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(90377) Sedna

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Asteroid
(90377) Sedna
(90377) Sedna
Eigenschaften des Orbits Animation
Epoche: 31. Juli 2016 (JD 2.457.600,5)
Orbittyp Transneptunisches Objekt
Große Halbachse ca. 500 AE
Exzentrizität

0,848

Perihel – Aphel 76,03 AE – ca. 924 AE
Neigung der Bahnebene 11,9°
Länge des aufsteigenden Knotens 144,5°
Argument der Periapsis 311,5°
Zeitpunkt des Periheldurchgangs 2076-08
Siderische Umlaufzeit ca. 11.180 ± 20 a
Mittlere Orbital­geschwin­digkeit 1,019 [1] km/s
Physikalische Eigenschaften
Mittlerer Durchmesser 995 ± 80 km [2]
Masse ≈ 1 · 1021Vorlage:Infobox Asteroid/Wartung/Masse kg
Albedo 0,32 ± 0,06
Mittlere Dichte ≈ 2,0 g/cm³
Rotationsperiode ca. 10 h
Absolute Helligkeit 1,6 ± 0,3 mag
Geschichte
Entdecker Michael E. Brown
Chadwick A. Trujillo
David L. Rabinowitz
Datum der Entdeckung 14. November 2003
Andere Bezeichnung 2003 VB12
Quelle: Wenn nicht einzeln anders angegeben, stammen die Daten vom JPL Small-Body Database. Die Zugehörigkeit zu einer Asteroidenfamilie wird automatisch aus der AstDyS-2 Datenbank ermittelt. Bitte auch den Hinweis zu Asteroidenartikeln beachten.
Vorlage:Infobox Asteroid/Wartung/Umlaufdauer

(90377) Sedna ist ein transneptunisches Objekt jenseits des Kuipergürtels und gehört aufgrund seiner Größe und Masse höchstwahrscheinlich zu den Zwergplaneten. Aufgrund des Perihels von 76 Astronomischen Einheiten (AE) kann es kein von Neptun gestreutes Objekt des Kuipergürtels (KBO) sein und wird von Mike Brown in die neue Klasse der „Distant detached objects“ (DDOs) oder als der „Inneren Oortschen Wolke“ zugehörig eingeordnet.

Entdeckung und Benennung

Diese drei Bilder zeigen die erste Entdeckung von Sedna. Gemacht wurden sie am 14. November 2003 von 6:32 bis 9:38 UTC. Erkannt wurde Sedna durch eine leichte Drift auf diesen Bildern.

Entdeckt wurde Sedna am 14. November 2003 von Mike Brown (California Institute of Technology), Chad Trujillo (Gemini-Observatorium) und David Rabinowitz (Yale-Universität) mit dem 1,2-m-Schmidt-Teleskop am Mount Palomar Observatorium. Weitere Untersuchungen wurden mit dem Spitzer-Weltraumteleskop und dem Hubble-Weltraumteleskop durchgeführt. Am 15. März 2004 wurde die Entdeckung veröffentlicht. Nachträglich wurde Sedna auf älteren Aufnahmen bis zurück ins Jahr 1990 gefunden, wodurch relativ genaue Bahndaten berechnet werden konnten.

Wegen seines kalten und entfernten Wesens benannten die Entdecker das Objekt nach Sedna, der Meeresgöttin der Inuit, die der Sage nach in den kalten Tiefen des Atlantischen Ozeans lebt. Bei seiner Entdeckung erhielt es die vorläufige Bezeichnung 2003 VB12.

Wie alle anderen transneptunischen Objekte außer Pluto besitzt Sedna kein offizielles oder allgemein verwendetes astronomisches Symbol. Im Internet kursierende Sednasymbole (z. B. Datei:Sedna symbol proposal 1.png oder Datei:Sedna symbol proposal.png) sind Entwürfe von Privatpersonen.[3] Eine offizielle Symbolzuweisung ist nicht zu erwarten, da astronomische Symbole in der modernen Astronomie nur noch eine untergeordnete Rolle spielen.

Bahneigenschaften

Bahnvergleich von Sedna mit Pluto; der grüne Bereich der Bahn zeigt den Abschnitt, der südlich der Ekliptik liegt.
Sednas derzeitige Position relativ zum Kuipergürtel und den Planeten

Umlaufbahn

Sedna umrundet die Sonne auf einer prograden, hochgradig elliptischen Umlaufbahn zwischen 76,03 Astronomische Einheiten (AE) und etwa 924 AE Abstand zu deren Zentrum. Die Bahnexzentrizität beträgt 0,85, die Bahn ist 11,9° gegenüber der Ekliptik geneigt.

Die derzeitige Entfernung zur Sonne beträgt 85,58 AE (rund 12,8 Milliarden Kilometer).[4] Dies entspricht in etwa der dreifachen Entfernung des Neptun (des äußersten Planeten) zur Sonne. Das Sonnenlicht benötigt für diese Strecke 11 Stunden und 52 Minuten. Sedna wird ihr Perihel im August 2076 erreichen.

Im Aphel ist Sedna fast 19-mal weiter von der Sonne entfernt als Pluto an seinem äußersten Punkt. Dies entspricht 0,0146 Lichtjahren. Damit benötigt das Sonnenlicht etwa 5 Tage und 8 Stunden, um zu Sedna zu gelangen, wenn sie im Aphel ist, während es am sonnennächsten Punkt „nur“ ca. 10½ Stunden sind. Man müsste Sednas Apheldistanz fast 300-mal zurücklegen, um zum nächsten Sternsystem Alpha Centauri zu gelangen.

Die Apheldistanz ist außergewöhnlich groß, jedoch wird Sedna in dieser Hinsicht von dem erheblich kleineren neptunbahnkreuzenden Objekt (308933) 2006 SQ372 übertroffen.

Die Umlaufzeit von Sedna beträgt rund 11.180 Jahre.

Das Objekt gehört aufgrund der extremen Bahnelemente wahrscheinlich nicht zum Kuipergürtel und ist auch von der Sonne nur ein Zehntel so weit entfernt wie die angenommene Oortsche Wolke. Auch wenn die genaue Einordnung noch unklar ist, gehört Sedna auf jeden Fall einer ganz neuen Klasse von Objekten an (siehe unten).

Bahnparameter hoch-extremer transneptunischer Objekte mit Perihelien > 50 AE und großen Halbachsen > 150 AE[5]
Objekt große Halb­achse
a (AE)
Exzen­trizität
e
Perihel
q (AE)
Aphel
Q (AE)
Inkli­nation
i (°)
Argument
der Periapsis

(°)
Länge des aufst. Knotens
Ω (°)
Umlauf­zeit
T (Jahre)
Absolute Helligkeit
H (mag)
Sedna 541,6 0,859 76,37 1006,9 11,93 310,84 144,30 12.600 1,52
2012 VP113 273,9 0,7059 80,54 467.2 24,02 294,07 90,85 4.530 4,09
Leleākūhonua 1389 0,9532 65,07 2713 11,67 117,58 301,00 51.800 5,57
2013 SY99 884,5 0,9434 50,04 1719,00 4,21 31,78 29,53 26.300 6,84
2019 EE6 165,5 0,5488 74,67 256,28 162,95 44,76 201,04 2.130 6,41
2021 RR205 1185 0,9530 55,655 2314,82 7,64 208,99 108,37 40.800 6,74

Physikalische Eigenschaften

Diese Grafiken zeigen die derzeitige Position Sednas im Vergleich zu anderen Objekten des Sonnensystems.

Größe und Rotation

Nach gegenwärtigen Schätzungen (Stand 2012) hat Sedna einen Durchmesser von 995 km.[2] Zuvor war man von wesentlich größeren Durchmessern von 1400 bis zu 1700 km ausgegangen. Da Sedna jedoch offenbar ein größeres Rückstrahlvermögen hat als ursprünglich angenommen, hat sich dieser Wert stark nach unten korrigiert. Damit ist Sedna etwas größer als der größte Körper im Hauptgürtel, der Zwergplanet Ceres.

Sedna rotiert in rund 10 Stunden einmal um ihre Achse.

Oberfläche

Sedna hat eine stark rötliche Färbung, die jener des viel sonnennäheren Zentauren Pholus oder des Planeten Mars ähnelt. Die Ursache dieser Färbung ist bisher ungeklärt, sie weicht deutlich von der meist kohligen Farbe der bisher entdeckten Transneptune ab.

Die Oberflächentemperatur dürfte aufgrund dieser großen Distanz zur Sonne bei lediglich 30 K (−243 °C) liegen. Die scheinbare Helligkeit von Sedna beträgt im Perihel 20,4 mag.[6]

Zwergplaneten-Kandidat

Künstlerische Darstellung einiger großer transneptunischer ObjekteTransneptunisches ObjektPlutoCharon (Mond)PlutoHydra (Mond)Kerberos (Mond)Styx (Mond)Nix (Mond)Charon (Mond)(136199) Eris(136199) ErisDysnomia (Mond)Dysnomia (Mond)(136108) Haumea(136108) HaumeaHiʻiaka (Mond)Hiʻiaka (Mond)Namaka (Mond)Namaka (Mond)(136472) Makemake(136472) MakemakeS/2015 (136472) 1(225088) Gonggong(225088) GonggongXiangliu (Mond)(50000) Quaoar(50000) QuaoarWeywotWeywot(90377) Sedna(90377) Sedna(90482) Orcus(90482) OrcusVanth (Mond)Vanth (Mond)(120347) Salacia(120347) SalaciaActaea (Mond)Actaea (Mond)(307261) 2002 MS4(307261) 2002 MS4MondErde
Vergleich einiger großer transneptunischer Objekte mit der Erde (Zumeist am Spektrum orientierte Phantasiezeichnungen.). Um zum entsprechenden Artikel zu kommen, auf das Objekt klicken (große Darstellung).

In den Medien wurde Sedna vielfach als der 10. Planet unseres Sonnensystems bezeichnet – eine Aussage, die jedoch von Seite der Wissenschaft wenig Unterstützung fand. Astronomen sahen in Sedna wegen ihrer relativ geringen Größe und der hohen Bahnexzentrizität keinen „echten“ Planeten.

Bevor es eine offizielle und allgemein anerkannte Planetendefinition gab, war die Frage, wann ein Objekt als Planet zu bezeichnen ist, nicht eindeutig geklärt. Ging man nur von der Größe des Objektes aus, so hätte das am 29. Juli 2005 bekannt gemachte Objekt Eris, dessen Durchmesser derzeit auf 2326 km geschätzt wird, in jedem Fall als 10. Planet gelten müssen, vorausgesetzt, Pluto hätte seinen Status beibehalten. Setzt man als Maßstab eine stabile Umlaufbahn an, so unterscheiden sich Pluto und alle anderen Objekte hier erheblich von den anderen Planeten durch ihre stark exzentrische Umlaufbahn.

Die offizielle Definition benutzt eine dritte Möglichkeit, indem sie festlegt, dass ein Objekt nur dann ein Planet ist, wenn es durch seine Anziehungskraft seine Umlaufbahn bereits von anderen Objekten gesäubert hat. Dieses trifft auf keines der seit 1846 entdeckten Objekte zu, wodurch diesen der Planetenstatus aberkannt, beziehungsweise die Chance auf einen Planetenstatus verwehrt wurde. Stattdessen sind Objekte, die diese Bedingung nicht erfüllen, jetzt als die neue Klasse der Zwergplaneten definiert.

Es war eine Grundsatzfrage, ob das Sonnensystem 8 oder 10 (und gegebenenfalls auch noch mehr) Planeten hat. Eine Kommission der Internationalen Astronomischen Union veröffentlichte am 16. August 2006 vorab eine Definition für einen Planeten, nach der Sedna als „Planetenkandidat“ eingestuft wurde. Die Abstimmung am 24. August ergab für Sedna jedoch höchstens eine mögliche Einstufung als Zwergplanet.

Hypothesen und Spekulationen

Als das am weitesten außen stehende bekannte große Objekt des Sonnensystems, noch dazu auf einer unerwarteten Bahn, regt Sedna zu Spekulationen an – viel mehr als andere Kleinplaneten. Die große Entfernung zur Sonne etwa wirft Fragen nach Alternativen zu bisherigen Entstehungsmodellen auf. So liefert das derzeitige Modell zur Planetenentstehung (Zusammenballung von Planetesimalen) bereits für zuvor bekannte Objekte des Kuipergürtels aufgrund der geringen Dichte des protoplanetaren Materials eine Entstehungsdauer, die um mehr als eine Zehnerpotenz länger ist (mehrere 100 Millionen Jahre) als die Lebensdauer der protoplanetaren Scheibe (weniger als 10 Millionen Jahre). Zur Erklärung dieser und anderer bislang unverstandener Fakten gibt es verschiedene Hypothesen, die zu beurteilen es jedoch noch weiterer Forschungsarbeit bedarf.

Diskussion zu Ursprung und Herkunft

Die drei Entdecker äußern die Vermutung, Sedna gehöre zu einer „Inneren Oortschen Wolke“. Diese könnte sich aus der ursprünglichen Oortschen Wolke durch eine Störung von außen gebildet haben. In Frage kommt dafür zum Beispiel eine frühere, enge Begegnung des Sonnensystems mit einem nahen Stern. Die ungewöhnlich exzentrische Bahn könnte aber auch von Störungen durch einen etwa marsgroßen Körper unseres Sonnensystems weiter außen herrühren. Dann wäre Sedna ein Einzelfall und ein nach außen gestreutes Objekt des Kuipergürtels. Wie erste Abschätzungen ergeben, müsste ein solches störendes Objekt allerdings zirka 200 AE von der Sonne entfernt kreisen. Die Existenz eines solchen Objektes wäre keine geringere Sensation als die Entdeckung der Existenz von Sedna selbst.

Sednas hypothetischer Mond

Zunächst wurde beobachtet, dass sich das von Sedna reflektierte Sonnenlicht periodisch alle 40 Tage ändert, woraus man auf eine gleich lange Rotationsperiode schloss. Für einen Kleinplaneten wäre dies eine außergewöhnlich langsame Rotation, was die Frage nach bremsenden Effekten erhebt. Eine Erklärungsmöglichkeit wären Gezeitenkräfte durch einen oder mehrere große Monde. Die Beispiele von Venus und Merkur zeigen zwar, dass eine langsame Rotation auch ohne Mond vorkommen kann. Merkur wurde allerdings durch die Gezeitenkräfte der Sonne auf eine 3:2-Resonanz mit seiner Umlaufzeit abgebremst.

Am 14. April 2004 veröffentlichte die NASA neue Bilder des Hubble-Weltraumteleskops, auf denen laut Untersuchung kein Begleiter zu erkennen ist. Ein Mond in der erforderlichen Größe müsste erkannt worden sein, es sei denn, er hätte bei der Aufnahme unmittelbar vor oder hinter Sedna gestanden. Zudem konnte man auch aus den Beobachtungen mit Hubble die Rotationsperiode Sednas nicht exakt ableiten.

Von Oktober 2004 bis Januar 2005 führte eine Gruppe des Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics um Scott Gaudi eine Beobachtungskampagne durch, die die Ergebnisse von Brown et al. nicht bestätigen konnte. Diese Gruppe ermittelte Rotationsperioden von 10 beziehungsweise 18 Stunden, die zur Erklärung keinen bremsenden Effekt eines Mondes benötigen. Durch diese Messungen können Rotationsperioden von über 10 Tagen ausgeschlossen werden. Nach einer Vermutung von Gaudi könnte die ursprünglich gemessene Periode von 40 Tagen durch Hintergrundgalaxien vorgetäuscht worden sein – man braucht jedoch noch weitere Beobachtungen, um die genaue Rotationsperiode exakt bestimmen zu können.

Mögliche Bedeutungen der roten Farbe

Die rote Farbe könnte auf Eisenverbindungen oder hohe Konzentrationen organischer Stoffe auf der Oberfläche hinweisen. Im ersten Fall böten sich Analogien zum Mars, im zweiten zu einigen Kometen an. Jedoch ist zur Entstehung von Eisenoxid nicht unbedingt eine Atmosphäre nötig. Ein Körper, der so weit außen, womöglich sogar in der Oortschen Wolke, entstanden sein soll, ließe einen hohen Eisengehalt bisher nicht erwarten. Verbindungen der organischen Chemie kommen im Universum unabhängig von Leben vor, zum Beispiel als Alkohole in Gasnebeln.

Siehe auch

Literatur

  • B. Scott Gaudi, Krzysztof Z. Stanek, Joel D. Hartman, Matthew J. Holman, Brian A. McLeod: On the Rotation Period of (90377) Sedna, in The Astrophysical Journal, Vol. 629, Issue 1, S. L49–L52 (08/2005); Preprint-Veröffentlichung auf Arxiv
  • M. E. Brown, C. A. Trujillo, D. Rabinowitz, J. Stansberry, F. Bertoldi, C. D. Koresko: A Sedna update: source, size, spectrum, surface, spin, satellite, in American Astronomical Society, DPS meeting #36 (11/2004)[7]
  • Mike Brown: Wie ich Pluto zur Strecke brachte und warum er es nicht anders verdient hat. Springer Spektrum, Berlin/Heidelberg 2012, ISBN 978-3-8274-2944-5.

Weblinks

Commons: Sedna – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Videos

Einzelnachweise

  1. v ≈ π*a/periode (1+sqrt(1-e²))
  2. a b “TNOs are Cool” (Abstract)
  3. Beispiel einer privaten Internetseite mit einer Kollektion von Symbolentwürfen: Denis Moskowitz: Symbols for large trans-Neptunian objects. 13. April 2014, abgerufen am 19. Mai 2015 (englisch).
  4. AstDyS. Universita di Pisa, 3. September 2016, abgerufen am 3. September 2016.
  5. SSD-Daten. (JSON-Daten) In: Small-Body Database Query. Caltech/JPL;
  6. JPL Small-Body Database Browser: 90377 Sedna (2003 VB12). Abgerufen am 6. November 2008 (englisch).
  7. A Sedna update: source, size, spectrum, surface, spin, satellite. Cdsads.u-strasbg.fr, abgerufen am 19. Juni 2010.