Contigas Deutsche Energie

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Contigas Deutsche Energie
Rechtsform Aktiengesellschaft
ISIN DE0005504005
Gründung 1855
Sitz München
Branche Energieversorgung

Die Contigas Deutsche Energie-AG (bis 1979: Deutsche Continental-Gas-Gesellschaft) ist ein 1855 in Dessau gegründetes Unternehmen der Energiebranche. Das Unternehmen nimmt heute Holdingaufgaben innerhalb des E.ON-Konzerns war.

Prioritäts-Obligation über 1000 Mark der Deutschen Continental-Gas-Gesellschaft vom 1. März 1884

Gründung

Das Unternehmen wurde am 12. März 1855 in Dessau durch Herzog Leopold IV. Friedrich von Anhalt-Dessau konzessioniert. Die konstituierende Generalversammlung der mit 500.000 Taler kapitalisierten Gesellschaft fand am 7. Mai 1855 ebenfalls in Dessau statt. Zu den Gründern gehörten der Unternehmer Hans Victor von Unruh, und der Dessauer Bankier Louis Nulandt, die beide zu Vorsitzenden des Unternehmens gewählt wurden. Dessau war als Gründungsort gewählt worden, da der während der Deutschen Revolution 1848/49 politisch tätig gewesene von Unruh in Preußen mit Schwierigkeiten rechnen musste, die im von Preußen unabhängigen Anhalt-Dessau nicht auftreten konnten.

Das Unternehmen errichtete zunächst in Dessau ein Gaswerk und versorgte ab 1856 die Stadt mit Stadtgas zur Straßenbeleuchtung. Es folgten Gaswerke in mehreren dutzend Städten des In- und Auslandes, so zum Beispiel in Mönchengladbach, Magdeburg, Frankfurt (Oder), Mülheim an der Ruhr, Potsdam, Warschau, Lemberg.

Unruh, der zugleich Abgeordneter im Preußischen Abgeordnetenhaus war, und aufgrund dieser Tätigkeit und zur Anbahnung von Kontakten für neue Gaswerkstandorte häufig von Dessau abwesend war, gab den Vorsitz bereits 1857 wieder ab, da er glaubte, seinen Partner Nulandt nicht hinreichend kontrollieren zu können. Unruh holte daher den Ingenieur Wilhelm Oechelhäuser, der zu der Zeit Bürgermeister von Mülheim an der Ruhr war und ihm aus seiner parlamentarischen Tätigkeit bekannt war, als seinen Nachfolger ins Unternehmen.

Beteiligungen

Nachdem Nulandt 1859 wegen des Verdachts auf Untreue aus dem Unternehmen gedrängt worden war, wurde Wilhelm Oechelhäuser alleiniger Generaldirektor. Unter seiner Leitung setzte die Contigas ihr rasantes Wachstum fort und ging auch dazu über, sowohl die Geräte für den Absatz von Gas, wie zum Beispiel Gaszähler, auch als patentiertes Gerät mit Münzeinwurf, als auch die gasverbrauchenden Geräte wie Lampen, Herde, Motoren und vieles mehr selbst oder in neu gegründeten Tochterunternehmen herzustellen. So wurde 1871 die Centralwerkstatt Dessau gegründet zur Umstellung bestehender Gasuhren, nach der Vereinheitlichung von Maßen und Gewichten in Deutschland, und zur Neuproduktion dieser Geräte. Die Centralwerkstatt fusionierte 1921 mit der Carl Bamberg Werkstätten für Präzisionsmechanik in Friedenau bei berlin zu den Askania Werken Weitere Neugründungen waren 1872 in Dessau die Berlin-Anhaltische Maschinenfabrik AG (BAMAG) zur Herstellung der in den Gaswerken eingesetzten Vertikalöfen und ebenfalls in Dessau die Deutsche Gasbahngesellschaft zur Herstellung von gasbetriebenen Straßenbahnen.

Die Contigas wurde damit zu einem wesentlichen Motor für den Wandel der Stadt Dessau von einer Residenz- zu einer Industriestadt, ging aber auch eine Vielzahl von Beteiligungen an Kohlegruben oder ähnlichem, teils aber auch branchenfremden Unternehmen ein, wie zum Beispiel an den Rundfunkwerken Stassfurt.

Stromerzeugung

Die aufkommende Konkurrenz für Stadtgas durch den elektrischen Strom veranlasste von Oechelhäuser – seit 1883 geadelt – ab 1886 auch ins Stromgeschäft einzusteigen. Dessau erhielt in dem Jahr das zweite Elektrizitätswerk in Deutschland nach Berlin. Die hierzu benötigten Generatoren wurden im Unternehmen selbst unter der Regie von Wilhelm von Oechelhäuser jun. entwickelt. Zur weiteren Entwicklung holte von Oechelhäuser jun. 1888 Hugo Junkers ins Werk; beiden gelang ab 1892 der Einsatz leistungsfähiger Gegenkolbenmotoren.

Wilhelm von Oechelhäuser jun. folgte 1889 seinem Vater als Generaldirektor des Unternehmens. In den Folgejahren baute die Contigas ihre Stellung im Strommarkt aus und erreichte unter Oechelhäusers Nachfolger Bruno Heck 1917 mit der Gründung der Elektrizitätswerk Sachsen-Anhalt in Halle (Saale) eine marktbeherrschende Stellung in Mitteldeutschland.

Weitere Entwicklung

Die Contigas war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eines der größten Unternehmen in Deutschland mit nach wie vor führender Marktstellung im Gas- und Strommarkt und einem dichten Netz an Beteiligungen. Während des Zweiten Weltkriegs beschäftigte das Unternehmen rund 60.000 Menschen, darunter auch ausländische Zwangsarbeiter.

Als nach Kriegsende der in der sowjetischen Besatzungszone (und weiter östlich gelegene) Besitz sowie die Zentrale in Dessau enteignet wurden, verlegte das Unternehmen 1947 seinen Sitz nach Hagen, um seine in den Westzonen gelegenen Werke und Beteiligungen weiter zu bewirtschaften. Die angebliche Verschiebung von Vermögenswerten war Anlass zum ersten stalinistischen Schauprozess der DDR, der 1950 unter Hilde Benjamin in Dessau verhandelt wurde, mit hohen Haftstrafen für führende Contigas-Manager endete und als „Affäre Conti“ in die Geschichte einging.

Nach mehrfachen Umfirmierungen besteht die 1855 gegründete Deutsche Continental-Gas-Gesellschaft heute in ihrer Rechtsnachfolgerin, der börsennotierten (WKN 550400) Contigas Deutsche Energie AG mit Sitz in München fort, die mit einem Stammkapital von rund 117 Mio. EUR (2004) ausgestattet, Holdingfunktionen innerhalb des E.ON-Konzerns wahrnimmt.

Fusion mit Thüga

Ende 2000 stimmen die Aufsichtsräte von Thüga und Contigas Deutsche Energie-AG einem Konzept der Vorstände zu, welches die Unternehmen zusammen führt. Hintergrund ist die im Sommer vollzogene Fusion von VEBA und VIAG zur E.ON AG. Thüga gehörte früher dem VEBA-Konzern an, Contigas dem VIAG-Konzern.

Umstrukturierung

2001 gliedert die Contigas gegen eine Kapitalbeteiligung von 18,9 % wesentliche Teile des Geschäftsbetriebs in die Thüga AG aus und wird Gesellschafter der Thüga.

Rekommunalisierung

Am 1. Dezember 2009 ist der Erwerb der bisher von E.ON gehaltenen Anteile an der Thüga durch 50 kommunale Unternehmen, organisiert in den Konsortien Integra und Kom9 vollzogen.