Bahnstrecke Berlin-Schönholz–Kremmen

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Berlin-Schönholz–Kremmen
Bahnhof Kremmen, 1991
Streckennummer (DB):6183
Kursbuchstrecke (DB):200.25, 206, 209.55
Streckenlänge:33,4 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Streckenklasse:D4
Stromsystem:750 V =
Höchstgeschwindigkeit:120 km/h
Neuruppin
von Nauen
37,2 Kremmen
nach Oranienburg
Bundesstraße 273
33,1 Schwante
31,0 Vehlefanz
Bundesautobahn 10
28,2 Bärenklau
von Oranienburg
25,4 Velten (Mark)
nach Nauen
vom Hafen Velten
23,0 Hohenschöpping
22,3 Bk Jägerberg (bis Ende 1969)
nach Schönwalde und Hohen Neuendorf West
21,0 Hennigsdorf Nord Außenring
von Schönwalde und Hohen Neuendorf West
vom Stahlwerk Hennigsdorf
19,2 Hennigsdorf (b Berlin)
Bombardier-Werk Hennigsdorf
ehem. Anschluss nach Spandau
Oder-Havel-Kanal
18,0 Stolpe Süd (ehem Hennigsdorf Süd)
Landesgrenze Berlin / Brandenburg
16,9 Berlin-Heiligensee (Gbf 1971 abgetragen)
15,2 Berlin-Schulzendorf (ehem. Schulzendorf (b Tegel))
13,2 Bk Tegelgrund
Tegeler Fließ
Industriebahn Tegel–Friedrichsfelde
Nordgraben
von der Industriebahn Tegel–Friedrichsfelde
Gorkistraße
10,9 Berlin-Tegel (Gbf abgetragen)
Anschlussbahn der Borsigwerke
A 111
nach Borsigwalde
9,2 Berlin-Borsigwalde (geplant)
Anschlussbahn Flughafen Berlin-Tegel
von Borsigwalde
8,5 Berlin Eichborndamm (ehem. Eichbornstraße)
Abzweigstelle Waldstraße
Grenze der Anschlussbahn
7,7 Berlin Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik
  (ehem. Wittenau (Kremm. Bahn))
7,0 Gbf Berlin-Reinickendorf
B 96
6,1 Berlin Alt-Reinickendorf (ehem. Reinickendorf)
von Oranienburg
3,8 Berlin-Schönholz (ehem. Schönholz-Reinickendorf)
nach Gesundbrunnen

Die Bahnstrecke Berlin-Schönholz–Kremmen (auch: Kremmener Bahn) ist eine Bahnstrecke im nördlichen Berlin und dem anschließenden Brandenburger Umland Berlins. Sie zweigt im Berliner Bezirk Reinickendorf nördlich des Bahnhofes Berlin-Schönholz (seinerzeit Schönholz-Reinickendorf) von der Berliner Nordbahn ab und führt über Tegel, Hennigsdorf und Velten nach Kremmen. Dort schließt die 1898 eröffnete Bahnstrecke nach Neuruppin an.

Zwischen Berlin-Schönholz und Hennigsdorf wird die Strecke von der Berliner S-Bahn genutzt.

Während alle zuvor eröffneten nach Berlin führenden Bahnstrecken Hauptbahnen waren, wurde die Kremmener Bahn die erste Nebenbahnstrecke in Berlin. Zudem verfügte sie nicht über einen eigenen Kopfbahnhof, sondern wurde von Beginn an in den Stettiner Bahnhof geführt.

Geschichte bis 1945

Der Wunsch nach einer Verbindung zwischen Berlin und dem Kreis Ruppin ging vor allem von Veltener Seite aus, da die Stadt durch die Industrialisierung auf über 5000 Einwohner angewachsen war. Da der ursprüngliche Plan, die Eisenbahn privat zu betreiben, nicht umgesetzt werden konnte, zogen die preußischen Staatsbahnen das Projekt an sich. Der erste Teilabschnitt konnte nach rund zweijähriger Bauzeit am 1. Oktober 1893 zwischen Schönholz-Reinickendorf an der Nordbahn und Velten, der zweite am 20. Dezember 1893 zwischen Velten und Kremmen eröffnet werden. Zwei Bahnhöfe wurden erst nachträglich eingerichtet, Eichbornstraße 1894 und Heiligensee 1897.

Ausfädelung der Kremmener Bahn (unten) aus der Nordbahn (oben), 1986

Die Eröffnung der Bahnlinie führte bereits in kurzer Zeit zur Ansiedlung neuer Industriebetriebe und zum Bau neuer Wohngebiete. Dadurch war die eingleisige und ebenerdige Bahnlinie bereits wenige Jahre nach der Eröffnung an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt. Bereits 1899 begann man mit dem Grunderwerb für eine Erweiterung. Die Trasse wurde bis 1905 von Schönholz-Reinickendorf bis kurz vor Tegel hochgelegt und sämtliche Bahnübergänge niveaufrei durch Brücken ersetzt.[1]

Von 1921 bis 1927 wurde auch die Strecke von Tegel bis Velten zweigleisig ausgebaut und dabei zwischen Tegel und Hennigsdorf hochgelegt.[2] Der Bahnhof Tegel selbst blieb jedoch ebenerdig.

1927 wurde die Strecke von Berlin bis Velten mit dem Gleichstromsystem der späteren Berliner S-Bahn elektrifiziert. Nach der Errichtung des S-Bahnbetriebes musste in Richtung Kremmen bei den meisten Verbindungen in Velten umgestiegen werden, nur wenige Züge fuhren bis Berlin beziehungsweise später bis Hennigsdorf durch.

Geschichte ab 1945

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das zweite Gleis von der Besatzungsmacht demontiert. Die Strecke war jetzt wieder eingleisig und ist es bis heute geblieben.

Am 23. August 1947 ereignete sich bei Velten ein schwerer Eisenbahnunfall: In einem Personenzug lief aus einem Kanister, der in der Gepäckablage deponiert war, Benzin aus, das sich durch eine Zigarette entzündete. Das Feuer griff auf ein Paket mit Zelluloidfilmen über und breitete sich schnell aus. Dem Schaffner gelang es zwar den Zug anzuhalten. Da in dem betreffenden Wagen aber nur ein einziger Ausgang zur Verfügung stand, gerieten die Reisenden in Panik. 24 Menschen starben, 35 wurden darüber hinaus verletzt.[3][4]

1953 wurde der Berliner Außenring gebaut. An der Stelle, an der er mit einer Brücke über die Kremmener Bahn führte, entstand der obere Bahnsteig des Kreuzungsbahnhofs Hennigsdorf Nord. Die S-Bahn auf der Kremmener Bahn fuhr hier zunächst ohne Halt durch, erst 1958 entstand ein unterer Bahnsteig für den Umsteigeverkehr. Der Umsteigebahnhof wurde 1998 stillgelegt.

Von der Grenze unterbrochene Bahntrasse bei Heiligensee, 1987

Der Mauerbau am 13. August 1961 unterbrach den Schienenstrang zwischen Berlin-Heiligensee und Hennigsdorf. Der Bahndamm wurde im Grenzbereich abgetragen, die Strecke war jetzt in zwei Teile geteilt.

  • In West-Berlin wurde der S-Bahn-Betrieb von der Deutschen Reichsbahn weitergeführt, wegen des S-Bahn-Boykotts jedoch mit zunehmend weniger Fahrgästen. Nach dem Übergang der Betriebsrechte des Westberliner Teils der S-Bahn an die West-Berliner BVG (9. Januar 1984) wurde die Strecke für den Personenverkehr sofort stillgelegt; eine Wiederinbetriebnahme war nicht vorgesehen. Nördlich von Tegel wurde ein Teil des Bahndamms abgetragen und die Fläche zum Bau der Hamburger Autobahn verwendet. Güterverkehr fand auf dem Teilstück bis Tegel jedoch weiterhin statt. Die Militärzüge der französischen Besatzung von Tegel über Gesundbrunnen und die Ringbahn nach Straßburg fuhren noch bis 1994.
  • In der DDR war die S-Bahn zwischen Velten und Hennigsdorf zum Inselbetrieb geworden. 1983 erreichte die Elektrifizierung nach dem Standard-Wechselstromsystem der Deutschen Reichsbahn auch den nordwestlichen Berliner Außenring. Dabei wurde gleichzeitig der Abschnitt von Hennigsdorf nach Velten mit dem Wechselstromsystem elektrifiziert und der Gleichstrombetrieb der S-Bahn dafür aufgegeben.

Erst ab 1995 wurde die Strecke, zunächst nur bis Tegel, für die S-Bahn reaktiviert. Da im Bereich der zwischenzeitlich gebauten Autobahn eine Neutrassierung erforderlich war, konnte der Lückenschluss zwischen Tegel und Hennigsdorf erst 1998 erfolgen.

Unterbrochenes Gleis am selben Bahnsteig (vorn S-Bahn) in Hennigsdorf

Der Bahnhof Hennigsdorf hätte für einen gleichzeitigen Betrieb von S-Bahn und elektrischer Fernbahn aufwändig mit einem Mehrstromsystem ausgestattet werden müssen, wie es etwa der Bahnhof Birkenwerder besitzt. Man entschied sich deshalb für die einfachere Lösung einer betrieblichen Trennung. Ein Bahnsteig wurde für die S-Bahn südlich verlängert. Die Bahnsteiglänge reicht dabei nur für S-Bahn-Züge, die aus maximal sechs Wagen bestehen. Danach sind die Gleise unterbrochen, am nördlichen Bahnsteigabschnitt fahren die Regionalzüge der elektrischen Fernbahn.

Heutiger Zustand und Zugbetrieb

Haltepunkt in Schwante

Die Kremmener Bahn ist heute eine eingleisige Bahnstrecke, die betrieblich in zwei Teile geteilt ist.

  • Von Berlin aus wird die Strecke von der S-Bahn-Linie S25 bis zum Bahnhof Hennigsdorf befahren. In Alt-Reinickendorf, Tegel und Heiligensee gibt es Kreuzungsgleise, um einen 20-Minuten-Takt der S-Bahn zu ermöglichen. Der Betrieb erfolgt mit Gleichstrom und seitlicher Stromschiene.
  • Ab Hennigsdorf fährt die Regionalbahnlinie 55 weiter bis Kremmen. Die einzige Kreuzungsmöglichkeit befindet sich im Bahnhof Velten. Zusätzlich fährt der Regionalexpress RE6 (Prignitz-Express) von Berlin-Spandau über den westlichen Berliner Außenring nach Hennigsdorf und weiter mit Fahrtrichtungswechsel über die Kremmener Bahn und Neuruppin nach Wittenberge.

Zwischen Hennigsdorf und Velten liegt ein zweites Gleis, das jedoch nicht dem öffentlichen Verkehr dient. Es wird als Prüfgleis für das in Hennigsdorf beheimatete Lokomotiv- und Triebwagenwerk der Bombardier Transportation (vormals Lokomotivbau Elektrotechnische Werke (LEW)), sowie das in Velten gelegene Werk von Stadler Rail genutzt und ist sowohl mit einer Stromschiene als auch mit einer elektrischen Oberleitung ausgerüstet.

Planungen

In den nächsten Jahren wird eine Grundsanierung des Streckenabschnitts zwischen Schönholz und Tegel notwendig. In diesem Zuge ist der Wiederaufbau des zweiten S-Bahngleises und die Einführung eines 10-Minuten-Takts bis Tegel geplant.[5] Der Bahnsteig des S-Bahnhofs Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik soll näher an den gleichnamigen U-Bahnhof verlegt werden.[6] Für den Ortsteil Borsigwalde strebt das Land Berlin langfristig einen neuen Haltepunkt an der Holzhauser Straße an.[7][8] Die Planungen für den Ausbau und die Modernisierung des Streckenabschnitts Tegel–Schönholz haben (Stand: 2014) begonnen,[9] die bislang für 2018/2019 vorgesehene Realisierung wurde jedoch auf die Zeit nach 2020 verschoben.[10]

Weiterhin untersuchen die Länder Berlin und Brandenburg die Einbindung des Prignitz-Expresses über die Kremmener Bahn nach Berlin Gesundbrunnen. Die Vorzugsvariante sieht hierfür – aufbauend auf der zu erfolgenden Grundsanierung und Herstellung der Zweigleisigkeit in Berlin – die Errichtung eines dritten Fernbahngleises zwischen Schönholz und Tegel für den Regional- und Güterverkehr vor. Weiter nach Hennigsdorf ist ein Mischbetrieb des Prignitz-Expresses mit der S-Bahn geplant, wobei zwischen Tegel und Schulzendorf das zweite Gleis herzustellen wäre. Im Bahnhof Tegel wird ein Halt des Prignitz-Expresses an einem neu zu realisierenden Regionalbahnsteig vorgesehen. Die Investitionskosten für diese Variante sollen bei rund 20 Millionen Euro liegen.[11]

Die Wiederherstellung des 1983 eingestellten S-Bahn-Betriebes von Hennigsdorf nach Velten wurde 2014 vom Land Brandenburg abgelehnt.[12] Die Stadt Velten setzt sich dafür ein, die noch vorhandene Infrastruktur soweit zu berücksichtigen, dass eine Wiederherstellung in der Zukunft möglich bleibt und die Trasse nicht verbaut wird.[13]

Bildergalerie

Literatur

  • Peter Bley: Die Kremmener Bahn, Berlin-Schönholz–Hennigsdorf–Velten–Kremmen. Neddermeyer, Berlin 2004. ISBN 3-933254-52-3.
  • Bernhard Strowitzki: S-Bahn Berlin. Geschichte(n) für unterwegs. Verlag GVE, Berlin 2002. ISBN 3-89218-073-3.
  • Bernd Kuhlman: Bahnknoten Berlin - Die Entwicklung des Berliner Eisenbahnnetzes seit 1838. Verlag GVE, Berlin 2006. ISBN 3-89218-099-7.

Weblinks

Commons: Kremmener Bahn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bahnhof Tegel. private Website www.kremmener-bahn.net, abgerufen am 12. Februar 2015.
  2. Chronik der Kremmener Bahn in Kurzform. private Website www.kremmener-bahn.net, abgerufen am 12. Februar 2015.
  3. Peter Semmens: Katastrophen auf Schienen. Eine weltweite Dokumentation. Stuttgart 1996, ISBN 3-344-71030-3, S. 120.
  4. Martin Weltner: Bahn-Katastrophen. Folgenschwere Zugunfälle und ihre Ursachen. München 2008. ISBN 978-3-7654-7096-7, S. 15.
  5. Kleine Anfrage: Welche Prioritäten setzt die „Infrastrukturkoalition“ aus SPD und CDU? (PDF; 49 KiB) Abgeordnetenhaus Berlin, 17. April 2012, abgerufen am 4. Mai 2012.
  6. Weiterer Zugang an S-Bahnhöfen Alt-Reinickendorf und Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik. Drucksache Nr. 0109/XVIII der BVV Reinickendorf, 6. August 2007.
  7. Drucksache 13/596. (PDF; 14,4 KiB) Antwort auf die Kleine Anfrage Nr. 393. Abgeordnetenhaus von Berlin, 11. Juni 1996, abgerufen am 23. März 2012.
  8. Stadtentwicklungsplan Verkehr (2011)
  9. Nahverkehr in der Region Prignitz-Oberhavel: Regionalkonferenz Hennigsdorf (Seite 9). (PDF) Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg, 13. Mai 2014, abgerufen am 8. Juni 2014.
  10. Berliner S-Bahn umfassend ausgebremst. In: Signal. Nr. 1, 2015, S. 7.
  11. Machbarkeitstudie zur Einbindung des Prignitz-Express über die Kremmener Bahn nach Berlin-Gesundbrunnen. Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft des Landes Brandenburg, 19. März 2012, abgerufen am 20. März 2012.
  12. Keine S-Bahn nach Velten auf www.eurailpress.de, 3. September 2014
  13. Roland Becker: Silberstreif am Gleisende. Märkische Onlinezeitung, 9. Februar 2015