Universitäre Psychiatrische Dienste Bern

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Universitäre Psychiatrische Dienste Bern
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Der Zentralbau am Hauptstandort Bolligenstrasse in Bern
Ort Bern, Schweiz
Kanton Bern
Staat Schweiz
Koordinaten 603254 / 201764Koordinaten: 46° 58′ 1″ N, 7° 28′ 53″ O; CH1903: 603254 / 201764
Vorsitzender der Geschäftsleitung Dominique Schmid
Versorgungsstufe Grundversorgung und Spezialversorgung
Betten 332
Mitarbeiter > 1600
Gründung 1850
Website upd.ch
Lage
Universitäre Psychiatrische Dienste Bern (Stadt Bern)
Universitäre Psychiatrische Dienste Bern (Stadt Bern)
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Die Waldau auf einer Zeichnung von Adolf Wölfli (1921)

Die Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (UPD) sind eine Aktiengesellschaft, die psychiatrische Kliniken und Angebote im Bereich der Wohn- und Arbeitsrehabilitation im Kanton Bern betreibt.[1] Ihr kantonaler Leistungsauftrag umfasst die psychiatrische Grundversorgung aller Altersgruppen in der Region Bern sowie von Kindern und Jugendlichen im ganzen Kanton Bern.

Beschreibung

Die UPD ist das Kompetenzzentrum für Psychiatrie und Psychotherapie in der Hauptstadtregion und eines der renommiertesten Psychiatriespitäler in der Schweiz. Die UPD bietet die gesamte psychiatrische Versorgungskette von der Früherkennung über die ambulante, teilstationäre und stationäre Behandlung bis hin zur Rehabilitation und Reintegration von Menschen mit einer psychischen Erkrankung an. Als Universitätsspital leistet die UPD zudem einen wesentlichen Beitrag zur psychiatrischen Spezialversorgung sowie zur Aus-, Weiter- und Fortbildung, Lehre und Forschung.

Umgangssprachlich wird die Bezeichnung (die) Waldau, welche auf die 1850 gegründete "Irrenanstalt" zurückgeht, noch heute für die UPD verwendet.[2]

Struktur

Die UPD Bern besteht aus folgenden Kliniken und Direktionen:

  • Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
  • Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie
  • Universitätsklinik für Alterspsychiatrie und Psychotherapie
  • Zentrum Psychiatrische Rehabilitation
  • Direktion der Betriebe (bis 31. Dezember 2022 Direktion Dienste und Betriebe)
  • Direktion Human Resources
  • Direktion Finanzen (ab 1. Januar 2023)

Sie betreibt über 20 Standorte im Kanton Bern. Den traditionellen Kern bildet der Bolligenstrasse Campus (Waldau) im Nordosten der Stadt Bern.

Geschichte

Die Geschichte der UPD geht bis in das Mittelalter zurück. Mit der Verlegung des Siechenhauses für Leprakranke um 1491 aus der Stadt Bern wurde das Breitfeld – eine Wegstunde von den Stadttoren Berns entfernt – für die Nutzung als Krankenhaus erschlossen. Auf diesem Breitfeld wurde 1749 das Tollhaus gebaut, der Vorläufer der Waldau. Diese wurde im Jahr 1855 eröffnet und zählte Mitte der 1940er Jahre rund 1100 Patientinnen und Patienten.

Im Jahr 1861 wurden erste klinische Vorlesungen über Psychiatrie gehalten und damit erfolgte die Anbindung an die Medizinische Fakultät der Universität Bern.

Die heutige UPD entstand im Jahr 1996 mit dem Zusammenschluss der Sozialpsychiatrischen Universitätsklinik und der Psychiatrischen Universitätsklinik sowie der Angliederung der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Heute verfügt die UPD über ein umfassendes Angebot für jüngere und ältere Erwachsene sowie Kinder und Jugendliche mit über 20 Standorten im Kanton Bern. Per 1. Januar 2017 wurde die UPD zu einer gemeinnützigen Aktiengesellschaft verselbstständigt.

Architektur

Die Chronik des Areals Bolligenstrasse (Waldau) ist von einem andauernden Wandel geprägt. Gebäude wurden er- und umgebaut, erneuert und wiederholt erweitert. Die Entwicklung der Psychiatrie und die Ansprüche jeder Epoche beeinflussten die Architektur und die Infrastruktur der Bauten. Von der Isolierung und Internierung über die wohnliche Lebensgemeinschaft in der Anstalt, bis zur heutigen gemeindenahen Psychiatrie: Jedes Gebäude erzählt einen Teil der psychiatrischen Geschichte.

Die Kapelle (früher Siechenkapelle) wurde von 1491 bis 1501 erbaut und ersetzte eine frühere Kapelle, die seit 1365 mit einer eigenen Kaplanei ausgestattet war. 1683 wurde die Kapelle vergrössert. Die dekorativen Fenster- und Türumrahmungen, die Sonnenuhr an der Südwand sowie die Bemalung der Holztonnendecke entsprechen dem gängigen Muster barocker Berner Kirchenausstattung. Die beiden Glocken stammen aus den Jahren 1497 und 1684.

Der Kern des Kurhauses ist vermutlich auf das ehemalige Siechenhaus, dessen Bausubstanz ins 15. und 16. Jahrhundert zurückreicht. Es entstand 1599–1601, als das Siechenhaus und das Blatternhaus im selben Gebäude untergebracht wurden.

Das heute noch bewohnte Schlössli (früher Siechenschlössli) wurde 1598–99 als Wohnhaus von herrschaftlichem Gepräge für den Siechenmeister, dem Vorsteher des Ausserkrankenhauses erstellt.

Als bedeutendes Werk des bernischen Spätbarocks gilt das Pfründerhaus, welches 1765 fertig gestellt wurde.

Das Althaus von 1746–1748 geht auf das ehemalige Tollhaus zurück, dessen Aussenmauern im Erdgeschoss des Mitteltrakts teilweise erhalten sind. 1829 wurde dem Althaus ein Stöckli angefügt.

Das grösste Gebäude auf dem Areal ist der Zentralbau. Dieser wurde 1855 nach vierjähriger Bauzeit als «Irren-, Heil- und Pflegeanstalt Waldau» für 230 Kranke eröffnet und war ursprünglich eine geschlossene, um eine zentrale Achse angelegte Vierflügelanlage in deutlicher Anlehnung an Klöster und Spitalbauten des Barock. Der Zentralbau gehört zu den hervorragendsten Grossbauten des akademischen Klassizismus in Bern. In klassischer Strenge gestaltet, überzeugt er durch seine ausgewogenen Masse und Verhältnisse, durch seinen Einfachheit und unaufdringlichen, wohlplatzieren Schmuck.

Die Alte Klinik wurde 1911–1913 als sogenannter «Neubau» erstellt und entspricht architektonisch weitgehend dem Heimatstil des beginnenden 20. Jahrhunderts. Sie ist ein breitgelagerter, symmetrischer Bau mit Seitenflügeln im Sinne einer Anlage «entre cour et jardin».

In den 50–70er-Jahren des 21. Jahrhunderts wurden das Laborgebäude, Grünthalhaus, das Wirtschaftsgebäude sowie die Neue Klinik im damals modernen Stil gebaut. In den unterirdischen Gängen, die das Wirtschaftsgebäude mit zahlreichen anderen Klinikgebäuden verbindet, sind viele mehr oder weniger kunstvolle Wandbilder von Patienten zu sehen.

Künstler in der Waldau

Bekannte Bewohner der Waldau waren der Art-brut-Künstler Adolf Wölfli (von 1895 bis 1930) und die Schriftsteller Hans Morgenthaler (1925), Robert Walser (von 1929 bis 1933) und Friedrich Glauser (von 1934 bis 1936). Glauser verfasste dort seine ersten drei Wachtmeister-Studer-Romane: Schlumpf Erwin Mord, Die Fieberkurve und Matto regiert. Letzterer gilt als Schlüsselroman und löste bei seinem Erscheinen 1937 einen Skandal im bernischen Gesundheitswesen aus, in dessen Folge der Waldau gar eine Disziplinaruntersuchung drohte, obwohl Glauser im Roman mit einem früheren Aufenthalt im Psychiatriezentrum Münsingen abrechnete.

Schweizerisches Psychiatrie-Museum Bern

Von 1858 bis 1871 wirkte der reformierte Theologe Ernst Friedrich Langhans als Seelsorger an der Klinik. Walter Morgenthaler war hier von 1908 bis 1910 Assistenzarzt und von 1913 bis 1920 Oberarzt. Er sammelte historische Gegenstände und Dokumente und richtete damit in zwei Räumen der heutigen «Alten Klinik» eine Ausstellung ein, womit er den Grundstock für das Schweizerische Psychiatrie-Museum legte. Dieses befindet sich heute auf dem Areal des Standorts Bolligenstrasse (Waldau) im ehemaligen «Pfründerhaus» aus dem Jahr 1765.

Siehe auch: Stiftung Psychiatrie-Museum Bern

Direktoren

  • 1855–1859: Albrecht Tribolet
  • 1859–1890: Rudolf Schärer
  • 1890–1933: Wilhelm von Speyr
  • 1933–1954: Jakob Klaesi
  • 1954–1963: Max Müller
  • 1963–1978: Hans Walther-Büel
  • 1979–1998: Wolfgang Böker
  • 1998–2000: Christiane Roth
  • 2000–2002: Werner Strik
  • 2002–2008: Bruno Guggisberg
  • 2008–2011: Karl Studer
  • 2011–2012: Regula Mader
  • 2012–2014: Nicoletta della Valle / Urs Mosimann
  • Verselbstständigung zu einer gemeinnützigen Aktiengesellschaft per 1. Januar 2017
  • Bis 2021: Vorsitzender der Geschäftsleitung: Stefan Aebi
  • Bis 2022: Präsident Verwaltungsrat: Heinz Hänni
  • 2021–2022: Vorsitzender der Geschäftsleitung: Alexandre Schmidt
  • Ab 2022: Präsidentin Verwaltungsrat: Patricia Kellerhals
  • 2022: Vorsitzender der Geschäftsleitung a. i.: Dominique Schmid
  • Ab 2023: Vorsitzender der Geschäftsleitung: Oliver Grossen

Literatur

  • Andreas Altorfer: In der Anstalt – das Leben in der Psychiatrischen Klinik anfangs 20. Jahrhundert: eine fotografische Dokumentation aus der Irren-, Heil- und Pflegeanstalt Waldau. Ausstellung im Psychiatrie-Museum (Bern), 22. September 2007–23. August 2008, Edition Solo, Bern 2008, ISBN 978-3-9523374-0-0.
  • Michel Beretti, Armin Heusser (Hrsg.): Der letzte Kontinent: Bericht einer Reise zwischen Kunst und Wahn; ein Bilder- und Lesebuch mit Materialien aus dem Waldau-Archiv (das Buch entstand aufgrund der Ausstellung «Le Dernier Continent ou la Waldau, Asile de l’Art» des Centre Culturel Suisse in Paris vom 11. Mai bis 30. Juni 1996, Schweizerische Landesbibliothek in Bern vom 28. Februar bis 19. April 1997). Mit Texten von Rätus Luck, Gestaltung: Guido Widmer, Limmat, Zürich 1997, ISBN 3-85791-281-2.
  • Zita Caviezel-Rüegg u. a.: Die Waldau bei Bern (= Schweizerische Kunstführer, Band 639/640). Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK, Bern 1998, ISBN 3-85782-639-8.
  • Werner Strik: 150 Jahre Waldau – ein Spiegel der Gesellschaft. In: UniPress. Ausgabe 125, Juni 2005, S. 25 f. (PDF; 79 kB).
  • Martina Wernli: Schreiben am Rand: die «Bernische kantonale Irrenanstalt Waldau» und ihre Narrative (1895–1936), Transcript, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2878-4 (überarbeitete Dissertation ETH Zürich 2012, 444 Seiten, Verlaginfo).
  • Jakob Wyrsch: 100 Jahre Waldau: Geschichte der kantonalen Heil- und Pflegeanstalt und Psychiatrischen Universitätsklinik Waldau-Bern. Huber, Bern 1955.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Universitäre Psychiatrische Dienste Bern – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Universitäre Psychiatrische Dienste Bern (UPD) AG, Handelsregister des Kantons Bern, abgerufen am 22. August 2018.
  2. z. B. Artikel in Berner Zeitung von 2017