Giacomo Casanova

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Francesco Casanova: Porträt des Giacomo Casanova, (um 1750–1755)

Giacomo Girolamo Casanova (* 2. April 1725 in Venedig; † 4. Juni 1798 in Dux) war ein venezianischer Schriftsteller, Priesteramtskandidat, Abenteurer und Libertin des 18. Jahrhunderts, bekannt durch die Schilderungen zahlreicher Liebschaften. Er gilt als Sinnbild des Verführers und blieb zeitlebens im päpstlich-diplomatischen Dienst.

Leben

Familie

Seine Mutter war die Schauspielerin Giovanna Farussi, genannt „Zanetta“, und sein mutmaßlicher Vater der Schauspieler Gaetano Casanova. Giacomo war das älteste Kind von insgesamt fünf Geschwistern (Francesco, geb. 1727, Giovanni Battista, geb. 1730, Faustina Maddalena, geb. 1731, und Maria Maddalena, geb. 1732). Da seine Mutter viel auf Reisen war, wurde er von seiner Großmutter erzogen, die ihn auf die Universität nach Padua schickte.

Casanova als Kleriker

Orden vom Goldenen Sporn

Casanova erwarb schon mit 17 Jahren an der Universität von Padua einen Doktortitel im Fach Jura (weltliches und kirchliches Recht). Auf Bitten seiner Großmutter beschloss er, eine kirchliche Laufbahn als Priester einzuschlagen. Als angehender Priester, nach Erhalt der vier niederen Weihen, fiel er am 19. März 1741 während einer Predigt betrunken von der Kanzel in San Samuele, gab aber erst drei Jahre später seine kirchliche Laufbahn endgültig auf. 1742 reiste er als Sekretär über Korfu nach Konstantinopel, wo er Claude Alexandre de Bonneval traf. Bei seiner Rückkehr ein Jahr später nach Venedig wurde er erstmals (wegen Erbstreitigkeiten) inhaftiert.

Canaletto: Dom, Dogenpalast, Piazza, Piazzetta, Bibliothek in Venedig, Ende 18. Jahrhundert

Anschließend reiste er nach Ancona und Rom, wo er Papst Clemens XIII. kennenlernte. Als Dank für amüsante Plaudereien erlaubte ihm der Papst, verbotene Bücher zu lesen, und genehmigte ihm eine Ausnahme von der geltenden Fastenpflicht. Clemens XIII. ernannte ihn zum „Ritter des goldenen Sporns“, woraus sich Casanovas Recht ableitete, sich Cavaliere (Ritter) nennen zu lassen. Wegen seiner Verwicklung in einer Liebesaffäre musste er jedoch Rom verlassen. Casanova war nie verheiratet, hatte jedoch eine unbestimmte Zahl eigener Kinder, von denen er nur teilweise Kenntnis erhielt.

Flucht aus den Bleikammern

Casanova wurde venezianischer Fähnrich. Nebenbei verdiente er sich u. a. als Orchestergeiger seinen Lebensunterhalt. 1755 wurde er wegen angeblicher „Schmähungen gegen die heilige Religion“ verhaftet; seine 15 Monate später gelungene Flucht aus den Bleikammern Venedigs erregte allgemeine Aufmerksamkeit. Allerdings gelang ihm die Flucht erst beim zweiten Versuch. Für den Zeitpunkt der Flucht benutzte er das Buch L'Orlando Furioso von Ludovico Ariosto als Orakel (Stichomantie). Über seinen Ausbruch aus dem Verlies schrieb er ein Buch, das noch zu seinen Lebzeiten ins Deutsche übersetzt wurde.

Reisen durch Europa

In den folgenden Jahren reiste Casanova durch ganz Europa – beispielsweise besuchte er Holland, Deutschland, die Schweiz, England, Spanien und Russland –, wo er in den adligen Salons ein gern gesehener und prominenter Gast war. In Frankreich war er 1757 Mitbegründer der Nationallotterie. 1760 besuchte er Voltaire in Genf. Seit diesem Jahr nannte sich Casanova auch „Chevalier de Seingalt“, ein Name, den er bis an sein Lebensende immer wieder benutzte. Im gleichen Jahr traf er in Rom Papst Clemens XIII., Johann Joachim Winckelmann und Anton Raphael Mengs, bei dem er wohnte. Bei einem Aufenthalt in England verliebte er sich unsterblich, kam aber nicht zum Ziel, was ihn fast in den Selbstmord trieb. Über Brüssel, Wesel, Braunschweig und Wolfenbüttel kam er im Sommer 1764 nach Sanssouci, wo er bei Friedrich dem Großen um eine Anstellung bat. Die ihm angebotene Position als Lehrmeister an der Schule für pommersche Landjunker lehnte er jedoch ab und fuhr nach Russland, in der Hoffnung, eine Stellung am Zarenhof zu bekommen.

Neun Monate lang lebte Casanova 1765 in Sankt Petersburg und traf zweimal mit Katharina der Großen zusammen. Allerdings sah die Zarin keine Möglichkeit, Casanova in ihre Dienste zu nehmen, sodass der Italiener nach Polen reiste, um sich dort um eine Anstellung am Königshof zu bemühen.

Giacomo Casanova, 1788

In Polen duellierte er sich auf Pistolen 1766 mit dem Grafen Branicki. Beide wurden schwer verwundet, daraufhin musste er Polen verlassen und reiste über Wien nach Paris, wo er schon kurz darauf, auf Geheiß des Königs, Frankreich den Rücken kehren und nach Spanien flüchten musste. Auch Spanien musste er verlassen; 1769 zog er nach Italien zurück. 1772 beendete er sein Exil und kehrte nach Venedig zurück, wo er unter anderem Theaterdirektor war. Ab 1776 fungierte er als Spitzel der venezianischen Staatsinquisition.

Altersruhesitz

Ruhe fand Casanova schließlich 1785 als Bibliothekar des böhmischen Grafen Waldstein. Auf Schloss Dux begann er spätestens 1790 mit der Niederschrift seiner Memoiren, die über den Zeitraum von seiner Geburt bis 1774 berichten. 1820 wurde dem Verlag F. A. Brockhaus in Leipzig das Manuskript der Memoiren angeboten, das der Verlag 1821 erwarb. Bereits Ende des Jahres erschienen Auszüge der Memoiren in deutscher Übersetzung in der Urania. Erst 1960 wurde erstmals der Originaltext der Memoiren durch F. A. Brockhaus, Wiesbaden, und Plon, Paris, veröffentlicht. Diese zwölfbändige Ausgabe wurde 1962 abgeschlossen.

Der Ort, an dem sich sein Grab auf dem Friedhof von Dux befand, ist heute nicht mehr bekannt.

Bedeutung

Die Memoiren Casanovas mit dem Titel Geschichte meines Lebens zählen zur Weltliteratur und wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt (u. a. Japanisch, Arabisch, Bengalisch und Inuktitut).

Durch seine Reisen, bei denen er europäische Höfe und Metropolen besuchte, hatte er Kontakt zu bedeutenden Personen seiner Zeit. So führte er Gespräche mit Rousseau, Voltaire und Friedrich II. 1787 hat Casanova wahrscheinlich in Prag Mozart getroffen, der hier seine Verführungsoper Don Giovanni uraufführte. Casanova war mit dem Librettisten der Oper, Lorenzo Da Ponte, befreundet und hat nach dessen Aussage sogar eigene Textentwürfe beigesteuert, die jedoch keine Verwendung in der Schlussfassung der Oper fanden.

Casanova und die Freimaurerei

Um 1753 trat Casanova in den Bund der Freimaurer ein. In seinen Memoiren beschrieb er detailliert seine Aufnahme in eine Loge in Lyon. 1755 verhaftete ihn der Rat der Zehn von Venedig u.a. wegen „freimaurerischer Umtriebe“.

Orden und Ehrenzeichen

Sonstiges

Das Manuskript der Memoiren Casanovas wurde, wie im Februar 2010 bekannt wurde, von der Familie Brockhaus für sieben Millionen Euro an die französische Nationalbibliothek verkauft.

Werke

  • 1752 – Zoroastro, tragedia tradotta dal Francese, da rappresentarsi nel Regio Elettoral Teatro di Dresda, dalla compagnia de' comici italiani in attuale servizio di Sua Maestà nel carnevale dell'anno MDCCLII. Dresden
  • 1753 – La Moluccheide, o sia i gemelli rivali. Dresden
  • 1769 – Confutazione della Storia del Governo Veneto d’Amelot de la Houssaie. Amsterdam & Lugano
  • 1772 – Lana caprina. Epistola di un licantropo. Bologna
  • 1774 – Istoria delle turbolenze della Polonia. Görz
  • 1775 – Dell’Iliade di Omero tradotta in ottava rima. Venezia
  • 1779 – Scrutinio del libro „Eloges de M. de Voltaire par différents auteurs“. Venedig
  • 1780 – Opuscoli miscellanei – Il duello – Lettere della nobil donna Silvia Belegno alla nobildonzella Laura Gussoni. Venedig
  • 1781 – Le messager de Thalie. Venedig
  • 1782 – Di aneddoti viniziani militari ed amorosi del secolo decimoquarto sotto i dogadi di Giovanni Gradenigo e di Giovanni Dolfin. Venedig
  • 1782 – Né amori né donne ovvero la stalla ripulita. Venedig
  • 1786 – Soliloque d’un penseur, Prague chez Jean Ferdinande noble de Shonfeld imprimeur et libraire
  • 1787 – Histoire de ma fuite des prisons de la République de Venise qu’on appelle les Plombs. Ecrite a Dux en Boheme l’année 1787. Leipzig mit dem Edlen von Schonfeld
  • 1788 – Icosameron ou histoire d’Edouard, et d'Elisabeth qui passèrent quatre vingts un ans chez les Mégamicres habitans aborigènes du Protocosme dans l'intérieur de notre globe, traduite de l'anglois par Jacques Casanova de Seingalt Vénitien Docteur ès loix Bibliothécaire de Monsieur le Comte de Waldstein seigneur de Dux Chambellan de S.M.I.R.A. Prague à l’imprimerie de l’école normale (Digitalisat der dt. Ausgabe von Heinrich Conrad, 1922 (PDF))
  • 1790 – Solution du probleme deliaque démontrée par Jacques Casanova de Seingalt, Bibliothécaire de Monsieur le Comte de Waldstein, segneur de Dux en Boheme e c.. Dresden, De l’imprimerie de C.C. Meinhold
  • 1790 – Corollaire a la duplication de l’Hexaedre donée a Dux en Boheme, par Jacques Casanova de Seingalt. Dresden
  • 1790 – Demonstration geometrique de la duplicaton du cube. Corollaire second. Dresden
  • 1797 – A Leonard Snetlage, Docteur en droit de l’Université de Gottingue, Jacques Casanova, docteur en droit de l’Université de Padoue
  • 1960–1961 – Histoire de ma vie. F. A. Brockhaus, Wiesbaden & Plon, Paris (zuerst 1789)
    • deutsch 1983–1988 Geschichte meines Lebens. Kiepenheuer, Leipzig, (rev. und erg. nach Histoire de ma vie. Wiesbaden & Paris.)

Verfilmungen

  • 1918 – Ungarn – „Casanova“ (Stummfilm)
  • 1927 – Frankreich – „Casanova“ (Stummfilm)
  • 1928 – Deutsches Reich – „Casanova“ (Stummfilm)
  • 1934 – Frankreich – „Casanova“
  • 1947 – Frankreich – „Les Aventures de Casanova“
  • 1971 – Vereinigtes Königreich|GB – „Casanova“ (sechsteilige Fernsehserie)
  • 1976 – Deutschland|BRD/Italien/Österreich – „Casanova und Co.“ (Spielfilm mit Tony Curtis)
  • 1976 – Italien – „Fellinis Casanova
  • 1981 – DDR – „Casanova auf Schloss Dux“ (DFF-TV-Produktion)
  • 1987 – GB – „Casanova“ (TV-Produktion)
  • 1992 - Frankreich – „Casanovas Rückkehr“ (Spielfilm mit Alain Delon)
  • 2001 – Deutschland – „Casanova – ich liebe alle Frauen“ (Zwei Teile)
  • 2002 – GB – „Casanova“ (TV-Produktion)
  • 2003 – D – Giacomo Casanova. Spielfilm Regie: Richard Blank
  • 2004 – Deutschland – „Casanova“ (TV-Produktion)
  • 2005 – GB – „Casanova“ (dreiteilige Fernsehserie)
  • 2005 – USA – „Casanova

Musik

Literatur

Biographien

Rezeption

  • Ludwig Hillenbrandt: Bei Casanova zu Gast. Amouren und Menüs des großen Verführers Heyne, 1966
  • Ruth Bombosch: Casanova a la carte. Eine kulinarische Biographie Campus, 1998 ISBN 3-593-36007-1
  • Lothar Müller: Casanovas Venedig Wagenbach ISBN 3-8031-1170-6
  • Eugen Lennhoff, Oskar Posner, Dieter A. Binder: Internationales Freimaurerlexikon. 5., überarb. und erw. Auflage. Herbig, München 2006, ISBN 978-3-7766-2478-6
  • Julius Nisle: Casanova Galerie. 48 Szenen aus den Memoiren des Chevalier de Seingalt. Paris, Deutscher Kunstverlag, 1850. Nachdruck Harenberg Kalender, Dortmund 1988, sowie Buchclubs, zB Bertelsmann 1981; Europäische Bildungsgemeinschaft 1981
  • Jules Adolphe Chauvet: Casanova in Bildern Heyne ISBN 3-453-42031-4
  • Felix Bartels: Faulheit wird durch Langeweile schon bestraft. Casanova heute Neues Leben ISBN 978-3-355-01746-6 (Zitatensammlung Casanovas)
  • Hartmut Scheible Hg.: Mythos Casanova. Texte von Heinrich Heine bis Buñuel. Anthologie. Reclam, Leipzig 2003 ISBN 3379200662 Inhaltsverzeichnis

Belletristik

Commons: Giacomo Casanova – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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