Ferdinand Staeger

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Ferdinand Staeger (* 3. März 1880 in Trebitsch, Mähren; † 11. September 1976 in Waldkraiburg, Bayern) war ein deutscher Maler und Grafiker. Staeger ist auch als Illustrator und Entwurfszeichner für Gobelins und Spitzendecken bekannt.

Leben

Ferdinand Staeger besuchte in der Zeit von 1894 bis 1896 die Fachschule für Textildesign in Brünn und dann bis 1902 die Kunstgewerbeschule in Prag. Dort bezaubert ihn das alte Prag mit seiner Renaissance Architektur, der Moldau, seinen Brücken und stillen Gassen. 1903 ging er nach Wien, kehrte aber 1904 erneut nach Prag zurück, wo er bis 1908 blieb. In seinen Frühwerken tauchen viele Ansichten aus der Umgebung von Třebíč, dem Fluss Jihlava und der Böhmisch-Mährischen Höhe auf. 1907 erhielt er einen für sein junges Alter außergewöhnlichen Auftrag, die Fresken in der Pfarrkirche St.-Thomas in Neuern im Böhmerwald zu malen. Nach Fertigstellung dieses umfangreichen Werkes übersiedelte er 1908 mit seiner Frau nach München und wurde künstlerischer Mitarbeiter der Jugendstil-Zeitschrift Jugend. Im Ersten Weltkrieg arbeitete er als Kriegszeichner beim k.u.k. Kriegspressequartier, zeitweilig in Polen. Nach dem Ersten Weltkrieg illustrierte er zahlreiche literarische Werke, u.a. von Eichendorff, Eduard Mörike, Adalbert Stifter, Gerhart Hauptmann und anderen.

1920 schrieb Richard Braungart in der Zeitschrift Deutsche Kunst und Dekoration unter anderem über Staeger: „Staegers Kunst in der Linienführung, seine Zeichnung und vor allem der Geist in seinen Blättern ist einzigartig… Bäume, Häuser, Wolken und Berge, Menschen und Tiere sind einander gleich, er kennt keine Unterschiede, weswegen er all das, was sich das Auge vorstellt, mit der gleichen Liebe umarmt. Tannenzweige, Eichhörnchen, Gras und Blumen, Steine und Blätter, alles nimmt der Künstler mit gleicher Wichtigkeit wahr und legt den Schwerpunkt auf Sorgfältigkeit… Staeger ist nicht immer ein Idealist wie in diesen und ihnen ähnlichen Blättern. Es wäre jedenfalls falsch, ihn einen Optimisten zu nennen. Einige seiner Arbeiten sind schmerzlich gezeichnet vom Krieg; es ist als ob sich in ihnen der Untergang der Ideale der Hochwohlgeborenen und Heiligen spiegeln würde.“

Staeger blieb durch die Kunstideologie des Dritten Reiches nicht unbeeinflusst und malte in dieser Zeit einige typische NS-Gemälde, darunter Panzer am Versuchsplatz (1941) und das Ölgemälde Abwehr ostischer Einfälle (1943). NS-Ehrungen waren die Verleihung des Professorentitels zum Geburtstag des Führers (1938) sowie die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft (1940).[1] An den Großen Deutschen Kunstausstellungen im Münchner Haus der Deutschen Kunst war er zwischen 1938 und 1944 mit insgesamt 31 Werken beteiligt.[2]

In München ausgebombt, zog er Mitte Mai 1945 nach Penzberg in Oberbayern. Sein malerischer Stil in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg war ein gemäßigter Impressionismus, es entstanden aber auch Werke zu mythisch-sagenhaften, mystischen oder religiösen Themen, allegorische Darstellungen und weiterhin seine Radierungen mit so feinen und präzisen Linien, wie sie keinem anderen Künstler seiner Zeit zu Eigen waren. Staeger war ein Grafiker voll reicher Phantasie. Seine graphischen Werke kann man nicht zutreffender als Herbert Wessely mit Mystischer Realismus charakterisieren.

Nach dem Tod seiner Frau übersiedelte er 1957 nach Waldkraiburg, wo er bis zu seinem Lebensende wohnte und noch intensiv arbeitete. Dort besuchte ihn 1965 die britische Königin Elisabeth II. im Rahmen ihres Deutschlandsbesuches.

1975, ein Jahr vor Staegers Tod, würdigte Herbert Wessely Staegers Werk in seinem Buch Mystischer Realismus. Wessely kommt zum Schluss, dass Staeger zu jenen Vertretern der im Art Nouveau begründeten Münchner Malerei zu zählen sei, die in keiner Weise mit anderen Strömungen der Moderne in Berührung gekommen war.

Ferdinand Staeger war Mitglied des Deutschen Künstlerbundes.[3]

Werke (Auswahl)

  • Graphische Mappenwerke und Buchillustrationen: Waldlegende, Junge Liebe, Gedichte (Uhland, 1911), Die Meistersinger von Nürnberg (nach Gerhart Hauptmann, 1923), Tuti Nameh (1921), Mozart auf der Reise nach Prag (Mörike, 1919), Das Stuttgarter Hutzelmännlein (Mörike, 1920), Die Narrenburg (Stifter, 1919), Bunte Steine (Stifter, 1920), Der Regenbogen (Ginzkey, 1924), Sonnenmärchen (Karola Bassermann, 1920), Märchen aus 1001 Nacht(1919), Deutsche Gedichte in Schattenbildern (1908), Glückliches Wandern (1930), Illustrationen in der Jugend und zahlreiche Exlibris.
  • Gemälde: Bauer mit Schubkarren (Öl-Leinwand, München, Neue Pinakothek), Schwarzer See (Öl-Leinwand, München, Städtische Galerie Lenbachhaus), SS-Wache (Öl-Leinwand), Wir sind die Werksoldaten (Öl-Leinwand), Der Polenfeldzug (Öl-Leinwand), Politische Front (Öl-Leinwand), Kampf der Zentauren (Öl-Leinwand, Privatsammlung), Zerstörtes Schwabing (Öl-Leinwand, Privatsammlung München), Anny Staeger (Öl-Leinwand, Privatsammlung), Der Schlüssel (Öl-Leinwand, Privatsammlung), Pflügender Bauer (Aquarell, Privatsammlung), Prag (Aquarell, Privatsammlung), Sic transit gloria mundi (Aquarell), Adam und Eva (Aquarell), Wintersnot (Aquarell, Privatsammlung München), Grasender Pegasus (Aquarell). Hier nicht erwähnt sind die zahlreichen Werke, die in den Depots des Stadtmuseums Waldkraiburg liegen.
  • Gobelin: Liebesfrühling

Sammlungen

Ausstellungen

  • 1920 München, Glaspalast München
  • 1927 München, Graphische Sammlung München
  • Karlsruhe
  • Würzburg
  • Wien
  • Paris
  • Barcelona
  • 1933 Brünn
  • 1934 Prag
  • 1974 Waldkraiburg
  • 1992 Auktion über den Nachlass von Staeger in der Sammlung seiner Schwester Anny Staeger bei K&K Ekkehard Kettner in München
  • 1992 Verkaufsausstellung „Das Graphische Werk Staegers“ bei K&K Ekkehard Kettner in München
  • 2005 Waldkraiburg, Stadtmuseum, „Ferdinand Staeger zum 125. Geburtstag“.

Literatur

  • Reinhold Conrad Muschler: Ferdinand Staeger. Eine Monographie XIX 354 S., zahlr. Abb. schwarz/weiß, Leipzig 1925, Verlag Max Koch
  • Vorlage:ThB
  • Ferdinand Staeger. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Band 4: Q–U. E. A. Seemann, Leipzig 1958, S. 337 (Textarchiv – Internet Archive – Leseprobe).
  • Richard Braungart: Ferdinand Staeger. Mit 15 Abbildungen. In: Reclams Universum 34 (1918), S.430-435.
  • Ausstellungs-Katalog Kunstverein, Frankfurt Main: Kunst im 3. Reich, Dokumente der Unterwerfung, Frankfurt am Main 1974, S.177.
  • Herbert Wessely: Ferdinand Staeger. Mystischer Realismus, München 1975.
  • Berthold Kinz: Die Malerei im deutschen Faschismus, München 1974, S. 319.
  • Ausstellungs-Katalog Münchener Stadtmuseum, München: Die Zwanziger Jahre in München, München 1979, S. 765.
  • Ausstellungs-Katalog Stadtmuseum Waldkraiburg: Ferdinand Staeger zum 125. Geburtstag, Waldkraiburg 2005.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. s. Ernst Klee: Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2009 (überarbeitete Auflage). ISBN 978-3-596-17153-8 (S. 523)
  2. Datenbank des Zentralinstituts für Kunstgeschichte, Deutschen Historischen Museums und Haus der Kunst mit Informationen zu allen ausgestellten Kunstwerken
  3. kuenstlerbund.de: Ordentliche Mitglieder des Deutschen Künstlerbundes seit der Gründung 1903 / Staeger, Ferdinand (abgerufen am 19. März 2016)