Gahry

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 6. September 2023 um 19:55 Uhr durch Aka (Diskussion | Beiträge) (Geschichte: Tippfehler entfernt, Kleinkram). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Gemeinde Wiesengrund
Koordinaten: 51° 41′ N, 14° 34′ OKoordinaten: 51° 40′ 50″ N, 14° 33′ 37″ O
Höhe: 90 m ü. NHN
Fläche: 5,63 km²
Einwohner: 252 (30. Juni 2021)[1]
Bevölkerungsdichte: 45 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 2001
Postleitzahl: 03149
Vorwahl: 035695
Gutshaus Gahry
Gutshaus Gahry

Gahry, niedersorbisch Garjej, ist ein Ortsteil der Gemeinde Wiesengrund im Landkreis Spree-Neiße im Südosten des Landes Brandenburg. Der Ort gehört dem Amt Döbern-Land an und war bis zum 31. Dezember 2001 eine eigenständige Gemeinde.

Lage

Gahry liegt in der Niederlausitz, acht Kilometer südwestlich der Stadt Forst (Lausitz) und 18 Kilometer südöstlich von Cottbus. Die Gemarkung des Ortsteils grenzt im Norden und Nordosten an Jethe mit dem Teilort Smarso, im Osten an Jocksdorf, im Südosten an Groß Kölzig, im Süden an Mattendorf sowie im Südwesten und Westen an Trebendorf. Gahry zählt zum amtlichen Siedlungsgebiet der Sorben/Wenden.

Gahry liegt an der Landesstraße 481 und der im Ort abzweigenden Kreisstraße 7108. Die Bundesstraße 115 liegt rund zweieinhalb Kilometer östlich des Dorfes. Gahry liegt am Jether Grenzfließ, innerhalb der Gemarkung des Ortsteils liegen zudem weitere kleine Kanäle und Gräben.

Geschichte

Wirtschaftsgebäude des Gutshofes

Gahry wurde im Jahr 1507 erstmals urkundlich erwähnt.[2] Der Ortsname geht auf die sorbische Bezeichnung für eine Brandstätte zurück.[3] Bis ins 19. Jahrhundert war Gahry ein zweigeteiltes Dorf. Zunächst gehörte ein Teil des Ortes zur Herrschaft Cottbus der Mark Brandenburg und der andere Teil zum böhmischen Markgraftum Niederlausitz. Der niederlausitzer Teil von Gahry kam im Jahr 1635 durch den Prager Frieden zum Kurfürstentum Sachsen, das im Jahr 1806 zum Königreich Sachsen erhoben wurde. Im Jahr 1807 kam die Herrschaft Cottbus ebenfalls zum Königreich Sachsen, womit nun beide Teile sächsisch waren.

Bei der auf dem Wiener Kongress beschlossenen Teilung des Königreiches Sachsen wurde die Niederlausitz dem Königreich Preußen und dort der Provinz Brandenburg zugeordnet. Bei der Gebietsreform im Jahr 1816 wurde Gahry dem Kreis Cottbus im Regierungsbezirk Frankfurt zugeordnet. Anfang der 1840er Jahre hatte Gahry laut der Topografisch-statistischen Übersicht des Regierungsbezirks Frankfurt a. d. O. 269 Einwohner in 41 Wohngebäuden und war nach Komptendorf gepfarrt.[4] Im Jahr 1864 hatte der Ort 284 Einwohner. Zu Gahry gehörten zu diesem Zeitpunkt eine Schäferei, eine Windmühle und eine Schänke. Der ehemals sächsische Anteil von Gahry gehörte als Vasallengut zur Herrschaft Forst.[5] Bei der Volkszählung vom 1. Dezember 1871 hatte die Landgemeinde Gahry 236 Einwohner in 43 Haushalten. Von den Einwohnern waren 117 Männer und 119 Frauen; 56 Einwohner waren Kinder unter zehn Jahren. Der Gutsbezirk Gahry hatte zu diesem Zeitpunkt 54 Einwohner in zwölf Haushalten. Davon waren 24 Männer und 30 Frauen sowie 17 Kinder unter zehn Jahren.[6]

Im 19. Jahrhundert war Gahry noch ein Dorf mit überwiegend sorbischsprachiger Bevölkerung. Arnošt Muka ermittelte für seine Statistik über die sorbische Bevölkerung in der Lausitz im Jahr 1884 für Gahry eine Einwohnerzahl von 271, davon waren 256 Sorben und 15 Deutsche.[7] Am 2. Dezember 1895 hatte die Landgemeinde Gahry 209 Einwohner in 52 Haushalten und der Gutsbezirk Gahry 57 Einwohner in elf Haushalten.[8] Viele Jahrzehnte war das Rittergut Gahry in bürgerlicher Hand, u. a. Fritz Dorendorff. Genannt sind zu jener Zeit im Handbuch des Grundbesitzes 324 ha.[9] Am 1. Dezember 1910 lebten in der Landgemeinde 285 und im Gutsbezirk 48 Einwohner. Spätestens seit 1914 war der damalige Leutnant Gneomar von Natzmer-Trebendorf (1883–1968) Gutsherr auf Gahry. Die amtlichen Quellen belegen konstant die Gesamtfläche, hier 329 ha.[10] Der Lageplan des Rittergutes aus 1918 ist erhalten geblieben und befindet sich im Brandenburgischen Landeshauptarchiv.[11] Natzmer unterstützte in den 1920`er Jahren den so genannten Heimatschutzbund[12] Brandenburg-Süd.[13] Er galt als führender Kopf des Brandenburgischen Landbundes.[14] Politisch aktiv in der Öffentlichkeit blieb Natzmer selbst bei der Thematik der Umschuldung der Güter nach 1929.[15] Auch sein Sohn Natzmer jun. (1907) trat, wie der Vater zuvor, in den eher als liberal geltenden Johanniterorden ein und wurde dort nach dem Krieg Rechtsritter.[16] G. von Natzmer-Gahry, so seine damalige Namensnutzung, wurde frühzeitig Mitglied der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft. Hier waren alle Grundbesitzer mit Interesse organisiert.[17] Gneomar sen. war nicht Mitglied der NSDAP, im Krieg Oberst bei der Luftwaffe, und heiratete in zweiter Ehe Charlotte Hartmann.[18] Seine Flucht 1945 und die seiner Familie ist dokumentiert. Der Sohn war Oberleutnant, Gneomar jun. wurde später Kaufmann.[19][20]

Ab 1921 gab es im Ort über eine gesondert gegründete Raiffeisen-Genossenschaft eine durchgehende Stromversorgung.[21] Im Jahr 1925 wurde die Freiwillige Feuerwehr in Gahry gegründet. 1928 wurde der bis dorthin vollkommen eigenständige Gutsbezirk in die Landgemeinde eingegliedert, an den privaten und öffentlichen Besitzverhältnissen änderte sich dadurch nichts. Nach literarischen Überlieferungen änderte sich dadurch nichts an einem Leben auf einem Rittergut.[22]

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die Gutsbesitzer in Gahry enteignet und das Land auf Neubauern verteilt. Die Gemeinde gehörte fortan zur Sowjetischen Besatzungszone und dort ab 1947 zum Land Brandenburg. Seit 1949 lag Gahry in der DDR.

Bei der Gebietsreform am 25. Juli 1952 wurde Gahry dem neu gebildeten Kreis Forst im Bezirk Cottbus zugeordnet. 1956 hatte Gahry laut Ernst Tschernik einen sorbischsprachigen Bevölkerungsanteil von nur noch 3,4 Prozent. Nach der Wiedervereinigung gehörte die Gemeinde zunächst zum Landkreis Forst in Brandenburg. Im Jahr 1992 schloss sich die Gemeinde dem Amt Hornow/Simmersdorf an. Bei der brandenburgischen Kreisreform vom 5./6. Dezember 1993 ging der Landkreis Forst im neuen Landkreis Spree-Neiße auf. Am 31. Dezember 2001 fusionierte die Gemeinde Gahry mit Gosda, Jethe und Trebendorf sowie der Gemeinde Mattendorf aus dem Amt Döbern-Land zu der neuen Gemeinde Wiesengrund.[23] Das Amt Hornow/Simmersdorf wurde am 5. März 2003 aufgelöst und in das Amt Döbern-Land eingegliedert.

Bevölkerungsentwicklung

Jahr Einwohner
1875 280
1890 271
1910 333
Jahr Einwohner
1925 371
1933 373
1939 387
Jahr Einwohner
1946 419
1950 432
1964 336
Jahr Einwohner
1971 338
1981 290
1985 297
Jahr Einwohner
1989 297
1995 300
2000 338

Gebietsstand des jeweiligen Jahres[24]

Commons: Gahry – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Fakten und Zahlen. In: amt-doebern-land.de. Amt Döbern-Land, abgerufen am 11. August 2021.
  2. Nächstes Jahr steht in Gahry die 500-Jahr-Feier an. In: lr-online.de. Lausitzer Rundschau, 4. Juli 2006, abgerufen am 3. Mai 2017.
  3. Reinhard E. Fischer: Die Ortsnamen der Länder Brandenburg und Berlin. Alter – Herkunft – Bedeutung. be.bra, Berlin 2005, S. 60.
  4. Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Frankfurt a. d. O. Gustav Harnecker’s Buchhandlung, Frankfurt a. O. 1844, S. 40, Nr. 42 (Online).
  5. Topographisch-statistisches Handbuch des Regierungs-Bezirks Frankfurt a. O. Verlag von Gustav Harnecker u. Co., Frankfurt a. O. 1867, S. 41, Nr. 38 (Online).
  6. Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preußischen Staats und ihre Bevölkerung. Teil II: Provinz Brandenburg, Berlin 1873, S. 218f., Nr. 29 (online) und S. 222f., Nr. 116 (Online).
  7. Arnošt Muka: Statistika łužiskich Serbow. Wobličenje a wopisanje. Budyšin 1884–1886, S. 126 (Online, hier S. 138).
  8. Königliches Statistisches Bureau: Gemeindelexikon des Königreiches Preußen. Teil III: Stadtkreis Berlin und Provinz Brandenburg., Berlin 1898, S. 266f., Nr. 24 und S. 270f., Nr. 108 (Online).
  9. Königliche Behörden (Hrsg.): Handbuch des Grundbesitzes im Deutsche Reiche. I. Band. Preußen. Lieferung 1: Brandenburg. 2. Auflage. Nicolaische Verlags-Buchhandlung (R. Stricker), Berlin 1896, S. 1 f. (digi-hub.de [abgerufen am 16. Juli 2021]).
  10. Ernst Seyfert: Niekammer`s Landwirtschaftliche Güter-Adreßbücher, Band VII Brandenburg, Ausgabe 1914. In: Verzeichnis der Rittergüter, Güter und Höfe über 20 ha. 2. Auflage. VII der Reihe Niekammer. Leipzig, Reichenbach`sche Verlagsbuchhandlung 1914, S. 232–233 (martin-opitz-bibliothek.de [abgerufen am 16. Juli 2021]).
  11. BLHA Brandenburgisches Landeshauptarchiv (Hrsg.): Gahry. Lageplan des Rittergutes; 1918 (Karte). 1918. Auflage. BLHA Rep. 55F Cottbus K 24 B; Gahry. Eigenverlag, Gahry 1918, S. 1 f. (brandenburg.de [abgerufen am 16. Juli 2021]).
  12. Peter v. Heydebreck: Wir Wehr-Wölfe. Reprint Auflage. K. F. Koehler, Leipzig 1988, S. 88 (google.de [abgerufen am 16. Juli 2021]).
  13. Gerhard Schulz: Zwischen Demokratie und Diktatur. Die Periode der Konsolidierung und der Revision des Bismarckschen Reichsaufbaus 1919–1930. In: Ernst L. Ehrlich Edition (Hrsg.): Sammelwerk. Band I. Walter de Gruyter, Berlin, New York 1987, ISBN 978-3-11-011558-1, S. 1 f. (google.de [abgerufen am 16. Juli 2021]).
  14. Rainer Pomp: Bauern und Großgrundbesitzer auf ihrem Weg ins Dritte Reich. Der Brandenburgische Landbund 1919-1933. In: Reihe Elitenwandel in der Moderne / Elites and Modernity. Band 8. Akademie Verlag, Berlin 2014, ISBN 978-3-05-004486-6, S. 115, doi:10.1524/97830500 (google.de [abgerufen am 16. Juli 2021]).
  15. Hellmuth Jatzek: Eine Untersuchung über die Umschuldung des landwirtschaftlichen Kredits nach der Marktstabilisierung. Hrsg.: Dissertation. Selbstverlag, 1929, S. 37–42 (google.de [abgerufen am 16. Juli 2021]).
  16. Balley Brandenburg des Ritterlichen Ordens St. Johannis vom Spital zu Jerusalem (Hrsg.): Gesamtliste der Mitglieder des Johanniterordens. Nach dem Stand vom November 1966. 1969. Auflage. Provinzialgenossenschaften Brandenburg und Westfalen. Eigenverlag, Bonn, Berlin 1969, S. 41–200 (d-nb.info [abgerufen am 16. Juli 2021]).
  17. Mitteilungen der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft. In: Fritz Graf Schwerin-Wendisch Wilmersdorf (Hrsg.): Mitgliederverzeichnis und Übersicht der Seminarangebote. Eigenverlag, Wendisch Wilmersdorf b. Thyrow - Mark 1917, S. 350 (google.de [abgerufen am 16. Juli 2021]).
  18. Walter v. Hueck: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser A (Uradel) 1985. In: Dt. Adelsarchiv (Hrsg.): GHdA. XVIII der Reihe A, Nr. 87. C. A. Starke, Limburg a. d. Lahn 1985, S. 222 (d-nb.info [abgerufen am 19. Juli 2021]).
  19. Walter Görlitz: Die Junker. Adel und Bauer im deutschen osten. 4. Auflage. C. A. Starke, Limburg an der Lahn 1981, S. 417 (google.de [abgerufen am 16. Juli 2021]).
  20. Walter v. Hueck: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser A (Uradel) 1969 IX. In: Dt. Adelsarchiv e. V. (Hrsg.): Gesamtreihe GHdA seit 1951; Rechtsnachfolge des "Gotha". Band IX, Nr. 43. C. A. Starke, Limburg a. d. Lahn 1969, S. 271–273 (d-nb.info [abgerufen am 16. Juli 2021]).
  21. BLHA Brandenburgisches Landeshauptarchiv (Hrsg.): Raiffeisen-Stromversorgungsgenossenschaft Gahry Kr. Cottbus (vormals; Stromversorgungs-Genossenschaft Gahry eGmbH in Gahry Kr. Cottbus); 1921-1946 (Akte). Rep. 260 AG Cottbus 106;. Gahry 1921, S. 1 f. (brandenburg.de [abgerufen am 16. Juli 2021]).
  22. Wolfgang Berg: Wilhelmine: Was ich euch noch sagen wollte. In: Monographie. Verlag: Books on Demand, Welt 2019, ISBN 978-3-7431-8106-9, S. 222 f. (google.de [abgerufen am 16. Juli 2021]).
  23. Bildung einer neuen Gemeinde Wiesengrund. Bekanntmachung des Ministeriums des Innern vom 10. Dezember 2001. Amtsblatt für Brandenburg, 12. Jahrgang, Nummer 52, 27. Dezember 2001, S. 902 PDF
  24. Historisches Gemeindeverzeichnis des Landes Brandenburg 1875 bis 2005. (PDF; 331 KB) Landkreis Spree-Neiße. Landesbetrieb für Datenverarbeitung und Statistik Land Brandenburg, Dezember 2006, abgerufen am 21. Dezember 2020.