„Linsenfernrohr“ – Versionsunterschied

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Für spezielle Aufgaben werden in der Astronomie auch Linsensysteme und mechanische Bauweisen verwendet, die sich von den normalen Refraktoren unterscheiden. Beispielhaft seien hier ''[[Kometensucher]]'' und große ''Doppelfernrohre'' genannt, sowie [[Astrograf]]en, [[Zenitteleskop]]e oder [[Heliometer]].
Für spezielle Aufgaben werden in der Astronomie auch Linsensysteme und mechanische Bauweisen verwendet, die sich von den normalen Refraktoren unterscheiden. Beispielhaft seien hier ''[[Kometensucher]]'' und große ''Doppelfernrohre'' genannt, sowie [[Astrograf]]en, [[Zenitteleskop]]e oder [[Heliometer]].


Ist der Gegenstand optisch unendlich entfernt, fallen beim [[normalsichtig]]en Beobachter die beiden [[Fokus|Brennpunkte]] (der bildseitige des Objektivs und der objektseitige des Okulars) zusammen, sodass die [[Baulänge]] etwa ihrer Summe (f<sub>1</sub>&nbsp;+&nbsp;f<sub>2</sub>) entspricht. Sie kann durch [[Umkehrprisma|Umkehrprismen]] um mehr als die Hälfte verkürzt werden, was beim [[Feldstecher]] oder bei Miniaturgläsern wie dem Leitz-[[Trinovid]] ein angenehmeres Handling und fast verwacklungsfreies Betrachten ermöglicht.
Ist der Gegenstand optisch unendlich entfernt, fallen beim [[normalsichtig]]en Beobachter die beiden [[Fokus|Brennpunkte]] (der bildseitige des Objektivs und der objektseitige des Okulars) zusammen, sodass die [[Baulänge]] etwa ihrer Summe (f<sub>1</sub>&nbsp;+&nbsp;f<sub>2</sub>) entspricht. Sie kann durch [[Umkehrprisma|Umkehrprismen]] um mehr als die Hälfte verkürzt werden, was beim [[Feldstecher]](Männliches Geschlechtsteil) oder bei Miniaturgläsern wie dem Leitz-[[Trinovid]] ein angenehmeres Handling und fast verwacklungsfreies Betrachten ermöglicht.


Die optische Vergrößerung entspricht dem Quotienten der beiden Brennweiten. Mit austauschbaren Okularen&nbsp;– wie in der Astronomie üblich&nbsp;– kann man daher die Vergrößerung variieren: je stärker das Okular (kürzere Brennweite), desto höher die Vergrößerung. Eine übertrieben starke Vergrößerung ist jedoch sinnlos („leere Vergrößerung“) – wenn nämlich das Bild zwar größer, aber wegen der [[Beugung (Physik)|Beugung]] unschärfer wird. Dieser Effekt beginnt etwa bei jener Vergrößerung, die dem Objektivdurchmesser (Apertur) in Millimeter entspricht.
Die optische Vergrößerung entspricht dem Quotienten der beiden Brennweiten. Mit austauschbaren Okularen&nbsp;– wie in der Astronomie üblich&nbsp;– kann man daher die Vergrößerung variieren: je stärker das Okular (kürzere Brennweite), desto höher die Vergrößerung. Eine übertrieben starke Vergrößerung ist jedoch sinnlos („leere Vergrößerung“) – wenn nämlich das Bild zwar größer, aber wegen der [[Beugung (Physik)|Beugung]] unschärfer wird. Dieser Effekt beginnt etwa bei jener Vergrößerung, die dem Objektivdurchmesser (Apertur) in Millimeter entspricht.

Version vom 16. März 2011, 17:02 Uhr

Der Große Refraktor der Universitätssternwarte Wien
Gegenüber dem Galileiteleskop mit Sammel- und Zerstreuungslinse ist die Bauform des Keplerteleskops mit zwei Sammellinsen etwas länger.

Ein Linsenfernrohr, auch Refraktor genannt, ist ein Teleskop, bei dem das einfallende Licht durch ein aus einer oder mehreren Linsen bestehendes Objektiv gesammelt wird. Das dabei entstehende reelle Bild des Beobachtungsobjektes wird mittels eines Okulars betrachtet. Die jeweilige Vergrößerung ist abhängig vom Verhältnis der Brennweiten zueinander.

Nach dem Konstruktionsprinzip unterscheidet man mehrere Bauarten:

  • Galilei-Fernrohr oder Holländisches Fernrohr (Zerstreuungslinse als Okular)
  • Kepler-Fernrohr oder Astronomisches Fernrohr (Sammellinse als Okular)
  • Falt-Refraktor (darunter der Newton-Refraktor) und Coudé-Refraktor
  • Prismenfernglas oder Feldstecher (Kepler-Fernrohr mit bildaufrichtenden Umkehrprismen)
  • Spektiv oder terrestrisches Fernrohr mit zwischengeschalteter Umkehrlinse.

Eine Mischform aus Linsen- und Spiegelteleskop ist das Schupmann-Medial.

Galilei-Fernrohr

Das Galilei-Fernrohr (Galileisches Fernrohr, auch Holländisches Fernrohr) wurde vom holländischen Brillenmacher Hans Lipperhey um 1608 erfunden und in der Folgezeit von Galileo Galilei weiterentwickelt. Es hat als Objektiv eine Sammellinse und als Okular eine Zerstreuungslinse kleinerer Brennweite. Der Brennpunkt des Objektiv und des Okulars fallen auf der Seite des Beobachters zusammen. Es besitzt ein kleines Gesichtsfeld, stellt die Objekte aber aufrecht und seitenrichtig dar. Es wird heute nur noch als Opernglas und Fernrohrbrille eingesetzt. Das Prinzip findet auch bei Telekonvertern Verwendung.

Prinzipieller Strahlengang beim Galilei-Fernrohr

Da das Okular eine negative Brennweite besitzt, muss es innerhalb der Brennweite des Objektivs liegen. Es entsteht kein Zwischenbild.

Vorteile:

  • kurze Bauweise
  • aufrechtes Bild

Nachteile:

  • kleines Sehfeld
  • im Vergleich zu Keplerschen Fernrohren, deren Bauweise die Darstellung eines Fadenkreuzes im Zwischenbild ermöglicht, ist die Lokalisierung der beobachteten Objekte schwierig.

Kepler-Fernrohr

Prinzipieller Strahlengang beim Kepler-Fernrohr. Das Objektiv (1) erzeugt vom Objekt (4) ein reelles, umgekehrtes Zwischenbild (5), das man mit einer „Lupe“ (Okular 2) betrachtet. Das Auge (3) sieht ein winkelmäßig vergrößertes, virtuelles Bild (6) in scheinbar geringer Entfernung (gestrichelte Linien).

Als Kepler-Fernrohr (Keplersches Fernrohr, auch Astronomisches Fernrohr) bezeichnet man ein Linsenfernrohr, das einer von Johannes Kepler 1611 beschriebenen Bauweise folgt. Danach ist auch das Okular eine konvexe Sammellinse (mit geringerer Brennweite). Okular und Objektiv stehen im Abstand ihrer addierten Brennweiten, d.h. ihre Brennpunkte fallen zwischen den Linsen zusammen. Das Gesichtsfeld ist ausgedehnter als beim Galilei-Fernrohr. Ob wirklich Johannes Kepler diesen Fernrohrtyp – der außer in der Astronomie z. B. auch in geodätischen Theodoliten verwendet wird – erfunden hat, ist ungewiss. Das erste überlieferte Fernrohr in „Keplerbauweise“ wurde jedenfalls vom Jesuiten Christoph Scheiner um 1613 gebaut.

Da sich der Strahlengang im Teleskop kreuzt, erzeugt das Objektiv ein reelles, aber auf dem Kopf stehendes (um 180 Grad gedrehtes) Bild des betrachteten Gegenstands, das man mittels des Okulars – nach dem Prinzip der Lupe – vergrößert betrachtet.

Kepler-Fernrohr; Objektiv als Achromat und Okular vom 4-linsigen Plössl-Typ

Strahlenumkehr

Die meisten heutigen Ferngläser und Zielfernrohre benutzen ebenfalls die keplersche Anordnung zweier Sammellinsen, sind aber oft mit zusätzlichen optischen Elementen ausgestattet, die das Bild wieder aufrecht und seitenrichtig drehen.

Um das Bild zu drehen, gibt es folgende Möglichkeiten:

  • Prismen, deren Eigenschaft der Totalreflexion zum Seitenumkehren des Bildes genutzt wird (wie Spiegel)
  • eine 3. Sammellinse zur erneuten Umkehrung des Bildes

Beim Kepler-Fernrohr ist das Bild im Gegensatz zum Binokular oder Fernglas um 180° gedreht und steht also scheinbar auf dem Kopf. Bei Prismenferngläsern (Feldstechern) und Spektiven wird das umgedrehte Bild des Kepler-Fernrohrs mittels verschiedener Prismensysteme um 180° gedreht. Je nach Ausführung ergibt sich eine kürzere Bauweise. Die Bildumkehr kann auch durch eine Umkehrlinse erfolgen. Ein solches Gerät ist als Ausziehfernrohr oder Terrestrisches Fernrohr für unterwegs oder auf See gedacht. Es ist trotz Vergrößerungen von etwa 20-fach bis 60-fach klein, zusammenschiebbar und preiswert. Nachteilig sind die geringere Lichtstärke und der Zutritt von Außenluft beim Auseinanderziehen. Neuere Bautypen und Spektive haben daher einen festen Tubus und verkürzen die Baulänge durch ein geradsichtiges Porroprisma oder leicht geknicktes Umkehrprisma. Das verkehrte Bild wird bei den größeren Teleskopen der Astronomie in Kauf genommen, da die Ausrichtung der Beobachtungsobjekte am Himmel in der Regel keine Rolle spielt. Zur Verbesserung des Einblicks ins Okular werden häufig 90°- oder 45°-Umlenkprismen eingesetzt, die dann aber ein seitenverkehrtes Bild liefern.

Die für terrestrische Beobachtungen erwünschte Strahlen-Umkehr zu einem „aufrechten Bild“ kann außer mit den erwähnten Umkehrprismen auch durch eine Umkehrlinse (dritte Sammellinse) erfolgen, was aus dem astronomischen ein terrestrisches Fernrohr macht. Es findet z. B. bei Aussichtsfernrohren und manchen Zielfernrohren Verwendung. Auch mit einer (negativen, zerstreuenden) Fokussierlinse ist das möglich – etwa in neueren Theodoliten und elektronischen Tachymetern. Eine vierte Möglichkeit besteht in der Verwendung einer Zerstreuungslinse als Okular, wodurch das astronomische zu einem Galilei-Fernrohr wird (optisch ungünstiger, aber wegen der extrem kurzen Bauweise z. B. für Operngläser sehr gebräuchlich). Der Galilei-Bautyp erlaubt aber kein Anbringen eines Fadenkreuzes oder Mikrometers.

Charakterisierung

Kleine Fernrohre und Ferngläser charakterisiert man durch zwei Zahlenangaben, z. B. 6 × 20 mm (Taschengerät) oder (20 bis 40) × 50 (Spektiv). Die erste Angabe bezieht sich auf die Vergrößerung, die zweite auf die Öffnung (Apertur) des Objektivs in mm. Variable Vergrößerungen (z. B. 20 bis 40) werden durch Zoom-Okulare ermöglicht. Durch den Einsatz eines Binokulars entsteht der Eindruck des räumlichen Sehens, wodurch sich die Wahrnehmung verbessert.

Bei Linsenfernrohren für astronomische Beobachtungen wird das Verhältnis von Apertur zur Brennweite (das Öffnungsverhältnis) als Kenngröße für das Leistungsvermögen des Instruments verwendet. Die Vergrößerung ergibt sich je nach verwendetem Okular, das meist gewechselt werden kann. Ein Refraktor 100/1000 hat also eine Öffnung von 100 mm und eine Brennweite von 1000 mm und somit ein Öffnungsverhältnis von F/10.

Die Vergrößerung eines Refraktors ergibt sich aus dem Verhältnis der Brennweiten des Objektivs und des Okulars. Ein Gerät mit 1000 mm Objektiv-Brennweite und 5 mm Okular-Brennweite besitzt somit eine 200fache Vergrößerung. Wegen des durch Beugung begrenzten Auflösungsvermögens ist eine solche Vergrößerung aber nur dann sinnvoll, wenn die Öffnung des Objektivs groß genug ist. Als Richtwert hat die sogenannte nützliche Vergrößerung den doppelten Zahlenwert wie der Öffnungsdurchmesser des Objektivs in Millimetern. Im genannten Beispiel sollte das Fernrohr also eine Öffnung von 100 mm haben.

Die Größe der Austrittspupille (AP) ist eine weitere interessante Kenngröße eines Fernglases bzw. Teleskops mit Okular. Sie berechnet sich als Produkt aus Okularbrennweite und Öffnungsverhältnis oder als Quotient aus Öffnung und Vergrößerung. In den obigen Beispielen wäre die Austrittspupille also 20 mm/6 = 3,3 mm bzw. 5 mm·100/1000 = 0,5 mm. Die Konstruktions des Okulars bestimmt die Lage der AP. Sie sollte mit dem Auge erreichbar sein. Die Pupille des Auges begrenzt die Lichtmenge, die in das Auge fällt. Wenn die AP kleiner ist als die des Auges, ist das Bild dunkler als bei Betrachtung mit bloßem Auge. Ist sie größer, erscheint das Bild höchstens gleich hell. Ein Nachtglas hat deshalb eine Austrittspupille von mehr als 5 mm.

Zielfernrohre für die Jagd haben geringe Vergrößerungen bei hoher Lichtstärke und ein Gesichtsfeld, das auf den Einblick aus größerer Distanz optimiert ist.

Bauweisen

Der als Doppelfernrohr ausgeführte Große Refraktor des AIP

Für spezielle Aufgaben werden in der Astronomie auch Linsensysteme und mechanische Bauweisen verwendet, die sich von den normalen Refraktoren unterscheiden. Beispielhaft seien hier Kometensucher und große Doppelfernrohre genannt, sowie Astrografen, Zenitteleskope oder Heliometer.

Ist der Gegenstand optisch unendlich entfernt, fallen beim normalsichtigen Beobachter die beiden Brennpunkte (der bildseitige des Objektivs und der objektseitige des Okulars) zusammen, sodass die Baulänge etwa ihrer Summe (f1 + f2) entspricht. Sie kann durch Umkehrprismen um mehr als die Hälfte verkürzt werden, was beim Feldstecher(Männliches Geschlechtsteil) oder bei Miniaturgläsern wie dem Leitz-Trinovid ein angenehmeres Handling und fast verwacklungsfreies Betrachten ermöglicht.

Die optische Vergrößerung entspricht dem Quotienten der beiden Brennweiten. Mit austauschbaren Okularen – wie in der Astronomie üblich – kann man daher die Vergrößerung variieren: je stärker das Okular (kürzere Brennweite), desto höher die Vergrößerung. Eine übertrieben starke Vergrößerung ist jedoch sinnlos („leere Vergrößerung“) – wenn nämlich das Bild zwar größer, aber wegen der Beugung unschärfer wird. Dieser Effekt beginnt etwa bei jener Vergrößerung, die dem Objektivdurchmesser (Apertur) in Millimeter entspricht.

Mit zunehmender Vergrößerung sinkt auch die Lichtstärke für flächenhafte Gegenstände, während punktförmige Lichtquellen (wie Sterne) fast unverändert bleiben. Die Lichtstärke ist umgekehrt proportional der Austrittspupille, die ihrerseits aus Apertur durch Vergrößerung resultiert.

Resümee: das Astronomische Fernrohr kann gedeutet werden:

  1. als Kombination zweier Sammellinsen,
  2. als fotografisches Teleobjektiv mit hinten angebrachter Lupe,
  3. als umgekehrtes Mikroskop,
  4. als Basiskonstruktion für etwa 10 weitere Fernrohrtypen.

Faltrefraktoren

Schaer-Refraktor Strahlengang
Amateurteleskop als Faltrefraktor (unten) mit 230 mm Linsendurchmesser und 2,058 mm Brennweite

Die Faltrefraktoren sind eine Sonderform des Linsenfernrohrs. Der Strahlengang wird meist über einen oder zwei Planspiegel umgelenkt. Das Teleskop wird quasi gefaltet. Die diversen Faltvarianten werden dabei oft nach ihren Konstrukteuren oder nach dem äußeren Erscheinungsbild des Teleskops benannt. So erinnert der Fagott-Refraktor (einfache Faltung) an die geknickte Bauweise des gleichnamigen Musikinstrumentes und der Newton-Refraktor (zweifache Faltung) wegen seines Okulareinblicks an das Spiegelteleskop nach Newton. Der Schaer-Refraktor ist zweifach gefaltet und nach seinem Konstrukteur benannt.

Okularzenitprismen oder -spiegel gehen bei der Klassifizierung dieser Bauweisen nicht mit ein, sondern sind Zubehörteile für alle Fernrohrtypen.

Linsenobjektive haben den Nachteil, dass sie durch die Brechung des Lichtes im Bild Farbsäume bilden. Diese so genannte chromatische Aberration war früher bei einfachen zweilinsigen Objektiven nur ab einem Öffnungsverhältnis von kleiner als ca. 1:15 akzeptabel. Dadurch wurden die Teleskope bei größeren Öffnungen sehr lang und unhandlich.

Verschiedene zweifach gefaltete Refraktoren sind u. a. die von E. Schaer, Ainslie und G. Nemec, wobei zwischen den beiden zuletzt genannten kleinere Modifikationen in der Strahlenführung die schnelle Typenbestimmung oftmals erschweren. So führte Ainslie den Strahlengang seiner Newtonvariante nach der 2. Spiegelung an dem einfallenden Strahlengang seitlich vorbei.

Die Amateurastronomen Nemec, Sorgenfrey, Treutner und Unkel wurden in den 1960er bis Ende der 1970er Jahren durch hochwertige Astrofotos mit ihren Faltrefraktoren bekannt, was diesen Refraktortypen eine gewisse Popularität brachte.

Faltrefraktoren werden heute im Wesentlichen als Selbstbaugeräte von Amateurastronomen und einigen Volkssternwarten eingesetzt. Die Firma Wachter bot in den 1970er und 1980er Jahren einen Schaer-Refraktor aus industrieller Serienfertigung an. Es handelte sich um einen FH 75/1200 mm des japanischen Herstellers Unitron.

Coudé-Refraktor

Refraktor der Volkssternwarte Aachen

Auch beim Coudé-Refraktor wird der Strahlengang durch zwei Planspiegel oder Prismen gefaltet. Diese lenken das Licht durch die Montierung zu einem ortsfesten Fokus. Vorteil dieser Bauart ist die Beobachtung von einem festen Platz aus, der ohne großen Aufwand mit Sitzmöglichkeit, Hilfsmitteln und Arbeitstisch ausgestattet werden kann, während sich das in der Regel relativ baulange Teleskop unabhängig davon bewegt. Nachteil ist die beim Schwenken oder auch bloßen Nachführen des Teleskops verursachte Bilddrehung, so dass astronomische Fotografie nur mit kurzen Verschlusszeiten möglich ist oder aufwendige Drehnachführungen eingebaut werden müssen. Da der Strahlengang üblicherweise durch eine Achse der Montierung geführt wird, sind meistens nur relativ große Instrumente ab ca. acht Zoll Öffnung aufwärts als Coudé-Refraktoren ausgeführt.

Das Coudé-System findet auch bei Spiegelteleskopen Anwendung.

Das Fernrohrobjektiv

Jede optische Linse weist mehr oder weniger starke Farbfehler (chromatische Aberration) auf. Die unterschiedlichen Wellenlängen des Lichtes werden unterschiedlich stark gebrochen. Langwelliges rotes Licht wird weniger stark gebrochen als kurzwelliges blaues Licht. Somit liegt für jeden Wellenlängenbereich ein eigener Brennpunkt vor. Bei der praktischen Beobachtung führt dies zu störenden Farbsäumen. Die Fehler werden umso stärker, je kürzer die Brennweite des Objektivs ist.

In der Vergangenheit versuchte man den Fehler mitunter dadurch zu minimieren, indem man möglichst langbrennweitige Teleskope konstruierte. So benutzte der Danziger Gelehrte Johannes Hevelius meterlange „Luftteleskope“.

Eine weitere Möglichkeit der Minimierung besteht in der Kombination von Glaslinsen mit unterschiedlichen Brechzahlen, sog. Krongläser und Flintgläser. Das erste derartige Achromat-Objektiv ersann der Engländer Chester Moor Hall. Bedeutende Verbesserungen auf diesem Gebiet erzielte der deutsche Physiker Joseph von Fraunhofer.

Hochwertige Objektivlinsen aus mehreren Gläsern werden als Achromate (zweilinsig) oder Apochromate (mindestens dreilinsig) bezeichnet, eine Zwischenform als Halbapochromat.

Auch die Okulare von Teleskopen bestehen aus mehreren Linsen, um Fehler zu korrigieren und das Gesichtsfeld zu verbessern. Mit zunehmender Fernrohrgröße und Qualität wird der Entwurf und Bau solcher Linsensysteme sehr aufwendig.

Die Herstellung von Glaslinsen ist nur bis zu einem gewissen Durchmesser sinnvoll. Sie biegen sich unter ihrem Eigengewicht durch. Wird diese Durchbiegung zu groß, ist das Objektiv unbrauchbar. Mit zunehmender Dicke absorbieren Glaslinsen zunehmend Licht, wodurch die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird. Darüber hinaus führen die unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten der verschiedenen Glasarten eines Objektivs zu mechanischen Problemen. Schließlich sind zur Herstellung von Linsen fehlerfreie Glasrohlinge erforderlich, die mit zunehmender Größe aufwendiger herzustellen sind. Beim Kepler-Fernrohr ist das Objektiv eine Sammellinse.

Bedeutende astronomische Refraktoren

Der Yerkes-Refraktor

Die ersten Linsenfernrohre verwendeten nur eine Linse als Objektiv, und wiesen deshalb eine starke chromatische Aberration auf. Bei den größten Teleskopen der damaligen Zeit verringerte man diesen Effekt durch längere Brennweiten, welche sich jedoch deshalb nur umständlich handhaben ließen, wie beispielsweise die Luftteleskope von Johannes Hevelius mit 46 Meter Brennweite, einer Öffnung von 12 cm aus dem Jahr 1645 und von Christiaan Huygens mit 63 Meter Brennweite, einer Öffnung von 22 cm, 1686.

Erstmals gelang Chester Moor Hall 1733[1] die Herstellung eines achromatischen Teleskops, wenngleich mit einer Öffnung von rund 6 cm. Er verwendete Objektive aus zwei Linsen unterschiedlicher Gläser, Kronglas und Flintglas. John Dollond erfuhr von der Erfindung, meldete sie als Patent an und konstruierte zusammen mit seinem Sohn in der Folgezeit eine Reihe größerer Teleskope bis hin zu einem Durchmesser von knapp 13 cm und einer typischen Brennweite von etwas über einem Meter.

Lange Zeit gelang es nicht, größere Flintglas-Rohlinge herzustellen. Erst rund ein halbes Jahrhundert später schafften es Guinand und Fraunhofer nach vielen Experimenten, die in einer speziellen Rührtechnik mündeten, größere Rohlinge und damit Linsen zu fertigen.[2] Der 1824 an der Sternwarte Dorpat in Betrieb genommene Refraktor besaß mit 24,4 cm das größte Objektiv, das Fraunhofer je hergestellt hat.

Im Jahre 1835 wurde an der Kgl. Sternwarte zu Bogenhausen (München) ein Refraktor aufgestellt, der mit seinem Linsendurchmesser von 28,5 cm (Brennweite: 5 m) und der Güte seiner Optik seinerzeit das beste Teleskop der Welt war. Das Instrument war bereits 1825 bei der Firma Utzschneider und Fraunhofer in München geordert worden und Fraunhofer hatte noch vor seinem Tod die parallaktische Montierung des Teleskops konzipiert und den Glasblock geschmolzen, aus dem später sein Nachfolger Georg Merz das Objektiv schliff.

1838 war der 38-cm-Refraktor der Sternwarte Pulkowa das größte Teleskop der Welt.

Von etwa 1860 bis 1900 wurden sehr große Refraktoren gebaut, darunter der 68-cm-Refraktor der Universitätssternwarte Wien (1878), die 76-cm-Refraktoren des Pulkowo-Observatoriums (1885) und des Observatoriums von Nizza (1888), der 83-cm-Refraktor des Observatoriums Meudon bei Paris und der 91-cm-Refraktor des Lick-Observatoriums in Kalifornien (1888), 1899 der 80+50-cm-Doppelrefraktor des Astrophysikalischen Instituts in Potsdam. 1896 wurde der 68-cm-Refraktor der Archenhold-Sternwarte in Berlin in Betrieb genommen, der mit 21 m Brennweite der längste bewegliche Refraktor der Welt ist. 1897 wurde dann mit der Fertigstellung des 102-cm-Refraktors des Yerkes-Observatoriums die Grenze des technisch Machbaren ausgelotet. Das größte Linsenfernrohr aber war das 125-cm-Gerät (Brennweite 49 m), das anlässlich der Weltausstellung in Paris 1900 gebaut wurde. Wegen unbefriedigender Leistung (Standort mitten in der Stadt mit Qualm sowie störendes Licht vom Ausstellungsgelände), aber wohl auch weil die Grenzen des Machbaren überschritten waren, wurde es bald wieder abgebaut; das Objektiv liegt heute noch im Pariser Observatorium.

Zusammen mit der hochreflektierenden Silberbeschichtung von Glasspiegeln und dem Bau größerer Spiegelteleskope zu dieser Zeit endete die Epoche der großen Linsenteleskope. Die Optik neuer großer Beobachtungsgeräte für die astronomische Forschung besteht aus Spiegelsystemen. Die leistungsfähigsten Reflektoren erreichen heute Durchmesser von 8 bis 10 m und sind mit ihren Leistungen den Refraktoren weit überlegen. Durch adaptive Optiken können sogar atmosphärische Störungen ausgeglichen werden. Erst im Jahr 2002 wurde wieder ein neuer Großrefraktor in Betrieb genommen: das schwedische 100-cm-Sonnenteleskop, ein Spezialteleskop zur Sonnenbeobachtung mit adaptiver Optik auf La Palma, welches aber über nur eine Linse verfügt und in einem engen Spektralbereich genutzt wird.

Vorsichtsmaßnahmen

Bei der Sonnenbeobachtung durch ein Teleskop muss zwingend ein geeigneter Sonnenfilter verwendet werden, der vor dem Objektiv anzubringen ist. Kleine Glasfilter, die vor die Okulare geschraubt werden, können infolge Hitzeentwicklung platzen und schlimmstenfalls zur Erblindung des Beobachters führen. Lichtmindernde Alternativen sind Herschelkeil, Pentaprisma und Bauernfeindprisma, die beide mit grauen Dämpfungsfiltern im Okular verwendet werden dürfen und (visuell) auch müssen. Ohne Lichtminderung einsetzbar ist die Sonnenprojektionsmethode, welche sich für simultane Beobachtung durch mehrere Personen eignet.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Henry C. King: The History of the Telescope, S. 144
  2. http://books.google.de/books?id=VJ6SE3sbxDsC&printsec=frontcover&source=gbs_summary_s&cad=0 Spectrum of believe