Hoesch AG

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Hoesch AG

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Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 1871
Auflösung 1992
Sitz Dortmund

Die Hoesch AG war ein bedeutendes Stahl- und Montanunternehmen mit Standorten im Ruhrgebiet und im Siegerland. Es wurde 1871 von Leopold Hoesch in Dortmund als Eisen- und Stahlwerk Hoesch AG gegründet und 1992 vom damaligen Krupp-Konzern (heute ThyssenKrupp) übernommen.

Geschichte

Ansicht der Westfalenhütte um 1896
Die ehemalige Hoesch-Zentrale in Dortmund
Sammelaktie über 1000 × 1000 RM der Hoesch AG vom Januar 1943

Die Familie Hoesch war lange vor der Gründung des Dortmunder Unternehmens mit verschiedenen metallverarbeitenden Betrieben in der Eifel ansässig und betrieb Werke in Monschau, Lendersdorf bei Düren (seit 1819) und Eschweiler (seit 1847).[1]

1871 gründete Leopold Hoesch zusammen mit seinen Söhnen Wilhelm (1845–1923) und Albert Hoesch (1847–1898) sowie seinen Vettern Viktor (1824–1888) und Eberhard Hoesch (1827–1907) in Dortmund in der damaligen Provinz Westfalen ein neues Eisen- und Stahlwerk, um die Standortvorteile des aufstrebenden Ruhrgebiets (reiche Kohlevorkommen, Eisenbahn für den Erztransport) auszunutzen.

Das neue Unternehmen überstand die Gründerkrise und übernahm 1899 die Zeche Westfalia mit der zugehörigen Kokerei Kaiserstuhl. In der Weimarer Republik war die Hoesch AG eines der wenigen Schwerindustrie-Unternehmen, die nicht in die Vereinigten Stahlwerke integriert wurden. 1930 fusionierte Hoesch mit dem Köln-Neu-Essener Bergwerksverein, 1966 mit der Dortmund-Hörder Hüttenunion.

1965 erwirtschaftete der Hoesch-Konzern einen Umsatz von 2,358 Milliarden DM und beschäftigte 48.600 Mitarbeiter. Zu dieser Zeit arbeitete ein Fünftel der in Lohn und Brot stehenden Dortmunder Bevölkerung bei „Karl Hoesch“. Dieser Begriff war unter Hoeschianern eine liebevoll gemeinte Respekterklärung und steht als pars pro toto besonders für alles, was mit dem Unternehmen Hoesch zu tun hat.

Auf dem Höhepunkt der Stahlkrise fusionierte Hoesch 1972 auf Initiative von Fritz Harders mit den niederländischen Koninklijke Hoogovens zum Estel-Konzern. Die Zusammenarbeit wurde jedoch 1982 auf Betreiben des damaligen Hoesch-Vorstandsvorsitzenden Detlev Rohwedder wieder beendet, der davon überzeugt war, dass die Unternehmenskulturen nicht zusammenpassten und die niederländischen Stahlmanager die Interessen der Dortmunder Betriebsteile benachteiligten. Für die erfolgreiche Sanierung des Hoesch-Konzerns wurde Rohwedder 1983 als „Manager des Jahres“ ausgezeichnet.

1991 wurde die Hoesch AG im Zuge einer feindlichen Übernahme vom damaligen Krupp-Konzern aufgekauft. Die wirtschaftlich gewinnbringende Hoesch AG wurde mittels einer sogenannten fremdfinanzierten Übernahme seitens der damals hoch verschuldeten Krupp AG gekauft.[2] Damit war diese feindliche Übernahme zugleich die erste fremdfinanzierte Übernahme eines deutschen Aktienunternehmens in der bundesdeutschen Wirtschaftsgeschichte.[3]

Unternehmensbestandteile

Industrieruine des ehemaligen Hoesch-Konzerns

Zum Hoesch-Konzern gehörten die Dortmunder Westfalenhütte, die Hüttenwerke Phönix AG für Bergbau und Hüttenbetrieb und die Hermannshütte in Hörde, der Hörder Bergwerks- und Hütten-Verein sowie das Hüttenwerk Union im Westen der Dortmunder Stadtmitte. Die räumliche Verteilung bzw. Distanz zwischen dem Hochofengelände in Hörde und dem Stahlwerk und Walzwerk machte aufwendige Transporte erforderlich und war ein zentraler Kostenfaktor des Unternehmens. Zur Hoesch AG gehörten außerdem die Hüttenwerke Siegerland AG / Hoesch Siegerlandwerke AG mit Werken in Kreuztal-Ferndorf, Kreuztal-Eichen und Wissen, und mehrere Unternehmen im Bereich Handel und Dienstleistungen, wie die Softwarefirma mbp, die Fa. Hoesch Handel und der Versicherungsmakler Industriewerte Versicherungskontor, sowie eine Vielzahl bedeutender Maschinenbau-Unternehmen, wie die Pohlig Heckel Bleichert (Weserhütte), die Hoesch Hohenlimburg AG, die frühere Gruppe Orenstein & Koppel, die Hoesch Maschinenfabrik Deutschland AG, die Hoesch Rothe Erde Schmiedag AG und andere.

Vorstandsvorsitzende

Erich Honecker und weitere Mitglieder der Partei- und Staatsführung der DDR mit dem Vorstandsvorsitzenden der Hoesch-AG Detlev Rohwedder (r) sowie Hans Otto Bräutigam (2.v.r.), Leiter der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR, 1985

Heutige Situation

Gasometer auf Phönix-West mit Hoesch-Schriftzug
Hörder Burg nach der Sanierung 2011
Leopold-Hoesch-Museum, Düren

Nach der feindlichen Übernahme durch Krupp und dessen späterer Fusion mit Thyssen gehören die früheren Hoesch-Konzernunternehmen heute größtenteils zur thyssenkrupp AG.

Die Flüssigphase, die Herstellung von Rohstahleisen und Stahl, wurde 2001 geschlossen. Heute sind auf dem Gelände der Westfalenhütte noch über 1.300 Menschen beschäftigt. Aus den Duisburger Hüttenwerken stammendes Warmband wird hier kaltgewalzt, geglüht und elektrolytisch verzinkt oder feuerverzinkt.

Die Produkte gehen hauptsächlich in die Autoindustrie. Die modernste Feuerverzinkungsanlage des ThyssenKrupp-Konzerns wird in Dortmund betrieben. Weiterhin befindet sich auf dem Gelände das Dortmunder OberflächenCentrum, eines der weltweit führenden Forschungs- und Entwicklungszentren für die Oberflächenveredelung von Flachstahl.

Einige Betriebsteile des thyssenkrupp-Konzerns tragen noch heute den Namen des Hoesch-Konzerns:

Nach über 150 Jahren verschwand zum 1. Oktober 2012 der Name der Betriebskrankenkasse Hoesch durch die Fusion mit der BKK vor Ort.

Die ehemalige betriebseigene Wohnungsgesellschaft Hoesch-Wohnungsgesellschaft firmierte zwischenzeitlich unter der Bezeichnung Wohnbau Westfalen und besaß einen großen Bestand ehemaliger Werkswohnungen im Ruhrgebiet und im Siegerland. Im Herbst 2007 ging die Wohnbau Westfalen im Unternehmensverbund der Evonik auf. 2011 beschloss die Gesellschafterversammlung der Evonik Immobilien GmbH die Umfirmierung zur Vivawest.

Nähert man sich der Stadt Dortmund aus südlicher Richtung, so fällt sofort der Hoesch Gasometer auf dem Betriebsgelände Phoenix-West mit dem denkmalgeschützten Schriftzug Hoesch ins Auge. Der Gasometer ist eines der wenigen Bauwerke, die noch auf dem Hoeschgelände verblieben sind.

Seit der Schließung der Stahlproduktion auf Phoenix-Ost wurden große Teile der Fertigungsanlagen durch ein chinesisches Unternehmen demontiert und nach China verbracht, um dort wieder aufgebaut zu werden und zu produzieren. Ebenfalls wurde auf dem Gelände der Westfalenhütte die modernste Kokerei der Welt, die Kokerei Kaiserstuhl, demontiert und in China wieder in Betrieb genommen.

Auf dem Gelände Phoenix-Ost wurde ein Wohn- und Naherholungsgebiet mit dem zentralen Phoenix-See errichtet.

An die Firmengeschichte des Hoesch-Konzerns in Dortmund erinnert das Hoesch-Museum im historischen Portierhaus der Westfalenhütte. Das Museum wurde am 23. Oktober 2005 eröffnet.

Siehe auch

Literatur

  • Horst Mönnich: Aufbruch ins Revier. Aufbruch nach Europa. Hoesch 1871–1971. München: Verlag F. Bruckmann, 1971, ISBN 3-7654-1441-7 (Jubiläumsband der Hoesch Aktiengesellschaft, Dortmund)
  • Ottfried Dascher und Christian Kleinschmidt (Hrsg.): Die Eisen- und Stahlindustrie im Dortmunder Raum. Wirtschaftliche Entwicklung, soziale Strukturen und technologischer Wandel im 19. und 20. Jahrhundert, (Untersuchungen zur Wirtschafts-, Sozial- und Technikgeschichte, Bd. 9) Dortmund: Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte e.V., 1992, ISBN 3-925227-31-8 (mit 29 Beiträgen).
  • Karl-Peter Ellerbrock, Gisela Framke und Alfred Heese (Hrsg.): Stahlzeit in Dortmund. Begleitbuch zur Dauerausstellung des Hoesch-Museums, Forum zur Geschichte von Eisen und Stahl und zum Strukturwandel in Dortmund, Münster: Aschendorff Verlag, 2005 ISBN 3-402-00396-1.
  • Hoesch Hohenlimburg GmbH (Hrsg.): Gefüge von Stahl und Arbeit. Die Unternehmensgeschichte von Hoesch Hohenlimburg 1619–2001. Jahre von 1619 bis 1969 bearb. von Werner Hanke, 1970 bis 2001 bearb. von Georg Goes und Armin Pauwels. Dortmund: Scholz-Druck, 2002, ISBN 3-00-009612-4

Einzelnachweise

  1. Karl Meurer: Auszüge aus: 'Die Eisenbahn-Geschichte der Stadt Eschweiler in Daten'. In: Schriftenreihe des Eschweiler Geschichtsvereins. Nr. 12, 1991, ISSN 0724-7745.
  2. Stephan A. Jansen (2013): "Mergers & Acquisitions: Unternehmensakquisitionen und -kooperationen. Eine strategische, organisatorische und kapitalmarkttheoretische Einführung", Gabler: Wiesbaden, S. 45.
  3. Stephan A. Jansen (2013): "Mergers & Acquisitions: Unternehmensakquisitionen und -kooperationen. Eine strategische, organisatorische und kapitalmarkttheoretische Einführung", Gabler: Wiesbaden, S. 46.