Günther Nollau

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Günther Nollau (* 4. Juni 1911 in Leipzig; † 7. November 1991 in München) war ein deutscher Rechtsanwalt und der dritte Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz.

Leben

Nollaus Vater war Baurat in Leipzig. Nollau wuchs in Dresden auf, und besuchte dort Gymnasium und Universität. Das Studium der Rechtswissenschaft schloss er mit einer Dissertation zum Thema Das Wesen der konkursmäßigen Feststellung ab. Nach seiner Zulassung als Anwalt in Dresden wurde er während des Zweiten Weltkrieges Soldat der Wehrmacht und verlor 1941 auf Kreta bei einem Unfall das rechte Auge. 1942 trat Nollau in die NSDAP ein (Mitgliedsnummer 8974972). Seine berufliche Karriere begann der promovierte Jurist 1942 zunächst als Rechtsanwalt im deutsch besetzten Generalgouvernement in Krakau.

Nach Kriegsende hatte er eine Kanzlei in Dresden. Dort trat Nollau Ende 1945 in die Ost-CDU ein. Dort verteidigte er u. a. im sog. Dresdner Ärzteprozess den Hauptangeklagten Dr. Alfred Schulz wegen Medikamenteneuthanasie in der Kriegszeit in der Heil- und Pflegeanstalt Großschweidnitz. Schulz verstarb während des Verfahrens an den Folgen eines Suizides. Als Nollau 1950 wegen eines ungeklärten Mordes aus dem Jahr 1946 von einem Angehörigen des Staatssicherheitsdienstes zu einer Zeugenvernehmung auf das Polizeipräsidium gebeten wurde, floh er nach West-Berlin.

In West-Berlin schloss sich Nollau dem Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen an, der ihm im Sommer 1950 auch half, seine Ehefrau Irmgard und die drei Töchter Sabine, Sybille und Franziska nachzuholen. Nachdem eine Anstellung beim RIAS scheiterte, trat Nollau im September 1950 in das neugegründete Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln ein.[1] 1962 avancierte er zu dessen Vizepräsidenten. 1970 wechselte Nollau auf eine Ministerialdirektor-Stelle ins Bundesministerium des Innern. 1972 erfolgte seine Rückkehr in das Bundesamt für Verfassungsschutz, dessen Präsident er seit dem 1. Mai des Jahres als Nachfolger von Hubert Schrübbers war. Dieser hatte wegen seiner Rolle während der NS-Zeit zurücktreten müssen. Im zeitlichen Zusammenhang mit der Affäre um den HVA-Spion Günter Guillaume wurde Nollau am 15. September 1975 in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Es war bekannt, dass er engen Kontakt zum damaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden Herbert Wehner unterhielt.[2] In dem wegen der Sache Guillaume eingesetzten Untersuchungsausschuss ergaben sich Unstimmigkeiten in der Frage rechtzeitiger Unterrichtung Genschers durch Nollau.

Nollau stand im Ruf eines scharfsinnigen Analytikers und war als Autor politischer Bücher bekannt[3]: 1959 erschien sein Buch Die Internationale. Wurzeln und Erscheinungsformen des proletarischen Internationalismus. 1963 folgte Zerfall des Weltkommunismus. Einheit oder Polyzentrismus. Danach erschienen noch zehn weitere Werke von ihm.

Werke (Auswahl)

  • Die Internationale. Wurzeln und Erscheinungsformen des proletarischen Internationalismus. Kiepenheuer & Witsch, Köln u. a. 1959.
  • Zerfall des Weltkommunismus. Einheit oder Polyzentrismus (= Information. Bd. 5, ZDB-ID 845287-8). Kiepenheuer & Witsch, Köln u. a. 1963.
  • mit Hans-Jürgen Wiehe: Rote Spuren im Orient. Persien, Türkei, Afghanistan. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1963.
  • Die Komintern. Vom Internationalismus zur Diktatur Stalins (= Bundeszentrale für Politische Bildung. Schriftenreihe. H. 63, ISSN 0435-7604). Bundeszentrale für Politische Bildung, Bonn 1964.
  • Wie sicher ist die Bundesrepublik? Bertelsmann, München 1978, ISBN 3-570-02689-2.
  • mit Ludwig Zindel: Gestapo ruft Moskau. Sowjetische Fallschirmagenten im 2. Weltkrieg. Blanvalet, München 1978, ISBN 3-7645-0386-6.
  • Das Amt: 50 Jahre Zeuge der Geschichte. In: Der Spiegel, 1978, Nr. 50–52, Auszüge 1, Auszüge 2, Auszüge 3.
  • Die lautlose Macht. Geheimdienste nach dem Zweiten Weltkrieg. 2 Bände. Verlag Das Beste, Stuttgart u. a. 1985, ISBN 3-87070-233-8.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Affäre Nollau: Angriff aus dem Hinterhalt. In: Der Spiegel. Nr. 22, 1974 (online).
  2. Nollau: Wie es zum Kanzler-Sturz kam. In: Der Spiegel. Nr. 50, 1977 (online).
  3. books.google.de