Olympische Sommerspiele 1964/Leichtathletik – 4 × 100 m (Frauen)

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Sportart Leichtathletik
Disziplin 4-mal-100-Meter-Staffel
Geschlecht Frauen
Teilnehmer 15 Staffeln mit 60 Athletinnen
Wettkampfort Olympiastadion Tokio
Wettkampfphase 20. Oktober 1964 (Vorläufe)
21. Oktober 1964 (Finale)
Medaillengewinnerinnen
Polen 1944 Polen
Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten
Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
1960 1968
Luftaufnahme des Olympiastadions im Jahr 1963

Die 4-mal-100-Meter-Staffel der Frauen bei den Olympischen Spielen 1964 in Tokio wurde am 20. und 21. Oktober 1964 im Olympiastadion Tokio ausgetragen. In fünfzehn Staffeln nahmen sechzig Athletinnen teil.

Olympiasieger wurde die polnische Staffel mit Teresa Ciepły, Irena Kirszenstein, Halina Herrmann und Ewa Kłobukowska.
Silber ging an die USA (Willye White, Wyomia Tyus, Marilyn White, Edith McGuire).
Bronze gewann Großbritannien in der Besetzung Janet Simpson, Mary Rand, Daphne Arden und Dorothy Hyman.

Die deutsche Staffel qualifizierte sich für das Finale und belegte Rang fünf. Teams aus Österreich, der Schweiz und Liechtenstein nahmen nicht teil.

Intersexualität bei Frauenwettbewerben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In diesem Wettbewerb stellte sich für eine Teilnehmerin, die Polin Ewa Kłobukowska, Olympiadritte über 100 Meter und Olympiasiegerin mit der 4-mal-100-Meter-Staffel später die Frage nach dem Geschlechtsstatus.

Ewa Kłobukowska wurde nach einer Kontrolle im Jahr 1967 als intersexuell eingestuft und durfte nicht mehr an Frauenwettbewerben teilnehmen. Ihre hier in Tokio gewonnenen Medaillen wurden ihr allerdings nicht aberkannt. Der mit der polnischen Sprintstaffel erzielte Weltrekord dagegen wurde für ungültig erklärt und der zweitplatzierten Staffel der Vereinigten Staaten zuerkannt.[1][2]

Rekorde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bestehende Rekorde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weltrekord 44,3 s Vereinigte Staaten USA
(Willye White, Ernestine Pollards,
Vivianne Brown, Wilma Rudolph)
Moskau, Sowjetunion (heute Russland) 15. Juli 1961[3]
Olympischer Rekord 44,4 s Vereinigte Staaten USA
(Martha Hudson, Lucinda Williams,
Barbara Jones, Wilma Rudolph)
Vorlauf OS Rom, Italien 7. September 1960

Anmerkung:
Am 13. September 1964 war eine polnische Staffel mit Ewa Kłobukowska als Schlussläuferin mit 44,2 s schneller als die US-Amerikanerinnen bei deren Weltrekord im Jahre 1961. Diese Zeit wurde den Polinnen von der IAAF als Weltrekord jedoch im Jahre 1969 aberkannt, weil Kłobukowska nach einem Test im Jahre 1967 offiziell als intersexuell eingestuft worden war.[1][2]

Rekordverbesserung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der von der siegreichen polnischen Staffel im Finale am 21. Oktober aufgestellte Weltrekord von 43,6 s wurde dem Team wegen Ewa Kłobukowskas 1967 festgestellter Intersexualität aberkannt. Polen durfte die Goldmedaille behalten, doch der Weltrekord wurde der zweitplatzierten US-Staffel zugestanden, die in der Besetzung Willye White, Wyomia Tyus, Marilyn White und Edith McGuire 43,9 s gelaufen war.[1][2]

Durchführung des Wettbewerbs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fünfzehn Staffeln traten am 20. Oktober zu insgesamt zwei Vorläufen an. Die jeweils besten vier Staffeln – hellblau unterlegt – qualifizierten sich für das Finale am 21. Oktober.

Zeitplan[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

20. Oktober, 10;10 Uhr: Vorläufe
21. Oktober, 14:20 Uhr: Finale[4]

Anmerkung: Alle Zeiten sind in Ortszeit Tokio (UTC + 9) angegeben.

Vorläufe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Datum: 20. Oktober 1964, ab 10:10 Uhr[5]

Wetterbedingungen: Regen, 13 °C, Luftfeuchtigkeit ca. 90 %

Vorlauf 1[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Platz Staffel Besetzung Offizielle Zeit
handgestoppt
Inoffizielle Zeit
elektronisch
1 Polen 1944 Polen Teresa Ciepły
Irena Kirszenstein
Halina Herrmann
Ewa Kłobukowska
44,6 s 44,62 s
2 Vereinigtes Konigreich Großbritannien Janet Simpson
Mary Rand
Daphne Arden
Dorothy Hyman
44,9 s 44,96 s
3 Sowjetunion 1955 Sowjetunion Galina Gaida
Renāte Lāce
Ljudmila Samotjossowa
Galina Popowa
44,9 s 44,98 s
4 Australien Australien Dianne Bowering
Marilyn Black
Margaret Burvill
Joyce Bennett
45,2 s 45,28 s
5 Jamaika Jamaika Adlin Mair
Una Morris
Vilma Charlton
Carmen Smith
46,0 s k. A.
6 Panama Panama Delceita Oakley
Lorraine Dunn
Jean Mitchell
Marcela Daniel
47,6 s
7 Korea Sud 1949 Südkorea Park Hi-sook
Han Myung-hee
Lee Hak-ja
Song Yang-ja
50,1 s

Vorlauf 2[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Platz Staffel Besetzung Offizielle Zeit
handgestoppt
Inoffizielle Zeit
elektronisch
1 Vereinigte Staaten USA Willye White
Wyomia Tyus
Marilyn White
Edith McGuire
44,8 s 44,83 s
2 Deutschland Mannschaft Gesamtdeutsch Deutschland Karin Frisch
Erika Pollmann
Martha Pensberger
Jutta Heine
45,0 s 45,01 s
3 Ungarn 1957 Ungarn Erzsébet Bartos
Margit Nemesházi
Antónia Munkácsi
Ida Such
45,9 s 45,91 s
4 Frankreich Frankreich Marlène Canguio
Danielle Guéneau
Michèle Lurot
Denise Guénard
46,0 s k. A.
5 Argentinien Argentinien Margarita Formeiro
Susana Ritchie
Evelia Farina
Alicia Kaufmanas
46,7 s k. A.
6 Japan 1870Japan Japan Reiko Ezoe
Ikuko Yoda
Etsuko Miyamoto
Takako Inoguchi
47,0 s
7 Philippinen 1944 Philippinen Aida Molinos
Loretta Barcenas
Nelly Restar
Mona Sulaiman
48,8 s
8 Thailand Thailand Preya Dechdumrong
Kusolwan Sorut
Budsabong Yimploy
Samruay Charonggool
50,3 s

Finale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Letzter Wechsel der zweitplatzierten US-Staffel im Finale: Marilyn White übergibt den Stab an Edith McGuire

Datum: 21. Oktober 1964, 14:20 Uhr[6]

Wetterbedingungen: bewölkt, ca. 20 °C, Luftfeuchtigkeit ca. 78 %

Platz Name Nation Offizielle Zeit
handgestoppt
Inoffizielle Zeit
elektronisch
Anmerkung
1 Polen 1944 Polen Teresa Ciepły
Irena Kirszenstein
Halina Herrmann
Ewa Kłobukowska
43,6 s000 43,69 s

Wegen Ewa Kłobukowskas
später festgestellter
Intersexualität wurde der
Weltrekord der
zweitplatzierten US-Staffel
zuerkannt, während Polen
Gold behalten durfte.

2 Vereinigte Staaten USA Willye White
Wyomia Tyus
Marilyn White
Edith McGuire
43,9 s WR 43,92 s
3 Vereinigtes Konigreich Großbritannien Janet Simpson
Mary Rand
Daphne Arden
Dorothy Hyman
44,0 s000 44,09 s
4 Sowjetunion 1955 Sowjetunion Galina Gaida
Renāte Lāce
Ljudmila Samotjossowa
Galina Popowa
44,4 s000 44,44 s
5 Deutschland Mannschaft Gesamtdeutsch Deutschland Karin Frisch
Erika Pollmann
Martha Pensberger
Jutta Heine
44,7 s000 k. A.
6 Australien Australien Dianne Bowering
Marilyn Black
Margaret Burvill
Joyce Bennett
45,0 s000
7 Ungarn 1957 Ungarn Erzsébet Bartos
Margit Nemesházi
Antónia Munkácsi
Ida Such
45,2 s000
8 Frankreich Frankreich Marlène Canguio
Danielle Guéneau
Michèle Lurot
Denise Guénard
46,1 s000

Eindeutige Favoritinnen waren die US-Amerikanerinnen mit den Olympiasiegerinnen über 100 und 200 Meter Wyomia Tyus und Edith McGuire sowie der 100-Meter-Vierten Marilyn White. Als stark eingeschätzt wurden die Polinnen.

Das Finale war eine überraschend klare Sache für das polnische Quartett. Bis zum letzten Wechsel führte die Mannschaft nur knapp vor dem US-Team und der Ausgang war völlig offen. Aber dieser letzte Wechsel zwischen Marilyn White und Edith McGuire klappte nicht gut. Ewa Kłobukowska legte sofort ein paar Meter zwischen sich und ihre US-amerikanischen Konkurrentin. Diesen klaren Vorsprung ließ sie sich bis ins Ziel nicht mehr nehmen.[7]

Die ersten drei Staffeln, also auch Großbritannien auf dem Bronzeplatz, unterboten den bis dahin bestehenden Weltrekord. Einige Jahre später gab es dann eine Korrektur: nach einem Geschlechtstest vor dem Leichtathletik-Europacup 1967 wurde Ewa Kłobukowska als intersexuell eingestuft. 1969 strich der Weltleichtathletikverband Kłobukowskas erzielte Weltrekorde, darunter auch den von diesem Staffelfinale in Tokio. Das polnische Team blieb Olympiasieger, doch der Weltrekord wurde nun der zweitplatzierten US-Staffel zugesprochen, deren Zeit wie auch die der britischen Staffel unter dem zuvor bestehenden Weltrekord lag.[1][2]

Die erste Medaille Polens in dieser Disziplin war auch gleichzeitig der erste Olympiasieg.

Videolinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ekkehard zur Megede, Die Geschichte der olympischen Leichtathletik, Band 2: 1948–1968, Verlag Bartels & Wernitz KG, Berlin, 1. Auflage 1969, S. 310

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Ewa Kłobukowska, Seltener Fall von 46,XX/47,XXY bei einer Sportlerin, factsaboutklinefelter.com, 26. August 2014, abgerufen am 11. September 2021
  2. a b c d Der Spiegel 20. August 2009: Intersexualität im Sport, Wettkampf der Geschlechter, spiegel.de, abgerufen am 11. September 2021
  3. Athletics - Progression of outdoor world records (Women), 4x100 m - Women, sport-record.de (englisch), abgerufen am 22. Januar 2022
  4. The Games of the XVIII Olympiad Tokyo 1964, The Official Report of the Organizing Committee (PDF; 33.635 KB), S. 17, digital.la84.org, abgerufen am 13. September 2021
  5. The Games of the XVIII Olympiad Tokyo 1964, The Official Report of the Organizing Committee (PDF; 33.635 KB), S. 95f, digital.la84.org, abgerufen am 13. September 2021
  6. The Games of the XVIII Olympiad Tokyo 1964, The Official Report of the Organizing Committee (PDF; 33.635 KB), S. 96, digital.la84.org, abgerufen am 13. September 2021
  7. Athletics at the 1964 Tokyo Summer Games: Women's 4 x 100 metres relay, web.archive.org, sports-reference.com, abgerufen am 13. September 2021