Johannisfriedhof (Dresden)

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Der zweite Dresdner Johannisfriedhof befindet sich im Stadtteil Tolkewitz in der Wehlener Straße. Mit 24,6 Hektar war er bis zum Anlegen des Heidefriedhofs 1934 der größte Friedhof der Stadt. An den Johannisfriedhof schließt seit 1911 der in kommunaler Hand befindliche Urnenhain Tolkewitz an.

Kapelle des Johannisfriedhofs von Paul Wallot aus dem Jahr 1894

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der alte Johanniskirchhof[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Carl Wilhelm Arldt: Der alte Johanniskirchhof vor seiner Säkularisierung 1858

Der erste Johannisfriedhof wurde 1571 vor dem Pirnaischen Tor als Johanniskirchhof der Begräbniskirche St. Johannis eingeweiht, nachdem der Frauenkirchhof und der Friedhof am Bartholomäus-Hospital zu klein geworden waren. Er erstand auf einem Garten, den der Rat der Stadt für 400 Gulden vom Bürgermeister Hans Walther erworben hatte. Erweiterungen erfolgten 1633 und 1680, als zahlreiche Opfer der Pest ihre letzte Ruhestätte auf dem Friedhof fanden. Im Jahr 1721 folgte eine erneute Erweiterung, der Friedhof fasste nun bereits rund 3000 Gräber,[1] darunter die Ruhestätten von Johann Melchior Dinglinger, George Bähr, Gottfried Silbermann, Anton Graff, Johann Christoph Knöffel und George Quirinus Vitzthum von Eckstädt. Im Jahr 1814 wurde der Friedhof geschlossen und verfiel in den folgenden Jahrzehnten immer mehr, bis die Stadt 1854 seine Säkularisation beschloss. Bis 1858 wurde der Friedhof aufgelöst, einige wenige Gräber wurden auf den Trinitatis- und Eliasfriedhof umgesetzt. Die Gebeine George Bährs wurden in die Katakomben der Frauenkirche überführt, wo sie sich noch heute befinden. Die Gebeine des Malers Johann Eleazar Zeissig wurden auf den Friedhof seines Heimatortes Großschönau umgebettet und auch die Säule seines Grabes dort aufgestellt. An der Stelle des ersten Johannisfriedhofs und der Johanniskirche, die 1860 abgerissen wurde, befindet sich heute die Lingnerallee.

Der neue Johannisfriedhof[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Johannisfriedhof 1988

Ein neuer Johannisfriedhof entstand erst rund 15 Jahre später. Im Jahr 1875 erwarb die evangelische Kirche bewaldetes Land im damals eigenständigen Tolkewitz. Dieses ermöglichte aufgrund des sandigen Bodens[2] eine Neuanlage als Friedhof und diente Gemeindemitgliedern der Kreuzkirche und Frauenkirche als Begräbnisstätte. Die Anlage des Friedhofs war bei den Bewohnern von Tolkewitz und Neuseidnitz umstritten und von Bürgerprotesten begleitet.[3]

Bei seiner Einweihung am 16. Mai 1881 war der Johannisfriedhof der größte der Stadt. Seine Anlage orientierte sich an anderen Großstadtfriedhöfen der Zeit, vor allem am 1874 eröffneten Wiener Zentralfriedhof.[4] Die erste Beerdigung fand am 17. Juli 1881 statt. Paul Wallot schuf für den Friedhof eine monumentale Kapelle im Stil der Neorenaissance, die 1894 errichtet wurde. Das Gebäudeensemble besteht aus einer Parentationshalle mit Kuppel sowie zwei Leichenhallen. Es wurde aus Granodiorit und Elbsandstein erbaut; die Kuppel ist mit Tonschiefer gedeckt.[5] In den nächsten Jahren wurden auf dem Friedhof mit Pappeln bepflanzte Alleen angelegt; im Jahr 1909 errichtete man um den Friedhof eine Mauer aus Sandstein.

Eine Jury, der unter anderem auch Margot Käßmann angehörte, vergab am 8. November 2011 den ersten „Bestattungen.de-Award 2011“ und zeichnete den Johannisfriedhof als schönsten Friedhof Deutschlands aus. Kriterien für die Auswahl war dabei „eine bewegte Geschichte, eine vielfältige Gestaltung der Gebäude und Grabmäler sowie eine besondere Atmosphäre“.[6]

Träger des Johannisfriedhof ist das Ärar des Elias-, Trinitatis- und Johannisfriedhofes. Dieses geht zurück auf das 1575 gegründete Johanniskirchenärar. Das Ärar ist ein eigenständiger kirchlicher Träger von Rechten und Pflichten, unabhängig von der Kirchengemeinde, auf deren Gebiet die zugehörigen Friedhöfe liegen.[7]

Gräber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gestein und Künstler[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Grabstätte Schmidt Adensamer von Arwed Roßbach und Max Klinger

Auf dem Friedhof lässt sich exemplarisch die Entwicklung von Grabgesteinen im Dresdner Raum nachvollziehen. Waren Grabmäler zunächst vornehmlich aus einheimischen Gesteinsarten, wie Elbsandstein, geschaffen, wurden diese mit der Zeit durch ausländische Gesteine verdrängt. In der Gegenwart findet sich eine Vielzahl an Grabmalgesteinen auf dem Friedhof wieder. Zu einheimischen Gesteinen gehören unter anderem Cottaer und Postaer Sandstein, Roter Meißner Granit, Lausitzer Granit und Lamprophyr sowie Zöblitzer Serpentin. Internationale Gesteine sind unter anderem Russischer Labrador (Ukraine), Schlesischer Sandstein (Polen), Tönsbergit (Norwegen), Carrara-Marmor (Italien) sowie Kalksteine aus Frankreich (Marbre de Boulonnais, Savonnières u. a.).[8]

Einzelne Grabmäler wurden von bekannten Bildhauern geschaffen. Von Robert Diez stammen das Grabmal von Georg Treu aus dem Jahr 1904 sowie die Engelsfigur für die Grabstätte der Familie Ahrenfeld, die er 1894 anfertigte.[9] Paul Wallot schuf die Grabstätte der Schauspielerfamilie Schweighofer, wobei die Grabfigur und die Grabmedaillons von Robert Diez stammen. Die Grabstätte Richter mit einer Christusfigur in Carrara-Marmor wurde von Franz Schwarz geschaffen. Johannes Schilling realisierte die Figuren und Grabmedaillons an der Grabstätte Julius Hermann Pilz, während die Grabstätte Schmidt Adensamer ein Werk von Arwed Roßbach (Architekturentwurf) und Max Klinger (künstlerische Ausführung) ist. Das Relief am Grabmal Seyfert stammt von Julie Genthe.

Gedenkstätten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehrenhain für die Luftkriegstoten Dresdens (2009)

Auf dem Johannisfriedhof befinden sich verschiedene Gedenkstätten für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaften, so zum Beispiel ca. 14 Grabstätten von Gefallenen des Ersten Weltkriegs sowie 50 von Militärangehörigen des Zweiten Weltkriegs. Ein Gedenkstein erinnert an die Opfer des Keglerheim-Überfalls am 25. Januar 1933. Es fanden 22 Opfer des Kapp-Putsches ihre letzte Ruhestätte auf dem Johannisfriedhof.

Eine zentrale Gedenkstätte mit einer Gedenkmauer aus Varaza-Kalkstein erinnert an 267 tschechoslowakische und polnische Widerstandskämpfer, die überwiegend im Hof des Landgerichts Münchner Platz hingerichtet wurden. Zudem wurden auf dem Johannisfriedhof 44 KZ-Häftlinge aus sechs Nationen sowie 65 Zwangsarbeiter aus drei Nationen beigesetzt. Einige von ihnen sind bei den Luftangriffen auf Dresden ums Leben gekommen.[10]

Nach dem Heidefriedhof ist der Johannisfriedhof die zweitgrößte Begräbnisstätte für die Opfer der Luftangriffe auf Dresden im Februar 1945. Über 3.753 Menschen, Zivil- und Militärpersonen, fanden dabei auf dem Friedhof in Sammel- und Einzelgräbern ihre letzte Ruhe.[11] Bis in die Gegenwart finden Nachbettungen statt, zum Beispiel beim Fund sterblicher Überreste von Luftkriegtoten im Zuge von Bauarbeiten.[12] Der Begräbnisplatz wurde in den 1970er Jahren zu einem Ehrenhain umgestaltet, mit einem Ehrenmal in Kreuzform und saniertem, zentralem Brunnen. Seit Juli 2014 gibt eine Hinweistafel am Ehrenhain (u. a. mit QR-Code) Hintergrundinformationen zur Gedenkstätte.[13]

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf dem Johannisfriedhof finden sich zahlreiche Gräber berühmter Persönlichkeiten. An den Eingängen informieren Friedhofspläne über die Lage der einzelnen Grabstellen bedeutender Personen. Zu den beigesetzten Personen gehören:

Grab Sebastian Abratzky
Grab Ewald Bellingrath
Grab Otto Mohr
Grab Erich Müller
Grab Peter Pöppelmann
Grab Hermann August Richter
Grab Felix Schweighofer

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Marion Stein: Friedhöfe in Dresden. …daß wir uns unterwinden, um eine Grabe-Stätte fußfälligst anzuflehen. Verlag der Kunst, Dresden 2000, ISBN 90-5705-130-3.
  • Christoph Pötzsch: Schicksale auf Dresdens Tolkewitzer Friedhof. Tauchaer Verlag, Taucha 2005.
  • Norbert Landsberg: Künstlertouren durch Striesen und Blasewitz: Band 4 – Zwischen Ernemannturm, Seidelpark und Johannesfriedhof. Eigenverlag, Dresden 2005.
  • Ferdinand Heinz, Martin Kaden, Jan-Michael Lange, Beatrice Teichmann: Grabmalgesteine Johannisfriedhof Dresden-Tolkewitz (= Geokommunen. Miniaturen zur Geologie Sachsens 2). Senckenberg Naturhistorische Sammlungen Dresden, Druckhaus Dresden, Dresden 2009. (online)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Johannisfriedhof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Karl Christian Friedrich Krause (Hrsg.): Beschreibung der königlich-sächsischen Residenzstadt Dresden und der umliegenden Gegend: Für Fremde bearbeitet. Walther, Dresden 1807, S. 129.
  2. Holger Hase, Wolfgang Scheder: Dresdner Kriegsgräberstätten. Erinnerungsorte für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. s.n., Dresden 2010, S. 88.
  3. Geschichte des Johannisfriedhofs. In: Senckenberg Naturhistorische Sammlungen Dresden (Hrsg.): Grabmalgesteine Johannisfriedhof Dresden-Tolkewitz (= Geokommunen. Miniaturen zur Geologie Sachsens 2). Druckhaus Dresden, Dresden 2009, S. 4.
  4. Marion Stein: Friedhöfe in Dresden. Verlag der Kunst, Dresden 2000, S. 121.
  5. Die Kapelle. In: Senckenberg Naturhistorische Sammlungen Dresden (Hrsg.): Grabmalgesteine Johannisfriedhof Dresden-Tolkewitz (= Geokommunen. Miniaturen zur Geologie Sachsens 2). Druckhaus Dresden, Dresden 2009, S. 8.
  6. Nora Altmann: Warum es sich in Dresden am schönsten stirbt. In: Sächsische Zeitung, 11. November 2011, S. 19.
  7. Mammut-Verlag (Hrsg.): Der Friedhofswegweiser Dresden. 2. Auflage. Mammut-Verlag, Leipzig September 2017, S. 95.
  8. Senckenberg Naturhistorische Sammlungen Dresden (Hrsg.): Grabmalgesteine Johannisfriedhof Dresden-Tolkewitz (= Geokommunen. Miniaturen zur Geologie Sachsens 2). Druckhaus Dresden, Dresden 2009, S. 60–62.
  9. Senckenberg Naturhistorische Sammlungen Dresden (Hrsg.): Grabmalgesteine Johannisfriedhof Dresden-Tolkewitz (= Geokommunen. Miniaturen zur Geologie Sachsens 2). Druckhaus Dresden, Dresden 2009, S. 14, 26.
  10. Holger Hase, Wolfgang Scheder: Dresdner Kriegsgräberstätten. Erinnerungsorte für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. s.n., Dresden 2010, S. 90–91.
  11. Holger Hase, Wolfgang Scheder: Dresdner Kriegsgräberstätten. Erinnerungsorte für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Hrsg. Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Dresden 2010. S. 89–91
  12. So wurden im Februar 2010 elf bei Bauarbeiten gefundene Luftkriegstote auf dem Johannisfriedhof beigesetzt. Vgl. SZ/ale: Letzte Luftkriegstote werden nach 65 Jahren beigesetzt. In: Sächsische Zeitung, 9. Februar 2010, S. 13.
  13. Tobias Wolf: Kriegsgräberstätte jetzt smartphonetauglich. In: Sächsische Zeitung, 18. Juli 2014, S. 21.

Koordinaten: 51° 2′ 12″ N, 13° 48′ 48″ O