Atommacht

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  • Atommächte im Atomwaffensperrvertrag (China, Frankreich, Russland, UK, USA)
  • erklärte Atommächte außerhalb des Atomwaffensperrvertrags (Indien, Nordkorea, Pakistan)
  • unerklärte Atommächte außerhalb des Atomwaffensperrvertrags (Israel)
  • Mitgliedsstaaten der Nuklearen Teilhabe
  • Ehemalige Atommächte
  • Als Atommacht wird ein Staat bezeichnet, der über Kernwaffen verfügt und zusätzlich die geeigneten Trägersysteme besitzt, um die Kernwaffen einsetzen zu können. Als Atommächte gelten die USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und die Volksrepublik China, ferner Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea.

    Offizielle Atommächte

    Diese Atommächte sind im Atomwaffensperrvertrag als Staaten genannt, die über Kernwaffen verfügen. Die Daten beziehen sich auf die Erstzündung. Die Zahl unter „Sprengköpfe” beziffert die Zahl einsatzbereiter Sprengköpfe Ende 2012.[1]

    Land Atombombe Wasserstoffbombe Aktive Sprengköpfe
    USA 16. Juli 1945 1. November 1952 1.950
    Russland 29. August 1949 12. August 1953 1.740
    Großbritannien 3. Oktober 1952 15. Mai 1957 160
    Frankreich 3. Februar 1960 24. August 1968 290
    Volksrepublik China 16. Oktober 1964 14. Juni 1967 einige hundert ?

    Die genannten Zahlen beruhen auf offiziellen Angaben der einzelnen Staaten. Insbesondere die offiziellen Daten der Volksrepublik China und Großbritanniens werden in Expertenkreisen sowie von ehemaligen Mitarbeitern der IAEO öffentlich angezweifelt. China hat angekündigt, innerhalb weniger Jahre ein ebenso großes Arsenal zu haben wie die USA. Großbritannien stellte 1997 die Veröffentlichung eines jährlichen Bestandsberichts zu seinem Kernwaffenprogramm ein[2] und soll, entgegen offiziellen Stellungnahmen, gemeinsam mit den USA an der Entwicklung neuer Kernwaffen arbeiten[3]. Zudem wird behauptet, der neue MOX-Reaktor in Sellafield werde für die Herstellung von waffenfähigem Plutonium zweckentfremdet[4].

    Pilzwolke nach Atombombenabwurf auf Nagasaki

    Vereinigte Staaten

    Die Vereinigten Staaten entwickelten während des Zweiten Weltkrieges die erste Atombombe – ursprünglich aus der Angst heraus, Nazideutschland könnte eine nukleare Waffe zuerst fertigstellen und im Krieg einsetzen. Die USA testeten am 16. Juli 1945 erstmals eine Plutoniumbombe in der Wüste von New Mexico auf den White Sands Proving Grounds (Trinity-Test). Am 6. und 9. August 1945 setzten sie die neuartige Waffe erstmals bei den Angriffen auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki ein. Damit sind die USA bisher die einzige Nation, die Kernwaffen nicht nur getestet, sondern auch gegen ein anderes Land eingesetzt hat. Um das Jahr 1950 begann der Rüstungswettlauf zwischen den USA und der Sowjetunion, in dem die beiden Supermächte ein gigantisches Arsenal an nuklearen Waffen anhäuften. Ein weiterer Entwicklungssprung war hierbei die Wasserstoffbombe, die 1952 erstmals getestet wurde und ab 1954 zum Einsatz bereitstand.

    Sowjetunion/Russland

    Die Sowjetunion testete ihre erste Kernwaffe am 29. August 1949. Wesentliche Forschungsergebnisse aus dem US-Projekt waren durch Spionage erlangt worden. Die eigentliche Motivation zur Entwicklung nuklearer Waffen war, im sich seit 1945 anbahnenden Kalten Krieg Anschluss an den Konkurrenten USA zu halten, was schließlich spätestens ab 1950 zum Rüstungswettlauf zwischen den beiden Mächten führte. Die erste sowjetische Wasserstoffbombe wurde am 12. August 1953 in Semipalatinsk getestet.[5] Eine weiterentwickelte Version mit einer Sprengkraft von etwa einer Megatonne (MT) wurde 1955 gezündet.

    Die Entwicklung und Erprobung der ersten funktionsfähigen Interkontinentalrakete R-7 durch die Sowjetunion 1957 verursachte im Westen den sogenannten Sputnik-Schock.

    Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges entwickelte die Sowjetunion mit der sogenannten Zar-Bombe die größte jemals entwickelte Bombe. Sie hatte eine Sprengkraft von 50 MT, war militärisch kaum einsetzbar und diente in erster Linie als Demonstrationsobjekt. Ursprünglich war sie für eine Sprengkraft von 100 bis 150 Megatonnen konzipiert, beim Test wurde diese jedoch, durch Entfernung der äußeren Uranummantelung und damit der 4. Stufe der Bombe, reduziert, da sonst unverantwortbar viel Radioaktivität freigesetzt worden wäre.

    Bis etwa Ende der 1960er Jahre erreichte die Sowjetunion im Wettrüsten eine ungefähre nuklearstrategische Parität mit den anfangs überlegenen USA.

    Im April 1986 kam es zur Katastrophe von Tschernobyl. Die Sowjetunion setzte hunderttausende Menschen ein, um der Katastrophe Herr zu werden. Viele davon wurden strahlenkrank und starben nach langem Siechtum. Diese Katastrophe erleichterte wohl auch dem sowjetischen Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow die Durchsetzung seiner schon zuvor gehegten Abrüstungspläne in Politik und Militär.[6]

    Nach der Auflösung der Sowjetunion im Jahr 1991 gingen deren Nuklearwaffen in den Besitz Russlands über.

    Vereinigtes Königreich

    Das Vereinigte Königreich führte am 3. Oktober 1952 seinen ersten Kernwaffentest durch, die Operation Hurricane vor der Küste Australiens. Das britische Projekt erhielt bereits während des Krieges wichtige Daten aus dem Manhattan-Projekt der USA, weshalb ein so rascher Erfolg möglich war. Auch nach Kriegsende kooperierten die beiden Länder eng bei der Entwicklung nuklearer Waffen. Den USA war daran gelegen, dass eine unabhängige Atommacht in Europa existiert, um die Sowjetunion in Schach zu halten. So flossen weiterhin wichtige Erkenntnisse nach Großbritannien, sodass das Land am 15. Mai 1957 seine erste Wasserstoffbombe testen konnte. Der Test fand ebenfalls vor Australien statt.[7] (siehe Liste von Kernwaffentests; diese ist nach Ländern sortierbar) Ein wichtiges Forschungszentrum war Sellafield; es wurde durch den Windscale-Brand 1957 weltbekannt.

    Frankreich

    Der ehemalige Staatspräsident von Frankreich, Jacques Chirac, drohte im Januar 2006, wer als Staatsführer Frankreich mit terroristischen Mitteln angreife oder den Einsatz von Massenvernichtungswaffen auch nur erwäge, müsse sich auf eine „entschlossene und angepasste Antwort“ einstellen, die konventionell oder auch „anderer Art“ sein könne.

    Volksrepublik China

    Die Volksrepublik China testete bislang 23 Atomwaffen oberirdisch und 22 unterirdisch. Das Kernwaffentestgelände Lop Nor liegt in dem Gebirge Kuruk Tag bei dem Bosten-See in Xinjiang. Die letzten Explosionen fanden 1996 statt.

    Faktische Atommächte

    Diese Staaten verfügen über Kernwaffen, sind aber dem Atomwaffensperrvertrag nicht beigetreten.

    Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass alle technologisch und wissenschaftlich entwickelten Staaten mit genügend Einsatz von Geld und Personal innerhalb kurzer Zeit in der Lage sind, eine Atombombe zu entwickeln. Das technologische Wissen ist in allen Industriestaaten vorhanden, die benötigten industriellen Anlagen größtenteils ebenfalls.

    Israel

    Das israelische Atomprogramm begann in den 1950er Jahren mit Unterstützung Frankreichs. Zwar hat die israelische Regierung über Menge und Qualität ihres Kernwaffenarsenals nie ausdrücklich Auskunft gegeben, doch es gilt als sicher, dass Israel spätestens seit 1967 über Atombomben verfügt.[8] 1975 bot Israel Südafrika Atomwaffen zum Kauf an.[9] Genauere Informationen wurden erstmals 1986 öffentlich, als Mordechai Vanunu, ein ehemaliger Techniker des Negev Nuclear Research Center, Fotos und Unterlagen über das israelische Atomprogramm an die Presse weitergab. Basierend auf Vanunus Enthüllungen wurde das israelische Arsenal Anfang der 1990er auf 100 bis 200 Sprengköpfe geschätzt. Andere Schätzungen liegen bei 75 bis 130 Sprengköpfen Ende der 1990er; wieder andere gehen bis zu 400.

    Ebenfalls wenig bekannt ist über eventuelle Kernwaffentests Israels. Es ist gut möglich, dass Israel auf vollständige Kernwaffentests (im Gegensatz zum Test einzelner Bauteile ohne Kettenreaktion) verzichten konnte. Erstens ist das Gun-Design, das auch bei der Hiroshima-Bombe verwendet wurde, so einfach, dass auf Tests verzichtet werden kann. Zweitens wird spekuliert, dass Israel Zugriff auf die Daten französischer oder amerikanischer Atomtests hatte. Nicht geklärt ist, ob es sich beim Vela-Zwischenfall 1979 südlich von Südafrika um einen Kernwaffentest mit israelischer Beteiligung handelte.

    In einem Interview am 11. Dezember 2006 im Rahmen seines Deutschland-Besuchs deutete der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert erstmals den israelischen Kernwaffenbesitz an, indem er ein unkontrollierbares Bedrohungspotenzial Irans gegenüber westlichen Atommächten wie Russland, Frankreich, den USA „und Israel“ kritisierte.[10][11] Im Mai 2009 beendete auch die amerikanische Regierung ihr Stillschweigen und verlangte einen Beitritt zum Atomwaffensperrvertrag.[12]

    Indien

    Eine indische Agni-II-Mittelstreckenrakete bei der Militärparade zum Nationalfeiertag 2004

    Indien ist seit dem 18. Mai 1974 im Besitz von Kernwaffen, Atomtests wurden durchgeführt.[13] Das Bulletin of the Atomic Scientists schätzte Indiens Arsenal 2002 auf 30 bis 35 Sprengköpfe, globalsecurity.org 2005 auf bis zu 150.

    Pakistan

    Das pakistanische Kernwaffenprogramm wurde erstmals am 27. Juni 1979 von dem US-amerikanischen Vertreter im IAEO-Gouverneursrat angesprochen. Entsprechende Anlagen seien im Land vorhanden und würden entwickelt. Finanziert werde das Programm von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, dem Irak und Libyen. Die pakistanische Regierung dagegen betonte, sie denke nicht daran, eine eigene Atombombe herzustellen; das Kernprogramm diene friedlichen Zwecken.[14]

    Pakistan besitzt vermutlich seit Beginn der 1980er Jahre Kernwaffen. Diese wurden unter Leitung von Abdul Kadir Khan entwickelt und am 28. Mai 1998 zum ersten Mal getestet. Das Arsenal wird auf 24 bis 48 Sprengköpfe geschätzt, einige Quellen schätzen die Zahl auf bis zu 75.[15] Das Land behält sich im Rahmen seiner Nukleardoktrin die Option auf einen atomaren Erstschlag explizit vor.

    Vor 1998 verkaufte Khan Anleitungen und Ausrüstungen für den Bau nuklearer Sprengsätze. Libyens Diktator Muammar al-Gaddafi kaufte das Komplettprogramm, der Iran interessierte sich vor allem für Uran-Zentrifugen. Mit Nordkorea tauschte er Atomtechnologie gegen Baupläne für Langstreckenraketen. 2004 wurden diese Deals bekannt. Pakistans Führung behauptete, über die Geschäfte Khans in Unkenntnis gewesen zu sein. Der im Volk als Nationalheld verehrte „Vater der pakistanischen Bombe“ wurde für seine Taten nie belangt. Khan entschuldigte sich im pakistanischen Fernsehen öffentlich. 2009 schwärmte er über eine nukleare Partnerschaft mit dem Iran: beide Länder könnten in der Region einen starken islamischen Block bilden, „um uns internationalem Druck zu widersetzen“.[16]

    Nordkorea

    Nordkorea betreibt nach eigenen Angaben ein Kernwaffenprogramm, in dessen Rahmen es Plutonium für mehrere Atombomben hergestellt hat. Im Februar 2005 erklärte das Land, Kernwaffen zu besitzen. Laut Meldung der nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA hat Nordkorea – internationalen Protesten zum Trotz – am 9. Oktober 2006 um 10:36 (Ortszeit) zum ersten Mal nach eigener Angabe eine Kernwaffe getestet. Russische Messstationen registrierten eine Magnitude der Stärke 3,6. Endgültige Beweise, dass es sich tatsächlich um einen Atomwaffentest handelte, ergaben die Testergebnisse eines US-amerikanischen Militärflugzeuges, das am 11. Oktober Luftproben über dem Gebiet der unterirdischen Explosion sammelte. Damit ist Nordkorea die neunte Nuklearmacht weltweit. Seit Mitte April 2012 bezeichnet sich Nordkorea auch in seiner Verfassung als Atommacht.[17] Das Institute for Science and International Security schätzt Nordkoreas nukleares Arsenal auf 12 bis 27 Sprengköpfe.

    Vermutete Kernwaffenprogramme

    Diesen Staaten wird unterstellt, sie hatten oder haben die Absicht, Kernwaffen zu erzeugen. Viele Fakten dazu sind der Öffentlichkeit nicht bekannt; sie werden von Regierungen bzw. Geheimdiensten geheim gehalten bzw. nur wenigen Menschen zugänglich gemacht.

    Iran

    Der Iran betreibt nach eigenen Angaben kein Kernwaffenprogramm. Die USA und auch die UN befürchten, dass der Iran inoffiziell an einem Kernwaffenprogramm arbeitet, auch wenn dies durch dauerhafte und intensive Überwachung der Atomenergiebehörde IAEA nicht bestätigt wird. Ob der Iran bereits über die technischen Einrichtungen verfügt, um selbst Kernwaffen zu bauen, ist nicht sicher. Am 11. Februar 2010 hat Irans Präsident das Land offiziell zum „Atomstaat“ erklärt, bestritt aber weiterhin militärische Absichten in diesem Zusammenhang.[18]

    Saudi-Arabien

    Weitgehend gesichert ist eine Beteiligung von Saudi-Arabien, das das pakistanische Atom-Programm „zu einem nicht unerheblichen Teil finanziert hat“. Es wird vermutet, dass Saudi-Arabien eine Option auf die Bombe erhalten hat, „wenn sie das Verlangen danach verspüren“. Im Fall des Falles müsse Riad nicht erst mühsam Komponenten für ein eigenes Nuklearprogramm kaufen. „Die Saudis hätten genügend Geld, um fertige Atomwaffen zu kaufen“, so Oliver Thränert, Chef der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.[19] Frühere, direkte Kontakte zu Abdul Kadir Khan sind nachgewiesen. In welchem Ausmaß die Streitkräfte Saudi-Arabiens Zugriff auf pakistanische Nuklearwaffen haben ist unklar.[20] Mit der CSS-2 und der Ghauri II besitzen die Streitkräfte nuklearwaffenkompatible Trägersysteme.

    Nuklearstrategie

    Die gesamte Nuklearstrategie ist noch weitaus stärker als gewöhnliche Militärstrategien durch reine Theorie, Spekulationen und Unwägbarkeiten charakterisiert, was vor allem mit den unvorstellbaren Auswirkungen zusammenhängt, die bereits eine einzige große Kernwaffendetonation hätte. Man unterscheidet die Fähigkeit einer Atommacht zum sogenannten Erstschlag beziehungsweise Zweitschlag. Erstschlagfähigkeit ist gegeben, wenn der betreffende Staat die Fähigkeit besitzt, mit einem ersten Angriff die Nuklearwaffen eines Gegners komplett zu zerstören oder zumindest dessen Waffenarsenal so weit zu reduzieren, dass die Schäden eines eventuellen Gegenangriffs aus politischer und militärischer Sicht „akzeptabel“ erscheinen. Als Zweitschlagfähigkeit bezeichnet man die Fähigkeit eines Staates, auch nach einem nuklearen Angriff auf das eigene Territorium nuklear zurückschlagen zu können. Benötigt werden für dieses Potential in erster Linie ein Frühwarnsystem zur Sicherung vor Überraschungsangriffen, daneben ein belastbares Führungssystem für die eigenen Kräfte. Sehr wichtig ist ein großflächiger Stationierungsraum, wie er den beiden Supermächten zur Verfügung steht, außerdem Trägersysteme, die einen nuklearen Angriff überstehen können wie an Land verbunkerte, vor allem aber seegestützte Interkontinentalraketen.

    Ehemalige Atommächte und nukleare Ambitionen

    Vorlage:Verträge über Kernwaffenfreie Zonen Die folgenden Staaten haben ehemals Kernwaffen besessen oder an entsprechenden Programmen gearbeitet.

    Ägypten

    Ägypten begann 1954 sein Kernwaffenprojekt, maß dem Programm allerdings keine allzu große Bedeutung zu. 1961 wurde in Kairo der Insha-Reaktor mit Unterstützung der Sowjetunion gebaut. Nach der Niederlage gegen Israel 1967 gab Ägypten das Projekt auf und unterzeichnete den Atomwaffensperrvertrag.[21] Der Insha-Reaktor ist immer noch in Betrieb, das Land plant den Bau weiterer Kraftwerke. Außerdem hält es Ausschau nach Möglichkeiten zur eigenen Urananreicherung.

    Algerien

    1991 erlangten die USA Kenntnisse über den geheimen Bau des Birine El Salam in Algerien. Die Washington Post beschuldigte das Land, mit Hilfe der chinesischen Regierung Kernwaffen entwickeln zu wollen. Die damalige algerische Regierung bestätigte, einen Reaktor zu bauen, stritt aber militärische Zwecke oder Geheimhaltung ab. Unter internationalem Druck stellte Algerien den Reaktor unter Kontrolle der IAEO und unterzeichnete im Januar 1995 den Atomwaffensperrvertrag. Das Kernenergieprogramm blieb so intransparent wie möglich. [22]

    Argentinien

    Argentinien richtete 1950 die nationale Atombehörde Comisión Nacional de Energía Atómica ein, um die Kernenergie für friedliche Zwecke zu nutzen. Allerdings nahm das Land 1978 unter der Militärregierung ein Kernwaffenprogramm auf. Das Projekt wurde nach der Demokratisierung im Jahr 1983 aufgegeben[23]. Jedoch enthalten einige inoffizielle Berichte sowie US-Geheimdienstdossiers Informationen darüber, dass Argentinien noch während der 1980er Jahre ein Programm zur militärischen Nutzung der Kernenergie unterhielt, das den Bau eines Nuklear-U-Boots vorsah. Grund dafür waren Rivalitäten mit dem Nachbarland Brasilien, das seinerseits ebenfalls ein Nuklearwaffenprogramm unterhielt[24][25]. Das Programm wurde um 1980 abgebrochen. Anfang der 1990er Jahre richteten Argentinien und Brasilien eine bilaterale Behörde ein, die mit Hilfe von gegenseitigen Kontrollen sicherstellen soll, dass beide Staaten jede Form von Nukleartechnologie ausschließlich zur Energiegewinnung einsetzen. Am 10. Februar 1995 trat Argentinien dem Atomwaffensperrvertrag bei.

    Australien

    Australien versuchte nach dem Zweiten Weltkrieg, nukleare Waffen in Zusammenarbeit mit dem Vereinigten Königreich zu entwickeln. Das Land stellte Uran sowie Testgelände in der australischen Wüste für Raketen- und Kernwaffentests zur Verfügung. Die australische Regierung war darüber hinaus am Blue-Streak-Raketenprogramm beteiligt. 1955 wurde mit einem britischen Unternehmen ein Vertrag über den Bau des Hi-Flux Australian Reactor (HIFAR) abgeschlossen. Dies wurde als erster Schritt angesehen, größere Reaktoren zu errichten, die ausreichende Mengen an waffenfähigem Plutonium produzieren könnten. In den 1960ern gab Australien allerdings seine nuklearen Ambitionen auf und unterzeichnete 1970 den Atomwaffensperrvertrag. 1973 wurde der Vertrag ratifiziert.[26]

    Brasilien

    Brasilien unterzeichnete 1968 den Vertrag von Tlatelolco, der den Staaten Lateinamerikas und der Karibik den Erwerb und Besitz von Nuklearwaffen verbietet. Dennoch begann das Militärregime 1978 ein geheimes Kernwaffenprojekt unter dem Decknamen „Solimões“. Als das Land 1985 zur Demokratie zurückkehrte, beendete die gewählte Regierung sämtliche Programme zur militärischen Nutzung der Kernenergie.[24] Die offizielle Abkehr von Bestrebungen dieser Art erfolgte am 13. Juli 1998, als Präsident Fernando Henrique Cardoso sowohl den Atomwaffensperrvertrag als auch den Kernwaffenteststopp-Vertrag unterzeichnete und ratifizierte. Er dementierte, dass das Land nukleare Waffen entwickelt habe.[25]

    Pershing II beim Start

    Deutschland

    Bereits das Dritte Reich verfolgte ein Atomprogramm, das sogenannte Uranprojekt. Dieses Programm hat letztendlich mit zum Manhattan-Projekt der USA beigetragen, da die Furcht vor einem nuklear bewaffneten Deutschland in den USA zu groß war.[27]

    Franz Josef Strauß plante nach 1955 als Bundesminister für Atomfragen der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Atoms-for-Peace-Programms den technologischen Anschluss, ein Kernwaffenprogramm wurde aber nie gestartet. Dementsprechend besitzt Deutschland nach wie vor keine Kernwaffen. Es wurden allerdings zahlreiche Kernwaffen der USA auf deutschem Boden in sogenannten „Sondermunitionslagern“ deponiert. Wie andere NATO-Staaten[28] verfügt auch die Bundesrepublik über eine nukleare Teilhabe an US-Kernwaffen,[29] die auf deutschen Waffenträgern eingesetzt werden können. Überdies hat auch die Republik Frankreich der deutschen Bundesregierung bislang zweimalig eine deutsche Teilhabe an der Verfügungsgewalt und Einsatzentscheidung über die französischen Atomwaffen angeboten. Beidmalig lehnte die deutsche Bundesregierung dies jedoch mit dem Hinweis ab, dass die Bundesrepublik Deutschland den Erwerb von Atomwaffen nicht anstrebe und deswegen auch im Jahre 1969 dem Atomwaffensperrvertrag beigetreten sei.

    Irak

    Das irakische Kernwaffenprogramm begann angeblich bereits Ende der 1960er Jahre, ohne dass es den irakischen Wissenschaftlern je gelang, eine funktionsfähige Bombe herzustellen. Das Programm erlitt Rückschläge durch die Zerstörung des mit französischer Hilfe gebauten Reaktors Osirak durch Israel im Jahr 1981 sowie durch das Technologie-Embargo während und nach dem Iran-Irak-Krieg 1980 bis 1988, an das sich auch Russland und China hielten. Im zweiten Golfkrieg „Desert Storm” 1991 wurde der Großteil der Anlagen zerstört. Nach dem Einmarsch der USA in den Irak 2003 wurden keine Beweise für eine Wiederaufnahme des Kernwaffenprogramms und für die Existenz von atomaren Massenvernichtungswaffen gefunden.

    Jugoslawien

    In Jugoslawien begannen die Bestrebungen zur Entwicklung von Kernwaffen bereits in den 1950ern mit Forschungen zur Urananreicherung. 1956 wurde die Vinča-Anlage zur Anreicherung von Kernbrennstoffen errichtet; 1958 und 1959 folgte der Bau von Forschungsreaktoren. Für letztere stellte die Sowjetunion schweres Wasser sowie angereichertes Uran zur Verfügung. Bereits 1966 begann in der Vinča-Anlage auch die Produktion von Plutonium, die einige Gramm waffenfähiges Plutonium hervorbrachte. Während der 1950er und 1960er Jahre bestand im Bereich der Plutoniumanreicherung auch eine Zusammenarbeit mit Norwegen. 1960 setzte Tito das Programm aus unbekannten Gründen aus, nahm es dann aber 1974 wieder auf, nachdem Indien die ersten Atomtests durchführte. Auch nach Titos Tod wurde das Programm fortgeführt, nun allerdings in zwei Sparten aufgeteilt: eine für militärische Nutzung und eine für zivile Kernenergie. Letztere brachte 1983 das Kernkraftwerk Krško hervor, das heute von Slowenien und Kroatien gemeinschaftlich zur Elektrizitätserzeugung betrieben wird. Im Jahr 1987 wurde dann die Entscheidung getroffen, sämtliche militärischen Atomprojekte einzustellen.
    Nach dem Zerfall Jugoslawiens gingen die Vinča-Laboratorien zusammen mit 50 kg hochangereichertem Uran (HEU) in den Besitz der Bundesrepublik Jugoslawien über. Die National Nuclear Security Administration arbeitete seit 1996 mit Serbien zusammen, um die Sicherheitsstandards der Anlage zu verbessern. Während des Angriffs der NATO auf Jugoslawien 1999 wurde die Vinča-Anlage nie getroffen; das Bündnis war sich der Existenz und der Gefahr des angereicherten Urans bewusst. Im Rahmen der Nuclear Threat Initiative wurden 2002 48,4 kg HEU nach Russland transportiert. Weitere 13 kg HEU (zusammen mit 2.5 t niedrig angereichertem Uran) wurden 2010 nach Russland transportiert, wonach Serbien über keine Bestände an HEU mehr verfügt.[30][31]

    Libyen

    Libyen unterzeichnete den Atomwaffensperrvertrag 1969. In den 1970er-Jahren wurde ein Vertrag mit der Sowjetunion abgeschlossen, um das zivile Kernkraftwerk Sirt zu errichten. Muammar al-Gaddafi allerdings erklärte, Kernwaffen entwickeln zu wollen, da auch Israel Kernwaffen habe. Libyen erhielt 1979 einen sowjetischen Reaktor und tauschte außerdem Kenntnisse und Material mit Pakistan aus. 1984 kaufte das Land einen weiteren Reaktor von der Sowjetunion.[32] Im Dezember 2003 hat es angekündigt, alle Programme für Massenvernichtungswaffen aufzugeben und internationale Inspektionen zuzulassen; 2004 folgte der Beitritt zum Kernwaffenteststopp-Vertrag. Daraufhin wurden bestehende Handelsembargos gegen Libyen aufgehoben.

    Polen

    Ab 1960 besaß Polen 200 Atomwaffen und 70 Startvorrichtungen, die von der Sowjetunion übergeben wurden. Ende der 1960er-Jahre wurden die Waffen an die Sowjetunion zurückgegeben und die Sowjetunion stationierte eigene Atomwaffen in Polen. Polen begann in den 1960ern ein Nuklearprogramm. Die erste kontrollierte Kernspaltung erfolgte gegen Ende des Jahrzehnts. Während der 1970er-Jahre wurde das Projekt fortgeführt, den Forschern gelang die Erzeugung von Fusionsneutronen mittels konvergenter Schockwellen. In den Folgejahren richteten sich die Anstrengungen auf mikro-nukleare Reaktionen. Heute betreibt Polen den Forschungsreaktor Maria in Świerk nahe Warschau unter Aufsicht des Atomenergieinstituts. Das Land trat dem Atomwaffensperrvertrag bei und besitzt offiziell keine Kernwaffen.

    Republik China

    Die Republik China (Taiwan) unterhielt von 1964 bis 1988 ein Nuklearwaffenprogramm, das auf Druck der USA eingestellt wurde.[33] 1968 unterzeichnete das Land den Atomwaffensperrvertrag. Laut einem Memorandum des US-Verteidigungsministeriums von 1974 erklärte der damalige US-Verteidigungsminister James Schlesinger bei einem Gespräch mit Botschafter Leonard Unger, dass die Vereinigten Staaten ihre in Taiwan stationierten Kernwaffen abziehen müssten.[34] Die Republik China gibt an, momentan an der Tien Chi zu arbeiten, einer Kurzstreckenrakete, die die Küste der VR China erreichen könnte.[35]

    Rumänien

    Rumänien unterzeichnete 1970 den Atomwaffensperrvertrag. Dennoch unterhielt das Land unter Nicolae Ceaușescu in den 1980ern ein geheimes Kernwaffenprogramm. Mit dem Sturz Ceaușescus endete auch das Projekt. Rumänien besitzt heute ein Kernkraftwerk mit zwei in Betrieb befindlichen Reaktoren (Cernavodă), das mit kanadischer Hilfe errichtet wurde. Außerdem wird im Land Uran sowohl abgebaut als auch für die Benutzung im Kraftwerk angereichert. Ein ziviles Forschungsprogramm besteht ebenfalls.[36]

    Schweden

    Schweden forschte während der 1950er und 1960er Jahre an Kernwaffen, um sich gegen eine eventuelle Invasion der Sowjetunion verteidigen zu können. Eine Forschungseinrichtung sollte in Studsvik errichtet werden. Das Unternehmen Saab legte Pläne für einen nuklearen Überschallbomber vor, den A36, das zum Bau einer nuklearen Bombe notwendige Know-How war vorhanden. Nachdem es aber alle wichtigen Kenntnisse erlangt hatte, entschloss sich das Land, keine Kernwaffen zu bauen, und unterzeichnete den Atomwaffensperrvertrag.

    Schweiz

    In der Schweiz wurde 1945 die geheime Studienkommission für Atomenergie (SKA) unter Vorsitz des Physikers Paul Scherrer mit dem Ziel einer Schweizer Atombombe gebildet. In den 1960er Jahren war die Produktion von 200 Atombomben, 150 Atomsprengköpfen für Raketen und 50 Sprengköpfen für Artilleriegranaten als Gegengewicht gegen eine mögliche Atombewaffnung der Bundesrepublik Deutschland geplant. Diese Bestrebungen wurden erst mit der koordinierten Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrages durch die Schweiz am 27. November und die Bundesrepublik Deutschland am 28. November 1969 zurückgefahren.[37] Die Schweiz besaß mit den Reaktoren Diorit (1960–1977) und Lucens (1968–1969) zwei zur Produktion von waffenfähigem Plutonium geeignete Schwerwasserreaktoren.[38] Das Programm wurde 1988 aufgegeben.[39][40]

    Südafrika

    Südafrika entwickelte unter der Apartheid-Regierung Atomwaffen, aller Wahrscheinlichkeit nach in Kooperation mit Israel. Im März 1975 führten die damaligen Verteidigungsminister Israels, Schimon Peres, und Südafrikas, Pieter Willem Botha, Gespräche über den Verkauf israelischer Atomwaffen an Südafrika.[9] Es wird spekuliert, dass es sich beim Vela-Zwischenfall am 22. September 1979 um einen Kernwaffentest Südafrikas handelte, der möglicherweise ebenfalls mit israelischer Beteiligung ausgeführt wurde. Vor dem Ende der Apartheid zerstörte Südafrika mit US-amerikanischer Unterstützung 1991 seine sechs Kernwaffen, um danach dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten und sich damit wieder in die internationale Gemeinschaft eingliedern zu können. Bis 1994 wurden die meisten südafrikanischen Kernwaffenanlagen abgebaut, einzelne sind aber nach wie vor noch vorhanden.[41]

    Weißrussland, Kasachstan und Ukraine

    Mit dem Zerfall der Sowjetunion gab es neben Russland drei weitere Nachfolgestaaten der UdSSR mit Kernwaffen: die Ukraine, Weißrussland und Kasachstan. Die Ukraine war zeitweise das Land mit dem drittgrößten Kernwaffenarsenal der Erde. Alle diese Staaten waren Vertragsparteien des START-1-Vertrages, welcher 1991 von der Sowjetunion und den USA unterzeichnet wurde und 1995 in Kraft trat. Die Ukraine, Weißrussland und Kasachstan bekannten sich zum NPT-Vertrag und sicherten zu, ihr Kernwaffenarsenal zu vernichten. Kasachstan und Weißrussland wurden bis 1996 kernwaffenfrei. Der letzte ukrainische Sprengkopf wurde im Oktober 2001 in Russland vernichtet.[42]

    Sonstiges

    2014 verklagten die Marshallinseln die Atommächte USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Israel, Nordkorea vor dem Internationalen Strafgerichtshof.[43][44]

    Siehe auch

    Einzelnachweise

    1. http://www.fas.org/programs/ssp/nukes/nuclearweapons/nukestatus.html
    2. http://www.cnduk.org/pages/binfo/ttfut.html
    3. http://www.basicint.org/pubs/Research/UKtrident.pdf
    4. Newsweek, 11. Februar 2002
    5. Zündung der sowjetischen Wasserstoffbombe
    6. Chronologie der Abrüstung auf hdg.de
    7. Australian Government
    8. Erich Follath: Das Phantom von Dimona. In: Der Spiegel. Nr. 5, 2004, S. 110–114 (online26. Januar 2004).
    9. a b Chris McGreal: "Revealed: how Israel offered to sell South Africa nuclear weapons:Secret apartheid-era papers give first official evidence of Israeli nuclear weapons ". The Guardian, 24. Mai 2010, abgerufen am 24. Mai 2010.
    10. "Olmert Under Fire For Implying Israel Has Nukes". Spiegel online, 12. Dezember 2006, abgerufen am 9. November 2009.
    11. "Olmert lets slip Israel has Nuclear weapons". YouTube, 12. Februar 2007, abgerufen am 9. November 2009.
    12. Ulrike Putz: "Nahost-Politik: USA erhöhen den Druck auf Israel". Spiegel online, 6. Mai 2009, abgerufen am 9. November 2009.
    13. Wozu ein Schirm. In: Der Spiegel. Nr. 22, 1974 (online).
    14. Michael Ploetz, Tim Szatkowski: Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland 1979. Bd. II: 1. Juli bis 31. Dezember 1979. R. Oldenbourg Verlag, München 2010, S. 1267.
    15. globalsecurity.org: Pakistan Nuclear Weapons
    16. Islamisten unterwandern Pakistan, RP vom 12. Mai 2011
    17. Nordkorea bezeichnet sich offiziell als Atommacht, Focus, 31. Mai 2012
    18. Ahmadinedschad erklärt Iran zum "Atomstaat". auf: Spiegel Online. 11. Februar 2010.
    19. Umweltinstitut München e. V., Informationsbroschüre III S. 4.
    20. http://www.der-ueberblick.de/buecher/200704.124f/index.html
    21. http://www.fas.org/nuke/guide/egypt/nuke/index.html
    22. Bulletin of the Atomic Scientists Artikel von David Albright und Corey Hinderstein, Mai/Juni 2001. Archiviert vom Original am 28. September 2006; abgerufen am 3. April 2013.
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    Wiktionary: Atommacht – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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