Dobritsch

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Dobritsch (Добрич)
Wappen von Dobritsch
Dobritsch (Bulgarien)
Dobritsch (Bulgarien)
Dobritsch
Basisdaten
Staat: Bulgarien Bulgarien
Oblast: Dobritsch
Einwohner: 91.030 (1. Feb. 2011)
Koordinaten: 43° 34′ N, 27° 50′ OKoordinaten: 43° 34′ 12″ N, 27° 49′ 48″ O
Höhe: 225 m
Postleitzahl: 9300
Telefonvorwahl: (+359) 058
Kfz-Kennzeichen: TX
Verwaltung
Bürgermeister: Detelina Nikolowa

Dobritsch [ˈdɔbritʃ] (bulgarisch Добрич; türk. Pazarcık; rumän. Bazargic, früher auch Tolbuchin), ist eine Stadt im Nordosten Bulgariens mit 91.030 Einwohnern (Stand: 1. Februar 2011).[1] Bis 1882 hieß die Stadt Pazarcık (Пазарджик, Bazardjik). Zur Zeit der Volksrepublik Bulgarien wurde sie in Tolbuchin nach dem gleichnamigen Marschall der Sowjetunion umbenannt und behielt diesen Namen bis 1990.

Sie liegt inmitten der südlichen Dobrudscha, 52 Kilometer nördlich von Warna und ist kulturelles und industrielles Zentrum in einem traditionellen Getreideanbaugebiet zwischen dem Unterlauf der Donau und der Schwarzmeerküste. Dobritsch ist das administrative Zentrum der Oblast Dobritsch und der Gemeinde Dobritsch.

Neben Weizen werden hier auch Mais, Zuckerrüben, Sonnenblumen und Baumwolle und vereinzelt Wein angebaut.

Nachbarorte

Dobritsch, Bulgarien – Nachbarorte: Kardam, Baltschik, Mangalia, Silistra, Dulowo, Kaspitschan, Schumen, Dewnja, Warna

Die Stadt liegt 30 km vom Schwarzen Meer entfernt in der Nähe der größeren Seeorte Albena, Kranewo, Goldstrand, Baltschik und Rusalka.

Geschichte

Dobritsch
Dobrudscha

Das heutige Stadtgebiet und dessen Umgebung wurden wegen der dort vorkommenden fruchtbaren Schwarzerde schon seit vorrömischen Zeiten als Kornkammer genutzt, was die Region in den Fokus politischer und wirtschaftlicher Interessen der Nachbarn rückte.

Die ersten archäologischen Zeugnisse der Stadt reichen bis in die Antike (4.–3. Jahrhundert v. Chr. bis 2.–4. Jahrhundert u. Z.) und das frühe Mittelalter (7.–9. Jahrhundert u. Z.) zurück. Im Zentrum der Stadt wurden bei archäologischen Grabungen altbulgarische Gräber und heidnische Gräber entdeckt.

Die verwüstenden Einfälle der Petschenegen, eines Turkstammes aus den Wolgagebieten, im ersten Drittel des 11. Jh. entvölkerten das Innere der Dobrudscha, und das Leben in den Siedlungen kam während der ganzen Periode des Zweiten Bulgarischen Reiches zum Erliegen.

Während des 16. Jh. entstand an diesem Kreuzungspunkt von Handelswegen wieder eine Siedlung. Hier verliefen die Handelswege von der Donau zum Schwarzen Meer und von Osteuropa ins Innere der Balkanhalbinsel. Sie wurde von dem türkischen Händler Hacıoğlu Pazarcık (Хаджиоглу Пазарджик) gegründet. Diesen Namen trug die Stadt auch bis 1882. Um 1650 hatte die Stadt 1.000 Häuser, ungefähr 100 Geschäfte, drei Schenken, drei Bäder, zwölf Moscheen und zwölf Schulen.

Im 17.–19. Jahrhundert entwickelte sich die Stadt als Handwerks-, Handels- und Landwirtschaftszentrum. Die Stadt war bekannt wegen ihrer Stoffe, Lederwaren und landwirtschaftlichen Erzeugnisse – Getreide, Leinsamen, unbearbeitete Schaffelle, Wolle und Schafskäse. Seit 1851 wurde die bekannte Dobritsch-Messe abgehalten, auf der Waren von Großhändlern aus Warna, Russe, Schumen und entfernteren Städten angeboten wurden.

Bis Anfang des 19. Jahrhunderts wuchs die Bevölkerung auf 12.000, vorwiegend Türken. Die ersten bulgarischen Siedler sind – nach den russisch-türkischen Kriegen (1810, 1828, 1845) – aus den östlichen Teilen Bulgariens zugezogen. Nach dem Krimkrieg siedelte sich eine große Gruppe von Bulgaren aus der Kotel-Region (Котленско) an. Es bildete sich allmählich das kulturelle Antlitz der Stadt heraus. 1843 wurde Sweti Georgi (Свети Георги), die erste bulgarische Kirche des Ortes gebaut. Erst 1844 wurde eine bulgarische Schule erbaut.

Am 22. Mai 1810[2] und am 25. Juni 1828 wurde Dobritsch durch die russische Armee im Laufe der Russisch-türkischen Kriege 1806–12 und 1828–29 befreit,[3] blieb aber nach den Frieden von Bukarest und Adrianopel in türkischen Händen.

1869 wurde der Stadtpark zu Erholungszwecken gebaut, eine Telegraphenverbindung nach Warna wurde eingerichtet, eine Poststation wurde gebaut und das städtische Krankenhaus wurde fertiggestellt (Baubeginn: 1866).

Die türkische Herrschaft wurde am 27. Januar 1878 beendet. Nach der Befreiung von der Fremdherrschaft des Osmanischen Reiches (1878) und der Wiederherstellung des bulgarischen Staates auf dem Berliner Kongress am 13. Juli 1878 wurde die Zweiteilung der Dobrudscha beschlossen: Der Norden ging an Rumänien, der Süden an Bulgarien.

Am 19. Februar 1882 wurde der Name der Stadt von Hacıoğlu Pazarcık (Хаджиоглу Пазарджик) in Dobritsch (Добрич) geändert – nach dem Namen eines Herrschers der Dobrudscha, dem Bojaren Dobrotiza (Добротица).

Die politischen Unruhen der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts und die drei nacheinander von Bulgarien geführten Kriege spiegelten sich in der Entwicklung der Stadt wider.

Nach Beendigung des Zweiten Balkankriegs fiel Dobritsch und die Süddobrudscha (nördlich der Linie: Donau westlich von Tutrakan bis zur Westküste des Schwarzen Meeres südlich von Ekrene (Kranewo) bei Baltschik) im Vertrag von Bukarest am 10. August 1913 an Rumänien. Diese großen Gebietsübereignungen umfassten 286.000 Einwohner und eine Fläche von 6.960 km². Sie umfassten auch die Festung von Silistra, die Stadt Tutrakan an der Donau und Baltschik am Schwarzen Meer. Die erste Besetzung durch rumänische Truppen dauerte bis 1916.

Während des Ersten Weltkriegs besetzten am 3. September 1916 bulgarische Truppen die Süddobrudscha. Im Frieden von Neuilly (Ньойския мирен договор) am 27. November 1919 verlor Bulgarien das Gebiet aber wieder an Rumänien und die Süddobrudscha – und damit auch Dobritsch – wurde wieder rumänisches Territorium.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Zugehörigkeit der Süddobrudscha neu geregelt. Nach langen diplomatischen Bemühungen wurde die rumänische Okkupation mit der Unterzeichnung des Vertrages von Craiova (Крайовската спогодба) am 7. September 1940 beendet. Die Süddobrudscha und damit auch Dobritsch kehrten nach Bulgarien zurück. Am 25. September 1940 marschierte die bulgarische Armee in Dobritsch ein. An diesem Datum wird alljährlich der Feiertag der Stadt gefeiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte die kommunistische Regierung den Namen der Stadt zu Ehren des Marschalls der Sowjetunion F. I. Tolbuchin zu Tolbuchin. Nach der Wende in Bulgarien erhielt die Stadt am 19. September 1990 auf Beschluss des Ministerrats und Anordnung des Präsidenten wieder ihren ursprünglichen bulgarischen Namen Dobritsch zurück.[4]

Gegenwart

Die Kirche von St. Georg im Zentrum von Dobritsch

Die ganze Süddobrudscha ist sehr ländlich, und somit ist Dobritsch heute ein ländliches Provinzzentrum – mit Maschinenbau, Markt, Lebensmittel- und Textilindustrie. Im Zentrum der Stadt befindet sich ein ethnografisches Museum, in dem man sich die Entwicklung der Stadt ansehen kann.

Eine weitere Sehenswürdigkeit ist der Fernsehturm.

Heute befindet sich im Zentrum ein ethnografischer Komplex mit altertümlichen Werkstätten, in denen die alten Handwerkstraditionen aus der Zeit der Wiedergeburt bewahrt werden.

In Dobritsch und Umgebung lebt eine starke türkische Minderheit, darunter viele christlich-orthodoxe Türken der Volksgruppe der Gagausen.

Die Stadt liegt an der Bahnstrecke WarnaKardam, ist aber mit 8 Zügen pro Tag (davon einer nach Sofia) sehr schlecht erschlossen.

Namen

Dobritsch hieß zu osmanischen und rumänischen Zeiten Bazargic (ausgesprochen Basardschik).

  • 16. Jahrhundert bis 1882: Hacıoğlu Pazarcık (Хаджиоглу Пазарджик) oder Bazargic
  • 1882–1913 bulgarisches Territorium: Dobritsch
  • 1913–1916 rumänisches Territorium: Bazargic
  • 1916–1919 bulgarisches Territorium: Dobritsch
  • 1919–1940 rumänisches Territorium: Bazargic
  • 1940–1949 bulgarisches Territorium: Dobritsch
  • 1949 bis Anfang 1990 (kommunistische Zeit): Tolbuchin, benannt nach dem sowjetischen Kommandeur Fjodor Iwanowitsch Tolbuchin (1894-1949). Marschall Tolbuchin leitete im September 1944 den Einmarsch der sowjetischen Streitkräfte in Bulgarien.
  • Seit dem 19. September 1990 trägt die Stadt auf Beschluss des Ministerrats wieder ihren alten Namen Dobritsch.

Söhne und Töchter der Stadt

Einzelnachweise

  1. National Statistical Institute of the Republic of Bulgaria 2011 Population Census in the Republic of Bulgaria, 2011, S. 16 (PDF; 1,5 MB)
  2. Сборник История русской армии
  3. Сборник История русской армии
  4. Offizielle Webseite der Stadt Dobritsch: Kapitel Geschichte

Weblinks

Commons: Dobritsch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien