Erhard Roy Wiehn

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 5. Februar 2016 um 01:23 Uhr durch Jaellee (Diskussion | Beiträge) (Typographische Anführungszeichen korrigiert | Helfer gesucht). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Erhard Roy Wiehn (* 1. August 1937 in Saarbrücken) ist Soziologe und emeritierter Professor im Fachbereich Geschichte und Soziologie der Universität Konstanz.

Leben

Erhard Roy Wiehn war 1951–1957 in der Metallindustrie tätig, besuchte 1957/61 ein humanistisches Abendgymnasium und studierte 1961–1965 in München, Tübingen und in den USA Soziologie, Philosophie und Psychologie. 1965–1969 war er Assistent bei Ralf Dahrendorf. 1965 erwarb er den M.A., 1967 wurde er zum Dr. rer. soc. promoviert, 1971 erhielt er die Venia legendi für Soziologie. 1971–1972 war er Fellow des Netherlands Institute for Advanced Study in the Humanities and Social Sciences (NIAS, Institute of the Royal Netherlands Academy of Arts and Sciences) in Wassenaar bei Den Haag. 1972–1974 war er Universitätsdozent in Konstanz, 1974 Gastprofessor an der Universität Bielefeld, 1974–2002 Professor im Fachbereich Geschichte und Soziologie der Universität Konstanz. Er war mehrfach Mitglied des Kleinen und Großen Senats und stellv. Vorsitzender des Großen Senats sowie Mitglied anderer universitärer Gremien und Sprecher der Fachgruppe Soziologie der Universität Konstanz. 1983–1984 und 1990–1991 amtierte er als Dekan der Sozialwissenschaftlichen Fakultät, 1998–1999 als Prodekan. 1992–1997 war er Projektleiter der Arbeitsgruppe Hochschulforschung. 2006 Max Kade Visiting Professor am Lafayette College in Easton, Pennsylvania, USA. Er war 1985–2002 Vorstandsmitglied der „Stiftung Umwelt und Wohnen“ an der Universität Konstanz.

Wirken

Er initiierte drei Partnerschaften der Universität Konstanz mit internationalen Universitäten: 1986: Partnerschaft zwischen den Universitäten Konstanz und Tel Aviv, er wirkte 1987–1997 als Beauftragter des Rektors für die Zusammenarbeit und war gleichzeitig Mitglied des Vorstandes der Lion Foundation (Zürich) sowie des Förderkreises für die Zusammenarbeit zwischen den Universitäten Konstanz und Tel Aviv. 1989: Zusammenarbeit mit der Kiewer Nationalen Universität für Wirtschaft KNUW (Beauftragter des Rektors 1990–1995 sowie 2005–2007). 1991: Partnerschaft mit der Nationalen Taras-Schewtschenko-Universität Kiew (Beauftragter des Rektors 1992–2007).

Er war Mitinitiator der Partnerschaften zwischen der Universität Konstanz und der Universität Alexandru Ioan Cuza Iași (Rumänien) 1992, der Karls-Universität Prag 1992 und der Russischen Plechanow-Wirtschaftsuniversität in Moskau 2003. Wiehn war 1997–1998 Mitglied der deutsch-ukrainischen Expertenkommission der deutsch-ukrainischen Hochschulrektorenkonferenz. 2002–2005 wirkte er als Mitglied der Auswahlkommission des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) für die Ukraine, Moldawien, Rumänien und die Türkei (Referat 322). Seit 1992 ist er Mitglied des International Academic Advisory Board der Sociological Papers der Bar-Ilan-Universität in Ramat Gan/Israel.

Im politischen Bereich war er 1968–1983 Mitglied der FDP/DVP Baden-Württemberg, in den 1970er Jahren und teils bis Anfang der 80er Jahre Ortsvorsitzender in Konstanz, stellv. Kreisvorsitzender, Mitglied des Landesvorstandes und Bundesparteitagsdelegierter der FDP.

Er ist Mitbegründer und Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Arbeitsgemeinschaft Bodenseeregion, und war 1974–1992 ihr Vorsitzender. Er ist seit den 1970er Jahren Mitglied der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Konstanz. 1991–1996 war er Kolumnist der Jüdischen Rundschau (Basel). 1999–2001 war er Initiator, Gründungsmitglied und stellv. Vorsitzender der Deutsch-Rumänischen Gesellschaft am Bodensee (Konstanz). Seit 1999 ist er Mitglied des Deutsch-Ukrainischen Forums e. V. (Berlin).

Wiehn war in verschiedenen bürgerschaftlichen Aktivitäten engagiert und Anfang der 1980er Jahre Schöffe am Landgericht Konstanz.

Er arbeitete in der Initiative „Stolpersteine für Konstanz – Gegen Vergessen und Intoleranz“. Er ist seit 2002 Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde Kreuzlingen/Schweiz und seit 2008 Co-Präsident.

Ehrungen und Auszeichnungen

  • 1985 Eintragung ins Goldene Buch des Jüdischen Nationalfonds, Jerusalem;
  • 1995 President’s Award der Universität Tel Aviv;
  • 1995 Dr. h.c. der Nationalen Wirtschaftsuniversität Kiew;
  • 1998 Jubiläumsmedaille 650 Jahre Karls-Universität Prag;
  • 1998/99 Dr. h.c. der Nationalen Taras-Schewtschenko-Universität Kiew;
  • 1999 Bundesverdienstkreuz am Bande;
  • 1999 Honorarprofessor der Universität Alexandru Ioan Cuza Iași/Rumänien;
  • 2000 Ehrendiplom des ukrainischen Bildungsministeriums für Verdienste um die deutsch-ukrainische wissenschaftliche Zusammenarbeit;
  • 2001 Ehrenurkunde des Botschafters der Ukraine in Deutschland, Dr. Anatolij Ponomarenko, für den „Beitrag zur Festigung der deutsch-ukrainischen Beziehungen und anlässlich des 10. Jahrestages der Unabhängigkeit der Ukraine“;
  • 2003 Dankurkunde der Pawlow-Klinik Kiew;
  • 2007 Verdienstkreuz der Nationalen Taras-Schewtschenko-Universität Kiew;
  • 2009 Ehrendiplom des ukrainischen Wissenschaftsministers für 20 Jahre wissenschaftliche und humanitäre Zusammenarbeit;
  • 2011 Kurt Lion-Medaille für Freunde und Förderer der Universität Konstanz

Werke (Auswahl)

  • Theorien der sozialen Schichtung – Eine kritische Diskussion. München (Piper) 1968, ²1974.
  • Intellektuelle in Politik und Gesellschaft. Stuttgart (Enke) 1971.
  • Ungleichheit unter Menschen als soziologisches Problem. Konstanz (Universitätsverlag) 1973.
  • mit P. Rothmund (Hg.), Die F.D.P./DVP in Baden-Württemberg und ihre Geschichte. Stuttgart (Kohlhammer) 1979.
  • Kaiserslautern – Leben in einer pfälzischen Stadt. Neustadt/Weinstraße (Meininger) 1982.
  • (Hg.) 1984 und danach – Beiträge zum Orwell-Jahr. Konstanz (Universitätsverlag) 1984.
  • Gesammelte Schriften zur Soziologie, 2 Bde., Konstanz (Hartung-Gorre Verlag Konstanz) 1986/1987.
  • (Hg. mit Horst Baier) Konstanzer Schriften zur Sozialwissenschaft (über 70 Titel im Hartung-Gorre Verlag), Konstanz 1989 ff.
  • mit Avital Gasith (Hgg.), On the Future of Water – A joint Konstanz University – Tel Aviv University Workshop on Water as a Limited Resource. Tel Aviv, March 24 – 28, 1996. Hartung-Gorre Verlag. Konstanz 1997.
  • Deutsch-ukrainische Aktivitäten – Universitärer, humanitärer, publizistischer und menschlicher Brückenbau von Europa nach Europa 1989–2009. (Darin auch Schoáh u. Judaica in der Ukraine). Konstanz 2009.
  • MenschWerden – Dem Leben seinen Sinn geben. Erinnerungen 1937–2012. Konstanz 2012.
  • Meine Kindheit und Jugend in Kaiserslautern – Leben in einer pfälzischen Stadt und auswärts. 1939–1957 und später. Konstanz 2014.
  • Grunderfahrungen im Pfadfindertum 1947-1957-1961. Eine Hommage. Konstanz 2014.
  • NachLese – Aus geschenkter Zeit. Eine Art Tagebuch 2012–2014 mit einem Anhang diverser Texte aus verschiedenen Lebensbereichen seit 1954. Konstanz 2015.

Schoah und Judaica

  • Kaddisch – Totengebet in Polen. Reisegespräche und Zeitzeugnisse gegen Vergessen in Deutschland. Darmstadt (Verlag Darmstädter Blätter) 1984, ²1987.
  • (Hg.) Konstanzer Schriftenreihe Schoáh und Judaica (ca. 250 Titel im Hartung-Gorre Verlag), Konstanz 1989 ff.
  • (mit Heide Mirjam Wiehn), Dajénu – Tagebuch einer Israelreise. (Diese sowie alle folgenden Hartung-Gorre Verlag, Konstanz). Konstanz ²1987
  • Dajénu II – Eine denkwürdige Dienstreise nach Israel. Konstanz 1988.
  • Novemberpogrom 1938 – Die 'Reichskristallnacht’ in den Erinnerungen jüdischer Zeitzeugen der Kehilla Kedoscha Konstanz 50 Jahre danach als Dokumentation des Gedenkens. Konstanz 1988.
  • (Hg.), Judenfeindschaft – Eine öffentliche Vortragsreihe an der Universität Konstanz 1989. Konstanz 1989.
  • (Hg.), Juden in der Soziologie – Eine öffentliche Vortragsreihe an der Universität Konstanz 1989. Konstanz 1989.
  • (Hg.), Oktoberdeportation 1940 – Die sogenannte 'Abschiebung' der badischen und saarpfälzischen Juden in das französische Internierungslager Gurs und andere Vorstationen von Auschwitz 50 Jahre danach zum Gedenken. Mit einer Dokumentation. Konstanz 1990.
  • (Hg.), Die Schoáh von Babij Jar – Das Massaker deutscher Sonderkommandos an der jüdischen Bevölkerung von Kiew 1941 fünfzig Jahre danach zum Gedenken. Mit einer Dokumentation. (Deutsche, englische, russische Texte) Konstanz 1991.
  • Schriften zur Schoáh und Judaica (I). Konstanz 1992.
  • Ghetto Warschau – Aufstand und Vernichtung 1943 fünfzig Jahre danach zum Gedenken. Konstanz 1993.
  • Gewarnt – Kolumnen zur Lage, Vorworte und Rezensionen. Schriften zur Schoáh und Judaica (II) 1991–1994. Konstanz 1994.
  • Mit Brigitte Pimpl (Hrsg.): Was für eine Welt – Jüdische Kindheit und Jugend in Europa 1933–1945. Konstanz 1995.
  • Keine Entwarnung – Kolumnen zur Lage, Schriften zur Schoáh und Judaica 1994–1997. Konstanz 1997.
  • (Hg.), Totengebet – 60 Jahre Beginn des Zweiten Weltkriegs und der Schoáh in Polen. Konstanz 1999.
  • Bleibende Warnungen – Schriften zur Schoáh und Judaica 1997–1999. Bd. I. Konstanz 1999.
  • (Hg.), Camp de Gurs 1940 – Zur Deportation der Juden aus Südwestdeutschland 60 Jahre danach zum Gedenken. Konstanz 2000. Neuausgabe als „Camp de Gurs“. Konstanz 2010.
  • (Hg.) Babij Jar 1941 – Das Massaker deutscher Exekutionskommandos an der jüdischen Bevölkerung von Kiew 60 Jahre danach zum Gedenken. Konstanz 2001.
  • Juden in Thessaloniki – Die alte sephardische Metropole im kurzen historischen Überblick unter besonderer Berücksichtigung der Schoáh 1941–1944. Konstanz 2001.
  • Ewräi sti Thessaloniki – Jews in Thessaloniki (griechisch und englisch). Konstanz 2004.
  • Bleibende Warnungen – Schriften zur Schoáh und Judaica 1999–2003 sowie ausgewählte Briefe, Berichte und Rezensionen seit 1984. Bd. II. Konstanz 2004.
  • Bleibende Warnungen – Gesammelte Vorworte, Vorträge und Artikel 2004–2007. Bd. III. Konstanz 2007.
  • Zum Reichspogrom 1938 – Die Ereignisse in Konstanz 70 Jahre danach zum Gedenken. Konstanz 2008.
  • Martin Buber als Soziolog. 1878-1965-2008 – Juden in der Soziologie. Konstanz 2008.
  • (Hg.) Wer hätte das geglaubt? – Erinnerungen im Kibbuz Buchenwald – Netzer Sereni an Haschschara und Konzentrationslager 1939–1945 – 1985. Konstanz 2010.
  • Bleibende Warnungen – Gesammelte Vorworte, Vorträge und Miszellen 2007–2010. Bd. IV, Konstanz 2010.
  • (Hg.) Schlomo Marcus, Judentum und Israel – Dialogische Meditationen. Mit einem Anhang zu den Herkunftsfamilien Marcus und Eschelbacher sowie autobiographischen Notizen. Konstanz 2010.
  • Judentum und Christentum – Gemeinsames und Trennendes im kurzen Überblick. Versuch einer vergleichenden Betrachtung als aktueller Denkanstoß. Konstanz 2010.
  • Kiew Babij Jar – Ein fast vergessenes Verbrechen 1941 (deutsch, englisch, ukrainisch). Konstanz 2011.
  • Bleibende Warnungen V – Gesammelte Vorworte, Vorträge und Miszellen 2011–2013. Konstanz 2013.
  • Jüdisches Leben und Leiden in Konstanz – 50 Jahre Israelitische Kultusgemeinde Konstanz 1964–2014. Konstanz 2014.

Weblinks