Markgrafenburg Schweinfurt

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Markgrafenburg Schweinfurt
Maintal mit Weinbergen an der Peterstirn. Der Karlsturm ist Teil einer Burganlage von 1874. Davor Stützmauern vermutlich mittelalterlichen Ursprungs. Foto um 1930

Maintal mit Weinbergen an der Peterstirn. Der Karlsturm ist Teil einer Burganlage von 1874. Davor Stützmauern vermutlich mittelalterlichen Ursprungs. Foto um 1930

Alternativname(n) Burg Peterstirn
Staat Deutschland
Ort Schweinfurt-Peterstirn
Entstehungszeit zwischen 971 und 1000
Burgentyp Höhenburg (Spornburg)
Erhaltungszustand abgegangen, mehrfach überbaut
Ständische Stellung Markgrafen
Bauweise Stein, Fachwerk
Geographische Lage 50° 3′ N, 10° 15′ OKoordinaten: 50° 3′ 4,8″ N, 10° 15′ 10,5″ O
Höhenlage 235 m ü. NHN
Markgrafenburg Schweinfurt (Bayern)
Markgrafenburg Schweinfurt (Bayern)

Die Markgrafenburg Schweinfurt ist eine abgegangene Spornburg oberhalb des Mains, auf der Peterstirn, in Schweinfurt, die nach 973 für Berthold von Schweinfurt erbaut wurde. Er war Markgraf über das östliche, heutige Franken und die heutige Oberpfalz bis in den Bayerischen Wald nach Cham. Nach 1003 wurde innerhalb der Burganlage ein Nonnenkloster gegründet, das später ein Benediktinerkloster und danach ein Deutschordenshaus respektive Deutschordensburg wurde, 1437 durch die Reichsstadt erworben und gesprengt wurde (siehe: Benediktinerkloster Schweinfurt).

Am Fuße des Burgbergs lag die erste Siedlung Schweinfurts, die 791 erstmals als Suuinfurtero marcu urkundlich erwähnt wurde, das heute sogenannte Dorf Altstadt. Nachdem 1,5 Kilometer westlich der Peterstirn die 1254 erstmals urkundlich erwähnte Reichsstadt Schweinfurt gegründet worden war, wurden in der Folgezeit Burg und Siedlung aufgegeben.

Auf dem Burgberg wurde 1874 eine neuzeitliche Burganlage im Stil des Historismus errichtet.

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ungeklärte Situation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Markgrafenburg lag auf der Peterstirn. Zum genauen Ort gibt es jedoch widersprüchliche und teilweise ungenaue Angaben. Viele Veröffentlichungen orten sie an der Stelle des einstigen Benediktinerklosters, das sich bei den heutigen Sattlerschen Bauten befand (siehe: Historisierende Burganlage von 1874). Andere verorten sie in Richtung oder direkt anstelle der 200 Meter weiter nordöstlich gelegenen Alten Reichsburg (am heutigen Beerhüterturm) oder sehen sie sogar als gemeinsame Burganlage mit ihr (Ort auf Karte als „Burg“ bezeichnet).[1][2] Da aber auch das Kloster zuletzt, vor seiner Zerstörung, zur Klosterburg ausgebaut wurde, befand sich auch anstelle der Sattlerschen Bauten in jedem Fall eine burgähnliche Anlage.

Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege hat Reichs- und Markgrafenburg sowie das Klostergelände nicht einzeln verortet, sondern führt die gesamte Peterstirn als ein gemeinsames Bodendenkmal Burgstall und Klosterwüstung des frühen bis späten Mittelalters (Denkmalnummer D-6-5927-0002) auf.[3] Auf ihrer Lagekarte zur Peterstirn sind zwei Bodendenkmal-Schwerpunkte eingezeichnet, an den Sattlerschen Bauten und am Beerhüterturm.

Fazit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fest steht nur, dass die Reichsburg am Beerhüterturm und das Kloster an den Sattlerschen Bauten lag.

Während die Lage der Markgrafenburg aufgrund spärlicher Untersuchungen und widersprüchlicher Veröffentlichungen völlig unklar bleibt und alle Möglichkeiten offen bleiben:

  • Baulich identisch mit der Reichsburg.[1]
  • Baulich identisch mit der Klosterburg.
  • Hauptburg mit dem Kloster als Vorburg.
  • Große Hauptburg (zusammen mit der Reichsburg) die sich fast bis zu den Sattlerschen Bauten erstreckt, mit dem Kloster als Vorburg.[1]


Markgrafenburg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Burg wurde vermutlich von Berthold von Schweinfurt, spätestens nach seiner Heirat um 970 oder 976 mit Eilica (auch Eila, Eilika oder Eiliswintha genannt; † 19. August 1015), Tochter des Grafen Lothar II. von Walbeck zur Sicherung des Volkfeldgaus, der sich gebildeten Markgrafschaft Schweinfurt und der Mainschifffahrt gebaut. Er herrschte als Markgraf über das östliche, heutige Franken und die heutige Oberpfalz bis in den Bayerischen Wald nach Cham. In seinem Machtbereich lagen neun eigene Burgen und vier Reichsburgen. Den Nordgau (Bayern), in etwa die heutige Oberpfalz, erhielt Berthold, als Dank von König Otto. I. (936–973), ab 962 Römisch-deutscher Kaiser, da er ihm im Kampf gegen aufständische Stammesherzöge (u. a. dem baierischen) wertvolle Waffenhilfe leistete.[4] Die Markgrafen hatten großen Einfluss auf die Römisch-deutschen Kaiser.[5] Im Jahre 973 wurde ihm jedoch das Lehen über die Reichsburg Bamberg, die sogenannte Babenburg, von wo aus er seine Territorien regierte, entzogen. Spätestens ab diesem Jahr bildete er einen neuen Stammsitz um Schweinfurt, wohl auch auf Königsgut beruhend, auch wenn die Markgrafenburg erst 1003 mit der Fehde seines Sohnes urkundlich wurde.[6]

Seinem Sohn Heinrich von Schweinfurt, genannt Hezilo, der wegen zugesagter aber nicht erhaltener Baierischer Herzogswürde für die Unterstützung zur Königswahl Heinrich II. mit diesem in der Schweinfurter Fehde rang und verlor, drohte seine Burg zerstört zu werden. Seine Mutter, die ihren Witwensitz auf der Burg hatte, bat um Gnade und gründete in oder unmittelbar unterhalb der Burg ein Nonnenkloster und bewahrte die Burganlage vor der vollständigen Zerstörung. Eine Entfestigung kann aber angenommen werden. Eilizia und Hezilo wurden beide hier begraben.[7]

Nach dem Tod des letzten (Mark)Grafen bzw. Herzogs von Schwaben, Otto, (Sohn von Heinrich und Gerberga) und einigen erbtechnischen Irrungen und Wirrungen übernahm mit päpstlicher Genehmigung 1283 der Deutsche Orden Kloster und Burg.[8] Im 15. Jahrhundert wurde die Klosterburg schließlich von der Reichsstadt Schweinfurt gesprengt (siehe: Benediktinerkloster Schweinfurt, Geschichte).

Siehe auch: Schweinfurt, Frühmittelalter

Heutige Situation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heute sind nur noch Reste des Halsgrabens der alten Klosterburg erkennbar, da sie durch Aufschüttungen und eine Mauer in den Weinberg einbezogen wurde. Eine Steintafel verweist auf das Jahr 1621.[9]

Da das Areal der Klosterburg im Mittelalter und im 19. Jahrhundert mehrfach umgebaut wurde und keine Beschreibungen der Burganlage vorliegen, kann über einen Aufbau der mittelalterlichen Anlage nur spekuliert werden. Bisherige archäologische Untersuchungen sind durch unvollständige Ausgrabungen im 19. und 20. Jahrhundert und durch die Wirren des Zweiten Weltkrieges, mit Teilzerstörungen in den Archiven, bis heute in nur wenigen, teils widersprüchlichen Schriften verarbeitet.

Judith von Schweinfurt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nische mit Judiths Schuh
Judith von Schweinfurt (Mitte).
Darstellung aus dem 14. Jahrhundert

Judith von Schweinfurt ist eine zentrale Figur der Alt-Schweinfurter Stadtgeschichte, in der sich die historischen Überlieferungen zweier verschiedener Frauen (Tante und Nichte) gleichen Namens mit Legenden verbinden.

Der Sohn Heinrichs Otto von Schweinfurt wurde 1048 Herzog von Schwaben. Eine der fünf Töchter Ottos, Judith, soll in zweiter Ehe Königin von Ungarn geworden sein. Sie heiratete zunächst Herzog Bretislav von Böhmen, was vermutlich eine reine Machtverbindung war. Die Schweinfurter pflegen folgende Legende: Als der verliebte Bretislav Judith vom mittlerweile zum Stammsitz der Familie gewordenen Burg (auf der Peterstirn), angeblich raubte, soll sie in der Eile an der damals noch nicht existenten steilen Straße hinunter zum Main einen roten Schuh verloren haben.[10] Daran erinnert auf halber Höhe an der Straße zur Peterstirn in einer Nische mit einer Sitzbank ein eingemauerter steinerner Schuh. Die Nische entstand beim Bau der Sattlerschen Burganlage von 1874. In den 1980er Jahren brach ein Unbekannter den Schuh aus dem Denkmal heraus, seitdem ersetzt ihn eine niveaulose Zementkopie.

Bretislav heiratete Judith, die zahlreiche Kinder bekam, unter anderen Spitignew, Herzog von Böhmen, Vratislaw II., König von Böhmen, Konrad, Herzog von Znaim, Jaromir, Bischof von Prag und deutscher Reichskanzler und Otto, Herzog von Olmütz. 1055 starb Bretislaw. Ob Judith danach den König Peter von Ungarn heiratete, ist nicht nachweisbar. Nur in Tschechien hält man an dieser Überlieferung fest. Wahrscheinlich zog sich Judith in ein Schloss im Fürstentum Znaim zurück, das von ihrem Lieblingssohn Konrad regiert wurde. Dort fand sie ihre erste Ruhestätte. Danach wurde sie in die Marienkapelle im Veitsdom von Prag überführt und an der Seite ihres Mannes Bretislaw beigesetzt.[11]

Sattlersche Bauten von 1874 [Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf dem brach liegenden Areal wurde von 1872 bis 1874 eine burgähnliche Anlage im Stil des Historismus von der Schweinfurter Industriellenfamilie Sattler, unter damaliger Führung von Karl Sattler sowie von Friedrich Herding erbaut. Im Jahre 1895 erwarb der Weingroßhändler Lebküchner das Anwesen. 1943 wurde neben den Sattlerschen Bauten eine Flak-Stellung mit Vernebelungsanlage eingerichtet. Seit 1994 ist das Anwesen Sitz eines Weinguts der Schweinfurter Winzerfamilie Dahms.[12][13]

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Anlage besitzt einen zweigeschossigen, zinnenbekrönten Turm (sogenannter Karlsturm) mit Freisitz und einen nördlichen Treppenturm. Ein Burgtor und eine Mauer aus dem Jahr 1874 umgeben das Burgareal. Die um die Jahrtausendwende restaurierten Deckengemälde im Turmzimmer[14] stammen von Johann Ernst Sattler und Hans Thoma, einem der wichtigsten Vertreter der deutschen Malerei des 19. Jahrhunderts, von dem auch einige Werke im Museum Georg Schäfer in Schweinfurt, in der Alten Nationalgalerie in Berlin, in der Neuen Pinakothek in München und an weiteren namhaften Orten ausgestellt sind.[15]

Die Sattlerschen Bauten werden vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege unter der Nummer D-6-62-000-22 geführt. Heute befindet sich in der Burganlage ein Weingut (siehe: Peterstirn, Weinlage und Weingut). Das Gelände ist außer bei besonderen Veranstaltungen nicht öffentlich zugänglich.

Veranstaltungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zweimal im Jahr, im Mai/Juni und im August, findet im Hof und dem angrenzenden Weinberg ein Weinfest des ansässigen Weingutes statt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Dorothea Meyer: Die Funde aus der ehemaligen Burg auf der Peterstirn bei Schweinfurt. Unpublizierte Magisterarbeit, Lehrstuhl für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit, Institut für Archäologie, Bauforschung und Denkmalpflege, Universität Bamberg, Bamberg 1993.
  • Dorothea Meyer: Die Funde aus der ehemaligen Burg auf der Peterstirn bei Schweinfurt. In: Beiträge zur Archäologie in Unterfranken 4 (= Mainfränk. Stud. 71), 2004, S. 177–213
  • Friedrich Stein: Das markgräfliche Haus von Schweinfurt, Schweinfurt 1900 (Online auf: www.schweinfurtfuehrer.de)
  • Uwe Müller: Reichsstadt Schweinfurt, in: Peter Kolb, Ernst-Günter Krenig (Hrsg.): Unterfränkische Geschichte, Band 2, Würzburg 1992, S. 169–194
  • Walter Schilling: Die Burgen, Schlösser und Herrensitze Unterfrankens. 1. Auflage. Echter Verlag, Würzburg 2012, ISBN 978-3-429-03516-7, S. 30–31.
  • Dirk Rosenstock: Das vor-städtische Schweinfurt auf Frankenland Online; Aufsatz in: Frankenland Nr. 36, 1991, S. 88–101
  • Dirk Rosenstock: Frühgeschichte der Stadt Schweinfurt von 700 bis 1550. Führer zur Ausstellung der Städtischen Sammlungen Schweinfurt im Alten Gymnasium [=Schweinfurter Museumsschriften 49], Schweinfurt 1992, S. 11
  • Jochen Scherbaum: Die Peterstirn bei Schweinfurt. – In: Erich Schneider, Bernd Schneidmüller (Hrsg.): Vor 1000 Jahren – Die Schweinfurter Fehde und die Landschaft am Obermain 1003. Schweinfurt 2004 (= Schweinfurter Museumsschriften, Band 118), S. 189–208.
  • Erich Schneider: „eine hübsche, zimlich grosze kirch“ – Zur Kunstgeschichte von Schweinfurt im Mittelalter. In: Erich Schneider, Bernd Schneidmüller (Hrsg.): Vor 1000 Jahren – Die Schweinfurter Fehde und die Landschaft am Obermain 1003. Schweinfurt 2004, ISBN 3-936042-01-2.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Peterstirn (Schweinfurt) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Das vor-städtische Schweinfurt. (PDF) In: Frankenland Online. S. 96 ff., abgerufen am 8. Januar 2024 (Original als Aufsatz in: Frankenland Nr. 36, Zeitschrift für fränkische Landeskunde und Kulturpflege, 1991).
  2. Stadt Schweinfurt: Bebauungsplan Nr. 04 v. 26. August 1985. Abgerufen am 8. Januar 2024.
  3. Bayerischer Denkmal-Atlas/Burgstall und Klosterwüstung des frühen bis späten Mittelalters. Abgerufen am 29. Dezember 2023.
  4. Rudolf Endres: Die Rolle der Grafen von Schweinfurt in der Besiedlung Nordostbayerns, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung, 1972, S. 7 und F. Stein: Das Markgräfliche Haus von Schweinfurt, S. 27 ff.
  5. Die bedeutende Rolle der Markgrafen von Schweinfurt von 973 - 1057 auf www.schweinfurtfuehrer.de, abgerufen am 9. Februar 2016
  6. W. Störmer: §18: Von der Ottonen- bis zum Ende der Stauferzeit, in: Handbuch der Bayerischen Geschichte. 2. Band, 1. Teil: Geschichte Frankens bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts. München 1971, 3. neubearbeitete Auflage 1997, S. 275
  7. Jochen Scherbaum: Die Peterstirn bei Schweinfurt. In: Erich Schneider und Bernd Schneidmüller: Vor 1000 Jahren - Die Schweinfurter Fehde und die Landschaft am Obermain 1003 (=Schweinfurter Museumsschriften, Band 118) Schweinfurt 2004, S. 189–2008
  8. Dieter J. Weiß: Das Deutsche Haus in Schweinfurt und die Ballei Franken, in: Uwe Müller (Hrsg.): Schweinfurter Forschungen. Beiträge zur Stadt- und Wissenschaftsgeschichte, Veröffentlichungen des Stadtarchivs Schweinfurt, Nr. 8, Schweinfurt 1993, S. 7–23.
  9. Schilling, Walter: Burgen, Schlösser und Herrensitze in Unterfranken, S. 30.
  10. Schweinfurt Stadt|Kultur|Themen. Sonderausgabe des Schweinfurter Tagblatts für das Handelsblatt und DIE ZEIT: Mikroschauplatz der deutschen Geschichte, S. 4, 20. Mai 2009
  11. Fürstin Judith von der Peterstirn und die Markgrafen von Schweinfurt auf www.schweinfurtfuehrer.de, abgerufen am 10. Februar 2016
  12. mainpost.de: Auf der Peterstirn begann die Geschichte der Stadt, 9. Juli 2008. Abgerufen am 8. Januar 2024.
  13. Alle Burgen - Die Burgendatenbank/Verschwundene Burg Peterstirn. Abgerufen am 8. Januar 2024.
  14. Bild in: mainpost.de: Peterstirn „gestürmt“, 14. September 2003. Abgerufen am 8. Januar 2024.
  15. Schweinfurt - Peterstirn. In: www.schweinfurtfuehrer.de. Abgerufen am 22. Dezember 2023.