Heuchelheim (Reichelsheim)

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Heuchelheim
Koordinaten: 50° 22′ N, 8° 52′ OKoordinaten: 50° 22′ 4″ N, 8° 52′ 1″ O
Höhe: 127 (125–130) m ü. NHN
Fläche: 1,47 km²[1]
Einwohner: 410 (2022)[2]
Bevölkerungsdichte: 279 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Februar 1972
Postleitzahl: 61203
Vorwahl: 06035
Evangelische Kirche in Heuchelheim

Heuchelheim ist ein Stadtteil von Reichelsheim im hessischen Wetteraukreis.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heuchelheim liegt 128 m über NN, etwa acht Kilometer nordöstlich von Friedberg und nordwestlich angrenzend an Reichelsheim in der Wetterau. Es ist der kleinste Stadtteil von Reichelsheim.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mittelalter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die älteste erhaltene Erwähnung des Ortes als „Hucheneleheim“ in einem Güterverzeichnis der Propstei Petersberg bei Fulda stammt aus der Zeit um 1090–1150.[3] Es handelt sich um die Abschrift einer Urkunde im Codex Eberhardi[4], einem Kopiar. Diese Urkunde bezeugt zugleich Besitz der Propstei Petersberg und verweist auf mögliche Zugehörigkeit zur Fuldischen Mark. In dieselbe Zeit fällt die Erwähnung Heuchelheims als "Huchelenheim."[5]

Heuchelheim gehörte 1255 als Allod zur Münzenberger Erbschaft, dem Nachlass Ulrichs II. von Münzenberg. Die Münzenberger Erbschaft wurde zwischen sechs seiner Schwestern geteilt, aber als Kondominat gemeinsam weiter verwaltet. So erhielten zunächst je einen Anteil:

Die Rechte an den Anteilen – und damit die Herrschaftsrechte über Heuchelheim – wurden weiter vererbt und zum Teil auch verkauft, so dass sich immer wieder unterschiedliche Eigentümergemeinschaften bildeten. Die einzelnen Eigentümer integrierten ihren jeweiligen Anteil in eigenen Verwaltungsstrukturen, in der Herrschaft und späteren Grafschaft Hanau war der Anteil z. B. dem dortigen Amt Münzenberg zugeordnet, in der Grafschaft Stolberg-Roßla dem dortigen Amt Ortenberg. Die Zuordnung der Anteile zu einzelnen Eigentümern entwickelte sich folgendermaßen:

Zeitraum Herren Bemerkungen
1255–1256 Adelheid 1/6
⚭ Reinhard I. von Hanau
Isengard 1/6
⚭ Philipp I. von Falkenstein
Mechthild 1/6
⚭ Engelhard von Weinsberg
Irmengard 1/6
⚭ Konrad von Weinsberg
Agnes 1/6
⚭ Konrad von Schöneberg
Hedwig 1/6
⚭ Heinrich von Pappenheim
Aufteilung des Erbes auf sechs verheiratete Töchter
1256–1272 Herrschaft Hanau 1/6 Falkenstein 3/6 Schöneberg 1/6 Pappenheim 1/6 Falkenstein erwarb 1256 die beiden Weinsberger Anteile.
1272–1286 Hanau 1/6 Falkenstein 4/6 Pappenheim 1/6 Falkenstein erwarb 1272 den Schöneberger Anteil.
1286–1418 Hanau 1/6 Falkenstein 5/6 Falkenstein erwarb 1286 den Pappenheimer Anteil.
1418–1507 Grafschaft Hanau 8/48 Eppstein 20/48 Solms-Greiffenstein 15/48 Solms-Laubach 5/48 1418 erloschen die Falkensteiner. Ihr Anteil fiel zu gleichen Teilen an Solms und Eppstein. Der Solmser Anteil wurde im Verhältnis 3:1 zwischen den Linien Greiffenstein und Laubach geteilt.
1507–1581 Grafschaft Hanau 8/48 Königstein 20/48 Solms-Greiffenstein 15/48 Solms-Laubach 5/48 1507 trat der letzte männliche Vertreter der Familie von Eppstein seine Rechte gegen eine Pension an die Herren von Königstein ab.
1581–1684 Grafschaft Hanau-Münzenberg8/48 Mainz 10/48 Stolberg-Gedern 10/48 Solms-Greiffenstein 15/48 Solms-Laubach 5/48 1581 Vom Eppsteiner Anteil kam die eine Hälfte an Stolberg-Gedern, die andere an Kurmainz.
1684–1736 Hanau 18/48 Stolberg-Gedern 10/48 Solms-Greiffenstein 15/48
ab 1693 Solms-Braunfels
Solms-Laubach 5/48 1684 trat Mainz seinen Anteil im Rahmen eines Gebietstausches an Hanau ab.
ab 1736 Landgrafschaft Hessen-Kassel 18/48 Stolberg-Gedern 10/48 Solms-Braunfels 15/48 Solms-Laubach 5/48 1736 erbte die Landgrafschaft Hessen-Kassel die Grafschaft Hanau-Münzenberg, siehe hier.

Die Herren von Hanau belehnten 1374 mit ihrem Sechstel die von Hattstein. Später wurde der Ort von Hanau und Falkenstein insgesamt an die Wais von Fauerbach als Lehen vergeben.[6]

Die Kirchengemeinde von Heuchelheim gehörte ursprünglich zu der von Echzell. 1420 wurde sie selbständige Pfarrei. Die Familie der Wais von Fauerbach, bei der daraufhin auch das Patronat lag, errichtete eine Kirche, die unter dem Patrozinium von Maria und den Heiligen Georg Valentin stand.

Neuzeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Anteilseigener an dem Kondominat, zu dem auch Heuchelheim gehörte, waren überwiegend Mitglieder des Wetterauer Grafenvereins oder verwandte Häuser. Deshalb setzte sich hier auch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Reformation durch, letztendlich in ihrer reformierten Ausprägung.

Mit der Auflösung der alten Territorialstrukturen in napoleonischer Zeit wurde Heuchelheim letztendlich dem Großherzogtum Hessen zugeschlagen, allerdings schrittweise. 1806 kam der kurhessische Anteil unter französische Verwaltung, da Frankreich das Kurfürstentum besetzte, weil es sich weigerte, dem Rheinbund beizutreten. Das Großherzogtum Hessen dagegen trat dem Rheinbund bei und wurde unter anderem damit belohnt, dass es die staatliche Souveränität über die kleineren Herrschaften in seinem Einzugsbereich gewann. Dazu zählten auch die in der Wetterau gelegenen Gebiete von Solms und Stolberg-Gedern und damit deren Anteile an Heuchelheim. Am 11. Mai 1810 schlossen dann das Großherzogtum Hessen und Frankreich einen Staatsvertrag[7] mit dem Frankreich Gebiete, die es 1806 Kurhessen abgenommen hatte, an das Großherzogtum weiter gab. Der im Mai geschlossene Vertrag wurde von Napoléon aber erst am 17. Oktober 1810 unterschrieben.[8] Das hessische Besitzergreifungspatent datiert vom 10. November 1810[9] und umfasste auch den vormals kurhessischen, jetzt französischen Anteil an Heuchelheim. Es unterstand nun zu 712 dem großherzoglichen Amt Bingenheim und zu 512 dem standesherrlichen Amt Ortenberg.

Ab 1820 kam es im Großherzogtum Hessen zu Verwaltungsreformen. 1821 wurden auch auf unterer Ebene Rechtsprechung und Verwaltung getrennt und alle Ämter aufgelöst. Für die bisher durch die Ämter wahrgenommenen Verwaltungsaufgaben wurden Landratsbezirke geschaffen, für die erstinstanzliche Rechtsprechung Landgerichte.[10] Die Verwaltung von Heuchelheim wurde dem Landratsbezirk Nidda,[10] die Aufgaben der Rechtsprechung dem Landgericht Nidda übertragen.[10] Ab 1832 war Heuchelheim dem Kreis Nidda zugeordnet, kurzzeitig nach der Märzrevolution von 1848 bis 1852 dem Regierungsbezirk Nidda, ab 1874 dem Landkreis Büdingen.

Für die örtliche Wirtschaft war lange ein Braunkohletagebau der PREAG bedeutend. Davon sind westlich des Dorfes zwei ehemalige Klärteiche erhalten, die zu den Tagebauen II und III gehörten, der Teufel- und des Pfaffensee nordwestlich des Dorfes.

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Am 1. Februar 1972 wurde Heuchelheim zur Stadt Reichelsheim (damals: Landkreis Friedberg, später Wetteraukreis) eingemeindet.

Bevölkerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einwohnerstruktur 2011

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Heuchelheim 402 Einwohner. Darunter waren 6 (1,5 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 69 Einwohner unter 18 Jahren, 153 zwischen 18 und 49, 90 zwischen 50 und 64 und 93 Einwohner waren älter.[11] Die Einwohner lebten in 168 Haushalten. Davon waren 42 Singlehaushalte, 45 Paare ohne Kinder und 57 Paare mit Kindern, sowie 18 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 36 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 102 Haushaltungen lebten keine Senioren.[11]

Einwohnerentwicklung
Heuchelheim: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2022
Jahr  Einwohner
1834
  
250
1840
  
255
1846
  
270
1852
  
263
1858
  
261
1864
  
259
1871
  
244
1875
  
245
1885
  
222
1895
  
185
1905
  
171
1910
  
187
1925
  
198
1939
  
184
1946
  
318
1950
  
334
1956
  
310
1961
  
300
1967
  
353
1970
  
345
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2011
  
402
2022
  
410
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; Zensus 2011[11]; 2022[2]
Historische Religionszugehörigkeit
• 1961: 209 evangelische (= 69,67 %), 59 katholische (= 19,67 %) Einwohner[1]

Wappen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Wappen zeigt einen Reichsapfel als ein Symbol der Gerichtsbarkeit, da im Mittelalter hier ein Gerichtshof ansässig war. Der Reichsapfel taucht ebenfalls umgeben von Palmblättern in dem ältesten bekannten Siegel der Stadt von 1677 auf.[12]

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Infrastruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der öffentliche Personennahverkehr besteht aus der Buslinie FB03.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gerhard Kleinfeldt, Hans Weirich: Die mittelalterliche Kirchenorganisation im oberhessisch-nassauischen Raum = Schriften des Instituts für geschichtliche Landeskunde von Hessen und Nassau 16 (1937). ND 1984, S. 20.
  • Hans Georg Ruppel (Bearb.): Historisches Ortsverzeichnis für das Gebiet des ehem. Großherzogtums und Volksstaats Hessen mit Nachweis der Kreis- und Gerichtszugehörigkeit von 1820 bis zu den Veränderungen im Zuge der kommunalen Gebietsreform = Darmstädter Archivschriften 2. 1976, S. 115.
  • Heinz Wionski: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Hessen. Wetteraukreis II. Stuttgart 1999, S. 932–933.
  • Literatur über Heuchelheim nach GND In: Hessische Bibliographie

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Heuchelheim – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Heuchelheim, Wetteraukreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 15. März 2016). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. a b Wetteraukreis: Bevölkerung: Einwohner/-innen nach Ortschaften. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 10. August 2023; abgerufen im Mai 2024.
  3. Datierung nach Traut Werner-Hasselbach, Die älteren Güterverzeichnisse der Reichsabtei Fulda = Marburger Studien zur älteren deutschen Geschichte II,7. Marburg 1942, S. 45 u. S. 108 f.
  4. Heinrich Meyer zu Ermgassen (Hrsg.): Der Codex Eberhardi des Klosters Fulda = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 58.1. Marburg 1995, ISBN 3-7708-1044-9, S. 332.
  5. Ernst Friedrich Johann Dronke, Traditiones et antiquitates Fuldenses. ND 1966, S. 131, Cap. 45, Nr. 26.
  6. Uta Löwenstein: Grafschaft Hanau. In: Ritter, Grafen und Fürsten – weltliche Herrschaften im hessischen Raum ca. 900-1806 = Handbuch der hessischen Geschichte 3 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 63. Marburg 2014, ISBN 978-3-942225-17-5, S. 196–230 (206).
  7. Text (in französischer Sprache) in: Schmidt, S. 30ff, Anm. 100.
  8. Schmidt, S. 30.
  9. Schmidt, S. 33.
  10. a b c Die Eintheilung des Landes in Landraths- und Landgerichtsbezirke betreffend vom 14. Juli 1821. In: Großherzoglich Hessisches Ministerium des Inneren und der Justiz. (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1821 Nr. 33, S. 403 ff. (411–412) (Online bei der Bayerischen Staatsbibliothek).
  11. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 54 und 106, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juli 2021;.
  12. Heuchelheim (Reichelsheim) - Wappen von Heuchelheim (Reichelsheim) (coat of arms). In: www.ngw.nl. Abgerufen am 10. Oktober 2016.