Aktion Transsexualität und Menschenrecht

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Aktion Transsexualität und Menschenrecht
(ATME)
Rechtsform eingetragener Verein
Gründung 1. April 2008
Gründer Kim Schicklang, Christina Schieferdecker
Sitz Ludwigsburg
Zweck Menschenrechtsorganisation
Vorsitz Kim Schicklang
Christina Schieferdecker
Website www.atme-ev.de

Der Verein Aktion Transsexualität und Menschenrecht e.V. (ATME) ist eine gemeinnützige Interessenorganisation, die sich nach Eigenbeschreibung für den Schutz und die Menschenrechte transsexueller Menschen in Deutschland einsetzt. ATME kämpft demnach auch für ein Ende der Diskriminierung auf Grund der geschlechtlichen Identität[1] und finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden.

Geschichte und Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 2007 wurde die Initiative Transsexualität und Menschenrecht von transsexuellen Aktivistinnen gegründet. Mit Gründungsdatum 1. April 2008 ist daraus der Verein Aktion Transsexualität und Menschenrecht e.V. hervorgegangen,[1] gegründet von Christina „Tina“ Schieferdecker[2] und Kim Schicklang. Die ATME entstand demnach, nachdem das Deutsche Institut für Menschenrechte die Transgruppen dazu aufrief, „einen Bericht über die Situation transsexueller Menschen in Deutschland zu verfassen“ und sei „die einzige Organisation“ gewesen, die sich sowohl 2007 als auch 2009 daran beteiligt und „alle uns bekannten Organisationen mehrfach“ angeschrieben habe, wobei „niemand […] Interesse [hatte] sich zur Situation transsexueller Menschen in Deutschland offen zu äußern.“[3]

Als Leitbild wird angeführt, dass die Transsexualität eine körperlich-biologische Veranlagung unabhängig von der Geschlechtsidentität sei.[4][5] ATME gilt in Folge dieses inversen Ansatzes als prominentes Beispiel der Transsexuellenbewegung.[6] Aus bewegungssoziologischer Perspektive wird ATME e.V. einer zweiten, nicht-queertheortisch beeinflussten Strömung zugerechnet. Stattdessen basiere das ATME-Konzept „auf Annahmen des neurobiologischen Geschlechterdiskurses“; die Begriffsverwendung unterscheide sich auch von der Begriffsverwendung der der Sexualwissenschaft.[7]

Neben politischen Kampagnen und Initiativen veröffentlicht der Verein den Alternativen Menschenrechtsbericht zur Lage transsexueller Menschen in Deutschland.[1]

Einer Beschreibung der Eberhard-Schultz-Stiftung für soziale Menschenrechte und Partizipation aus dem Jahr 2015 entsprechend sei ATME eine Organisation, die sich „für die Rechte transsexueller Menschen einsetzt und u.a. die UN-Sessions zur Gleichstellung von Frauen (CEDAW), dem UN-Sozialpakt und UPR mit Menschenrechtsberichten und Oral Statements begleitet hat.“[8]

Kampagnen und Initiativen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

ATME gegen „Die Orsons“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im September 2012 hatte ATME gemeinsam mit der betroffenen transsexuellen Frau Monika Strub[9] rechtliche Schritte gegen die Hip-Hop-Band Die Orsons eingeleitet.[10] Nach damaliger Meinung von ATME würde der Song Horst und Monika, mit dem die Orsons gemeinsam mit dem Rapper Cro beim Bundesvision Song Contest 2012 als Beitrag für das Saarland angetreten waren, transphobe Textstellen enthalten und würde somit Transsexuelle herabwürdigen.[11] Nach einer persönlichen Aussprache zwischen den Beteiligten veröffentlichte die Gruppe auf ihrem Facebook-Profil einen Eintrag, in dem sie sich „für das tolle Gespräch, das [sie] geführt haben [bedanken]“ und sich darin entschuldigen, sowie den Hintergrund ihres Textes erklären:[12]

„… Mit dem Lied Horst&Monika haben wir zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, irgendjemanden zu beleidigen oder gar zu demütigen. Wenn dies gegen unsere ausdrückliche Absicht dennoch passiert sein sollte, bitten wir um Verzeihung.

Das Stilmittel einer teilweise vereinfachenden, karikierenden Darstellung der so komplexen und sensiblen Themen wie Transsexualität und Geschlechtsoperationen haben wir bewusst gewählt, um diese uns als unglaublich wertvoll erscheinende und inspirierende Wandlung einem größtmöglichen Publikum zugänglich zu machen. Wir begrüßen die Diskussion darüber, die nun mit eurer Unterstützung stattfinden kann.“

Die Orsons[12]

Ich bin nicht krank…[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit dem Weckruf: „Transsexualität ist keine psychische Krankheit! Ich bin nicht krank, ich bin großartig“[13] hat ATME gemeinsam mit der spanischen LGBT-Organisation FELGTB eine Kampagne gegen die Diskriminierung transsexueller Menschen durch die Weltgesundheitsorganisation initiiert. Ziel ist, dass Transsexualität von der Liste der psychischen Krankheiten gestrichen wird.[14]

Stuttgarter Erklärung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Stuttgarter Erklärung von 2015 ist eine ATME-Initiative, gefördert und unterstützt unter anderem von der Eberhard-Schultz-Stiftung für soziale Menschenrechte und Partizipation und gibt alternative Behandlungsempfehlungen für den Umgang des Gesundheitssystems mit transsexuellen und intersexuellen Menschen.[8] Prominente Unterstützer waren unter anderem Heiner Bielefeldt, Karl-Heinz Brunner, Andrej Hunko, Ulla Jelpke, Stefan Kaufmann, Renate Kirchhoff, Brigitte Lösch, Harald Petzold, Susann Rüthrich und Ute Vogt.[15]

Publikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Veranstaltung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jens S. Achtert: werde was du bist oder die lange geschichte des „trans“ - ein filmischer versuch einer dokumentation. Podiumsdiskussion im Stuttgarter Theaterhaus am 30. Juli 2010 neben den beiden ATME-Vertreterinnen Christina „Tina“ Schieferdecker und Kim Schicklang mit Balian Buschbaum, Ute Vogt (SPD), Stefan Kaufmann (CDU), Ingrid Hönlinger (Die Grünen) und Flu Bäuerle (Amnesty International).[16]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Deutschland vor dem UN-Frauenrechtsausschuss. Ein Gespräch von Michael Krennerich mit den Frauenrechtlerinnen Marion Böker, Katja Rodi, Kim Schicklang und Lucie Veith. In: Zeitschrift für Menschenrechte, Jg. 3/2009, Nr. 1, S. 162–180.
  • Adrian de Silva: Grundzüge struktureller und konzeptueller Entwicklungen der Trans*Bewegung in der Bundesrepublik Deutschland seit Ende der 1990er Jahre. In: Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (Hrsg.): Forschung im Queerformat. Aktuelle Beiträge der LSBTI*-, Queer- und Geschlechterforschung. Bielefeld 2014, S. 151–170.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Aktion Transsexualität und Menschenrecht (Memento vom 19. Juni 2015 im Internet Archive). Eintrag in taz bewegung, ohne Datum, zuletzt abgerufen am 19. Juni 2015: „Der Verein Aktion Transsexualität und Menschenrecht e.V. (ATME) ist eine unabhängige gemeinnützige Organisation, die sich für Menschenrechte transsexueller Menschen einsetzt. ATME kämpft für ein Ende der Diskriminierung auf Grund der geschlechtlichen Identität. / Gegründet wurde der Verein Aktion Transsexualität und Menschenrecht e.V. im April 2008 von einer Gruppe transsexueller Frauen, die durch ihre Transsexualität selbst Menschenrechtsverletzungen erfahren haben und geht aus der Initiative Menschenrecht und Transsexualität hervor. …“
  2. Vgl. auch das Impressum auf der Website von Aktion Transsexualität und Menschenrecht e.V., c/o Christina Schieferdecker, ohne Datum, abgerufen am 8. August 2019.
  3. Blogseite von Tinaland.de (Memento vom 7. Februar 2011 im Internet Archive), ohne Datum, ursprünglich abgerufen am 19. Juni 2015: „Aktuell / Liebe Leute, […] Für alle, die etwas tun wollen: wendet euch bitte an ATME e.V.: http://atme-ev.de/ / […] / Tina“.
  4. Vgl. Martin Dannecker: Geschlechtsidentität und Geschlechtsidentitätsstörungen. In: Zeitschrift für Sexualforschung. 23 (1), 2010, S. 53–62.
  5. Transsexualität - Was ist das? Abgerufen am 8. August 2023.
  6. Vgl. Adrian de Silva: Grundzüge struktureller und konzeptueller Entwicklungen der Trans*Bewegung in der Bundesrepublik Deutschland seit Ende der 1990er Jahre. In: Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (Hrsg.): Forschung im Queerformat. Aktuelle Beiträge der LSBTI*-, Queer- und Geschlechterforschung. Bielefeld 2014, S. 160 ff.
  7. Adrian da Silva: 2.3. Bewegungssoziologische Analyse der Begrifflichkeiten der deutschen Trans*-Bewegung. In: Arn Sauer (Hrsg.): Geschlechtliche Vielfalt im transdisziplinären Verständnis. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Referat Öffentlichkeitsarbeit, Berlin Mai 2015, S. 25–30; Zitat S. 27.
  8. a b Förderung Aktion Transsexualität und Menschenrecht. In: sozialemenschenrechtsstiftung.org. Eberhard-Schultz-Stiftung für soziale Menschenrechte und Partizipation, Januar 2015, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 8. August 2019: „… Mit unserer finanziellen Hilfe von 2700 Euro wird im Januar ein Workshop durchgeführt, …“
  9. Mathias Becker: Linken-Kandidatin Monika Strub. Perfekte Wende. Jetzt ist Monika Strub eine Frau und sehr links. In: Stern. 26. September 2012, abgerufen am 11. Oktober 2015.
  10. Horst und Monika? Strafanzeige gegen die Orsons. In: ATME-eV.de. 23. September 2012, abgerufen am 11. Oktober 2015.
  11. Susanne Baller: „Bundesvision Song Contest“: Das Lied vom NPD-Mann, der zur linken Frau wurde. In: Stern. 27. September 2012, abgerufen am 11. Oktober 2015.
  12. a b Hallo liebe Aktion Transsexualität und Menschenrecht, Die Orsons, Post auf Facebook, 27. September 2012. Abgerufen am 11. Oktober 2015.
  13. I am #notsick. Video auf YouTube, abgerufen am 19. Juni 2015.
  14. Petition gegen WHO: Transsexuelle sind nicht krank. In: RTL Television. 24. Oktober 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 10. März 2016; abgerufen am 19. Juni 2015.
  15. Stuttgarter Erklärung. Website Geschlecht. Selbst. Bestimmt. Menschenrechtskonforme Behandlung Trans-/Intersexualität. Aktion Transsexualität und Menschenrecht e.V. (Hrsg.), Ludwigsburg, Januar 2015, abgerufen am 8. August 2019.
  16. Eigenpräsentation (PDF) der Eigenpräsentation von Jens Achert (PDF) auf der Website von mut23.de, abgerufen am 8. August 2019. Aus dem Präsentationstext: „Transphobie, Transsexualität, Transgender sind drei Begriffe in einer langen Geschichte des „Trans“ voller Unverständnis, Ausgrenzung und Gewalt, die viel zu oft bis hin zum Tode von unschuldigen Menschen führt. Im Stuttgarter Theaterhaus wurde am 30. Juli 2010 jedoch ein neues, hoffnungsvolleres Kapitel in dieser Geschichte geschrieben. Vertreter von politischen Parteien und Amnesty International trafen sich zur offenen Podiumsdiskussion mit den transsexuellen Frauen Tina und Kim, Organisatorinnen der Veranstaltung und des Vereins ATME e.V., aus Stuttgart.“ (Veranstaltungsvideo auf YouTube, abgerufen am 19. Juni 2015.)