Benutzer:Naxhn/Entwurf

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Erster Abschnitt

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Einverständniserklärung eines Ehemannes, dass seine zukünftige Ehefrau auch weiterhin als Posthalterin amten darf (1907).

1849 wurde von der eidgenössischen Post ein Organisationsgesetz erlassen, das neu den Postdienst regelte. Darin wurde festgelegt, dass der Postbetrieb von sogenannten Posthalter und Postablagehalter erledigt wird. Die Hauptaufgabe eines Posthalters war die Bereitstellung und Verwaltung von Postkutschen und Pferden, die zum Transport von Personen oder Gütern verwendet wurden. Viele Posthalterbüros wurden später ergänzend mit der Betreuung von Telegraphendiensten beauftragt.[1] Posthalter leiteten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die sogenannten Postbüros dritter Klasse, später wurden diese nur noch Postbüros genannt. Die Postablagen waren vergleichsweise kleiner und hatten weniger Kompetenzen.[2] Für die Wahl der Posthalter war der Bundesrat zuständig. Sowohl im Beruf des Posthalters wie auch dem des Postablagehalters waren Frauen tätig.[3]

Anders als bei ihren männlichen Berufskollegen, wurde der Zivilstand von Posthalterinnen und Postablagehalterinnen von der Postkreisdirektion erfasst und in den Personalverzeichnissen vermerkt. Weibliche Arbeitnehmerinnen waren dazu verpflichtet, im Falle einer Verheiratung die zuständige Postkreisdirektion darüber zu informieren. Die Änderung ihres Zivilstandes konnte bei Posthalterinnen und Postablagehalterinnen sogar ein Grund sein, dass die Postkreisdirektion das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Amtsdauer beendete.[4] Damit sie weiterhin im Beruf tätig sein durften, mussten die neu verheirateten Frauen ihrem Arbeitgeber eine schriftliche Erklärung ihres Ehemannes einreichen, in welcher dieser bestätigte, dass er seiner Ehefrau erlaube, weiterhin ihrer Arbeit nachzugehen. Dazu gehörte auch ein Leumunds-Zeugnis des Ehemannes, das in der Regel vom Gemeinderat bzw. vom Gemeindeschreiber ausgestellt wurde.[5] Das Dienstverhältnis der Frauen veränderte sich aber bei der Beibehaltung ihres Berufes trotzdem: Ab dem Zeitpunkt ihrer Heirat wurde die Kündigungsfrist auf drei Monate verkürzt; sie wurden von der Vollversicherung in die Sparversicherung versetzt und falls ihre Verheiratung sich in irgendeiner Weise für den Postdienst als nachteilig herausstellen sollte, konnte der Arbeitnehmerin jederzeit gekündigt werden.[6] Frauen spielten in den Postbüros und Postablagen aber nicht nur eine Rolle, wenn sie selbst das Amt der Posthalterin bzw. der Postablagehalterin inne hatten. Als Ehefrauen von Posthalter und Postablagehalter wurde ihre Mitarbeit im Büro sogar erwartet.[7] Auch die unverheirateten Töchter halfen zum Teil im Postdienst mit und nahmen als versierte Mitarbeiterinnen den Männern ein Teil ihres Pensums ab.[8] Gerade für verwitwete Frauen, die die Posthalterinnen-Stelle als Nachfolge des verstorbenen Ehemann antraten, bedeutete die Übernahme des Postbüros ein Weg in die Selbstständigkeit. Die verwitweten Posthalterinnen waren durch ihren Beruf in der Lage ihr Leben selbst zu finanzieren und sahen sich nicht gezwungen eine Zwecksehe aus finanziellen Gründen einzugehen.[9] Die Errichtung neuer Postbüros auf dem Lande hatte auch zur Folge, dass mehr Frauen bei der Post beschäftigt waren: Bereits 1848, als der Bund die kantonale Posteinrichtung übernommen hatte, waren circa 100 Frauen als Posthalterinnen beschäftigt.[10] 1882 waren es 479 (17.5%), 1900 stieg die Zahl auf 892 (26.8%) und 1920 waren es 1112 (31.4%).[11] Die Inkorporation des Telegraphennetzwerks auf dem Lande war mitverantwortlich für die wachsende Zahl der Posthalterinnen.[12] Die Posthalterinnen waren selbst für die Organisation eines Lokals, das notwendige Inventar, sowie der Verbrauchsmaterialien verantwortlich, daher befand sich das Postbüro meistens im eigenen Haus. Besonders auf dem Land führte dies dazu, dass die Posthalterinnen vielfach eine sehr hohe Anwesenheitszeit von bis zu 16 Stunden pro Tag hatten, denn neben dem Postgeschäft waren sie auch für die Telegrafenstelle verantwortlich und eintreffende Telegramme zustellen und ausgehende aufgeben. Diese Aufgabe führte dazu, dass über längere Zeiträume die Posthalterin keine Aufgaben hatte, jedoch trotzdem präsent sein musste. Die Entlöhnung basierte auf den erledigten Aufgaben und viel daher im Vergleich zur Präsenzzeit sehr niedrig aus. Für diesen Beruf wurden weibliche Mitarbeiterinnen empfohlen, da diese währenddessen ihren häuslichen Pflichten nachkommen könnten.[13] In der Postkreisdirektion Bern arbeiteten von 1870 bis 1900 Posthalterinnen in folgenden Postbüros: Boltigen, Erlach, Grindelwald, Innertkirchen, Koppigen, Madiswil, Münchenbuchsee, Neuenegg, Nidau, Oberhofen, Rüeggisberg, Schwarzenburg, Signau, Spiez, Thurnen, Walkringen und Zollbrück.[14]

1849 basierte die Bezahlung der Posthalter und Posthalterinnen auf einem Leistungslohn und variierte von Postbüro zu Postbüro.[15] Im Verlaufe der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die Höhe der Entlöhnung kontinuierlich zu, dennoch verdienten Posthalterinnen weniger als ihre männlichen Kollegen. So hatte die Posthalterin von Koppigen 1851 ein Jahresgehalt von CHF 44, 1857 von CHF 80 und 1863 von CHF 180, zum Vergleich: Der Briefträger des gleichen Postbüros verdiente 1865 jährlich 200 Franken für das abendliche Austragen der Post.[16]

Berufliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten hatten Posthalterinnen mit wenigen Ausnahmen keine. Einerseits, weil sie meistens Inhaberinnen von Postbüros dritter Klasse in ländlichen Gebieten waren und kein weiterer Aufstieg mehr möglich war. Andererseits wurde 1894 die im Jahre 1868 getroffene Entscheidung, Frauen als Lehrlinge bei der PTT auszubilden, wieder rückgängig gemacht. Dies führte dazu, dass Frauen Kaderpositionen verwehrt werden konnten und somit Posthalterin für viele Frauen die höchste, einnehmbare Stelle war. In wenigen Fällen wurden Posthalterinnen zu Postdienstchefinnen gewählt. Am 25. März 1909 beispielsweise, wurden die Posthalterin von Ouchy, Frau Helene Curtet, und diejenige von Montreux-Bon-Port, Frau Helene Junod zu Dienstchefinnen gewählt, weil ihre Postbüros dritter Klasse in Filialbüros umgewandelt und folglich die Posthalterstellen durch diejenige von Dienstchefinnen ersetzt wurde.[17] [18] Die Beförderung der beiden Frauen in Führungspositionen löste beim Verband der Schweizerischen Postbeamten Empörung aus. Als Reaktion auf die Wahl reichten sie ein Gesuch bei der Oberpostdirektion ein, die Frauen wieder aus ihrem Amt zu entheben und forderten, die Wahlbehörde sollte standardmässig männlichen Bewerbern Vorzug gewähren.[17] Der Bundesrat blieb trotz Gegenwehr bei seinem Entscheid und lehnte das Gesuch mit der Begründung ab, dass es unrecht gewesen wäre, die beiden Frauen trotz guter Leistung und Qualifikation nicht zu wählen, nur weil sie Frauen seien.[18]

  1. Thomas Klöti: «Und extra will ich ein schönes Postbüro». Die Wahl von Regina Leuenberger zur Posthalterin von Ursenbach im Jahre 1903. In: Museum für Kommunikation (Hrsg.): Meine Vielgeliebten. Briefe der Regina Leuenberger-Sommer (1848 – 1921) an ihre Kinder. Bern 1999, S. 313.
  2. Edgar Bonjour: Geschichte der Schweizerischen Post 1849-1949. Bern 1949, S. 77–79.
  3. Thomas Klöti: «Und extra will ich ein schönes Postbüro». Die Wahl von Regina Leuenberger zur Posthalterin von Ursenbach im Jahre 1903. In: Museum für Kommunikation (Hrsg.): Meine Vielgeliebten. Briefe der Regina Leuenberger-Sommer (1848 – 1921) an ihre Kinder. Bern 1999, S. 313.
  4. Edgar Bonjour: Geschichte der Schweizerischen Post 1849-1949. Bern 1949, S. 111–112.
  5. Die Kreispostdirektion Basel an Frau Martha Waibel Imhof, 01. Dezember 1915, PTT-Archiv PAA00703:21.
  6. Die Kreispostdiektion Basel an Frau Rosa Frey-Herter in Burg (Bern), 16. Oktober 1928, PTT-Archiv P-05A-PAA00804:04.
  7. Edgar Bonjour: Geschichte der Schweizerischen Post 1849-1949. Bern 1949, S. 89.
  8. Rosa Dysli Scherer an die Kreispostdirektion Basel, 17. Juli 1926, PTT-Archiv P-05A-PAA00788:02.
  9. Caroline Arni: Zeit zum Schreiben. Regina Leuenbergers Briefe aus frauen- und geschlechtergeschichtlicher Perspektive. In: Museum für Kommunikation (Hrsg.): Meine Vielgeliebten. Briefe der Regina Leuenberger-Sommer (1848 – 1921) an ihre Kinder. Bern 1999, S. 298 - 299.
  10. Albrecht Eggenberger: Die Frau bei den PTT-Betrieben. In: Gewerkschaftliche Rundschau. Band 67, Nr. 3-4, 1975, S. 122.
  11. Edgar Bonjour: Geschichte der schweizerischen Post: 1849-1949. Bern 1949, S. 157.
  12. Yvonne Bühlmann, Kathrin Zatti: "Sanft wie eine Taube, klug wie eine Schlange und verschwiegen wie ein Grab...". Frauen im schweizerischen Telegrafen- und Telefonwesen 1870-1914. Chronos Verlag, Zürich 1992, ISBN 3-905278-96-0, S. 22 f.
  13. Yvonne Bühlmann, Kathrin Zatti: "Sanft wie eine Taube, klug wie eine Schlange und verschwiegen wie ein Grab...". Frauen im schweizerischen Telegrafen- und Telefonwesen 1870-1914. Chronos Verlag, Zürich 1992, ISBN 3-905278-96-0, S. 21–23.
  14. Postkreisdirektion Bern: Alphabetischer Personenrodel. Verzeichnis der Beamten und Bediensteten weiblichen Geschlechts.1870-1900, PTT-Archiv P-03 A_PAA 09021. S. 31-34.
  15. Edgar Bonjour: Geschichte der Schweizerischen Post 1849-1949. Bern 1949, S. 90.
  16. Poststellenchronik KPD Bern: Koppigen (BE), PTT-Archiv Post-199 A 0003_Koppigen.
  17. a b Der Verband Schweizerischer Postbeamten an die Oberpostdirektion, 27. Mai 1910, PTT-Archiv P-00 A_PAA 00511.
  18. a b Auszug aus dem Protokoll der Sitzung des Schweizerischen Bundesrates, 25. Juli 1910, PTT-Archiv P-00 A_PAA 00511.