Reichraming

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Reichraming
Wappen Österreichkarte
Wappen von Reichraming
Reichraming (Österreich)
Reichraming (Österreich)
Basisdaten
Staat: Österreich
Bundesland: Oberösterreich
Politischer Bezirk: Steyr-Land
Kfz-Kennzeichen: SE
Fläche: 102,27 km²
Koordinaten: 47° 53′ N, 14° 28′ OKoordinaten: 47° 53′ 26″ N, 14° 27′ 44″ O
Höhe: 356 m ü. A.
Einwohner: 1.689 (1. Jän. 2023)
Bevölkerungsdichte: 17 Einw. pro km²
Postleitzahl: 4462
Vorwahl: 07255
Gemeindekennziffer: 4 15 12
Adresse der
Gemeinde­verwaltung:
Reichraming 1
4462 Reichraming
Website: www.reichraming.at
Politik
Bürgermeister: Michael Schwarzlmüller (SPÖ)
Gemeinderat: (Wahljahr: 2015)
(19 Mitglieder)
11
8
11 
Insgesamt 19 Sitze
Lage von Reichraming im Bezirk Steyr-Land
Lage der Gemeinde Reichraming im Bezirk Steyr-Land (anklickbare Karte)AdlwangAschach an der SteyrBad HallDietachGaflenzGarstenGroßramingLaussaLosensteinMaria NeustiftPfarrkirchenReichramingRohr im KremstalSchiedlbergSierningSteyrSt. Ulrich bei SteyrTernbergWaldneukirchenWeyerWolfernOberösterreich
Lage der Gemeinde Reichraming im Bezirk Steyr-Land (anklickbare Karte)
Vorlage:Infobox Gemeinde in Österreich/Wartung/Lageplan Imagemap
Quelle: Gemeindedaten bei Statistik Austria
BW

Reichraming ist eine Gemeinde mit 1689 Einwohnern (Stand 1. Jänner 2023) in Oberösterreich im Bezirk Steyr-Land im Traunviertel.

Die Gemeinde war ursprünglich Teil des Gerichtsbezirks Weyer, seit 1. Jänner 2014 gehört die Gemeinde zum Gerichtsbezirk Steyr.

Geografie

Die Ausdehnung von Reichraming beträgt von Nord nach Süd 10,4 km, von West nach Ost 16,9 km, 79,2 % der Fläche sind bewaldet, 11,5 % landwirtschaftlich genutzt. Das Ortszentrum liegt auf 356 m Höhe und befindet sich am Fluss Reichramingbach. Reichraming wird durch die Enns in zwei Ortschaften, Arzberg und Reichraming, geteilt.

Das Gemeindegebiet ist von Bergen umgeben – dem Reichraminger Schneeberg dem Fahrenberg und dem Schieferstein.

Gemeindegliederung

Das Gemeindegebiet umfasst folgende zwei Ortschaften (in Klammern Einwohnerzahl Stand 1. Jänner 2023[1]):

  • Arzberg (654)
  • Reichraming (1035)

Die Gemeinde besteht aus den Katastralgemeinden Arzberg und Reichraming.

Die einzelnen Ortsteile in Reichraming sind Richtung Süden Dirnbach, Niglgraben, Weißenbach, Anzenbach und das Reichraminger Hintergebirge. Richtung Losenstein liegen der Rohrbachgraben, der Steinbachgraben und die Hohe Dirn. Richtung Großraming liegt das Brunnthal und das Heinzl.

Nachbargemeinden

Die Gemeinde Reichraming grenzt an die Nachbargemeinden Losenstein und Laussa im Norden, Großraming im Osten, Weyer und Windischgarsten im Süden und Molln und Ternberg im Westen.

Geschichte

Frühgeschichte

Paläolithische Steinwerkzeuge und Knochen, die im Nixloch und in der Schaflucke bei Losenstein gefunden wurden, belegen die frühe Besiedelung des Gebietes rund um Reichraming. Lochäxte und Flachbeile aus der neolithischen Zeit weisen auf einen Siedlungsplatz in der Ortschaft Arzberg hin.

Mittelalter

Der Name „Reichraming“ (→siehe unten) lässt auf slawische Siedlungen schließen, die ersten Siedlungen entstanden vermutlich im 6. oder 7. Jahrhundert n. Chr. Möglich sind hier sowohl eine Besiedelung über den Pyhrn aus der Kärntner Mark[2] als auch die Besiedelung durch Slawen von Seiten des niederösterreichischen Donauraums[3]. Im 8. Jahrhundert werden im Stiftungsbrief des Klosters Kremsmünster die Slawen, die rund um Steyr wohnen, erwähnt. Eine erste bayerische Siedlungstätigkeit lässt sich eventuell aus dem Hausnamen „Bayrnedt“ erschließen. Nachdem das Gebiet 787 seine Selbständigkeit unter Tassilo III. einbüßte, zählt es seit dieser Zeit zum Frankenreich. Seit dem 12. Jahrhundert gehört Reichraming zum Herzogtum Österreich.

Seit 1490 wird es dem Fürstentum Österreich ob der Enns zugerechnet. Die Bevölkerung lebte zu dieser Zeit von der Landwirtschaft, aber auch das Erz des Schiefersteins und das Holz aus dem Rohrbachgraben legten einen Grundstein für die Entwicklung des Ortes. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts sind in der Pfarre Losenstein rund 200 Nagelschmiedemeister beheimatet. Sie verarbeiten Eisen, das an Floßanlegestellen an der Enns bezogen wird.

16. bis 20. Jahrhundert

In Verbindung mit der ersten Türkenbelagerung Österreichs im 16. Jahrhundert steht das Türkenhaus, ein denkmalgeschütztes Gebäude, das 1586 erbaut wurde. Dieses steht auf dem Grund eines ehemaligen Hammerherrenhauses, in dem türkische Belagerer Quartier genommen haben könnten. Weitere Hinweise auf eine Belagerung Reichramings durch Akindschi geben die Flurnamen Türkenwiese und Türkentümpel.

Während der Napoleonischen Kriege war der Ort mehrfach besetzt.

Seit 1918 gehört der Ort zum Bundesland Oberösterreich. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich am 13. März 1938 gehörte der Ort zum Gau Oberdonau. 1945 erfolgte die Wiederherstellung Oberösterreichs.

Mitte 1982 präsentierte die Ennskraftwerke AG das Projekt zweier hintereinander liegender Speicherkraftwerke mit 80 m (Sperre Große Klause) bzw. 99,5 m Stauhöhe (Sperre Kaiblingsmauer) im Reichraminger Hintergebirge. Es rührte sich breiter Widerstand koordiniert durch die ARGE Hintergebirge gegen diese Verbauung des mit 20 km Länge größten ökologisch intakten und biologisch wertvollen Bachsystems Oberösterreichs – zum Schutz der Natur auch als Erholungsgebiet. Die Unwirtschaftlichkeit der zu erwartenden Stromproduktion wurde im Frühjahr 1984 von Handelsminister Norbert Steger bestätigt und das Kraftwerksprojekt zurückgezogen.

In der Folge wurde der Triftsteig in der Großen Schlucht als Klettersteig versichert, die Radroute bis Unterlaussa und Wanderpfade im Mai 1987 eröffnet. 1997 wurde der Nationalpark Kalkalpen gegründet.[4]

Ortsnamen

Der Name Reichraming

Der Ortsname Reichraming hat eine für die Slawistik bedeutende Geschichte. Raming kommt aus dem slawischen Rubьnica (südslawisch: Ribnica), was „Fischbach“ bedeutet. Reichraming heißt also „reicher Fischbach“, gemeint ist dabei der Reichramingbach. Das besondere Interesse für die Linguistik besteht an dem archaischen Lautstand, mit dem dieser Ortsname im frühen Mittelalter von den deutschen Siedlern übernommen wurde. Der Name des Baches ist bereits im Jahre 1082 als Rubinicha[5] belegt, was rubinika und nicht etwa rybьnica voraussetzt, wie nach lange herrschender Ansicht der Slawistik die „urslawische“ Form dieses Wortes lautete.

Der Wiener Slawist Georg Holzer hat unter Hinweis auf den Namen Rubinicha/Raming und etwa zehn weitere, früh in andere Sprachen entlehnte slawische Ortsnamen und Worte seit 1995 nachweisen können, dass die protoslawische Sprache um das Jahr 600 n. Chr. noch weitaus archaischer klang, als bis dahin angenommen (Quelle (u. a.): G. Holzer: Die ersten nachurslavischen lautlichen Innovationen und ihre relative Chronologie; in: Linguistica Baltica 4, S. 247–256; 1995). Tiefgreifende Veränderungen vollzogen sich in den darauf folgenden rund 250 Jahren bis zum Beginn der schriftlichen Überlieferung der slawischen Sprachen in altkirchenslawischen Texten. Auf der Grundlage dieser Texte erschlossen Linguisten seit dem 19. Jahrhundert die „urslawische“ Sprache; die zusätzliche Information der besonders früh in andere Sprachen entlehnten slawischen Lexeme wurde bei dieser Arbeit noch nicht berücksichtigt.

Ortsbezeichnungen im Gemeindegebiet

Die vorliegenden Angaben entstammen den Darstellungen von Brunnthaler[6]:

  • Arzberg: weist auf den erzhaltigen Schieferstein hin. 1255 wird die Ortschaft als Erzperg[7] im Zuge einer Schenkung an das Kloster Garsten erstmals urkundlich erwähnt.
  • Anzenbach: kommt von Atze, was so viel wie Weideplatz bedeutet. Erstmals erwähnt ist die Ortschaft 1530 als Atzenbach[8].
  • Dürnbach: soll etymologisch auf dürrer Bach zurückzuführen sein.
  • Rohrbachgraben: Der Rohrbachgraben wird 1313 erstmals als Rorbach erwähnt.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Siehe auch: Liste der denkmalgeschützten Objekte in Reichraming
Pfarrkirche Reichraming
  • Forstmuseum Reichraming: Das harte Leben der Forstarbeiter wird im Museum dokumentiert. Modelle von Triftanlagen und zahlreiche Ausstellungsstücke über die Holzarbeit komplettieren die Ausstellung.
  • Pfarrkirche Reichraming
  • Nationalpark Kalkalpen

Wappen

Blasonierung: „Durch eine silberne Schrägleiste geteilt; oben in Rot zwei silberne wurzellose Nadelbäume, der rechte kleiner als der linke, unten von Blau und Gold neunmal geteilt.“ Die Gemeindefarben sind Rot-Gelb.[9]


Einwohnerentwicklung

Im Jahr 1991 hatte die Gemeinde laut Volkszählung 1.936 Einwohner, 2001 dann 1.884 Einwohner. Trotz positiver Geburtenbilanz nahm wegen der stark negativen Wanderungsbilanz die Bevölkerungsanzahl bis 2011 auf 1.805 Personen und bis 2018 auf 1.742 Einwohner ab.[10]

Wirtschaft und Verkehr

In Reichraming bestand von 1569 bis 1928 die Messingfabrik Reichraming, die zu den ältesten Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie in den habsburgischen Erblanden zählte und ein Paradebeispiel der österreichischen Wirtschaftsgeschichte darstellte.

Der Bahnhof Reichraming liegt an einer Teilstrecke der Rudolfsbahn, dort endete die Waldbahn Reichraming.

An einem Wehr am Reichramingbach wurde in den 1920er-Jahren das Kleinkraftwerk Schallau errichtet. (Das Speicherkraftwerke-Projekt der EKW aus 1982 wurde nicht realisiert.) Das Wehr wurde 2002 bei einem Hochwasser zerstört. Die Österreichischen Bundesforste errichteten das Wehr erneut und modernisierten das Kraftwerk bis 2006. Mit einer neuen Kaplan-Rohr- und der horizontalen Francis-Turbine aus 1926 werden 320 kW Leistung und 1.250 MWh Jahresausbeute aus 4,95 m Fallhöhe erzeugt.[11][12]

Literatur

  • Josef Aschauer: Das Messingwerk Reichraming. Ein Beitrag zur oberösterreichischen Wirtschaftsgeschichte. In: Oberösterreichische Heimatblätter. Jahrgang 7, Heft 3–4, Linz 1953, S. 313–326 (ooegeschichte.at [PDF; 1,8 MB]).
  • Adolf Brunnthaler: Reichraming. Gnas 2000.
Commons: Reichraming – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Statistik Austria: Bevölkerung am 1.1.2023 nach Ortschaften (Gebietsstand 1.1.2023), (ODS, 500 KB)
  2. Girkinger Ludwig: Chronik Reichraming
  3. Wiesinger Peter: Die Besiedelung Oberösterreichs im Lichte der Ortsnamen. In: Baiern und Slawen in Oberösterreich. Trauner Verlag, 1980, S. 159.
  4. Helmut Daucher: Reichraminger Hintergebirge - Modell einer „sanften“ Tourismus-Erschließung. In: ÖKO.L Zeitschrift für Ökologie, Natur- und Umweltschutz. Jahrgang 9, Heft 4, Linz 1987 (zobodat.at [PDF], abgerufen 1. Februar 2020).
  5. Erich Trinks (Bearb.): Urkunden-Buch des Landes ob der Enns. Band 1. Wien 1852, V, S. 118 (archive.org – rubinicha, rubiniccha): „1082. Codex Traditionum Monasterii Garstensis.“
  6. Adolf Brunnthaler: Reichraming. S. 70ff.
  7. Erich Trinks (Bearb.): Urkunden-Buch des Landes ob der Enns. Band 3. Wien 1862, CCXXVI, S. 226 (archive.org – Erzperg): „1255. Linz. — Otakar, König von Böhmen etc., verschreibt dem Kloster Garsten zwei Talente an Einkünften auf Gütern in den Ämtern Ternberg und Moln zum Behufe der Zehenteinhebung.“
  8. Jagdbuch des Kaisers Maximilian für Oberösterreich. S. 65 f.
  9. Land Oberösterreich, Wappen der Gemeinde Reichraming. Abgerufen am 23. März 2019.
  10. Statistik Austria, Ein Blick auf die Gemeinde Reichraming, Bevölkerungsentwicklung. Abgerufen am 23. März 2019.
  11. Untertauern : Neues Kraftwerk an der Taurach eröffnet salzburg24.at, 15. Juli 2019, abgerufen 1. Februar 2020.
  12. Kleinwasserkraftwerk Schallau bundesforste.at, abgerufen 1. Februar 2020.