„Schiefkörper“ – Versionsunterschied

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Version vom 2. August 2013, 09:10 Uhr

Ein Schiefkörper oder Divisionsring ist eine algebraische Struktur, die alle Eigenschaften eines Körpers besitzt, außer dass die Multiplikation nicht notwendigerweise kommutativ ist.

Ein Schiefkörper ist somit ein Ring mit Einselement , in dem jedes Element ein multiplikatives Inverses besitzt.

Alle Schiefkörper mit einer endlichen Anzahl von Elementen sind nach dem Satz von Wedderburn zugleich Körper. Ist ein Schiefkörper kein Körper, muss er demnach aus unendlich vielen Elementen bestehen. Ein Beispiel ist der Schiefkörper der Quaternionen.

Das Zentrum eines Schiefkörpers ist ein (kommutativer) Körper , und mittels der Inklusion wird zu einer -Algebra. Die Gesamtheit derjenigen Schiefkörper mit einem vorgegebenen Zentrum , die als -Vektorraum endlichdimensional sind, wird durch die Brauergruppe von beschrieben.

Zur algebraischen Beschreibung einer affinen Ebene oder einer projektiven Ebene werden in der synthetischen Geometrie für desarguesche Ebenen Schiefkörper als Koordinatenbereiche eingesetzt. Zur Beschreibung nichtdesarguescher (affiner oder projektiver) Ebenen werden dort zum gleichen Zweck unter anderem Alternativkörper, Quasikörper und Ternärkörper verwendet. Dabei wird der Begriff Schiefkörper verallgemeinert: Jeder Schiefkörper ist ein Alternativkörper, jeder Alternativkörper ein Quasikörper und jeder Quasikörper ein Ternärkörper.

Geschichte des Begriffs

Als erster nichtkommutativer Körper wurde 1843 der Quaternionenring von Sir William Hamilton konstruiert. Sein Ziel war es dabei, Vektoren des dreidimensionalen Raumes darzustellen und zwar möglichst analog zur Darstellung von Vektoren der Ebene durch komplexe Zahlen. Hamilton und seine Nachfolger bauten auf dieser Grundlage einen ausgefeilten geometrischen Kalkül auf, der letztlich mit zur Entwicklung der Vektoranalysis führte. Schiefkörper wie die Quaternionen, die endlichdimensionale C-Vektorräume über ihrem Zentrum R sind, wurden in den 1920er- und 1930er Jahren intensiv erforscht und das Gebiet wurde in den 1970er Jahren wieder belebt.[1]

Der erste Schiefkörper, der über seinem Zentrum unendlichdimensional ist, wurde von David Hilbert 1903 konstruiert. Ihm ging es darum, ein Modell für einen nichtkommutativen Schiefkörper angeben zu können, der eine Anordnung zulässt, die analog zu den bekannten Anordnungen der formal reellen (kommutativen) Körper mit den algebraischen Verknüpfungen verträglich ist. Über einem solchen Schiefkörper konnte er dann eine affine Geometrie definieren, die einige, aber nicht alle Axiome seiner Axiomatik der euklidischen Geometrie erfüllt.

1931 studierte Øystein Ore die weiter unten in diesem Artikel beschriebene und nach ihm benannte Konstruktionsmethode für Schiefkörper.

Sprachregelungen

In der älteren Literatur werden häufig auch nicht kommutative Schiefkörper als „Körper“ bezeichnet, der Begriff „Schiefkörper“ wurde dann nur benutzt, wenn hervorgehoben werden sollte, dass ein bestimmter „Körper“ (Divisionsring) nicht kommutativ ist. Im Französischen schließt der Begriff „corps“ bis heute den nicht kommutativen Fall mit ein.

Definitionen und Eigenschaften

Eine Menge mit zwei zweistelligen Operationen (Addition), (Multiplikation) und zwei Konstanten heißt Schiefkörper, wenn die folgenden Axiome gelten:

  1. ist eine kommutative/abelsche Gruppe.
  2. ist eine Gruppe.
  3. Es gelten die beiden Distributivgesetze
und für alle

Auf das Kommutativgesetz der Addition könnte hier, anders als bei Ringen, auch verzichtet werden, denn es folgt aus den anderen Axiomen des Schiefkörpers (siehe: Abschwächung der Ring-Axiome).

Gleichwertig zu diesem Axiomensystem ist das folgende, von Günter Pickert formulierte, das ohne Distributivgesetz auskommt:[2]

Sei wie oben vorausgesetzt und es sei

  1. eine abelsche Gruppe,
  2. eine Gruppe und
  3. eine Gruppe, wobei die Verknüpfung durch gegeben ist,
  4. es gelte ,

dann ist ein Schiefkörper.

Von Cohn stammt das folgende gleichwertige Axiomensystem, das den multiplikativen Aspekt des Schiefkörpers betont:[3]

Es sei eine Gruppe. Die Gruppe mit 0 auf G ist dann die Menge mit der durch die Vereinbarung fortgesetzten Verknüpfung. Ist nun eine Abbildung mit

  1. für
  2. für

dann ist mit der Addition

ein Schiefkörper. Bei gegebenem Schiefkörper mit Addition ist die Abbildung durch gegeben.

Teilkörper

Ist S ein Schiefkörper und eine Teilmenge mit und ist eine Untergruppe von sowie eine Untergruppe von , dann nennt man T einen Teilkörper[4] von S. Für diese Teilkörperbeziehung schreibt man dann

Zentrum und Zentralisator
  • Ist ein Schiefkörper, dann heißt die Menge das Zentrum von S.
  • Elemente werden als zentrale Elemente des Schiefkörpers bezeichnet.
  • Das Zentrum von S ist das Zentrum im Sinne der Gruppentheorie der multiplikativen Gruppe zusammen mit dem Nullelement: .
  • Der Zentralisator einer Teilmenge ist definiert durch Jeder Zentralisator ist ein (nicht notwendig kommutativer) Teilkörper von S.
  • Für den Zentralisator einer Teilmenge A gilt stets
  • Der Zentralisator kehrt Teilmengenbeziehungen um: . Speziell gilt .

Eigenschaften und verwandte Begriffe

  • In einer Divisionsalgebra muss die Multiplikation nicht notwendigerweise assoziativ sein. Jeder Schiefkörper ist eine Divisionsalgebra über seinem Zentrum, eine K-Divisionsalgebra über einem Körper K ist genau dann ein Schiefkörper, wenn das Assoziativgesetz erfüllt und damit eine Gruppe bildet. In diesem Fall ist K ein Teilkörper des Zentrums von D,
  • Jeder Schiefkörper ist ein Fastkörper, ein Fastkörper ist genau dann ein Schiefkörper, wenn er beide Distributivgesetze erfüllt.
  • Wird in dem Axiomensystem von Cohn mit der Nachfolgerabbildung das 3. Axiom nicht gefordert, dann beschreibt es einen Fastkörper.
  • Jeder Schiefkörper ist ein Halbkörper im Sinne der Geometrie und ein Alternativkörper, ein Halbkörper oder Alternativkörper ist genau dann ein Schiefkörper, wenn die Multiplikation assoziativ ist.
  • Ein Ring mit Einselement (unitärer Ring) ist genau dann ein Schiefkörper, wenn jedes Element außer dem Nullelement ein links- und ein rechtsinverses Element bezüglich der Multiplikation besitzt. Die Gleichheit dieser beiden inversen Elemente und die Eindeutigkeit des also zugleich links- und rechtsinversen Elementes lässt sich dann aus den übrigen Ringaxiomen beweisen.

Konstruktion

Kommutative Körper können aus gegebenen Körpern durch algebraische oder transzendente Körpererweiterungen erzeugt werden, jeder solche Körper geht aus dem Primkörper seiner Charakteristik durch eine Kombination dieser beiden Erweiterungsarten hervor. Eine vergleichbare „kanonische“ Methode, Schiefkörper zu konstruieren, ist nicht bekannt. Die meisten Methoden beruhen darauf, einen (geeigneten) nichtkommutativen, nullteilerfreien Ring in seinen Rechts- oder Linksquotientenschiefkörper einzubetten. Ein verhältnismäßig einfaches hinreichendes Kriterium an einen Ring fand Øystein Ore mit der nach ihm benannten Ore-Bedingung.

Unendlichdimensionale Erweiterungen können analog zu dem von Hilbert angegebenen Schiefkörper aufgebaut werden. Dieser sieht so aus:[5]

  1. Sei K ein Schiefkörper oder Körper,
  2. der rationale Funktionenkörper in einer zentralen Unbestimmten u.
  3. Auf ist die durch definierte Abbildung ein Ringendomorphismus.
  4. Daraus wird, mit einer neuen Unbestimmten v der nichtkommutative Polynomring gebildet, auf dem die Multiplikation von u mit v durch die Vertauschungsrelation bestimmt ist (v vertauscht mit Elementen des Ausgangskörpers K).
  5. ist der Rechtsquotientenschiefkörper des nullteilerfreien Ore-Rings und wird als Hilbertkörper[5] bezeichnet.

Das Zentrum ist auch Zentrum des Hilbertkörpers und es ist stets . Ist K ein formal reeller (kommutativer) Körper, dann lässt H eine mit den algebraischen Verknüpfungen verträgliche Anordnung zu.

Eine Verallgemeinerung von Hilberts Konstruktion verwendet anstelle von andere Ringendomorphismen von .

Literatur

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Jacobson (1996)
  2. Günter Pickert: In: Mathematische Zeitschrift. Nr. 71, 1959, S. 99–108.
  3. Cohn (1995)
  4. Systematisch besser wäre hier die Bezeichnung „Teilschiefkörper“, aber diese ist in der Literatur kaum gebräuchlich, vgl. Pickert (1951).
  5. a b Cohn (1995), 6.1