Frankenhain (Geratal)

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Wappen Deutschlandkarte
Frankenhain (Geratal)
Deutschlandkarte, Position der Gemeinde Frankenhain (Geratal) hervorgehoben
Basisdaten
Koordinaten: 50° 45′ N, 10° 47′ O keine Zahl: Ungültiger Metadaten-Schlüssel 16070014Koordinaten: 50° 45′ N, 10° 47′ O
Bundesland: Thüringen
Landkreis: Ilm-Kreis
Verwaltungs­gemeinschaft: Oberes Geratal
Höhe: 480 m ü. NHN
Fläche: 12,25 km2
Einwohner: Ungültiger Metadaten−Schlüssel 16070014 (31. Dez. 2022)[1]
Bevölkerungsdichte: Fehler im Ausdruck: Unerkanntes Wort „span“ Einwohner je km2
Postleitzahl: 99330
Vorwahl: 036205
Kfz-Kennzeichen: IK, ARN, IL
Gemeindeschlüssel: 16 0 70 014
Adresse der
Gemeindeverwaltung:
An der Glashütte 3
99330 Gräfenroda
Website: www.frankenhain.de
Bürgermeister: Hans-Georg Fischer (Pro Frankenhain/Linke)
Lage der Gemeinde Frankenhain (Geratal) im Ilm-Kreis
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Karte

Frankenhain ist eine Gemeinde im Ilm-Kreis (Thüringen).

Geografie

Staumauer der Talsperre Lütsche
Borzel-Born (Lage→)

Frankenhain liegt im äußersten Westen des Ilm-Kreises. Das Gemeindegebiet gehört zwei Landschaften an: der Süden und der Westen liegen im Thüringer Wald, der Norden und der Osten auf der flachen Ohrdrufer Platte. Das Dorf selbst liegt an der Nahtstelle beider Landschaften in einer Senke in etwa 480 Metern Höhe. Die Senke verschmälert sich nach Osten zum Gisselgrund, der sich bis nach Liebenstein erstreckt und von der Gissel durchflossen wird. Die nördliche Begrenzung des Dorfes ist der 519 Meter hohe Kirchberg. Jenseits des Berges, weiter nördlich, liegt das Dorf Crawinkel. Nach Süden öffnet sich der Sandbach-Wiesengrund, der hinunter ins Nachbardorf Gräfenroda führt. Im Südosten erhebt sich mit 493,2 m der Läusebühl. Westlich des Dorfes liegt der 712 Meter hohe Eisenberg und im Südwesten der ebenfalls 710 Meter hohe Ensebachskopf. Ein bekannter Berg ist auch der 677 Meter hohe Borzelberg zwischen den Tälern von Lütsche und Ensebach. Das Gebiet ist nahezu vollständig bewaldet, wobei die Fichte die dominierende Baumart ist.
Der nördliche, flache Teil der Gemarkung ist nicht bewaldet und dient der Landwirtschaft, die sich in etwa 500 Metern Höhe auf die Viehzucht beschränkt. Der südliche Teil hingegen ist reich strukturiert. Neben der Gissel nach Liebenstein ist die Lütsche ein größerer Bach im Gemeindegebiet. Sie speist die südwestlich von Frankenhain gelegene Lütschetalsperre am Südwestfuß des Borzelberges. Sie ist auch in das System des Gerastollens eingebunden. Zwischen Lütsche und Frankenhain liegt das Tal des Ensebachs, der an der Wüstung des Lütsche-Dorfs in die Lütsche mündet. Im Lütschegebiet liegen mehrere Steinbrüche sowie viele Quellen, von denen der Borzelborn die bekannteste sein dürfte.

Nachbargemeinden

Im Uhrzeigersinn, beginnend im Norden: Crawinkel, Liebenstein, Gräfenroda, Oberhof, Luisenthal

Geschichte

Ortsansicht von Südwesten

Gegründet wurde der Ort vermutlich im 6. Jahrhundert von in dieser Region durchziehenden Franken. Erstmals urkundlich erwähnt wurde Frankenhain im Jahr 1301. Die Bevölkerung des Ortes am Rande des Thüringer Walds lebte früher hauptsächlich von der Holzfällerei oder als Harzscharrer, Pechsieder, Zimmerleute, Mühlsteinhauer und Kienrußbrenner sowie von Umspanndiensten für die den Thüringer Wald überquerenden Kaufleute. Darüber hinaus war am Eisenberg eine Eisenerzgrube in Betrieb.

Frankenhain zählte 1454 zum landgräflichen Lehen der Herren von Burg Liebenstein. Kirchlich war der Ort Filiale von Crawinkel und erhielt 1725 eine eigene Pfarrei. Um 1760 gab es 316 Einwohner. Die Einwohnerzahl stieg bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts auf über 700 Personen an, die außer in der 1854 gegründeten Frankenhainer Schwefelholzfabrik zumeist in Fabriken der umliegenden Orte arbeiteten. 1865 wurde die Gemarkung des seit 1859 aufgelösten Dorfs Lütsche der von Frankenhain eingegliedert.

In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts entwickelten sich in Frankenhain die Parteien der Arbeiterbewegung zum dominierenden politischen Faktor. Bereits bei der Reichstagswahl des Jahres 1884 entfiel im Ort die Mehrzahl der Stimmen auf den sozialdemokratischen Wahlkreiskandidaten.[2] 1890 ließen die Gothaer Behörden in einigen Orten des Herzogtums eine Untersuchung über die Ursachen des Zuspruches für die Sozialisten durchführen. Die nach Frankenhain entsandten Beamten führten als solche an:

„Waldhutprozess, Schmälerungen der Waldnutzung wie Leseholzberechtigungen, Grassammeln und dgl., hohe Steuern, hohe Lebensmittelpreise, Kosten der Kranken- und Unfallversicherungen, Agitatoren von außen, Flugblätter und dgl. aus Arnstadt.“[3]

Im Zuge des Ersten Weltkrieges brachen viele Wähler mit der SPD und orientierten sich weiter nach links. Bei der Wahl zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 stimmten 549 Frankenhainer Wähler für die USPD und 28 für die SPD, während die Parteien des bürgerlichen Lagers zusammen 90 Stimmen auf sich vereinen konnten. Die erstmals antretende KPD erhielt bei der Reichstagswahl 1920 85 Stimmen, die SPD dagegen lediglich noch 3. Weitaus stärkste Partei wurde erneut die USPD.[4]

In den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges wurden auf dem Gemeindegebiet mindestens drei KZ-Häftlinge, die wahrscheinlich aus Außenkommandos des Lagers Ohrdruf oder der Luftmunitionsanstalt 1/IV bei Crawinkel geflohen waren, gefasst und anschließend von der SS ermordet.[5] An der Ergreifung der Flüchtigen beteiligte sich auch die Frankenhainer SA unter der Leitung des Obertruppführers Paul Böttger. Anfang April 1945 erschossen Böttger und ein weiterer SA-Mann am Stephansteich fünf entflohene KZ-Häftlinge, die sie zuvor einige Tage in einem Stall auf dem Grundstück der Gemeindeschenke gefangengehalten hatten.[6]

Bei Tieffliegerangriffen kamen in den letzten Kriegstagen mehrere Einwohner ums Leben, einige Häuser wurden schwer beschädigt.

Nach dem Bau der Bahnstrecke Gräfenroda–Ohrdruf wurde Frankenhain ab 1892 zu einem beliebten Erholungs- und Wintersportort. Eine 1907 erbaute Pech- und Wachsfabrik in der Nähe des Bahnhofs wurde 1928 zu einem Genesungsheim umgebaut und nach 1945 als VdN-Erholungsheim genutzt. Nach 1953 wurden fünf FDGB-Erholungsheime sowie ein Campingplatz eröffnet.

Zu DDR-Zeiten errichtete und unterhielt der VEB Maschinenfabrik "Fritz Heckert" aus Karl-Marx-Stadt im Ort ein Betriebs-Ferienlager.

Politik

Frankenhain gehört zur Verwaltungsgemeinschaft Oberes Geratal mit Sitz in Gräfenroda.

Wappen

Blasonierung: „Geteilt von Silber und Rot; oben drei stilisierte grüne Tannen, unten ein silbernes Mühlrad über einem silbernen Geweih.“[7]

Das Wappen wurde vom Heraldiker Frank Diemar gestaltet und am 19. Mai 1993 genehmigt.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Dorfkirche St. Leonhardi

Dorfkirche

Die Dorfkirche steht auf einem kleinen, künstlich angelegten Plateau am Fuße des Kirchbergs. Sie wurde in den Jahren 1719 bis 1722 von Johann Erhard Straßburger als Saalbau errichtet. Sie hat eine Ost-West-Ausrichtung, wobei der Turm den westlichen Abschluss bildet. Der Kirchensaal wurde 1907 um einen Sakristeianbau nach Osten vergrößert, der nicht ganz die Höhe des Hauptschiffes erreicht. Kirchturm und Schiff sind schiefergedeckt, der Turm trägt eine Schweifkuppel mit aufgesetzter Laterne und einen auf langer Spitze stehenden Turmknopf mit Wetterfahne. Der Turmknopf wurde am 13. Oktober 2005 zur Restaurierung abgenommen und am 5. Mai 2006 bei einem Knopffest wieder aufgesetzt. 1742 ergänzte der Arnstädter Orgelbauer Johann Christoph Thielemann die Orgel um ein selbstständiges Pedal.

Die Innenausstattung ist geprägt von der Deckenmalerei des Gothaer Hofmalers Johann Heinrich Ritter. Die Kirche verfügt über eine dreiseitige Doppelempore, die sich zum Altarraum nach Osten öffnet. Sehenswert ist der barocke Kanzelaltar, der von einer die Siegesfahne haltenden Christusfigur gekrönt ist. Der Kanzelkorb trägt das Wappen derer von Witzleben. Die Deckengemälde wurden zwischen 1977 und 1990 mit Unterbrechungen restauriert, u. a. mit Unterstützung der Partnergemeinde. Die Kirche wird durch hohe, schmale Fenster erhellt.
Der die Kirche ursprünglich umgebende Friedhof wurde 1912 entwidmet und an den nördlichen Dorfrand verlegt. Dort steht auch die Friedhofskapelle. Noch heute schmückt den Eingang zum ehemaligen Kirchhof ein im neugotischen Stil gestaltetes Portal aus Sandstein, das bereits 1866 geschaffen wurde.

Flößgrabenlauf

Durch den so genannten Lütsche-Flößgraben, der hauptsächlich in den Jahren 1691 bis 1702 entstand und sich auf etwa 23 km erstreckt, wurden Baumstämme zur Gera befördert. Heute findet alljährlich ein Flößgrabenlauf auf dieser Strecke statt. Als 1936/37 die Lütschetalsperre etwa 4 km südwestlich von Frankenhain errichtet wurde, ging der Flößgraben an dieser Stelle in ihr auf. Am Berührungspunkt befindet sich heute eine Campinganlage.

Gedenkstätten

  • Auf dem Friedhof am Rumpelsweg erinnern Grabmale an acht namentlich nicht bekannte KZ-Häftlinge, die nach Fluchtversuchen im Frühjahr 1945 von SS-Männern bzw. Angehörigen der Frankenhainer SA ermordet wurden.
  • Seit 1984 gedenken die Bürger mit einer Stele an der Ohrdrufer Straße (Lage→) der Opfer eines Todesmarsches, der im April 1945 durch ihren Ort führte.

Sport

Bekannt ist Frankenhain vor allem durch das hier ansässige Biathlon-Leistungszentrum, aus dem mehrere Spitzenathleten hervorgegangen sind. Es wird durch den SV Eintracht Frankenhain betrieben, der neben anderen Sportarten auch über eine Sektion Fußball verfügt. Deren Herrenmannschaft spielt in der zweiten Kreisklasse des Ilm-Kreises, die Alte-Herren-Mannschaft bildet eine Spielgemeinschaft mit dem ThSV Geschwenda.

Wirtschaft und Verkehr

Frankenhain besaß früher Holzindustrie. Heute sind noch die Steinbrüche im Lütschegrund in Betrieb. Daneben gibt es im Ort noch einen Maschinenbaubetrieb der Automobilzulieferindustrie.

Frankenhain liegt an der Bundesstraße 88 zwischen Ilmenau und Gotha. Zudem besitzt der Ort einen Bahnhof an der Ohratalbahn Gotha–Gräfenroda.

Persönlichkeiten

Impressionen

Einzelnachweise

  1. Bevölkerung der Gemeinden vom Thüringer Landesamt für Statistik (Hilfe dazu).
  2. Siehe Schörnig, Fritz, Gelesen-erzählt-erlebt. Aus der Geschichte der sozialen Kämpfe und der Arbeiterbewegung der Kreise Arnstadt und Ilmenau. Teil I, Arnstadt 1961, S. 115.
  3. Zitiert nach Schörnig, Gelesen Teil I, S. 92.
  4. Siehe Schörnig, Fritz, Gelesen-erzählt-erlebt. Aus der Geschichte der sozialen Kämpfe und der Arbeiterbewegung der Kreise Arnstadt und Ilmenau. Teil III, Arnstadt 1969, S. 189.
  5. Siehe Demps, Laurenz, Rüter, Christiaan F. (Hrsg.), DDR-Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung ostdeutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen 1945-1999. Band III, Amsterdam-München 2003, S. 67.
  6. Siehe Demps, Rüter, DDR-Justiz, S. 68. Böttger wurde im August 1963 vom 1. Strafsenat des Bezirksgerichts Cottbus zu lebenslanger Zuchthaushaft verurteilt. Siehe Demps, Rüter, DDR-Justiz, S. 65.
  7. Neues Thüringer Wappenbuch Band 2 Seite 9; Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft Thüringen e.V. 1998 ISBN 3-9804487-2-X

Literatur

  • Ellrich/Heinke/Hoerenz: Zwischen Hörsel und Wilder Gera, Wartburg Verlag Weimar, 2005, ISBN 3-86160-167-2

Weblinks

Commons: Frankenhain – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien