Lüdelsen

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Lüdelsen
Gemeinde Jübar
Wappen von Lüdelsen
Koordinaten: 52° 41′ N, 10° 57′ OKoordinaten: 52° 41′ 11″ N, 10° 56′ 35″ O
Höhe: 69 m ü. NHN
Fläche: 22,99 km²
Einwohner: 252 (31. Dez. 2023)[1]
Bevölkerungsdichte: 11 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 2010
Postleitzahl: 38489
Vorwahl: 039003
Lüdelsen (Sachsen-Anhalt)
Lüdelsen (Sachsen-Anhalt)

Lage von Lüdelsen in Sachsen-Anhalt

Gedächtniskirche
Gedächtniskirche

Lüdelsen ist ein Ortsteil der Gemeinde Jübar der Verbandsgemeinde Beetzendorf-Diesdorf im Altmarkkreis Salzwedel in Sachsen-Anhalt.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lüdelsen, ein Straßendorf mit Kirche, liegt 23 Kilometer südlich von Salzwedel in der Altmark in einem Niederungsgebiet an der Hartau, einem Nebenfluss der Jeetze. Das Gelände südlich des Dorfes wird vom Jübarer Abzugsgraben entwässert, der in die Hartau fließt.[2]

Zum Dorf gehören die Wohnplätze Neuenstall, Forsthaus Groß Wismar, Forsthaus Klein Wismar[3] (beide im Waldgebiet Beetzendorfsche Forst) und die frühere Kolonie Wischhof (das Nordostende des Dorfes) und die frühere Försterei Nieps (am heutigen Forstweg).

Hartauniederung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Hartauniederung zwischen Lüdelsen und Ahlum ist ein teilweise geschützter Biotop (Fauna-Flora-Habitat (FFH)) mit Erlen- und Eschenwäldern und Weichholzauenwäldern, an waldfreien Standorten durch Bodenfeuchte geprägte Flutrasen mit Flutendem Hahnenfuß (Ranunculion fluitantis). Geschützte Tierarten sind Bachneunauge (Lampetra planeri) und Bitterling (Rhodeus sericeus).

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mittelalter bis Neuzeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lüdelsen wird erstmals im Jahre 1290 in einer Urkunde über Abbendorf erwähnt, in der ein plebanus in ludelsem (Priester in Ludelsem) als Zeuge genannt wird.[4] Am 28. August 1308 verkauft Ritter Gerhard, genannt Wolf, an das Kloster Isenhagen 9 ½ Hufen in villa ludelsen.[5]

Später war Lüdelsen wüst geworden, denn am 1. August 1483 verzichteten die Gebrüder von dem Knesebeck auf ihre Ansprüche an der wusten dorpstede tho Lüdelsen zugunsten des Klosters Diesdorf.[6]

Im Jahre 1542 ist wohl schon ein Vorwerk vorhanden. 1587 wurde die dritte Mühle des Amtes Diesdorf mit zwei Gängen hier errichtet. Die Wassermühle liegt am Ende des heutigen Mühlweges an der Hartau. Das Vorwerk war 1702 zusammen mit der benachbarten wüsten Feldmark Klein Ahlum an bäuerliche Unterpächter vererbpachtet. Es entstand eine Kolonie, die anfangs 11 Anbauer hatte.[7]

Die Reste der Ruine alten Kirche nahe der heutigen Straße „Am Kirchberg“ wurden in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts zur Pflasterung der Dorfstraße verwendet.[8]

Die historische Bevölkerung von Lüdelsen ist für die Jahre 1674 bis 1814 in einem Ortsfamilienbuch dokumentiert.[9]

Eingemeindungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lüdelsen gehörte ursprünglich zum Salzwedelischen Kreis der Mark Brandenburg in der Altmark. Von 1807 bis 1808 lag es im Kanton Brome und von 1808 bis 1813 im Kanton Jübar auf dem Territorium des napoleonischen Königreichs Westphalen. Nach weiteren Änderungen kam es 1816 in den Kreis Salzwedel, den späteren Landkreis Salzwedel im Regierungsbezirk Magdeburg in der Provinz Sachsen in Preußen.[7]

Am 30. September 1928 wurde der Gutsbezirk Wismar mit der Landgemeinde Lüdelsen vereinigt.[10] So kamen die Wohnplätze Forsthaus Groß Wismar und Forsthaus Klein Wismar zu Lüdelsen. Die Försterei Nieps kam zu Lüdelsen, als am 17. Oktober 1928 der forstwirtschaftliche Teil des Gutsbezirks Ahlum der Forst Nieps mit der Landgemeinde Lüdelsen vereinigt wurde.[11]

Am 25. Juli 1952 wurde die Gemeinde Lüdelsen in den Kreis Klötze umgegliedert. Am 1. Juli 1994 kam die Gemeinde zum Altmarkkreis Salzwedel.[12]

Durch einen Gebietsänderungsvertrag beschlossen die Gemeinderäte der Gemeinden Bornsen, Hanum, Jübar, Lüdelsen und Nettgau, dass ihre Gemeinden aufgelöst und zu einer neuen Gemeinde mit dem Namen Jübar vereinigt werden. Dieser Vertrag wurde vom Landkreis als unterer Kommunalaufsichtsbehörde genehmigt und trat am 1. Januar 2010 in Kraft.[13][14]

Die drei heutigen Wohnplätze Lüdelsens – Neuenstall, Forsthaus Groß Wismar und Forsthaus Klein Wismar – werden in der Hauptsatzung der Gemeinde als Splittersiedlungen der Gemeinde Jübar bezeichnet.[15]

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Einwohner
1774 184
1789 247
1798 131
1801 070
1818 280
1840 433
1864 458
Jahr Einwohner
1871 399
1885 391
1892 [0]453[8]
1895 407
1900 [0]455[8]
1905 440
1910 [0]459[8]
Jahr Einwohner
1925 482
1939 428
1946 613
1964 410
1971 343
1981 314
1993 273
Jahr Einwohner
2006 276
2008 281
2015 [00]260[16]
2018 [00]260[16]
2020 [00]255[17]
2021 [00]259[17]
2022 [00]253[18]
Jahr Einwohner
2023 [0]252[1]

Quelle, wenn nicht angegeben, bis 2006:[7]

Religion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die evangelischen Christen aus Lüdelsen gehören seit der Errichtung der neuen Kirche im Jahre 1924[19] zur Kirchengemeinde Lüdelsen. Davor gehörten sie zur Kirchengemeinde Jübar.[20] Heute wird die Kirchengemeinde betreut vom Pfarrbereich Diesdorf im Kirchenkreis Salzwedel im Bischofssprengel Magdeburg der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.[21]

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bürgermeister[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Letzter Bürgermeister der Gemeinde Lüdelsen war Manfred Lange.

Wappen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Blasonierung: „In Grün ein mit einem schwarzen Mühlrad belegter silberner Balken; oben ein querlegender silberner Schlüssel, unten ein silbernes Hünengrab.“
Wappenbegründung: Die Farben des Ortes sind Weiß (Silber) - Grün. Die grüne Schildfarbe symbolisiert die wald- und wiesenreiche Umgebung des Ortes; der silberne Balken steht für das Flüsschen Hartau am Rande der Ortschaft, seine Belegung mit dem schwarzen Mühlrad deutet auf die ehemalige alte Wassermühle. Der silberne Schlüssel gehörte zu der alten Wehrkirche, die Ende des 19. Jahrhunderts abgerissen wurde. Er wird in der heutigen neuen Kirche aufbewahrt. Das silberne Großsteingrab symbolisiert das nahe bei Lüdelsen liegende “Königsgrab”.

Das Wappen wurde von der Heraldikerin Erika Fiedler aus Magdeburg gestaltet und am 30. Juni 1997 durch das Regierungspräsidium Magdeburg genehmigt.

Flagge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Flagge ist Weiß - Grün (1:1) gestreift mit dem aufgelegten Wappen der ehemaligen Gemeinde.

Kultur und Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kirche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Lüdelsen wurde am 28. März 1922 der Grundstein für die einzige Gefallenengedächtniskirche Deutschlands gelegt. Der Bau wurde am 28. Mai 1924 eingeweiht.[19]

Die Kirche erinnert an die 24 Gefallenen des Ersten Weltkrieges aus Lüdelsen und dem ehemaligen Ortsteil Neuenstall, deren Namen auf einer Tafel im Innenraum der Kirche aufgeführt sind.

Spenden ermöglichten den Aufbau durch regionale und ortsansässige Unternehmen, wobei die Bürger dieser Dörfer sowie die Jagdgenossenschaft das zum Bau notwendige Holz und die Arbeitsleistung unentgeltlich zur Verfügung stellten.

Großsteingräber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Großsteingrab Lüdelsen 6 („Königsgrab“)

Östlich von Lüdelsen, am Ortsausgang Richtung Stöckheim, befinden sich sechs Großsteingräber aus der Jungsteinzeit (3500–2800 v. Chr.). In solchen Gräbern sollen die Toten einer Sippe mit verschiedenen Beigaben wie Gefäßen, Waffen oder Schmuck bestattet worden sein. Grab 6 stellt eine der größten und am besten erhaltenen Anlagen der Altmark dar. Daher wird das Grab im Volksmund „Königsgrab“ genannt.

Archäologisch-Historischer Wanderweg Lüdelsen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An der Straße zwischen Stöckheim und Lüdelsen beginnt am Parkplatz am Waldrand ein vier Kilometer langer Wanderweg über acht Stationen. Er führt zunächst zu den Großsteingräbern. Im Wald nördlich der Straße sind mittelalterliche und frühneuzeitliche Wölbäcker erhalten. Eine weitere Station ist die Wassermühle Lüdelsen im idyllischen Tal der Hartau.[22]

Wirtschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Dorf gibt es einige Handwerksbetriebe, einen Forstwirtschaftsbetrieb und ein Autohaus.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S. 1400–1402, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
  • J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes: Historisch-geographisch-statistisch-topographisches Handbuch vom Regierungsbezirke Magdeburg. Hrsg.: J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes, M[ichael] J[ulius] Weigelt. Zweiter, oder topographischer Teil. Selbstverlag und W. Heinrichshofen in Kommission, Magdeburg 1842, OCLC 1071081004, S. 339, 106. Lüdelsen (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC 614308966, S. 147 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
  • Wilhelm Zahn: Die Wüstungen der Altmark. In: Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete. Band 43. Hendel, Halle a.S. 1909, S. 131–133, Nr. 130 (uni-jena.de).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Lüdelsen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Anke Pelczarski: 65 Geburten und 190 Sterbefälle. In: Klötzer Volksstimme, Klötzer Rundschau (E-Paper). 17. Januar 2024, DNB 1047268213, S. 15.
  2. Sachsen-Anhalt-Viewer des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation (Hinweise)
  3. Ortsteilverzeichnis Land Sachsen-Anhalt (Verzeichnis der Gemeinden und Gemeindeteile), Gebietsstand Januar 2014, Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt, Halle (Saale), 2016
  4. Adolph Friedrich Riedel: Codex diplomaticus Brandenburgensis: Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellschriften. Haupttheil 1. Band 22. Berlin 1862, S. 98 (Digitalisat).}
  5. Adolph Friedrich Riedel: Codex diplomaticus Brandenburgensis: Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellschriften. Haupttheil 1. Band 22. Berlin 1862, S. 108 (Digitalisat).
  6. Adolph Friedrich Riedel: Codex diplomaticus Brandenburgensis: Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellschriften. Haupttheil 1. Band 16. Berlin 1859, S. 496 (Digitalisat).}
  7. a b c Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S. 1400–1402, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
  8. a b c d Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC 614308966, S. 147 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
  9. Ulf Queckenstedt: Ortsfamilienbuch Jübar. (online-ofb.de [abgerufen am 7. März 2017]).
  10. Regierungsbezirk Magdeburg (Hrsg.): Amtsblatt der Regierung zu Magdeburg. 1928, ZDB-ID 3766-7, S. 217.
  11. Regierungsbezirk Magdeburg (Hrsg.): Amtsblatt der Regierung zu Magdeburg. 1928, ZDB-ID 3766-7, S. 232.
  12. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern. Metzler-Poeschel, Stuttgart 1995, ISBN 3-8246-0321-7, S. 359.
  13. Altmarkkreis Salzwedel: Gebietsänderungsvertrag zur Bildung einer neuen Gemeinde aus den Gemeinden Bornsen, Hanum, Jübar, Lüdelsen und Nettgau zum 1. Januar 2010 und die Genehmigung des Altmarkkreises Salzwedel vom 7. Juli 2009. In: Amtsblatt Altmarkkreis Salzwedel. 15. Jahrgang, Nr. 7, 29. Juli 2009, S. 180–183 (altmarkkreis-salzwedel.de [PDF; 1,9 MB; abgerufen am 9. Oktober 2021]).
  14. StBA: Gebietsänderungen vom 01. Januar bis 31. Dezember 2010
  15. Hauptsatzung der Gemeinde Jübar. 17. März 2020, abgerufen am 29. Mai 2023.
  16. a b Verbandsgemeinde Beetzendorf-Diesdorf: Einwohner der Ortsteile am 31. Dezember für die Jahre 2015 und 2018. 6. Juni 2019.
  17. a b Anke Pelczarski: Nur Wallstawe und Jübar legen zu. In: Klötzer Volksstimme, Klötzer Rundschau (E-Paper). 15. Januar 2022, DNB 1047268213, S. 17.
  18. Anke Pelczarski: Wenn die Männer das Sagen haben. In: Klötzer Volksstimme, Klötzer Rundschau (E-Paper). 14. Januar 2023, DNB 1047268213, S. 17.
  19. a b Thomas Hartwig: Alle Altmarkkirchen von A bis Z. Elbe-Havel-Verlag, Havelberg 2012, ISBN 978-3-9814039-5-4, S. 308.
  20. Pfarr-Almanach oder die evangelischen Geistlichen und Kirchen der Provinz Sachsen der Grafschaften Wernigerode, Rossla und Stolberg. 19. Jahrgang, 1903, ZDB-ID 551010-7, S. 98 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
  21. Pfarrbereich Diesdorf. In: ekmd.de. Abgerufen am 29. Mai 2023.
  22. Barbara Fritsch, Denis Demnick, Hartmut Bock, Sarah Diers: Landesmuseum für Vorgeschichte im Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt. Wandern zwischen Hünengräbern – Der neue archäologisch-historische Wanderweg in Lüdelsen. Mai 2011 (lda-lsa.de [abgerufen am 7. März 2018]).