Herzogtum Teschen

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Herzogtum Teschen 1746
Herzogtum Teschen 1880

Das Herzogtum Teschen (alttschechisch Tiessjn, polnisch Cieszyn) bestand ab 1290 und war ab 1348 ein böhmisches Lehens-Fürstentum in Schlesien (siehe Lehenswesen). Kasimir I. (Teschen) erhielt am 18. Februar 1327 einen Privilegienbrief des Königs Johann von Böhmen mit einer Erbfolge-Bestätigung.

Nach dem Erlöschen dieses Herzogsgeschlecht im Namensträgerstamm mit Friedrich Wilhelm (Teschen) (1601–1625) und dem Tod der Elisabeth Lukretia (Teschen) (1599–1653), letzte regierende Herzogin von Teschen aus dem Hauses der Piasten, verehelicht 1618 mit Reichsfürst Gundakar von Liechtenstein (1580–1658), Herzog von Troppau und Jägerndorf, Erster Obersthofmeister erfolgte der Heimfall an die Krone Böhmens. Dieses böhmische Kronlehen wurde durch Kaiser Karl VI. (HRR) an Leopold, Herzog von Lothringen am 12. Mai 1722 als böhmischer Herzog von Teschen verliehen. Es folgte die Dotation des Herzogtums Teschen durch Kaiserin Maria Theresia an deren Tochter Erzherzogin Maria Christina von Österreich und deren Ehemann Albert Kasimir von Sachsen-Teschen als böhmisches Mannlehen, Wien 31. Mai 1766 (Haus- Hof- und Staatsarchiv Wien, Familienurkunde Nr. 2018). Der Herzogstitel wurde 1822 auf die Tertiogeniturlinie des Hauses Habsburg-Lothringen übertragen.

Das Herzogtum Teschen bestand als eigene administrative Einheit bis 1849, dann wurde es Bestandteil des Kronlandes Österreichisch Schlesien (formal: Herzogtum Schlesien); vorerst im einheitlichen Kaisertum Österreich, von 1867 an in Cisleithanien, dem westlichen Reichsteil Österreich-Ungarns. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurden neue Grenzen zwischen der Tschechoslowakei und Polen gezogen, die unter anderem die Teilung der Hauptstadt Teschen, des heutigen Cieszyn, bedeuteten.

Wappen des Herzogtum Teschen

Unter einem Fürstenhut mit rotem, hermelingeschmückten Wappenmantel in blauem Schild der goldgekrönte oberschlesische einköpfige goldene Adler. Helmkleinod: ein natürlicher Pfauenstoß.

Geografie

Der Höhenzug der Westbeskiden, nordwestlicher Teil der Karpaten mit dem 1325 Meter hohen Lissahora (Lysá hora) als höchster Erhebung sowie die Flüsse Olsa und Weichsel prägen die Landschaft. Durch Jahrhunderte lag das Herzogtum Teschen zwischen Polen und Preußen. Heute liegt der westliche Teil im Osten der Republik Tschechien, der östliche Teil im Süden von Polen.

Geschichte

Wappen von Teschen

Unter den Piasten im Herzogtum Schlesien

Durch eine Erbteilung des Herzogtums Oppeln entstand 1281 das selbständige Herzogtum Teschen unter Mesko I. (Teschen) (siehe: Schlesische Piasten). Er erhob den 1155 erstmals durch Papst Hadrian IV. erwähnten Ort zu seiner Residenz. Das Herzogtum gehörte zu dieser Zeit zu Schlesien. Seine Herzöge und deren Lokatoren holten seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts deutsche Siedler mit besonderen Privilegien ins Land, die vor allem die Beskiden und das Flussgebiet der Weichsel kolonisieren und ertragreich machen sollten. Ein Zentrum deutscher Siedler wurde das Gebiet um Bielitz, wo zunächst zahlreiche Waldhufendörfer entstand. Die Nachkommen bildeten bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs im Mai 1945 eine deutsche Sprachinsel, die durch Flucht und Vertreibung aufhörte zu existieren.

Zusammen mit den anderen schlesischen Herzogtümern kam auch das Herzogtum Teschen 1327 unter die Oberhoheit der Krone Böhmens.[1] 1315 wurde das Herzogtum Auschwitz abgetrennt. Um 1494 begann eine Einwanderung von Walachen aus den östlichen Karpaten, die sich meist in den Gebirgstälern ansiedelten. Unter Herzog Wenzel III. Adam wurde ab 1545 im Herzogtum Tetschen die Reformation für die Bewohner in Erbuntertänigkeit als Glaubenswechsel zum evangelisch-lutherischen Bekenntnis eingeführt. 1560 wurde das Gebiet des Herzogtum Bielitz zusammen mit Karviná (deutsch: Freistadt) und Frýdek-Místek (deutsch: Friedek) von Herzog Wenzel III. Adam noch zu dessen Lebzeiten an seinen Sohn Friedrich Kasimir (Teschen) übertragen. Nach dessen Tod 1571 wurde die verschuldete Grundherrschaft Bielitz 1572 mit Zustimmung des Kaisers Maximilian II. (HRR) als eine Minderstandesherrschaft an Karl von Promnitz auf Pless verkauft und dem Königlichen Amt in Breslau unterstellt.

Unter Habsburg und Habsburg-Lothringen

Nach dem Tod der Herzogin Elisabeth Lukretia (Teschen) 1653 erlosch der Teschener Familienzweig der Schlesischen Piasten. Das Herzogtum fiel als erledigtes Lehen an die Krone Böhmens, die seit 1526 das Haus Habsburg innehatte. Sie leiteten auch im Herzogtum Tetschen für die Untertanen die Rekatholisierung ein. Im Jahr 1707 wurde in Schlesien den evangelisch-lutherischen Gläubigen mit der Altranstädter Konvention, die der schwedischen König Karl XII. durchgesetzt hatte, gestattet Schlesische Gnadenkirchen zu errichten. Die größte von ihnen, die Jesukirche in der Stadt Teschen, ist auch heute noch nach 300 Jahren als evangelisches Gotteshaus.

1722 trennte Kaiser Karl VI. (HRR) das Erbherzogtum Teschen von Böhmen ab und übergab es Leopold Joseph Karl von Lothringen, dem Vater des späteren Kaisers Franz I. Stephan (HRR). Nach dem Vorfrieden von Breslau, der 1742 den Ersten Schlesischen Krieg beendete, verblieb das Herzogtum Teschen bei Österreichisch-Schlesien und wurde Österreichisch-Oberschlesien oder Teschener Schlesien bezeichnet. Unter dem Titel Herzog von Sachsen-Teschen herrschte von 1766 bis 1822 der Schwiegersohn der Kaiserin Maria Theresia, Prinz Albert Kasimir von Sachsen-Teschen, Sohn des sächsischen Kurfürsten August III. (Polen), in Teschen. 1849 wurde Teschen als Teil Österreichisch Schlesiens Kronland und zählte nach dem Ausscheiden Ungarns aus dem Kaisertum in Österreich-Ungarn zu Cisleithanien.

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts, mit der beginnenden Industrialisierung, entwickelte sich das Gebiet um Teschen zu einem der bedeutendsten österreichischen Zentren des Steinkohlebergbaus und der Eisenwerkverhüttung. Es war durch die Kaiser Ferdinands-Nordbahn, die erste Hauptbahn der Monarchie, mit dem Zentralraum um Wien verbunden.

Die amtliche österreichische Volkszählung zum 31. Dezember 1910 vor dem Ersten Weltkrieg (1914–1918) ergab, dass in Teschen-Schlesien 434.821 Menschen lebten, von denen 53,8 % polnisch-, 26,6 % tschechisch- und 17,7 % deutschsprachig waren. Das Gebiet war damals in politische Bezirke untergliedert: Bielsko-Biała (deutsch: Bielitz-Land), Karviná (deutsch: Freistadt), Frýdek-Místek (deutsch: Friedeck-Land), Cieszyn (deutsch: Teschen) sowie Bielsko-Biała (deutsch: Bielitz) und Frýdek-Místek (deutsch: Friedeck) als Städte mit eigenem Statut.[2]

Grenzgebiet zwischen der Tschechoslowakei und Polen

Nach dem Zusammenbruch der Monarchie Österreich-Ungarn zu Ende des Ersten Weltkriegs im Jahr 1918, der Gründung des Nachfolgestaates der Tschechoslowakei und der Wiedererrichtung eines Staates in Polen, brach im November 1918 zwischen der Tschechoslowakei und Polen ein erbitterter Streit über das ehemalige, industriell ertragreiche Herzogtum Teschen aus, der am 23. Januar 1919 im Polnisch-Tschechoslowakischer Grenzkrieg zum Einmarsch tschechischer Truppenverbände führte, als Polen bereits das Olsagebiet im ehemaligen Herzogtum Teschen in Besitz gekommen hatte. Verhandlungen und ein Volksentscheid führten zu keinem Ergebnis. Im Juli 1920 wurde durch einen Schiedsspruch der Siegermächte des Ersten Weltkriegs das ehemalige Herzogtum Teschen entlang des Flusses Olsa geteilt. Dadurch erhielt die Tschechoslowakei die bis dahin ertragreichen Industriegebiete im Westen, Polen erhielt die Städte Cieszyn (deutsch: Teschen) und Bielsko-Biała (deutsch: Bielitz), die in die Autonome Woiwodschaft Schlesien eingegliedert wurden. Durch diese Grenzziehung wurde die ehemalige Residenzstadt Teschen geteilt, die westlich der Olsa gelegene Vorstadt kam zur Tschechoslowakei und damit zur heutigen Republik Tschechien.

Nach dem Münchner Abkommen, dem Beginn der Zerschlagung der Tschechoslowakei und der Entstehung des Protektorat Böhmen und Mähren im Jahr 1938 besetzten polnische Truppen im Gebiet von Teschen einen grenznahen, polnisch-sprachigen Streifen, genannt Zaolzie. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs (1939–1945) und der Besetzung Polens durch die deutsche Wehrmacht erfolgte im September 1939 die Eingliederung dieses und des nach 1920 polnischen Gebietes von Teschen-Schlesien als Landkreis Teschen und als Landkreis Bielitz in Großdeutschland. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Mai 1945 wurden die ehemaligen Grenzverhältnisse wiederhergestellt und haben sich bis heute nicht verändert.

In den Publikationen der Schriftstellerin Maria Scholz (Pseudonym: Maria Stona), verstorben 1944 auf Schloss Strebowitz bei Mährisch-Ostrau, haben sich einfühlbare Lebensbilder der deutsch-, tschechisch- und polnischsprachigen Menschen am Oberlauf der Oder der Nachwelt erhalten.

Siegel des ersten Herzogs Mesko I. von 1288

Liste der Herzöge von Teschen

Siehe: Teschen in der Liste der Herzöge von Schlesien

Dynastie der schlesischen Piasten

Dynastie der Habsburger

Infrastruktur

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts war das Herzogtum Teschen ein Zentrum des Steinkohlebergbaus und der Eisenwerkindustrie. Daneben dominierten der Maschinenbau und die Textilindustrie. Die bedeutendsten Bergbaugebiete befanden sich bei den Orten Karwin und Ostrau, daneben waren Teschen und Bielitz wichtige Industriestandorte. Die Industrialisierung war durch den Bau der Kaschau-Oderberg-Bahn und der Nordbahnlinie Kojetein–Bielitz gefördert worden. Seit 1849 war das Herzogtum in die drei Bezirkshauptmannschaften Bielitz, Friedeck und Teschen gegliedert. Die Stadt Teschen war stets Regierungssitz bzw. Verwaltungszentrum.

Moderne Karte der Region, mit polnischer Beschriftung

Folgende Orte hatten um 1900 den Status einer Stadt:

(deutscher Name, Einwohnerzahl 1880, heutige Ortsbezeichnung und Staatszugehörigkeit)

Dazu kommen die großen Bergbauorte

  • Karwin (Dorf), 4.961, Karviná, CS
  • Polnisch Ostrau (Marktflecken), 9.049, Slezská Ostrava, heute Stadtteil von Ostrava, CS

1910 hatte das Herzogtum 180.033 Einwohner, von denen 69,3 % Polen, 18,2 % Tschechen und 12,4 % Deutsche waren.

Siehe auch

Literatur

  • Albin Heinrich: Versuch über die Geschichte des Herzogthumes Teschen von den ältesten bis auf gegenwärtige Zeiten. Teschen 1818 (E-Kopie)
  • Gottlieb Biermann: Geschichte des Herzogthums Teschen. Teschen 1863 (E-Kopie)
  • Karl August Müller: Vaterländische Bilder, oder Geschichte und Beschreibung sämmtlicher Burgen und Ritterschlösser Schlesiens beider Antheile und der Grafschaft Glatz. Zweite Auflage, Glogau 1844, S. 193–195.
  • Idzi Panic: Poczet Piastów i Piastówien cieszyńskich. Cieszyn 2002, ISBN 83-917095-4-X (polnisch)
  • Idzi Panic: Śląsk Cieszyński w średniowieczu (do 1528). Starostwo Powiatowe w Cieszynie, Cieszyn 2010, ISBN 978-83-926929-3-5 (polnisch).
  • Moritz Landwehr von Pragenau: Geschichte der Stadt Teschen. Würzburg 1976.
  • Christian d´Elvert: Über das Lehenswesen in Mähren und Schlesien, in: Zeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit und politische Gesetzkunde, 1831, I, Seite 214–256
  • O. Grünhagen: Oberschlesiens Sonderstellung, in: Zeitschrift für die Geschichte Schlesiens XXXVII
  • Frantisek Vaclav Pstross: Die böhmischen Kronlehen im Königreich Böhmen in der Markgrafschaft Mähren und im Herzogtum Schlesien, 1861
  • Alfred von Arneth: Geschichte Maria Theresias, 1863–1879
  • Alfred Vivenot: Herzog Albrecht von Sachsen-Teschen als Reichsmarschall, 1864–1866
  • Anton Peter: Heimatkunde des Herzogtum Schlesien, 1880, Seite 90 und 93
  • Roman von Procházka: Genealogisches Handbuch erloschener böhmischer Herrenstandsfamilien. Ergänzungsband. Herausgegeben vom Vorstand des Collegium Carolinum (Institut) Forschungsstelle für die böhmischen Länder. R. Oldenbourg Verlag München 1990; Seite 132 bis 134, Teschen (aus dem Hause Lothringen) mit einer Übersichts-Stammtafel der Herzöge von Teschen aus dem Hause Lothringen und einer Beschreibung des Wappens des Herzogtum Teschen
  • Roman von Procházka: Fürstliche Titel und Würden für die historischen Länder der Böhmischen Krone, in: Adler, Jubiläumsband 1970, Seite 180

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Idzi Panic: Śląsk Cieszyński w średniowieczu (do 1528). Starostwo Powiatowe w Cieszynie, Cieszyn 2010, ISBN 978-83-926929-3-5, S. 75 (polnisch).
  2. Ludwig Patryn: Die Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1910 in Schlesien. Troppau 1912, S. 80 f.