Teufelsberg

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Teufelsberg
Höhe 114,7 m ü. NN
Lage Berlin (Deutschland)
Koordinaten 52° 29′ 51″ N, 13° 14′ 28″ OKoordinaten: 52° 29′ 51″ N, 13° 14′ 28″ O
Teufelsberg (Berlin)
Teufelsberg (Berlin)
Typ Trümmerberg
Besonderheiten Überschüttung des Rohbaus der Wehrtechnischen Fakultät
Ehemalige US-amerikanische Radargebäude
Blick auf die Stadt vom Dach des Radargebäudes
Radargebäude, vom Dach des Haupthauses

Der Teufelsberg ist ein Trümmerberg im Westen Berlins und mit 114,7 Meter über NN neben den Müggelbergen die höchste Erhebung des Stadtgebiets. Der Hügel – mit Aussicht über das Naturschutzgebiet Grunewald und die Havel – liegt im Ortsteil Grunewald (Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf) an der Teufelsseechaussee zwischen den S-Bahn-Bahnhöfen Grunewald und Heerstraße. Er hat seinen Namen vom nahe gelegenen Teufelssee.

Geschichte

Aufschüttung des Berges

An der Stelle des heutigen Teufelsbergs stand in den 1940er-Jahren der Rohbau der Wehrtechnischen Fakultät, die im Rahmen des nationalsozialistischen Projektes Welthauptstadt Germania gebaut werden sollte. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Anlage gesprengt, teilweise abgerissen und als Baumaterial genutzt. Um eine weitere Nutzung der verbliebenen Gebäudereste zu verhindern, wurde das Gelände ab 1950 zur Deponie für 12 Millionen Kubikmeter Trümmerschutt aus 400.000 zerbombten Häusern. Weitere Deponien wie der Insulaner, das Wilmersdorfer Stadion an der Fritz-Wildung-Straße (früher Lochowdamm), auf dem Gelände der ehemaligen Gasanstalt) hatten die vorgesehene Kapazität erreicht und konnten nicht weiter genutzt werden. Am 14. November 1957 wurde der zehnmillionste Kubikmeter Schutt angefahren. Täglich luden etwa 800 Lastzüge rund 7000 m³ ab. Nach Trümmer- und Bauschutt wurde der Teufelsberg auch als Mülldeponie für Industrieabfälle und Schrott, der beim Bau des alten Messedamms anfiel, genutzt. Nach Beendigung der Ablagerung im Jahr 1972 wurde die Landschaft mit Sand und Mutterboden gestaltet und rund eine Million Bäume wurden gepflanzt. Auch Wintersportmöglichkeiten wie einen Skihang, eine Rodelbahn, eine Sprungschanze und einen Schlepplift ließ der Senat herrichten.[1] Anlässlich der 750-Jahrfeier Berlins im Jahr 1987 wurde auf dem Skihang sogar ein Weltcup-Slalom ausgetragen.

Zeit des Kalten Krieges

Nachdem das Freizeitgelände fertig gestellt war, entdeckte die US-Armee den Berg als hervorragenden Standort für eine Abhöranlage. Die anfangs mobile Installation zur Überwachung des Luftraums – insbesondere der drei Flugkorridore zwischen Berlin und der Bundesrepublik – wurde bald durch feste Gebäude abgelöst. Dazu wurden mit der Zeit fünf Antennenkuppeln errichtet, die Überwachungsaufgaben zur Zeit des Kalten Kriegs bis weit in das Gebiet des Warschauer Paktes übernahmen. Die Anlage auf dem Teufelsberg wurde nun hauptsächlich von der National Security Agency (NSA) betrieben und diente als Teil des weltweiten Spionagenetzes ECHELON. Ab 1957 wurde die Anlage zusätzlich von folgenden amerikanischen und britischen Aufklärungs- und Sicherheitsdiensten genutzt:

  • 1957 280th ASA Company of the U.S. Army Security Agency
  • 1961 78th ASA Special Operations Unit
  • 1966 54th Special Operations Command
  • 1967 USASA Field Station Berlin
  • 1977 U.S. Army Intelligence and Security Command (INSCOM)
  • National Security Agency (NSA) 6912 Electronic Security Group of the U.S. Air Force
  • RAF No 26 Signal Unit
  • RAF No 13 Signal Regiment.

Ein kleiner Teil der Teufelsberg-Grünanlage blieb von der militärischen Nutzung verschont. In den 1970er- und 1980er-Jahren wurde am Südhang des Teufelsberges Wein angebaut, aus dem das Wilmersdorfer Teufelströpfchen gekeltert wurde.

Bis zur Wiedervereinigung war der Teufelsberg der höchste Berg von West-Berlin.

Nach der Wiedervereinigung

Nach der deutschen Wiedervereinigung wurden die elektronischen Einrichtungen der Anlage entfernt, da sie nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nutzlos geworden waren. 1991 zogen Amerikaner und Briten ab. Die Gebäude blieben stehen bzw. wurden sogar erneuert und neue Radaranlagen installiert, denn sie konnten ab 1999 zur zivilen Luftüberwachung des Flugverkehrs genutzt werden.

Verfall der Anlage, Juni 2009

Als Besitzer des 4,7 Hektar großen Areals der Abhörstation verkaufte es der Berliner Senat für 5,2 Mio. DM an die Kölner Investorengemeinschaft Teufelsberg KG (IGTB). Die Architekten von Gruhl & Partner führten in deren Auftrag 1998 Planungsarbeiten für die Errichtung eines Hotels mit Tagungszentrum, eines Spionagemuseums, exklusiver Wohnungen und einer Gaststätte durch. Das Bauprojekt scheiterte wegen des massiven Widerstandes von Umweltschützern und an den explodierenden Baukosten, der Investor meldete Insolvenz an. Bis zum Abbruch der Arbeiten wurden bereits einige Fundamente, ein Keller-Rohbau und das Muster einer Loftwohnung errichtet. Die Bauruinen sind mit einem Zaun gesichert und wurden bis Anfang 2003 bewacht. Aus finanziellen Gründen gab der Senat die Bewachung auf, was zu massivem Vandalismus führte. So ist seit 2005 wieder eine Wachgesellschaft mit den Sicherungsaufgaben betraut.

Aktuelle Nutzung des Teufelsbergs und Ausblick

Downhill-Trail am Nordost-Hang

Der Hügel ist ein Eldorado für Mountainbiker und für Zuschauer ihrer spektakulären Stürze, und bei entsprechenden Windverhältnissen ist er Übungsgelände für Drachen- und Gleitschirmflieger. Seit den 1980er-Jahren wird er von Longboardern für das Downhill-Skaten genutzt.

Im Winter wird der Skihang von Snowboardern – bei teilweisem Rodelverbot – öfters zu blankem Eis poliert. Für den nordischen Wintersport gibt es eine Langlauf-Loipe. Zudem findet jährlich ein „Silvesterlauf“ über das Gelände statt. Der Deutsche Alpenverein betreibt am Teufelsberg einen Kletterfelsen.

Spaziergänger nutzen den Teufelsberg gern als Naherholungsgebiet. Neugierige aller Altersgruppen besuchen inoffiziell die ehemaligen Spionageanlagen, was jedoch auf Grund des schlechten Geländezustandes einschließlich ungesicherter Gebäudeteile durchaus eine Lebensgefahr bedeutet.

Weil bis Ende 2004 keine weiteren Baumaßnahmen durchgeführt wurden, verfiel die offizielle Baugenehmigung, seit April 2006 ist das Gelände entsprechend dem Berliner Flächennutzungsplan „Wald“, also nicht bebaubares Gelände.[2]

Das Naturschutzzentrum Ökowerk Berlin fordert eine Renaturierung des Geländes. Das setzt den Rückkauf des Geländes durch das Land voraus, eine Entscheidung, die nach Ansicht beteiligter Behörden nur von der Finanzverwaltung und dem Liegenschaftsfonds getroffen werden kann. Die Senatsverwaltung schließt einen Rückkauf aus, da auf dem Gelände Hypotheken von ca. 33 Mio. Euro lasten.[3][4]

Die Maharishi-Bewegung plante Ende Februar 2008 den Kauf des Geländes und erwartete, dass der Bezirk das Baurecht für eine „vedische Friedensuniversität“ mit insgesamt 24.000 Quadratmetern Nutzfläche und einem 12-stöckigen und 50 Meter hohen „Turm der Unbesiegbarkeit“ für insgesamt 1000 Studenten erteilen würde. Der Filmregisseur David Lynch wollte sich mit seiner Stiftung David Lynch Foundation for Consciousness-Based Education and World Peace an der Finanzierung des Projekts beteiligen und legte einen symbolischen Grundstein.[5][6][7]

Im Dezember 2008 gab die Maharishi-Stiftung die Verantwortung für den Bau der Friedensuniversität an das Bundeskanzleramt ab mit der Begründung, sie stelle lediglich das Wissen zur Verfügung. Das Bundeskanzleramt konnte den Eingang entsprechender Schreiben nicht bestätigen.[8] Der Justiziar der Stiftung, Reinhard Buchzik, erklärte, man wolle den Amtsweg nicht weiter beschreiten: Er sei „zu schwierig“. Der Teufelsberg bleibe aber weiterhin „Pilotprojekt“ für entsprechende Einrichtungen in jedem Bundesland, mit geschätzten bundesweiten Kosten von fünf Milliarden Euro.[9]

Zwei Veteranenvereine, „The U.S. Field Station Berlin Veterans Group“ (USA) und der Verein „West-Alliierte in Berlin“, fordern hingegen die Umwidmung des Militärgeländes: Sie wünschen sich ein Denkmal, das an die Unterstützung der West-Alliierten erinnert.[10]

Der Teufelsberg im Film

Der Regisseur Thomas Nennstiel drehte am Teufelsberg die 2006 erschienene Kriminalkomödie Entführ’ mich Liebling.

2007 wurde hier der Film Die Spieler von Sebastian Bieniek gedreht, der ausschließlich auf dem Gelände und in den Gebäuden auf dem Teufelsberg spielt und der im gleichen Jahr für den höchsten Preis (Goldener Pokal) des Shanghai International Film Festival nominiert war.

Auch in dem 2008 erschienenen Psychothriller Der Seelenbrecher von Sebastian Fitzek spielt der Teufelsberg eine Rolle, da dort eine fiktive Privatklinik angesiedelt ist, in der sich der größte Teil der Handlung abspielt.

Siehe auch

Liste der Erhebungen in Berlin

Literatur

  • Angela M. Arnold, Gabriele von Griesheim: Trümmer, Bahnen und Bezirke. Berlin 1945 bis 1955. Eigenverlag, Berlin 2002, ISBN 3-00-009839-9.
  • Friedrich Jeschonnek, Dieter Riedel, William Durie: Alliierte in Berlin 1945–1994. Berliner Wiss.-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-8305-0397-2.

Einzelnachweise

  1. Angela M. Arnold, Gabriele von Griesheim: Trümmer, Bahnen und Bezirke. Berlin 1945–1955. Selbstverlag, ISBN 3-00-009839-9 (S. 265ff)
  2. Flächennutzungsplan Berlin, Änderung Nr. 06/04, Teufelsberg (Charlottenburg-Wilmersdorf)
  3. Teurer Teufelsberg. Berliner Zeitung, 4. November 2005
  4. Wem gehört der Berliner Teufelsberg? NZZ-online, 22. Dezember 2007
  5. Kult-Regisseur Lynch baut umstrittene Yoga-Uni. Die Welt, 15. November 2007
  6. David Lynch baut Uni auf dem Teufelsberg. Der Tagesspiegel, 15. November 2007
  7. Yogi-Flieger stellen Bauantrag für Teufelsberg. Berliner Morgenpost, 10. Januar 2008
  8. Merkel soll Yogi-Projekt retten. Der Tagesspiegel, 17. Dezember 2008
  9. Esoteriker planen Friedensuniversität auf dem Teufelsberg. Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb), Abendschau (Berlin), 21. Januar 2009
  10. Unterschriften für Denkmal auf dem Teufelsberg. Welt online, 29. Januar 2009