Johann Rudolf Schellenberg
Johann Rudolf Schellenberg (auch Rudolph, * 4. Januar 1740 in Basel; † 6. August 1806 in Töss bei Winterthur) war ein Schweizer Maler, Radierer und Illustrator sowie Entomologe. Er gilt als einer der bedeutendsten Illustratoren seiner Zeit und als wichtigster Schweizer Radierer des 18. Jahrhunderts.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Johann Rudolf Schellenberg wurde als Sohn des Malers Johann Ulrich Schellenberg und der Tochter des Malers Johann Rudolf Huber, Anna Katharina, in Basel geboren. Erste künstlerische Versuche gingen auf die Anregung Johann Rudolf Hubers zurück. Als dieser 1748 starb, übersiedelte die Familie nach Winterthur, dem Geburtsort des Vaters. Hier lernte Schellenberg gemeinsam mit Anton Graff in der Zeichenschule seines Vaters und arbeitete in dessen Werkstatt. Später zog er zurück nach Basel, wo er sich in der Landschafts- und Porträtmalerei versuchte. Erste Genrebilder Schellenbergs, besonders Schäferstücke und Zeichnungen einfacher Bauern, stammen aus dieser Zeit.
Nachdem eine Reise nach Italien wegen einer plötzlichen Erkrankung Schellenbergs nicht zustande gekommen war, führte er zunächst – wieder in Winterthur – ein zurückgezogenes Leben. Johannes Gessner aus Zürich beauftragte ihn schliesslich, für wissenschaftliche Zwecke naturhistorische Illustrationen herzustellen. Schellenberg zog also nach Zürich, wo er bei seinem Gönner Gessner lebte und zahlreiche Zeichnungen anfertigte, vor allem von Insekten. Das erste Werk, in dem 52 Radierungen Schellenbergs erschienen, war Johann Heinrich Sulzers Kennzeichen der Insekten (1761). Das Buch wurde ein grosser Erfolg im In- und Ausland und verhalf Schellenberg zu neuen Aufträgen. In den folgenden Jahren entstanden so rund 3800 entomologische Illustrationen, die teilweise auch in eigenen Werken Schellenbergs veröffentlicht wurden, zum Beispiel in Genres des mouches – Gattungen der Fliegen (1803). Insgesamt finden sich Radierungen von Schellenberg in rund 170 Büchern. Sein Nachlass umfasst über 4000 Insektenaquarelle.
Johann Rudolf Schellenberg heiratete 1766 Maria Magdalena Hegner. Das Paar hatte zwei Söhne, die ebenfalls Zeichner und Radierer wurden, und vier Töchter. Schellenberg starb 1806 in Töss bei Winterthur.
Schellenberg bildete zahlreiche Künstler aus. Unter seinen Schülern waren Johann Georg Penzel (1754–1809), Johann Heinrich Lips (1758–1817), Emanuel Steiner (1778–1831) und Johann Jakob Biedermann (1763–1830).
1806 stellte Schellenberg die Unterordnung Adephaga der Käfer (Coleoptera) auf.[1]
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J. R. Schellenberg, gezeichnet von Anton Graff, um 1765/1766
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Selbstbildnis, um 1777. Deckfarben auf Papier, 14 × 11 cm
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J. R. Schellenberg, gemalt von Anton Graff, um 1796
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Radierung seines Schülers Johann Heinrich Lips (1807)
Schriften (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Pour raillerie. 1772.
- 60 Biblische Geschichte[n] des alten Testamentes in Kupfer geäzt. Winterthur 1774 (doi:10.3931/e-rara-88786, zusammen mit dem folgenden Werk).
- 60 Biblische Geschichten des neuen Testamentes in Kupfer geäzt. Winterthur 1779.
- Garten der Flora, oder Beschreibung und Abbildung verschiedener Pflanzen für Liebhaber der schönen Gartenkunst. Nebst einer kurzen praktischen Anweisung zu derselben Wartung. Winterthur 1791 (doi:10.3931/e-rara-87880).
- Sittenlehre in Fabeln und Erzählungen für die Jugend. Winterthur 1794 (doi:10.3931/e-rara-87796).
- Kurze Abhandlung über die Ätzkunst. Winterthur 1795 (doi:10.3931/e-rara-15439).
- Das Geschlecht der Land- und Wasserwanzen, nach Familien geordnet mit Abbildungen. Zürich 1800 (doi:10.3931/e-rara-23469).
- Entomologische Beyträge. Winterthur 1802.
- Gattungen der Fliegen. Zürich 1803 (doi:10.3931/e-rara-21402).
Als Illustrator (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Johann Heinrich Sulzer: Die Kennzeichen der Insekten. Zürich 1761 (doi:10.3931/e-rara-38350).
- Johann Bernhard Basedow: Das Basedowische Elementarwerk. Leipzig 1774 (2. Auflage, 1785).
- Johann Caspar Lavater: Physiognomische Fragmente. Leipzig und Winterthur 1775–1778 (doi:10.3931/e-rara-1099). (S. 84, 238, 254 …)
- Johann Heinrich Sulzer: Abgekürzte Geschichte der Insekten. Winterthur 1776 (doi:10.3931/e-rara-51328). – 32 Tafeln.
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Tafel III, Coleoptera
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Tafel XIV, Lepidoptera
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Tafel XVI
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Tafel XVIII
- Fabeln von Hagedorn, Gleim und Lichtwer. Mit Kupfern von J. R. Schellenberg. Winterthur 1777 (Digitalisat).
- Johann Kaspar Füssli (Hrsg.): Magazin für die Liebhaber der Entomologie. Zürich/Winterthur 1778–1779 (doi:10.3931/e-rara-23962).
- Johann Kaspar Füssli (Hrsg.): Archiv der Insectengeschichte. Zürich/Winterthur 1781–1786 (doi:10.3931/e-rara-25567).
- Freund Heins Erscheinungen in Holbeins Manier. Mit 25 Radierungen und Versen von Johann Karl August Musäus. Winterthur 1785 (doi:10.3931/e-rara-89682).
Dieser frivole Totentanz schildert in Abkehr von den herkömmlichen Motiven die Narrheit der Menschen in karikaturhafter Art, was bereits in den Bildtiteln zum Ausdruck kommt: Verschiedene Personen, welche ein Todten-Gerippe betrachten; darunter stehet: Memento mori (1). Der Aerostat. Eine Luftkugel in vollen Flammen (5). Schul-Visitation. Der Tod unter der Thüre einer Knaben-Schule (6). Getäuschte Erwartung. Der Tod als ein Frauenzimmer zu einem Herrn (8). Der Wucherer. Er wird in seiner Geld-Kiste erdrükt (14). Der Equilibrist. Der Tod hascht den Seil-Tänzer bey dem Fuß (16). Berthold Schwarz. Der Mönch von der Gewalt des entzündeten Pulvers in die Luft fliegend (19). Beschluß. Der Tod zwischen dem Künstler und dem Dichter hält beyde umschlungen (25).[2]
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(2) Gestöhrte Liebe
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(11) Freundes Geleit
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(13) Wienerin und Römerin
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(22) Schweigende Ergebung
- Christoph Martin Wieland: Dschinnistan oder auserlesene Feen- und Geister-Mährchen. Winterthur 1786–1789 (doi:10.3931/e-rara-87228).
- Johann Jacob Römer: Genera Insectorum Linnaei et Fabricii iconibus illustrata. Winterthur 1789 (doi:10.3931/e-rara-13136).
- Carl Ludwig Willdenow: Historia amaranthorum. Zürich/Basel 1790 (doi:10.3931/e-rara-103980).
- Hans Heinrich Heidegger: Der vernünftige Dorfpfarrer. Geschichte wie sie ist, und wie sie durchgehends seyn sollte. Lesebuch für Landgeistliche und Bauern. Zürich 1791 (doi:10.3931/e-rara-16436).
- Joseph Philippe de Clairville: Auswahl von Pflanzen und Gesträuchen, mit einer Anleitung zu ihrer Wartung / Collection choisie de plantes et arbustes, avec un abrégé de leur culture. Zürich 1796 (doi:10.3931/e-rara-12096).
- Joseph Philippe de Clairville: Helvetische Entomologie. Zürich 1798–1806 (doi:10.3931/e-rara-21916).
- Freund Heins Erscheinungen in Holbeins Manier. Neue Auflage. Mannheim 1803 (urn:nbn:de:hbz:061:1-76350).
Originalzeichnungen und Aquarelle
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zeichnungen und Aquarelle von Johann Rudolf Schellenberg befinden sich im Besitz der Winterthurer Bibliotheken, des Kunstvereins Winterthur, der ETH Zürich, der Zentralbibliothek Zürich, des Kunsthauses Zürich, der Bayerischen Staatsbibliothek[3] und der National Gallery of Art[4] in Washington, D.C.
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Eines von über 4000 Insektenaquarellen aus Schellenbergs Nachlass
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Chermes – Pflanzenlaus
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Kamel
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Kampfhahn
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Feldmaus, von unten
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Wäg nach Rorbas
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Wasserfall im Reusstal
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Wiesenstück mit Getier
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Carl Brun: Schellenberg, Johann Rudolf. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 30, Duncker & Humblot, Leipzig 1890, S. 762–765.
- Hans Konrad Schmutz: Schellenberg, Johann Rudolf. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11203-2, S. 649 (Digitalisat).
- Brigitte Thanner: Schweizerische Buchillustration im Zeitalter der Aufklärung am Beispiel von Johann Rudolf Schellenberg. 3 Bände, Stadtbibliothek, Winterthur 1987, ISBN 3-908050-04-9.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Paola von Wyss-Giacosa: Johann Rudolf Schellenberg. In: Sikart (Stand: 2016, erstmals publiziert 1998)
- Karin Marti-Weissenbach: Schellenberg, Johann Rudolf. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Über 4000 Insektenaquarelle und einige Stiche von J. R. Schellenberg im Bildarchiv Winterthur online der Winterthurer Bibliotheken (Suchbegriff: Johann Rudolf Schellenberg)
- J. R. Schellenberg und J. K. August Musäus: Freund Heins Erscheinungen in Holbeins Manier. (Totentanz)
- Werke von und über Johann Rudolf Schellenberg in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Literatur von und über Johann Rudolf Schellenberg im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Literaturliste im Online-Katalog der Staatsbibliothek zu Berlin
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Helvetische Entomologie oder Verzeichniss der Schweizer Insecten, nach einer neuen Methode geordnet mit Beschreibungen und Abbildungen. Band 2, Orell, Füssli & Co., Zürich, S. 3 (online)
- ↑ Hans Georg Wehrens: Der Totentanz im alemannischen Sprachraum. «Muos ich doch dran – und weis nit wan». Schnell & Steiner, Regensburg 2012, ISBN 978-3-7954-2563-0, S. 245 f.
- ↑ Paola von Wyss-Giacosa: Johann Rudolf Schellenberg. In: Sikart.
- ↑ Johann Rudolph Schellenberg. National Gallery of Art.
Personendaten | |
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NAME | Schellenberg, Johann Rudolf |
ALTERNATIVNAMEN | Schellenberg, Johann Rudolph |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Maler, Radierer, Illustrator, Botaniker und Entomologe |
GEBURTSDATUM | 4. Januar 1740 |
GEBURTSORT | Basel |
STERBEDATUM | 6. August 1806 |
STERBEORT | Töss (Winterthur) |