisensäure einen indirektes Verfahren mit [[Ammoniak]], bei dem wiederum zwei Verfahrensschritte vonnöten sind. Dieses indirekte Verfahren birgt jedoch Probleme, weil teilweise das Nebenprodukt Ammoniumsulfat freigesetzt wird:

:<math>\mathrm{HCOOCH_3 + NH_3 \longrightarrow HCONH_2 + CH_3OH} </math>
:<small>[[Ameisensäuremethylester]] reagiert mit Ammoniak zu [[Formamid]] und Methanol.</small>

:<math>\mathrm{HCONH_2 + H_2O + \frac{1}{2} \ H_2SO_4 \longrightarrow HCOOH + \frac{1}{2} \ (NH_4)_2SO_4}</math>
:<small>Formamid reagiert mit [[Schwefelsäure]] zu Ameisensäure und [[Ammoniumsulfat]].</small>

* [[Hydrolyse]] von [[Chloroform]] (Trichlorid der Orthoameisensäure) mit [[KOH]]

Aufgrund dieses Problems wurde von den Herstellern ein neues Verfahren der direkten Hydrolyse entwickelt, bei dem die Ameisensäure energiegünstig aus den großen Mengen von Wasser abgesondert werden kann. Ein Beispiel hierfür ist ein Verfahren der [[BASF]], bei dem mit Hilfe einer organischen Base die Ameisensäure durch [[Extraktion (Verfahrenstechnik)|Flüssigextraktion]] abgesondert werden kann.

Des Weiteren fällt Ameisensäure als Nebenprodukt bei der Herstellung von [[Essigsäure]] aus Leichtbenzin oder [[Butan]] an. Auch mit Hilfe von Blausäure kann Ameisensäure hergestellt werden. Für die Herstellung aus Methanol gibt es ein zweites Verfahren. Hierbei wird Methanol zu Formaldehyd und Ameisensäure umgesetzt. Diese drei Verfahren sind allerdings von geringer technischer Bedeutung.

== Eigenschaften ==
Ameisensäure riecht stark und stechend. Die [[Geruchsschwelle]] liegt bei 1&nbsp;ml/m<sup>3</sup>. Mit Wasser, [[Ethanol]] sowie [[Glykole|Glykol]] ist Ameisensäure in jedem Verhältnis mischbar. In den meisten anderen polaren organischen Stoffen ist sie ebenfalls löslich, in [[Kohlenwasserstoffe]]n nur in geringen Mengen.

Ameisensäure ist eine relativ instabile, farblose, klare und leicht flüchtige Flüssigkeit. Bei 8&nbsp;°C [[Schmelzpunkt|erstarrt]] die Ameisensäure zu einem farblosen Feststoff. Bei 100,7&nbsp;°C siedet sie. Schmelz- und Siedepunkt liegen wesentlich höher als die von organischen Verbindungen mit ähnlichen molaren Massen (beispielsweise Methanol), da beim Schmelzen und Sieden auch [[Wasserstoffbrückenbindung]]en zwischen den einzelnen Molekülen aufgebrochen werden müssen. Diese bestehen teilweise auch im gasförmigen Zustand weiter, weswegen Ameisensäure stark vom Verhalten eines [[ideales Gas|idealen Gases]] abweicht. Mit Wasser bildet sie ein schwersiedendes [[Azeotrop]]. In Anwesenheit von Sauerstoff verbrennt sie zu Kohlenstoffdioxid und Wasser. Die Ameisensäure ist ein starkes [[Reduktionsmittel]], da sie gleichzeitig einen [[Aldehyd]] darstellt (Hydroxy[[formaldehyd]]).

Die Ameisensäure hat eine Dichte von 1,22&nbsp;g·cm<sup>−3</sup> bei 20&nbsp;°C. Die [[Säurekonstante]] (pKs-Wert) ist 3,75. Sie ist die stärkste unsubstituierte [[Monocarbonsäure]]. Zum Vergleich: [[Chlorwasserstoffsäure]] hat einen pKs-Wert von −7, Schwefelsäure von −3. Zum Schmelzen der Ameisensäure werden 12,7&nbsp;kJ/mol benötigt, zum Verdampfen 22,7&nbsp;kJ/mol. Der [[Tripelpunkt]] liegt bei 8,3&nbsp;°C und 0,0236&nbsp;bar.

Der Nachweis des Ameisensäuredampfes erfolgt mit Hilfe von [[Dräger-Prüfröhrchen]]. Ansonsten wird die Ameisensäure über ihre reduzierende Wirkung nachgewiesen, meist dadurch, dass sie eine [[ammoniak]]alische [[Silbernitrat]]lösung zu [[Silber]] reduzieren kann.

=== Thermodynamische Eigenschaften ===
Die [[Standardbildungsenthalpie]] Δ<sub>f</sub>H<sup>0</sup><sub>liquid</sub> beträgt −424,72&nbsp;kJ·mol<sup>−1</sup>, Δ<sub>f</sub>H<sup>0</sup><sub>gas</sub> beträgt −378,6&nbsp;kJ·mol<sup>−1</sup>.<ref name="NIST-Datenbank">NIST Chemistry WebBook http://webbook.nist.gov/chemistry/</ref>

Die [[Standardentropie]] S<sup>0</sup><sub>liquid</sub> ist 128,95&nbsp;J·mol<sup>−1</sup>·K<sup>−1</sup>, S<sup>0</sup><sub>gas</sub> 248,7&nbsp;J·mol<sup>−1</sup>·K<sup>−1</sup>.<ref name="NIST-Datenbank"/>

Die [[Wärmekapazität]] der Flüssigkeit wird mit 99,04&nbsp;J·mol<sup>−1</sup>·K<sup>−1</sup> (25&nbsp;°C), die des Gases mit 45,7&nbsp;J·mol<sup>−1</sup>·K<sup>−1</sup> (25°C) angegeben.<ref name="NIST-Datenbank"/>

Die [[Dampfdruck]]funktion ergibt sich nach Antoine entsprechend log<sub>10</sub>(P) = A-(B/(T-C)) (P in bar, T in K) mit A = 2,00121, B = 515,000 K und C = -139,408 K im Temperaturbereich von 273,6&nbsp;K bis 307,3&nbsp;K.<ref name="NIST-Datenbank"/>

=== Sicherheitstechnische Kenndaten ===
Ameisensäure gilt als eine entzündliche Flüssigkeit. Oberhalb des [[Flammpunkt]]es können sich entzündliche Dampf-Luft-Gemische bilden. Die Verbindung hat einen Flammpunkt bei 45&nbsp;°C. Der [[Explosionsgrenze|Explosionsbereich]] liegt zwischen 10&nbsp;Vol% (190 g/m3) als [[Explosionsgrenze|untere Explosionsgrenze]] (UEG) und 45,5&nbsp;Vol% (865&nbsp;g/m<sup>3</sup>) als [[Explosionsgrenze|obere Explosionsgrenze]] (OEG). Es resultiert damit eine Zuordnung in die Explosionsgruppe IIA. Die [[Zündtemperatur]] beträgt 520&nbsp;°C. Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T1.<ref name="GESTIS"/>

== Reaktionen ==
:<math>\mathrm{HCOOH \longrightarrow CO + H_2O}</math>
:<small>Ameisensäure zerfällt zu Wasser und [[Kohlenmonoxid]]; bei Zusatz von stark wasserentziehenden Stoffen (z.&nbsp;B. Schwefelsäure oder Molsieb).</small>

:<math>\mathrm{2 \ HCOOH + O_2 \longrightarrow 2 \ CO_2 + 2 \ H_2O}</math>
:<small>Ameisensäure verbrennt bei Anwesenheit von Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid und Wasser.</small>

:<math>\mathrm{HCOOH \longrightarrow CO_2 + H_2}</math>
:<small>Bei höheren Temperaturen und in Anwesenheit eines Katalysator zerfällt sie zu [[Kohlenstoffdioxid]] und [[Wasserstoff]].</small>

Mit Metallen reagiert Ameisensäure zu Metallformiaten und Wasserstoff:
:<math>\mathrm{2 \ Na + 2 \ HCOOH \longrightarrow 2 \ HCOONa + H_2}</math>
:<small>[[Natrium]] reagiert mit Ameisensäure unter [[Wasserstoff]]bildung zu Natriumformiat.</small>

Mit [[Alkohole]]n reagiert Ameisensäure in Anwesenheit eines [[Katalysator]]s (meist Schwefelsäure) zu Wasser und Ameisensäurealkylestern ([[Methylester]]).

:<math>\mathrm{HCOOH + CH_3OH \longrightarrow H_2O + HCOOCH_3}</math>
:<small>Ameisensäure reagiert mit Methanol zu Wasser und Ameisensäuremethylester.</small>

== Verwendung ==
Ameisensäure wurde bis 1998 unter der [[E-Nummer]] E236 als [[Konservierungsmittel]] in Fisch-, Obst- und Gemüseprodukten verwendet, ist seitdem aber nicht mehr in Europa als Konservierungsmittel zugelassen. Auch Natrium- und Calciumformiat werden als Konservierungsmittel verwendet (E237 und E238). In der [[Medizin]] wird sie als [[Antirheumatikum]] verwendet, in der [[Textil]]- und [[Leder]]industrie zum Beizen und [[Imprägnierung|Imprägnieren]]. Teilweise wird sie auch als [[Desinfektion]]smittel (auch in sauren Reinigungsmitteln) verwendet. Sie tötet Bakterien gut ab. Allerdings kann sie dabei auch mit anderen Stoffen in Reaktion treten. In der [[chemische Industrie|chemischen Industrie]] wird sie zur [[Neutralisation (Chemie)|Neutralisation]], bei der Gummiproduktion und allgemein in der [[Organische Chemie|organischen]] [[Synthese (Chemie)|Synthese]] genutzt. In der Elektronikproduktion wird Ameisensäure als [[Reduktionsmittel]] beim [[Löten|Lötprozess]] verwendet.
Imker benutzen sie zur Behandlung der Bienen gegen die [[Varroamilbe]] und in privaten Haushalten wird Ameisensäure häufig zum Entkalken von Waschmaschinen verwendet. In der Genetik kann man Ameisensäure in Verbindung mit dem Enzym AP-Endonuclease nutzen, um zufällig Insertionsmutanten herzustellen, die sogenannte In-Vitro-Mutagenese. Des Weiteren ist Ameisensäure als ein Bestandteil des Tabakrauches zu finden. Auf Flughäfen wird [[Natriumformiat]] zum Enteisen der Landebahnen genutzt, da Kochsalz, das in anderen Bereichen zu diesem Zweck verwendet wird, [[Korrosion]] an Flugzeugen hervorrufen würde. In der Kunststoffindustrie wird sie zum Verkleben von [[Polyamide|Polyamid-Kunststoffen]] verwendet.
Konzentrierte Ameisensäure wird zum Säubern von Rohedelsteinen benutzt, da sie Kalkstein und andere Verunreinigungen stark angreift und so den Edelstein freilegt, ohne dass dieser beschädigt wird. Dieses Reinigungsverfahren sollte nur bei säurebeständigen Edelsteinen angewandt werden.
Experimentell gelang die Gewinnung von Wasserstoff aus Ameisensäure bei Raumtemperatur, z.&nbsp;B. zur Verwendung in [[Brennstoffzelle]]n. <ref>http://www.heise.de/newsticker/Strom-aus-Ameisensaeure--/meldung/107547</ref>

== Sicherheit ==
Der Kontakt mit Ameisensäure oder konzentrierten Dämpfen reizt die Atemwege und Augen. Bei Konzentrationen über zehn Prozent führt der Hautkontakt zu schweren [[Verätzung]]en und Blasen. Bei ihrem Zerfall kann das Atemgift Kohlenmonoxid entstehen. Ameisensäure kann vom Körper abgebaut werden. Bei dauerhafter Aussetzung kann sie zu Hautallergien führen. Außerdem führt sie zu Leber- und Nierenschäden.

Ameisensäure muss an einem gut belüfteten, kühlen Ort aufbewahrt werden. Behälter, in denen Ameisensäure gelagert wird, müssen außerdem mit einer Druckausgleichverschraubung verschlossen werden, da sonst beim Zerfall durch entstehende Gase ein Überdruck entstehen kann.

== Einzelnachweise ==
<references />

== Weblinks ==
{{Wiktionary|Ameisensäure}}

* [http://www.hedinger.de/uploads/media/Ameisensaeure_85_v006_01.pdf Sicherheitsdatenblatt]
* [http://www.giftinfo.uni-mainz.de/Deutsch/therapiemanagement/Substanz/Ameisens%C3%A4ure.html Medizin und Gefahren]
* [http://www.chempage.de/lexi/lexiameisens.htm Eigenschaften, Darstellung und Verwendung]
* [http://chemsub.online.fr/chemsearch/cas_number_64-18-6.html ChemSub Online (Ameisensäure)].

== Literatur ==
* ''Ameisensäure, Formiate, Diglykol - bis – chlorformiat''. [[Wikipedia:Wiley-VCH Verlag|VCH]], Weinh, ISBN 3527285296
* ''Ausgewählte C-H-O Radikale. Ameisensäure. Essigsäure. Oxalsäure (Gmelin Handbook of Inorganic and Organometallic Chemistry - 8th edition ELEM C TL C LFG 4)''. Springer Verlag, ISBN 3540932836
* Gundula Jänsch-Kaiser und Dieter Behrens: ''Ameisensäure und Erdalkalihydroxide''. DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V., ISBN 3926959002

{{Navigationsleiste Alkansäuren}}

{{Lesenswert}}

{{DEFAULTSORT:Ameisensaure}}
[[Kategorie:Alkansäure]]
[[Kategorie:Carbonsäure]]

[[ar:حمض فورميك]]
[[bg:Мравчена киселина]]
[[bs:Metanska kiselina]]
[[ca:Àcid fòrmic]]
[[cs:Kyselina mravenčí]]
[[cy:Asid fformig]]
[[da:Myresyre]]
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[[en:Formic acid]]
[[eo:Formika acido]]
[[es:Ácido fórmico]]
[[et:Metaanhape]]
[[fi:Muurahaishappo]]
[[fr:Acide méthanoïque]]
[[he:חומצה פורמית]]
[[hr:Mravlja kiselina]]
[[hu:Hangyasav]]
[[id:Asam format]]
[[is:Maurasýra]]
[[it:Acido formico]]
[[ja:ギ酸]]
[[ko:폼산]]
[[la:Acidum formicum]]
[[lv:Skudrskābe]]
[[nl:Mierenzuur]]
[[nn:Maursyre]]
[[no:Maursyre]]
[[pl:Kwas mrówkowy]]
[[pt:Ácido metanóico]]
[[qu:Sisi p'uchqu]]
[[ro:Acid formic]]
[[ru:Муравьиная кислота]]
[[sh:Mravlja kiselina]]
[[sk:Kyselina mravčia]]
[[sl:Mravljinčna kislina]]
[[su:Asam format]]
[[sv:Myrsyra]]
[[th:กรดฟอร์มิก]]
[[tr:Formik asit]]
[[uk:Мурашина кислота]]
[[vi:Axít formic]]
[[zh:甲酸]]

Version vom 9. März 2009, 22:43 Uhr

Strukturformel
Strukturformel der Ameisensäure
Allgemeines
Name Ameisensäure
Andere Namen
  • Formylsäure
  • Formalinsäure
  • Hydrocarbonsäure
  • Methansäure
Summenformel CH2O2
Kurzbeschreibung

farblose Flüssigkeit

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 64-18-6
Wikidata Q161233
Eigenschaften
Molare Masse 46,03 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

1,22 g·cm−3 (20 °C)[1]

Schmelzpunkt

8 °C[1]

Siedepunkt

101 °C (Zersetzung)[1]

Dampfdruck

43 hPa (20 °C)[1]

pKS-Wert

3,77[2]

Löslichkeit

mischbar mit Wasser[1], Ethanol und Glykol

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung{{{GHS-Piktogramme}}}

H- und P-Sätze H: {{{H}}}
EUH: {{{EUH}}}
P: {{{P}}}
MAK

5 ml·m−3, 9,5 mg/m−3[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Ameisensäure (nach der Nomenklatur der IUPAC Methansäure genannt, eng: formic acid, lat: acidum formicum) ist eine farblose, ätzende und in Wasser lösliche Flüssigkeit, die in der Natur vielfach von Lebewesen zu Verteidigungszwecken genutzt wird. Sie zählt zu den gesättigten Carbonsäuren und ist mit der strukturierten Summenformel HCOOH die einfachste Carbonsäure. Die Ameisensäure wurde im Jahre 1671 von John Ray erstmals aus roten Ameisen isoliert und erhielt von diesen ihren Namen. Ein weiterer Trivialname für Methansäure, Formylsäure, geht auf das lateinische Wort für Ameise, formica, zurück.

Aufbau und Nomenklatur

Ameisensäure ist die einfachste Carbonsäure und kurzkettigste Alkansäure, die Carboxylgruppe (–COOH) bestimmt besonders stark ihre Eigenschaften. Das Kohlenstoffatom hat eine formale Oxidationsstufe von +2. Es kann deswegen analog zu den Carbonylverbindungen als Hydridüberträger wirken, daher rührt ihre reduzierende Wirkung.

Aufgrund der stark polaren Carboxylgruppe ist Ameisensäure in jedem Verhältnis mit Wasser mischbar.

Ameisensäure, ein historisch bedingter Name, der auf das Vorkommen in Ameisen hinweist, ist der wesentlich häufiger verwendete Name. Die Salze der Ameisensäure heißen Methanoate - auch hier wird der Trivialname Formiate häufiger benutzt, obwohl er nicht der Nomenklatur entspricht. Die Formiate haben die strukturierte Summenformel (HCOO)nM, wobei n der Wertigkeit des Metall-Ions entspricht. Beispiele von Formiaten sind Natriumformiat (HCOONa) und Aluminiumformiat [(HCOO)3Al)].

Geschichte

John Ray isolierte 1671 als erster die Ameisensäure.

Im frühen 15. Jahrhundert beobachteten einige Alchemisten und Naturalisten, dass Ameisen eine saure Flüssigkeit absondern. Der englische Naturalist John Ray isolierte 1671 als Erster die Ameisensäure, indem er eine große Anzahl von Ameisen destillierte. Der Arzt Christoph Girtanner schrieb 1795 zur Gewinnung von Ameisensäure folgenden Text:

Die Ameisensäure erhält man durch Destillation aus den Ameisen (Formica rufa). Man destilliert Ameisen bei gelindem Feuer, und erhält in der Vorlage die Ameisensäure. Sie macht ungefähr die Hälfte des Gewichtes der Ameisen aus. Oder man wäscht die Ameisen in kaltem Wasser ab, legt sie nachher auf ein Tuch, und gießt kochendes Wasser darüber. Drückt man die Ameisen gelinde aus, wird die Säure stärker. Um die Säure zu reinigen, unterwirft man sie wiederholt der Destillation, und um sie zu konzentrieren, lässt man sie gefrieren. Oder noch besser: man sammelt Ameisen, preßt sie aus, ohne Wasser, und destilliert die Säure davon.

Der französische Chemiker Joseph Louis Gay-Lussac synthetisierte die Ameisensäure als Erster aus dem Cyanwasserstoff. 1855 erfand ein anderer französischer Chemiker, Marcellin Berthelot, die Synthese aus Kohlenmonoxid, welche noch heute angewendet wird. Lange Zeit war Ameisensäure nur von geringer technischer Bedeutung. In den späten 60er Jahren des 20. Jahrhunderts fielen bedeutende Mengen Ameisensäure als Nebenprodukt bei der Synthese von Essigsäure an. Erst später wurde Ameisensäure in größerem Stil genutzt. Sie wurde jetzt nicht mehr nur als Nebenprodukt gewonnen, sondern gezielt synthetisch hergestellt.

Vorkommen

Die Brennhaare der Brennnessel enthalten einen Cocktail mit Ameisensäure.

Auf der Erde findet sich die Ameisensäure nur in Tieren und Pflanzen, in geringen Mengen auch im menschlichen Körper – allerdings nie in reiner Form. Sogar im Weltall finden sich Spuren der Ameisensäure.

In der Natur ist Ameisensäure weit verbreitet. Sie wird von vielen Pflanzen- und Tierarten, besonders von Stechimmen, als Bestandteil von Giftcocktails zu Verteidigungs- beziehungsweise Angriffszwecken genutzt.

Die Raupen des Großen Gabelschwanz (Cerura vinula) – einer Schmetterlingsart – sowie einige Ameisenarten (Angehörige der Unterfamilie Formicinae) verspritzen zur Verteidigung eine ameisensäurehaltige Flüssigkeit. Während die Gabelschwanzraupen die Ameisensäure nur einige Zentimeter weit verspritzen können, kommen z. B. Waldameisen bei der Verteidigung ihres Ameisenhaufens auf etwa einen Meter Reichweite. Einige Laufkäfer-, Skorpion- sowie Bienenarten benutzen Ameisensäurecocktails sowohl zu Verteidigungs- als auch zu Angriffszwecken. Bei einigen Quallenarten ist die Ameisensäure ein Bestandteil des Giftes in den Nesseln, mit dem die Beute vergiftet wird.

In den Brennhaaren der Brennnesseln befindet sich ein Nesselgift, das unter anderem Ameisensäure und Natriumformiat enthält.

Im menschlichen Organismus entsteht Ameisensäure neben Formaldehyd bei der Metabolisierung von Methanol. Ameisensäure ist biologisch leicht abbaubar.

In interstellarer Materie (Gas- und Staubwolken) sind etwa 3/4 der Stoffe kohlenstoffhaltige Verbindungen. Hier beobachtet man auch Spuren der Ameisensäure. Auf Kometen findet sich häufig Ameisensäure. In der Hülle (Koma) des Kometen Hale-Bopp fanden sich normalisiert auf 100 mol Wasser 0,06 mol Ameisensäure. Auch auf vielen anderen Kometen finden sich Spuren von Ameisensäure. Auf einigen weiteren Planeten wurde sie ebenfalls in geringen Spuren gefunden.

Gewinnung

Marcellin Berthelot erfindet 1855 die Synthese der Ameisensäure aus dem Kohlenmonoxid.

Die urtümliche Isolation der Ameisensäure aus toten Ameisen wird heutzutage nicht mehr durchgeführt. Die Herstellung der Ameisensäure erfolgt in der chemischen Industrie meist nach dem von Marcellin Berthelot 1855 erfundenen Verfahren. Die Synthese gliedert sich hierbei in zwei Verfahrensschritte:

Natriumhydroxid reagiert bei etwa 8 bar und 120 °C mit Kohlenmonoxid zu Natriumformiat.
Natriumformiat wird mit Schwefelsäure zu Ameisensäure und Natriumsulfat umgesetzt.

Auch die Herstellung der Ameisensäure aus Methanol erfolgt unter anderem mit Hilfe von Kohlenmonoxid. Auch hier werden zwei Verfahrensschritte durchlaufen. Als Zwischenprodukt wird Ameisensäuremethylester hergestellt. Am Ende wird Methanol zurückgewonnen, welches wieder als Ausgangsprodukt für diese Synthese genutzt werden kann:

Methanol reagiert bei 80 °C und 40 atm mit Kohlenmonoxid zu Ameisensäuremethylester.
Ameisensäuremethylester reagiert mit Wasser zu Ameisensäure und Methanol.

Weil die Hydrolyse des Ameisensäuremethylesters viel Wasser verbrauchen würde, benutzen einige Hersteller von Ameisensäure einen indirektes Verfahren mit Ammoniak, bei dem wiederum zwei Verfahrensschritte vonnöten sind. Dieses indirekte Verfahren birgt jedoch Probleme, weil teilweise das Nebenprodukt Ammoniumsulfat freigesetzt wird:

Ameisensäuremethylester reagiert mit Ammoniak zu Formamid und Methanol.
Formamid reagiert mit Schwefelsäure zu Ameisensäure und Ammoniumsulfat.

Aufgrund dieses Problems wurde von den Herstellern ein neues Verfahren der direkten Hydrolyse entwickelt, bei dem die Ameisensäure energiegünstig aus den großen Mengen von Wasser abgesondert werden kann. Ein Beispiel hierfür ist ein Verfahren der BASF, bei dem mit Hilfe einer organischen Base die Ameisensäure durch Flüssigextraktion abgesondert werden kann.

Des Weiteren fällt Ameisensäure als Nebenprodukt bei der Herstellung von Essigsäure aus Leichtbenzin oder Butan an. Auch mit Hilfe von Blausäure kann Ameisensäure hergestellt werden. Für die Herstellung aus Methanol gibt es ein zweites Verfahren. Hierbei wird Methanol zu Formaldehyd und Ameisensäure umgesetzt. Diese drei Verfahren sind allerdings von geringer technischer Bedeutung.

Eigenschaften

Ameisensäure riecht stark und stechend. Die Geruchsschwelle liegt bei 1 ml/m3. Mit Wasser, Ethanol sowie Glykol ist Ameisensäure in jedem Verhältnis mischbar. In den meisten anderen polaren organischen Stoffen ist sie ebenfalls löslich, in Kohlenwasserstoffen nur in geringen Mengen.

Ameisensäure ist eine relativ instabile, farblose, klare und leicht flüchtige Flüssigkeit. Bei 8 °C erstarrt die Ameisensäure zu einem farblosen Feststoff. Bei 100,7 °C siedet sie. Schmelz- und Siedepunkt liegen wesentlich höher als die von organischen Verbindungen mit ähnlichen molaren Massen (beispielsweise Methanol), da beim Schmelzen und Sieden auch Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den einzelnen Molekülen aufgebrochen werden müssen. Diese bestehen teilweise auch im gasförmigen Zustand weiter, weswegen Ameisensäure stark vom Verhalten eines idealen Gases abweicht. Mit Wasser bildet sie ein schwersiedendes Azeotrop. In Anwesenheit von Sauerstoff verbrennt sie zu Kohlenstoffdioxid und Wasser. Die Ameisensäure ist ein starkes Reduktionsmittel, da sie gleichzeitig einen Aldehyd darstellt (Hydroxyformaldehyd).

Die Ameisensäure hat eine Dichte von 1,22 g·cm−3 bei 20 °C. Die Säurekonstante (pKs-Wert) ist 3,75. Sie ist die stärkste unsubstituierte Monocarbonsäure. Zum Vergleich: Chlorwasserstoffsäure hat einen pKs-Wert von −7, Schwefelsäure von −3. Zum Schmelzen der Ameisensäure werden 12,7 kJ/mol benötigt, zum Verdampfen 22,7 kJ/mol. Der Tripelpunkt liegt bei 8,3 °C und 0,0236 bar.

Der Nachweis des Ameisensäuredampfes erfolgt mit Hilfe von Dräger-Prüfröhrchen. Ansonsten wird die Ameisensäure über ihre reduzierende Wirkung nachgewiesen, meist dadurch, dass sie eine ammoniakalische Silbernitratlösung zu Silber reduzieren kann.

Thermodynamische Eigenschaften

Die Standardbildungsenthalpie ΔfH0liquid beträgt −424,72 kJ·mol−1, ΔfH0gas beträgt −378,6 kJ·mol−1.[3]

Die Standardentropie S0liquid ist 128,95 J·mol−1·K−1, S0gas 248,7 J·mol−1·K−1.[3]

Die Wärmekapazität der Flüssigkeit wird mit 99,04 J·mol−1·K−1 (25 °C), die des Gases mit 45,7 J·mol−1·K−1 (25°C) angegeben.[3]

Die Dampfdruckfunktion ergibt sich nach Antoine entsprechend log10(P) = A-(B/(T-C)) (P in bar, T in K) mit A = 2,00121, B = 515,000 K und C = -139,408 K im Temperaturbereich von 273,6 K bis 307,3 K.[3]

Sicherheitstechnische Kenndaten

Ameisensäure gilt als eine entzündliche Flüssigkeit. Oberhalb des Flammpunktes können sich entzündliche Dampf-Luft-Gemische bilden. Die Verbindung hat einen Flammpunkt bei 45 °C. Der Explosionsbereich liegt zwischen 10 Vol% (190 g/m3) als untere Explosionsgrenze (UEG) und 45,5 Vol% (865 g/m3) als obere Explosionsgrenze (OEG). Es resultiert damit eine Zuordnung in die Explosionsgruppe IIA. Die Zündtemperatur beträgt 520 °C. Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T1.[1]

Reaktionen

Ameisensäure zerfällt zu Wasser und Kohlenmonoxid; bei Zusatz von stark wasserentziehenden Stoffen (z. B. Schwefelsäure oder Molsieb).
Ameisensäure verbrennt bei Anwesenheit von Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid und Wasser.
Bei höheren Temperaturen und in Anwesenheit eines Katalysator zerfällt sie zu Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff.

Mit Metallen reagiert Ameisensäure zu Metallformiaten und Wasserstoff:

Natrium reagiert mit Ameisensäure unter Wasserstoffbildung zu Natriumformiat.

Mit Alkoholen reagiert Ameisensäure in Anwesenheit eines Katalysators (meist Schwefelsäure) zu Wasser und Ameisensäurealkylestern (Methylester).

Ameisensäure reagiert mit Methanol zu Wasser und Ameisensäuremethylester.

Verwendung

Ameisensäure wurde bis 1998 unter der E-Nummer E236 als Konservierungsmittel in Fisch-, Obst- und Gemüseprodukten verwendet, ist seitdem aber nicht mehr in Europa als Konservierungsmittel zugelassen. Auch Natrium- und Calciumformiat werden als Konservierungsmittel verwendet (E237 und E238). In der Medizin wird sie als Antirheumatikum verwendet, in der Textil- und Lederindustrie zum Beizen und Imprägnieren. Teilweise wird sie auch als Desinfektionsmittel (auch in sauren Reinigungsmitteln) verwendet. Sie tötet Bakterien gut ab. Allerdings kann sie dabei auch mit anderen Stoffen in Reaktion treten. In der chemischen Industrie wird sie zur Neutralisation, bei der Gummiproduktion und allgemein in der organischen Synthese genutzt. In der Elektronikproduktion wird Ameisensäure als Reduktionsmittel beim Lötprozess verwendet. Imker benutzen sie zur Behandlung der Bienen gegen die Varroamilbe und in privaten Haushalten wird Ameisensäure häufig zum Entkalken von Waschmaschinen verwendet. In der Genetik kann man Ameisensäure in Verbindung mit dem Enzym AP-Endonuclease nutzen, um zufällig Insertionsmutanten herzustellen, die sogenannte In-Vitro-Mutagenese. Des Weiteren ist Ameisensäure als ein Bestandteil des Tabakrauches zu finden. Auf Flughäfen wird Natriumformiat zum Enteisen der Landebahnen genutzt, da Kochsalz, das in anderen Bereichen zu diesem Zweck verwendet wird, Korrosion an Flugzeugen hervorrufen würde. In der Kunststoffindustrie wird sie zum Verkleben von Polyamid-Kunststoffen verwendet. Konzentrierte Ameisensäure wird zum Säubern von Rohedelsteinen benutzt, da sie Kalkstein und andere Verunreinigungen stark angreift und so den Edelstein freilegt, ohne dass dieser beschädigt wird. Dieses Reinigungsverfahren sollte nur bei säurebeständigen Edelsteinen angewandt werden. Experimentell gelang die Gewinnung von Wasserstoff aus Ameisensäure bei Raumtemperatur, z. B. zur Verwendung in Brennstoffzellen. [4]

Sicherheit

Der Kontakt mit Ameisensäure oder konzentrierten Dämpfen reizt die Atemwege und Augen. Bei Konzentrationen über zehn Prozent führt der Hautkontakt zu schweren Verätzungen und Blasen. Bei ihrem Zerfall kann das Atemgift Kohlenmonoxid entstehen. Ameisensäure kann vom Körper abgebaut werden. Bei dauerhafter Aussetzung kann sie zu Hautallergien führen. Außerdem führt sie zu Leber- und Nierenschäden.

Ameisensäure muss an einem gut belüfteten, kühlen Ort aufbewahrt werden. Behälter, in denen Ameisensäure gelagert wird, müssen außerdem mit einer Druckausgleichverschraubung verschlossen werden, da sonst beim Zerfall durch entstehende Gase ein Überdruck entstehen kann.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h Eintrag zu CAS-Nr. 64-18-6 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich)
  2. pKa Data Compiled by R. Williams (pdf)
  3. a b c d NIST Chemistry WebBook http://webbook.nist.gov/chemistry/
  4. http://www.heise.de/newsticker/Strom-aus-Ameisensaeure--/meldung/107547
Wiktionary: Ameisensäure – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Literatur

  • Ameisensäure, Formiate, Diglykol - bis – chlorformiat. VCH, Weinh, ISBN 3527285296
  • Ausgewählte C-H-O Radikale. Ameisensäure. Essigsäure. Oxalsäure (Gmelin Handbook of Inorganic and Organometallic Chemistry - 8th edition ELEM C TL C LFG 4). Springer Verlag, ISBN 3540932836
  • Gundula Jänsch-Kaiser und Dieter Behrens: Ameisensäure und Erdalkalihydroxide. DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V., ISBN 3926959002

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