„Blutrache“ – Versionsunterschied

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== Vorkommen in der Neuzeit ==
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Das neuzeitliche Vorkommen der Blutrache ist nicht fest an bestimmte Gebiete gebunden. Auf dem [[Balkanhalbinsel|Balkan]] vor allem in [[Griechenland]] auf [[Kreta]] und in [[Mani (Peloponnes)|Mani]] (Peloponnes), im Norden [[Albanien]]s<ref>[http://oe1.orf.at/highlights/120041.html Bericht über die Blutrache in Albanien]</ref> und in einigen Ländern des ehemaligen [[Jugoslawien]]s wie im [[Kosovo]] und [[Montenegro]], in östlichen Teilen der [[Türkei]] (''kan davası'': „Blutstreit“) und bei gewissen Völkern des [[Nordkaukasus]] wie [[Tschetschenen]] und [[Osseten]]<ref>{{internetquelle |url=http://german.ruvr.ru/radio_broadcast/17350884/36109198.html |titel=Bräuche der Völker Russlands: Die Osseten |werk=Radio Stimme Russlands |Autor=Michail Pawlow |datum=2010-12-02 |zugriff=2012-07-01}}</ref> wird die Blutrache zum Teil noch heute praktiziert. Das [[Clansystem der Somali]] in Nordostafrika beinhaltet ebenfalls Blutrache-Elemente.
Das neuzeitliche Vorkommen der Blutrache ist nicht fest an bestimmte Gebiete gebunden. Auf dem [[Balkanhalbinsel|Balkan]] vor allem in [[Griechenland]] auf [[Kreta]] und in [[Mani (Peloponnes)|Mani]] (Peloponnes), im Norden [[Albanien]]s<ref>[http://oe1.orf.at/highlights/120041.html Bericht über die Blutrache in Albanien]</ref>, im [[Kosovo]], in östlichen Teilen der [[Türkei]] (''kan davası'': „Blutstreit“) und bei gewissen Völkern des [[Nordkaukasus]] wie [[Tschetschenen]] und [[Osseten]]<ref>{{internetquelle |url=http://german.ruvr.ru/radio_broadcast/17350884/36109198.html |titel=Bräuche der Völker Russlands: Die Osseten |werk=Radio Stimme Russlands |Autor=Michail Pawlow |datum=2010-12-02 |zugriff=2012-07-01}}</ref> wird die Blutrache zum Teil noch heute praktiziert. Das [[Clansystem der Somali]] in Nordostafrika beinhaltet ebenfalls Blutrache-Elemente.


''Vendetta'' ist der [[Italienische Sprache|italienische]] Begriff für Blutrache. Sie ist die in Süditalien vorkommende Variante des ''[[Talion]]s'', so in [[Sizilien]], in [[Kalabrien]] und auf [[Sardinien]] (als ''Vindicau''). Auch im französischen [[Korsika]] ist dieser Begriff das Synonym für die bis ins 19. Jahrhundert belegte Blutrache.
''Vendetta'' ist der [[Italienische Sprache|italienische]] Begriff für Blutrache. Sie ist die in Süditalien vorkommende Variante des ''[[Talion]]s'', so in [[Sizilien]], in [[Kalabrien]] und auf [[Sardinien]] (als ''Vindicau''). Auch im französischen [[Korsika]] ist dieser Begriff das Synonym für die bis ins 19. Jahrhundert belegte Blutrache.

Version vom 5. Juli 2013, 15:47 Uhr

Demonstration der albanischen Nichtregierungsorganisation Mjaft! gegen die Blutrache. Auf dem Transparent steht Genug der Blutrache

Die Blutrache oder Vendetta (Synonym) ist ein Prinzip zur Sühnung von Verbrechen, bei dem Tötungen oder andere Ehrverletzungen durch Tötungen gerächt werden. Sie stellt die Ultima Ratio der Konfliktbewältigung innerhalb der Fehde dar.

Hierbei straft die Familie des Opfers den Täter und seine Familie oftmals auch aus der Absicht heraus, die vermeintlich verlorene Familienehre wiederherzustellen. Unter Familie ist dabei mancherorts nicht nur die biologische Verwandtschaft zu verstehen, sondern auch ein Clan oder eine Verbrecherbande. Ein Ausgestoßener, für den sein Clan keine Blutrache üben würde, ist in diesem System schutzlos.

In Süditalien wird die Blutrache als „Vendetta“ bezeichnet. In Albanien regelt der Kanun (örtliche gewohnheitsmäßige Vorschrift) die Blutrache.

Archaische Wurzeln

Die Blutrache ist ein wesentliches Element vieler archaischer Gewohnheitsrechts-Ordnungen auf der ganzen Welt. Theoretisch gilt hierbei das Talionsprinzip: Es weist das Opfer oder seine Vertreter an, dem Täter „Gleiches mit Gleichem“ zu vergelten beziehungsweise dessen Vergehen zu sühnen („Wie du mir, so ich dir“). Der Ehrenkodex der Blutrache verlangt aber, auch nicht „ein Mehr“ heimzuzahlen. Durch den Tod des Mörders sollte der Konflikt beendet werden. Dabei ist es nicht unüblich, dass beide Familien unter Hinzuziehung eines Schlichters oder eines Richters in einem Treffen das Vorgehen abklären. Allerdings gibt es auch Berichte von Blutrache, die sich über viele Jahre hinzieht.

In der Tradition verschiedener Völker ist die Strafe dagegen oftmals schlimmer als das vorangegangene Verbrechen. Die Blutrache kann dann zu langen, blutigen Auseinandersetzungen führen, wenn, da die bestrafte Familie meist Rache für die Strafe nimmt, die andere Familie wiederum dafür Rache nimmt.

Das erste Verbot der Blutrache findet sich bereits in verschiedenen babylonischen Gesetzessammlungen (ca. 2000 v. Chr.) wie dem Codex Hammurapi und dem Codex Eschnunna (ca 3000 v. Chr.)

Textbeispiel aus dem Codex Hammurapi:

§196 Wenn ein Bürger ein Auge eines (anderen) Bürgers zerstört, soll man ihm ein Auge zerstoeren.

Für Palastangehörige wird allerdings keine Metapher gewählt, sondern ein genauer Preis festgesetzt:

§198 Wenn er ein Auge eines Palastangehörigen zerstört oder einen Knochen eines Palastangehörigen bricht, so soll er eine Mine Silber zahlen.

Vorkommen in der Neuzeit

Das neuzeitliche Vorkommen der Blutrache ist nicht fest an bestimmte Gebiete gebunden. Auf dem Balkan vor allem in Griechenland auf Kreta und in Mani (Peloponnes), im Norden Albaniens[1], im Kosovo, in östlichen Teilen der Türkei (kan davası: „Blutstreit“) und bei gewissen Völkern des Nordkaukasus wie Tschetschenen und Osseten[2] wird die Blutrache zum Teil noch heute praktiziert. Das Clansystem der Somali in Nordostafrika beinhaltet ebenfalls Blutrache-Elemente.

Vendetta ist der italienische Begriff für Blutrache. Sie ist die in Süditalien vorkommende Variante des Talions, so in Sizilien, in Kalabrien und auf Sardinien (als Vindicau). Auch im französischen Korsika ist dieser Begriff das Synonym für die bis ins 19. Jahrhundert belegte Blutrache.

In den 1990er Jahren war insbesondere Nordalbanien wegen Blutrache und Ehrenmorden in die Schlagzeilen geraten. Die Täter halten sich aber meist nicht mehr an die detaillierten Vorschriften des mündlich überlieferten Gewohnheitsrechts Kanun, das unter anderem die Blutrache regelte. In Albanien wird die Blutrache als Gjakmarrje bezeichnet. In den Jahren 2004 bis 2006 wurden im nordalbanischen am stärksten betroffenen Gebiet Qark Shkodra aber nur noch ein oder zwei Blutrache-Morde pro Jahr registriert,[3] wobei die amtlichen Zahlen aber in Frage gestellt werden.[4]

Blutrache und rechtsstaatliche Gesetzgebung sind nicht vereinbar. Migranten aus den Gebieten, in denen Blutrache vorkommt, bringen mit anderen Sitten immer auch ihre Vorstellung von Ehrgefühl mit, so dass es auch in Westeuropa zu verschiedenen Blutrache-Fällen kam. Westliche Gerichte beurteilen diese Selbstjustiz in der Regel als Mord oder Totschlag.

Am 1. Juli 2002 kam es bei Überlingen aufgrund mehrerer unglücklicher Faktoren zu einem Flugzeugabsturz. Der zu jener Zeit diensthabende Fluglotse Peter Nielsen wurde am 24. Februar 2004 von Witali Kalojew, der bei dem Unglück Frau und Kinder verlor, erstochen. Kalojew bezeichnete diesen Mord selbst nicht als Blutrache, sondern lediglich als Bestrafung des Fluglotsen. Jedoch wurde er nach seiner Haft in seiner Heimat Nordossetien als Held der Blutrache gefeiert. Heute ist er stellvertretender Bauminister in Nordossetien.[5]

Dichtung und Romane

Literatur

  • Jonas Grutzpalk: Blood Feud and Modernity. Max Weber’s and Émile Durkheim’s Theory. In: Journal of Classical Sociology 2 (2002); S. 115-134.(PDF; 176 kB)
  • Karl Kaser: Familie und Verwandtschaft auf dem Balkan. Analyse einer untergehenden Kultur. Wien 1995, ISBN 3-205-98345-9; Einzelfälle (Međugorje): S. 230 ff.
  • Péter Krasztev: The Price of Amnesia. Interpretations of Vendetta in Albania. In: Journal for Politics, Gender and Culture. 1(2002), Heft 2, S. 33-63.
  • Klementin Mile/Albanian Institute for International Studies: Gjakmarrja: Mes Kanunit dhe Shtetit (The Blood Feud: Between Kanun and State). Tirana 2007.
  • Die Tora in jüdischer Auslegung Ex 20,19-21,36 Literarische Auslese: S. 249, ISBN 978-3-579-05493-3 (Band II)
Wiktionary: Blutrache – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikisource: Kaukasische Civilisation – Quellen und Volltexte

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Einzelnachweise

  1. Bericht über die Blutrache in Albanien
  2. Bräuche der Völker Russlands: Die Osseten. In: Radio Stimme Russlands. 2. Dezember 2010, abgerufen am 1. Juli 2012.
  3. Klementin Mile/Albanian Institute for International Studies: Gjakmarrja: Mes Kanunit dhe Shtetit, Tirana 2007 – gestützt auf Auskünfte der Polizei des Qarks Shkodra
  4. Thomas Fuster: Albaniens vom Leben ausgesperrte Kinder. In: Neue Zürcher Zeitung. Nr. 133, 12. Juni 2010, S. 9.
  5. Frank Krause: 10 Jahre Überlingen: „Es regnet Leichen“, heißt es über Funk. In: Stuttgarter Nachrichten. 30. Juni 2012, abgerufen am 1. Juli 2012.