Carl Loewe
Johann Carl Gottfried Loewe (* 30. November 1796 in Löbejün; † 20. April 1869 in Kiel) war ein deutscher Kantor und Komponist in Stettin.
Inhaltsverzeichnis
Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Carl Loewe wurde als zwölftes Kind des Kantors und Organisten Andreas Loewe und dessen Frau Marie in Löbejün (Sachsen-Anhalt) geboren. Von seinen Eltern erhielt er früh eine kunstsinnige Erziehung. Während seiner ersten Schuljahre in Köthen sang er von 1807 bis 1809 im Köthener Knabenchor und wechselte anschließend dank eines Stipendiums des Königs Jérôme Bonaparte auf die Latina der Franckeschen Stiftungen in Halle. In dieser Zeit erhielt er Kompositionsunterricht bei Daniel Gottlob Türk, für den er als Sopransänger im Stadtsingechor zu Halle und als Solist bei Konzerten auftrat. Musikalisch gefördert wurde er auf Empfehlung seines Lehrers auch durch Johann Friedrich Reichardt, der in Giebichenstein bei Halle lebte.
Da sich Loewe 1816 bei seiner Bewerbung um die Stelle als Organist an der Marktkirche Unser Lieben Frauen nicht gegen seinen Konkurrenten Johann Friedrich Naue durchsetzen konnte, schrieb er sich gleich ein Jahr später, nach Abschluss der Reifeprüfung, als Student der Evangelischen Theologie an der Friedrichs-Universität Halle ein. Im öffentlichen Musikleben Halles bewährte sich Loewe als ein hervorragender Tenor bei Aufführungen der Singakademie unter der Leitung Johann Friedrich Naues und vielen anderen Gelegenheiten. In den halleschen Jahren schrieb er fast fünfzig Kompositionen, Balladen wie Erlkönig und Edward.
Nach dem Studium ließ sich Loewe 1820 in Berlin von Carl Friedrich Zelter hinsichtlich seiner Befähigung zum Kirchen- und Schulmusiker prüfen. Er bestand mit Auszeichnung und wurde Kantor und Organist an der Jakobikirche. Hier war Loewe zugleich als Gymnasiallehrer und städtischer Musikdirektor 46 Jahre lang tätig. Er gründete den Pommerschen Chorverband und veranstaltete in dessen Namen zahlreiche Musikfeste. Eng befreundet war er mit dem Mathematiker Justus Günther Graßmann, dessen Sohn, dem Mathematiker Hermann Graßmann und dem Dichter Ludwig Giesebrecht, dessen Texte er vertonte.
Loewe hatte in seiner Zeit einen guten Ruf als Dirigent, Pianist und auch als Konzertsänger. Er wurde Ehrendoktor der Universität Greifswald und 1837 Mitglied der Berliner Akademie der Künste. 1857 legte er die Leitung der Musikfeste nieder.
Am 16. Sept. 1821 heiratete er in Halle/Saale Julia von Jakob. Sie war eine Tochter des Halleschen Universitätskanzlers Ludwig Heinrich von Jakob und seiner Frau. Julia Loewe starb 1823 nach der Geburt des Sohnes Julian, der bei Verwandten aufgezogen wurde. 1825 heiratete Loewe Auguste Lange. Aus dieser Ehe entstammen vier Töchter. Im Jahre 1829 wurde Carl Loewe in den Bund der Freimaurer aufgenommen, seine Loge Zu den drei Zirkeln war in Stettin ansässig. Er komponierte in seinen Gesangsquartetten u. a. eine Komposition für Freimaurer.[1]
Nachdem er von einem schweren Schlaganfall 1864 wieder genesen war, musste er 1866 nach Aufforderung des Stettiner Magistrats seinen Abschied nehmen. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er bei seiner ältesten Tochter Julie verh. v. Bothwell in Kiel. Diese bemühte sich, die Werke ihres Vaters der Nachwelt zu erhalten.
Sein Grabmal befindet sich auf dem Parkfriedhof Eichhof bei Kiel, das Herz ist in der Jakobikirche in Stettin beigesetzt worden.
Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Carl Loewe hat die Ballade, als besondere erweiterte Form des Sololiedes im 19. Jahrhundert, bekannt gemacht – als Komponist und auch als Sänger. Loewe hat, sechs Jahre vor Robert Schumann, auch den Gedichtzyklus Frauenliebe und -leben von Adelbert von Chamisso vertont (1834). In den Balladen kommt seine Fähigkeit der anschaulichen Schilderung, der bildhaften Tonmalerei und eindringlichen Charakterisierung von Gestalten, Schauplätzen und Vorgängen am besten zum Ausdruck. Seine Themenvielfalt ist weitgespannt. Neben den bevorzugten Bereichen der Historie, der Sage und dem Märchen hat er Alltags- und Genrebilder geschaffen, Idyllen und moralische Fabeln; Großes steht neben Kleinem, Schlichtes neben Phantastischem, Unheimliches neben Verspielt-Humoristischem. Loewe galt mit seiner schönen Tenorstimme als eloquenter, intensiver Vortragskünstler.
Balladen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Zu den bekanntesten der 400 Balladen zählen:
- 3 Balladen op. 1 (Entstehungsjahr 1824)
- Edward (nach Johann Gottfried Herder)
- Der Wirtin Töchterlein (nach Ludwig Uhland)
- Erlkönig (nach Johann Wolfgang von Goethe)[2]
- Herr Oluf op. 2, Nr. 2 (1821, dänische Ballade, Übersetzung: Johann Gottfried Herder)
- 3 Balladen op. 20 (1832, nach Johann Wolfgang von Goethe):
- Hochzeitlied
- Der Zauberlehrling[3]
- Die wandelnde Glocke
- Heinrich der Vogler op. 56, Nr. 1 (1836, nach Johann Nepomuk Vogl)
- Die Glocken zu Speyer (1838, nach Maximilian von Oer)
- Prinz Eugen, der edle Ritter op. 92 (1844, nach Ferdinand Freiligrath)
- Der Mönch zu Pisa op. 114 (1846, nach Johann Nepomuk Vogl)
- Odins Meeresritt oder Der Schmied auf Helgoland op. 118 (1851, nach Aloys Schreiber)
- Die Uhr (aus op. 123, 1852, nach Johann Gabriel Seidl)[4][5]
- Archibald Douglas op. 128 (1857, nach Theodor Fontane)
- Der Nöck op. 129, 2 (1860/1, nach August Kopisch)
- Tom der Reimer. Schottische Ballade op. 135a (ca. 1860 nach Theodor Fontane)
Andere Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- 17 Oratorien, darunter
- Die Zerstörung von Jerusalem (1830, nach einem Text von Gustav Nicolai),
- Johann Huß (1840, nach einem Text von Johann August Zeune),
- Palestrina (1843, nach einem Text von Ludwig Giesebrecht),
- Das Sühnopfer des neuen Bundes (1847, nach Wilhelm Telschow)
- 6 Opern
- 2 Sinfonien (d-Moll und e-Moll, je 1832)
- 2 Klavierkonzerte
- Kleine Passionsmusik für Soli, Chor, Streicher und Orgel
- Kantaten, Kammermusik und Klaviersonaten.
Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Gedenktafeln in der Kieler Nikolaikirche und der Stettiner Jakobikirche, in der auch sein Herz in einer Kapsel in einem der beiden Orgelpfeiler beigesetzt ist, erinnern an Loewe.
- Im Düsternbrooker Gehölz in Kiel findet sich eine Büste Loewes[6]; dort wurde auch eine Straße nach ihm benannt[7].
- 1938 wurde die Karl-Löwe-Gasse in Wien-Meidling nach dem Komponisten benannt.
- Im rheinland-pfälzischen Unkel, wo seine Witwe für sich und zwei ihrer Töchter 1874 ein Haus gekauft hatte, wird seit 1995 mit den jährlich stattfindenden Carl-Loewe-Musiktagen an ihn erinnert.
- Die 1992 gegründete Internationale Carl-Loewe-Gesellschaft e.V. setzt die Traditionen der 1882 in Berlin und 1888 in Löbejün gegründeten Loewe-Vereine fort und hat ihren Sitz in der Geburtsstadt des Komponisten. Dort werden seit 2002 regelmäßig die Carl-Loewe-Festtage ausgerichtet.
- Freunde und Verehrer in Stettin sammelten für die Errichtung eines Denkmals, das am 30. November 1898 neben der dortigen Jacobikirche feierlich enthüllt wurde. Den Entwurf hatte der Bildhauer Hans Weddo von Glümer geschaffen, in einer der Gladenbeck-Gießereien in Friedrichshagen wurde das Standbild in Bronze gegossen. Das Denkmal ist verschollen.
- In seiner Geburtsstadt steht auf dem oberen Markt eine Carl-Loewe-Büste aus Löbejüner Porphyr. Diese ist eine Kopie (1947) der 1896 von Fritz Schaper geschaffenen Büste, die 1942 als Metallspende eingeschmolzen worden war. [8]
- Zudem gibt es in Löbejün eine Gedenktafel am Nachfolgebau des Geburtshauses Loewes am Kirchhof.
- 1999 wurde der Asteroid (10095) Carlloewe nach ihm benannt.
Gesamtaufnahme der Lieder und Balladen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Cord Garben (Pianist): Carl Loewe: Lieder & Balladen (Complete Edition), Vol. 1–18.
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Max Runze: Löwe, Johann Carl Gottfried. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 19, Duncker & Humblot, Leipzig 1884, S. 300–311.
- Heinrich Bulthaupt: Carl Loewe. Deutschlands Balladencomponist, Berlin 1898.
- Otto Altenburg: Carl Loewe. Beiträge zur Kenntnis seines Lebens und Schaffens. Stettin 1924. (Digitalisat)
- Wilhelm Pfannkuch: Löwe, Karl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 15, Duncker & Humblot, Berlin 1987, ISBN 3-428-00196-6, S. 84 f. (Digitalisat).
- Gerhard Dallmann: Carl Loewe, ein Leben für die Musik. Lebensskizze eines romantischen Musikers, Ginkgo-Park, Gützkow 1996, ISBN 3-9804189-3-6.
- Robert Hanzlik: Loewe, Carl. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 3, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2004, ISBN 3-7001-3045-7.
- Till Gerrit Waidelich: B. A. Webers Melodram „Der Gang nach dem Eisenhammer“ und seine kompositorische Aneignung durch Carl Loewe in der zeitgenössischen Rezeption. In: Michael Kube, Werner Aderhold, Walburga Litschauer (Hrsg.): Schubert und das Biedermeier. Beiträge zur Musik des frühen 19. Jahrhunderts. Festschrift Walther Dürr zum 70. Geburtstag. Bärenreiter, Kassel 2002, ISBN 3-7618-1523-9, S. 185–207.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

- Werke von und über Carl Loewe im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Carl Loewe in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Noten und Audiodateien von Carl Loewe im International Music Score Library Project
- Gemeinfreie Noten von Carl Loewe in der Choral Public Domain Library (ChoralWiki) (englisch)
- Website der Carl-Loewe-Gesellschaft e. V.
- The Lied and Art Song Texts Page
- Max Runze (Hg.): Carl Loewe: Balladen und Gesänge, Gesamtausgabe, Band IV, Breitkopf und Härtel, Leipzig, 1900
- Ausführliches Werksverzeichnis
- Verschollenes Herz von Carl Loewe entdeckt?
- Loewe-Aktivitäten in Unkel
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Eugen Lennhoff, Oskar Posner, Dieter A. Binder: Internationales Freimaurerlexikon. Überarbeitete und erweiterte Neuauflage der Ausgabe von 1932, München 2003, ISBN 3-7766-2161-3.
- ↑ Erlkönig mit Thomas Quasthoff ' bei YouTube
- ↑ Der Zauberlehrling mit Josef Greindl bei YouTube
- ↑ Die Uhr mit Hermann Prey bei YouTube
- ↑ Die Uhr mit Dietrich Fischer-Dieskau bei YouTube
- ↑ kiel.de
- ↑ Carl-Loewe-Weg im Kiel-Wiki
- ↑ Denkmalverzeichnis Saalkreis, S. 85.
Personendaten | |
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NAME | Loewe, Carl |
ALTERNATIVNAMEN | Loewe, Johann Carl Gottfried |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Kantor, Organist und Komponist in Stettin |
GEBURTSDATUM | 30. November 1796 |
GEBURTSORT | Löbejün |
STERBEDATUM | 20. April 1869 |
STERBEORT | Kiel |
- Komponist (Romantik)
- Komponist (Deutschland)
- Klassischer Organist
- Tenor
- Freimaurer (19. Jahrhundert)
- Freimaurer (Deutschland)
- Ehrendoktor der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
- Künstler (Stettin)
- Namensgeber für einen Asteroiden
- Mitglied der Preußischen Akademie der Künste
- Deutscher
- Geboren 1796
- Gestorben 1869
- Mann