Ruth Misselwitz
Ruth Barbara Misselwitz (* 4. Februar 1952 in Zützen, Kreis Luckau) ist eine deutsche evangelische Pfarrerin. Sie gründete den Friedenskreis Pankow und war eine wichtige Vertreterin der kirchlichen Friedens- und Umweltbewegung in der DDR.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ruth Misselwitz wuchs in einer Pfarrersfamilie auf. Nach dem Abitur war sie bis 1971 Schwesternschülerin am St. Hedwig-Krankenhaus in Berlin. Anschließend studierte sie Theologie an der Humboldt-Universität zu Berlin und am Predigerseminar Gnadau. Seit 1981 war sie Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde Alt-Pankow.
Zusammen mit ihrem Ehemann Hans-Jürgen Misselwitz, dem Grafiker Martin Hoffmann, der Regisseurin Freya Klier, Vera Wollenberger und anderen gründete sie im Herbst 1981 den Friedenskreis Pankow, eine der größten unter dem Dach der evangelischen Kirche agierenden oppositionellen Gruppen in der DDR. Sie engagierte sich außerdem bei Frauen für den Frieden und im DDR-weiten Netzwerk Konkret für den Frieden. Von 1988 bis 1989 arbeitete sie in der Untergruppe Mehr Gerechtigkeit in der DDR der Ökumenischen Versammlung für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung mit. 1989 war sie Delegierte des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR bei der Ersten Europäischen Ökumenischen Versammlung Frieden in Gerechtigkeit in Basel.
Von 1989 bis 1990 moderierte sie im Zusammenhang mit der Aufklärung der Fälschung der Kommunalwahlen vom 7. Mai 1989 den Runden Tisch in Pankow. 1991 war sie Gründungsmitglied der Mobilen Akademie für Geschlechterdemokratie und Friedensförderung e. V. (OWEN).[1] Seit 1998 arbeitet sie im Bürgerkomitee Pankow gegen Rechtsextremismus und Gewalt mit. Von 2001 bis April 2010 war sie Vorsitzende der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e. V. Sie ist Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Friedliche Revolution in Leipzig.[2]
Am 16. Juli 2017 wurde sie im Rahmen eines Festgottesdienstes und eines Sommerfestes von der Evangelischen Kirchengemeinde Alt-Pankow in den Ruhestand verabschiedet.[3]
Zur Entwicklung der Kirche nach dem Ende der DDR kritisierte Misselwitz, dass friedenspolitische Aspekte nicht realisiert wurden, was sie u. a. auf das Verhältnis der EKD zur Militärseelsorge zurückführte. Ähnlich äußerten sich auch Renke Brahms und Joachim Garstecki zur Aufrechterhaltung der in der DDR von der Kirche formulierten Friedensforderungen.[4]
Seit September 2021 gehört sie dem Vorstand der Christa-Wolf-Gesellschaft an.[5]
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1991 – Verdienstorden des Landes Berlin
- 2000 – Gustav-Heinemann-Bürgerpreis zusammen mit Ulrike Poppe und Andrea Richter[6]
- 2014 – Pankower Bezirksmedaille[7]
- 2014 – Bundesverdienstkreuz am Bande[8][9]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ehrhart Neubert: Misselwitz, Ruth. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- Marianne Subklew-Jeutner: Der Pankower Friedenskreis. Geschichte einer Ost-Berliner Gruppe innerhalb der Evangelischen Kirchen in der DDR 1981–1989. Der Andere Verlag, Osnabrück 2004, ISBN 3-89959-145-3.
- Marianne Subklew (Hrsg.): Ich wurde mutiger. Der Pankower Friedenskreis – politische Selbstbehauptung und öffentlicher Widerspruch. Berlin 2003, Neubearbeitung 2009 (Katalog zur Ausstellung; Texte: Marianne Subklew, Gestaltung: Martin Hoffmann).
- Gerold Hoffmann: Mutig gegen Marx & Mielke – Die Christen und das Ende der DDR. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2009, ISBN 978-3-374-02711-8.
- Marlies Menge: „Der Regenbogen hat viele Farben“. Eine Pfarrerin will aushalten – Johannes Rau fordert Reisefreiheit. In: Die Zeit. Nr. 12/1988, 18. März 1988, aktualisiert am 22. November 2012 (Aufzeichnung eines Gesprächs mit Ruth Misselwitz).
- Jan Thomsen: Die Leute kommen, wenn es ihnen schlecht geht. In: Berliner Zeitung. 30. Dezember 2002, abgerufen am 17. Juli 2017 (Interview).
- Nie so geplant. Interview mit Ulrike Queißner anlässlich der Verabschiedung von Ruth Misselwitz, Rück- und Ausblick. Die Kirche, Nr. 29, 16. Juli 2017, abgerufen am 18. Juli 2017.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Homepage von OWEN e. V. In: owen-berlin.de, abgerufen am 17. Juli 2017.
- ↑ Kuratorium der Stiftung Friedliche Revolution. In: stiftung-fr.de, abgerufen am 17. Juli 2017.
- ↑ pantha rhei – alles fließt. In: Gemeindebrief, Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow. Juni–August, 2017, S. 2 f. (online [PDF; 2,1 MB; abgerufen am 24. Juli 2017]).
- ↑ Bettina Röder: Die verpasste Chance. In Glaube und Heimat Nr. 32/2021, 8. August 2021, S. 1
- ↑ Christa Wolf Gesellschaft: Der Vorstand. Abgerufen am 2. September 2023.
- ↑ Heinemann-Preis: DDR-Bürgerrechtlerinnen gewürdigt. In: Tagesspiegel. 1. Juni 2000 (archive.org).
- ↑ Pankower Bezirksmedaille an Pfarrerin Ruth Misselwitz verliehen. Pressemitteilung vom 16. Januar 2014. In: berlin.de, abgerufen am 17. Juli 2017.
- ↑ Wowereit händigt Verdienstkreuz an Ruth Misselwitz aus: Würdigung des Lebenswerks einer engagierten Bürgerrechtlerin. Pressemitteilung vom 18. Februar 2014. Der Regierende Bürgermeister – Senatskanzlei, abgerufen am 29. Januar 2015.
- ↑ Berliner Pfarrerin Ruth Misselwitz mit Verdienstkreuz geehrt. Stiftung Friedliche Revolution, archiviert vom am 24. März 2015; abgerufen am 24. Juni 2017.
Personendaten | |
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NAME | Misselwitz, Ruth |
ALTERNATIVNAMEN | Misselwitz, Ruth Barbara |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche evangelische Geistliche, Gründerin des Friedenskreises Pankow |
GEBURTSDATUM | 4. Februar 1952 |
GEBURTSORT | Zützen (Golßen), Krs. Luckau |
- Evangelischer Geistlicher (20. Jahrhundert)
- Evangelischer Geistlicher (21. Jahrhundert)
- DDR-Opposition
- Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande
- Träger des Verdienstordens des Landes Berlin
- Mitglied der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste
- Mitglied des Friedenskreises Pankow
- Mitglied von Frauen für den Frieden
- Person der Friedensbewegung
- Deutscher
- DDR-Bürger
- Geboren 1952
- Frau