Ferrihydrit

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Ferrihydrit
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen

IMA 1971-015

Chemische Formel Fe3+10O14(OH)2[1]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/F.09
4.FE.35
04.03.02.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem hexagonal
Kristallklasse; Symbol dihexagonal-pyramidal; 6mm
Raumgruppe (Nr.) P63mc[2] (Nr. 168)
Gitterparameter a = 5,95 Å; c = 9,06 Å[2]
Formeleinheiten Z = 1[2]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte nicht definiert
Dichte (g/cm3) nicht definiert
Spaltbarkeit nicht definiert
Bruch; Tenazität nicht definiert
Farbe gelblichbraun bis rötlichbraun, dunkelbraun
Strichfarbe gelblichbraun
Transparenz undurchsichtig[3]
Glanz nicht definiert

Ferrihydrit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“. Es kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Fe3+10O14(OH)2[1][2], ist also ein Eisen-Hydroxid.

Ferrihydrit entwickelt nur mikroskopisch kleine Kristalle und sphärolithische Mineral-Aggregate bis etwa 50 μm Größe von gelblichbrauner bis rötlichbrauner oder dunkelbrauner Farbe bei gelblichbrauner Strichfarbe.


Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Ferrihydrit im Altaigebirge in Kasachstan und beschrieben 1971 durch Chukhrov, Zvyagin, Gorshkov, Ermilova und Rudnitskaya, die das Mineral nach seiner Zusammensetzung als "hydratisiertes Eisen" (englisch ferric und hydrated) benannten.

Da das Material zur Analyse des Minerals aus der „Belousovskii Mine“ bei Rudny und der „Ridder Mine“ (Leninogorsk Mine) in Ostkasachstan stammt, gelten beide Gruben als Typlokalität. Das Typmaterial des Minerals wird im Vernadsky Geological Museum (Register-Nr. 51508) und Fersman Mineralogical Museum der Russischen Akademie der Wissenschaften (Register-Nr. 76642) in Moskau (Russland) aufbewahrt.[3]

Klassifikation

Bereits in der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Ferrihydrit zur Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung der „Hydroxide und oxidische Hydrate (wasserhaltige Oxide mit Schichtstruktur)“, wo er zusammen mit Akdalait die unbenannte Gruppe IV/F.09 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Ferrihydrit dagegen in die Abteilung der „Hydroxide (ohne V oder U)“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit von OH und/oder H2O sowie der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbau in der Unterabteilung „Hydroxide mit OH, ohne H2O; Lagen kantenverknüpfter Oktaeder“ zu finden ist, wo es als Namensgeber die „Ferrihydritgruppe“ mit der System-Nr. 4.FE.35 und dem bisher nur hypothetischen Mineral Hydromaghemit bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Ferrihydrit in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung der „Oxidminerale“ ein. Hier ist er zusammen mit Akdalait in der unbenannten Gruppe 04.03.02 innerhalb der Unterabteilung „Einfache Oxide mit einer Kationenladung von 3+ (A2O3)“ zu finden.

Bildung und Fundorte

Ferrihydrit bildet sich als Niederschlag in kalten und heißen Quellen unter Mitwirkung von Eisenoxidierenden Mikroorganismen (Eisenbakterien), findet sich aber auch verbreitet in der löslichen Fraktion von Böden und verwittertem Gestein. Als Begleitminerale können unter anderem Goethit, Hämatit, Lepidokrokit und verschiedene Manganoxide auftreten.

Als seltene Mineralbildung konnte Ferrihydrit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2013) rund 60 Fundorte als bekannt gelten.[4] Neben seiner Typlokalität Altaigebirge trat das Mineral in Kasachstan noch in der Eisengrube „Sokolovskoe“ in der Provinz Qostanai zutage.

In Deutschland fand man Ferrihydrit unter anderem im „Schmiedestollen“ bei Wittichen und in der Grube Clara bei Oberwolfach in Baden-Württemberg, auf den Schlackenhalden der Ochsenhütte nahe Goslar und im Hölltal bei Lautenthal in Niedersachsen, auf der Schlackenhalde der Hüstener Gewerkschaft im Sauerland (Nordrhein-Westfalen), in der „Eckardthütte“ bei Leimbach (Mansfeld) in Sachsen-Anhalt, im Schacht „Weißer Hirsch“ bei Neustädtel (Schneeberg) und in mehreren Gruben am Zechenberg bei Hohenstein-Ernstthal in Sachsen und auf der Schlackenhalde am Kammberg in der Gemeinde Joldelund in Schleswig-Holstein.

In Österreich konnte Ferrihydrit bisher nur am Rotbachl im Zamser Grund (Zillertal) und am Silberberg bei Reith im Alpbachtal im Inntal in Tirol gefunden werden.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Ägypten, der Antarktis, Brasilien, China, Frankreich, Griechenland, Italien, Japan, Polen, Russland, der Slowakei, Spanien, Tonga, Tschechien, Turkmenistan und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[5]

Auch in Gesteinsproben aus der Barentssee im Arktischen Ozean, in mehreren Gesteinsproben vom Mittelatlantischen Rücken, vom Manus-Becken in der Bismarcksee, vom Ostpazifischen Rücken und vom Franklin Seamount im Pazifischen Ozean sowie von Gesteinsproben vom Roten Meer konnte Ferrihydrit nachgewiesen werden.[5]

Kristallstruktur

Ferrihydrit kristallisiert hexagonal in der Raumgruppe P63mc (Raumgruppen-Nr. 186) mit den durchschnittlichen Gitterparametern a = 5,95 Å und c = 9,06 Å sowie eine Formeleinheit pro Elementarzelle.[2]

Siehe auch

Literatur

  • F. V. Chukhrov, B. B. Zvyagin, A. I. Gorshkov, L. P. Ermilova, V. V. Balashova: Ferrihydrite. In: Izvestiya Akademii Nauk SSSR. (1973), S. 23–33
  • Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 555 (Erstausgabe: 1891).
  • F. Marc Michel, Lars Ehm, Sytle M. Antao, Peter L. Lee, Peter J. Chupas, Gang Liu, Daniel R. Strongin, Martin A. A. Schoonen, Brian L. Phillips, John B. Parise: The Structure of Ferrihydrite, a Nanocrystalline Material. In: Science 2007, Band 316, Nr. 5832, S. 1726–1729 doi:10.1126/science.1142525 (PDF 225 kB)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b IMA/CNMNC List of Mineral Names; Oktober 2013 (PDF 1,5 MB)
  2. a b c d F. Marc Michel, Lars Ehm, Sytle M. Antao, Peter L. Lee, Peter J. Chupas, Gang Liu, Daniel R. Strongin, Martin A. A. Schoonen, Brian L. Phillips, John B. Parise: The Structure of Ferrihydrite, a Nanocrystalline Material. In: Science 2007, Band 316, Nr. 5832, S. 1726–1729 doi:10.1126/science.1142525 (PDF 225 kB)
  3. a b Ferrihydrite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 67 kB)
  4. Mindat - Anzahl der Fundorte für Ferrihydrit
  5. a b Fundortliste für Ferrihydrit beim Mineralienatlas und bei Mindat