Dies ist ein als lesenswert ausgezeichneter Artikel.

Vollständige Induktion

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Induktionsannahme)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die vollständige Induktion ist eine mathematische Beweismethode, nach der eine Aussage für alle natürlichen Zahlen bewiesen wird, die größer oder gleich einem bestimmten Startwert sind. Da es sich um unendlich viele Zahlen handelt, kann eine Herleitung nicht für jede Zahl einzeln erbracht werden. Sie ist ein deduktives Verfahren.

Der Beweis, dass die Aussage für alle ( meist 1 oder 0) gilt, wird dabei in zwei Etappen durchgeführt:

  1. Im Induktionsanfang wird die Gültigkeit der Aussage für eine kleinste Zahl gezeigt.
  2. Im Induktionsschritt wird für ein beliebiges die Gültigkeit der Aussage aus der Gültigkeit von geschlussfolgert.

Oder weniger formal formuliert:

  1. Induktionsanfang: Es wird bewiesen, dass die Aussage für die kleinste Zahl, den Startwert, gilt.
  2. Induktionsschritt: Folgendes wird bewiesen: Gilt die Aussage für eine beliebige Zahl, so gilt sie auch für deren Nachfolger.

Ausgehend vom Beweis für den Startwert erledigt der Induktionsschritt den Beweis für alle natürlichen Zahlen oberhalb des Startwertes.

Dieses Beweisverfahren ist von grundlegender Bedeutung für die Arithmetik und Mengenlehre und damit für alle Gebiete der Mathematik.

Die vollständige Induktion befasst sich mit der Gültigkeit von Aussageformen .

Beispiel (Siehe Gaußsche Summenformel):

für

Wenn man Werte für einsetzt, erhält man Aussagen, die wahr oder falsch sind.

Die Aussagen im obigen Beispiel sind offensichtlich alle wahr. Da man das nicht für alle (unendlich viele) Zahlen nachrechnen kann, bedarf es eines besonderen Beweisverfahrens. Dieses liefert die vollständige Induktion.

Die Aussageform ist allgemeingültig, wenn sie für alle wahr ist.

Um die Allgemeingültigkeit der Aussageform zu beweisen, zeigt man Folgendes:

  1. (Induktionsanfang) und
  2. aus der Aussage (der Induktionsannahme) folgt stets die Aussage , und zwar für alle . (Das ist der Induktionsschritt.)[1]

Veranschaulichung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Vollständige Induktion als Dominoeffekt mit unendlich vielen Steinen

Die Methode der vollständigen Induktion ist mit dem Dominoeffekt vergleichbar: Wenn der erste Dominostein fällt und durch jeden fallenden Dominostein der nächste umgestoßen wird, wird schließlich jeder Dominostein der unendlich lang gedachten Kette irgendwann umfallen.

Die Allgemeingültigkeit einer Aussageform ist für bewiesen, wenn gültig ist (der erste Stein fällt um) und wenn zusätzlich gilt für (jeder Stein reißt beim Umfallen den nächsten Stein mit).

Etymologie und Geschichte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bezeichnung Induktion leitet sich ab von lat. inductio, wörtlich „Hineinführung“. Der Zusatz vollständig signalisiert, dass es sich hier im Gegensatz zur philosophischen Induktion, die aus Spezialfällen ein allgemeines Gesetz erschließt und kein exaktes Schlussverfahren ist, um ein anerkanntes deduktives Beweisverfahren handelt.

Das Induktionsprinzip steckt latent bereits in der von Euklid überlieferten pythagoreischen Zahlendefinition: „Zahl ist die aus Einheiten zusammengesetzte Menge.“[2] Euklid führte aber noch keine Induktionsbeweise, sondern begnügte sich mit intuitiven, exemplarischen Induktionen, die sich aber vervollständigen lassen. Auch andere bedeutende Mathematiker der Antike und des Mittelalters hatten noch kein Bedürfnis nach präzisen Induktionsbeweisen. Vereinzelte Ausnahmen im hebräischen und arabischen Sprachraum blieben ohne Nachfolge.[3][4]

Lange galt ein Beweis von Franciscus Maurolicus von 1575 als älteste explizite vollständige Induktion (unten ausgeführt).[5] Er erörterte aber das allgemeine Beweisverfahren noch nicht. Erst Blaise Pascal thematisierte das Induktionsprinzip mit Induktionsanfang und Induktionsschritt in seinem Traité du triangle arithmétique von 1654.[6] Zur Verbreitung von Induktionsbeweisen trug ab 1686 Jakob I Bernoulli wesentlich bei.[7]

Das Beweisverfahren wurde dann 1838 von Augustus De Morgan erstmals als Induktion oder sukzessive Induktion bezeichnet.[8] 1888 prägte schließlich Richard Dedekind in seiner Schrift Was sind und was sollen die Zahlen? den Begriff vollständige Induktion.[9] Über dieses Werk aus der Gründerzeit der Mengenlehre wurde sie zum allgemein bekannten, etablierten Beweisprinzip, auf das seither kein Zweig der Mathematik mehr verzichten kann. Ein Jahr später, 1889, formulierte Giuseppe Peano mit den Peanoschen Axiomen den ersten formalisierten Kalkül für die natürlichen Zahlen mit einem Induktionsaxiom, aus dem das Beweisschema der vollständigen Induktion herleitbar ist.[10] Er zeigte mit formaler Strenge, dass aus seinen Zahlaxiomen, zu denen das Induktionsaxiom gehört, die ganze Arithmetik bis hin zu den reellen Zahlen ableitbar ist. Dadurch machte er die fundamentale Bedeutung und die Leistungskraft der Induktion voll bewusst.

Seit Richard Dedekind ist die vollständige Induktion folgendermaßen festgelegt:

Um zu beweisen, dass eine Aussage für alle natürlichen Zahlen gilt, genügt es zu zeigen,
  • dass sie für gilt und
  • dass aus der Gültigkeit der Aussage für eine Zahl stets auch ihre Gültigkeit für den Nachfolger folgt.[9]

Als formale Schlussregel mit Ableitungsoperator lautet die vollständige Induktion für eine Aussage und eine natürliche Zahl :

und

Diese Schlussregel ist eine kompakte Formulierung des Beweisschemas der vollständigen Induktion, das didaktisch etwas ausführlicher formuliert werden kann:

Soll die Formel für alle natürlichen Zahlen bewiesen werden, dann genügen dazu zwei Beweisschritte:
  1. der Induktionsanfang: der Beweis von ,
  2. der Induktionsschritt (auch »Schluss von auf «[9] genannt): der Beweis der Induktionsbehauptung aus und der Induktionsvoraussetzung (auch Induktionsannahme, engl. induction hypothesis) .
Nach obiger Schlussregel folgt dann die Verallgemeinerung der Formel auf alle natürlichen Zahlen (der abschließende Induktionsschluss).

Die für natürliche Zahlen aus einer Menge zu beweisende Aussage tritt hierbei in mindestens 3 Rollen auf:

(1) als Induktionsbehauptung für ein (einzelnes) beliebiges
(2) als Induktionsvoraussetzung für endlich viele kleinere natürliche Zahlen
(3) als zu beweisende allgemeine Aussage für alle (und damit für unendlich viele)

Meist ist oder . ist jedoch möglich.

Denn da die Aussage für gleichwertig ist zur Aussage für , lässt sich Dedekinds Induktion auf die vollständige Induktion von 0 aus zurückführen:

Die Axiomatik der natürlichen Zahlen durch Peano

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Peano bewies 1889 mit vollständiger Induktion die grundlegenden Rechenregeln für die Addition und Multiplikation: das Assoziativgesetz, Kommutativgesetz und Distributivgesetz.[11][12]

Das Axiom der vollständigen Induktion

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die vollständige Induktion ist ein Axiom der natürlichen Zahlen. Meist wird sie jedoch aus dem gleichwertigen fünften Peano-Axiom, dem Induktionsaxiom, hergeleitet. Dieses lautet:

Ist eine Teilmenge der natürlichen Zahlen mit den Eigenschaften:

  1. ist ein Element von
  2. Mit aus ist stets auch aus ,

dann ist .

Auch in anderen Konzepten der natürlichen Zahlen sind die Peano-Axiome und damit auch das Beweisverfahren der vollständigen Induktion herleitbar, zum Beispiel bei der Definition der natürlichen Zahlen

  • als von 1 erzeugte geordnete Halbgruppe, die der zitierten pythagoreischen Zahlendefinition entspricht[2]
  • als frei von 1 erzeugtes Monoid, das von der Addition der Zahlen ausgeht[13]
  • als Algebra mit Nachfolger-Abbildung, die Dedekinds Zahlendefinition entspricht[14][15]
  • als kleinste induktive Menge, nämlich als kleinste Menge, die das Unendlichkeitsaxiom erfüllt, wie es in der Mengenlehre üblich ist
  • als Klasse der endlichen Ordinalzahlen, die nur eine allgemeine Mengenlehre ohne Unendlichkeitsaxiom voraussetzt

Gaußsche Summenformel

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gaußsche Summenformel lautet:

    Für alle natürlichen Zahlen gilt die Aussage
    .

Sie kann durch vollständige Induktion bewiesen werden.

Der Induktionsanfang ergibt sich unmittelbar:

    .

Im Induktionsschritt ist zu zeigen, dass für aus der Induktionsvoraussetzung

   

die Induktionsbehauptung

   

(mit an der Stelle des der Induktionsvoraussetzung) folgt.

Dies gelingt folgendermaßen:

(rot markiert die Induktionsvoraussetzung)
(Nach Ausklammern von ergibt sich …)
(… die Induktionsbehauptung wie oben angegeben.)

Abschließend der Induktionsschluss:
    Damit ist die Aussage für alle bewiesen.

Summe ungerader Zahlen (Maurolicus 1575)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die schrittweise Berechnung der Summe der ersten ungeraden Zahlen legt die Vermutung nahe: Die Summe aller ungeraden Zahlen von bis ist gleich dem Quadrat von :

Der zu beweisende allgemeine Satz lautet: . Ihn bewies Maurolicus 1575 mit vollständiger Induktion.[5] Ein Beweis mit heute geläufigen Rechenregeln liest sich folgendermaßen:

Der Induktionsanfang mit ist wegen leicht nachgeprüft.

Als Induktionsschritt ist zu zeigen: Wenn , dann . Er ergibt sich über folgende Gleichungskette, bei der in der zweiten Umformung die Induktionsvoraussetzung angewandt wird:

(Die Induktionsvoraussetzung ist rot markiert.)

Bernoullische Ungleichung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bernoullische Ungleichung lautet für reelle Zahlen mit und natürliche Zahlen

.

Der Induktionsanfang mit gilt hier wegen (wobei die Definitionslücke an der Stelle durch stetig ergänzt ist).

Den Induktionsschritt gewinnt man über folgende Ableitung, die im zweiten Schritt die Induktionsvoraussetzung verwendet, wobei obige Bedingung für dafür sorgt, dass der Term nicht negativ wird:

(Die Induktionsvoraussetzung ist rot markiert.)

Das zweimalige Vorkommen des -Zeichens (in gleicher Richtung) lässt sich vereinfachen zu:

Das Pferde-Paradox ist ein Standardbeispiel für eine fehlerhafte Anwendung der vollständigen Induktion und illustriert die Bedeutung des Zusammenspiels von Induktionsverankerung und Induktionsschritt. Bei ihm wird die unsinnige Aussage, dass in einer Herde von Pferden alle immer die gleiche Farbe besitzen, anhand einer scheinbar korrekten Induktion bewiesen. Dabei ist der Induktionsschritt selbst korrekt, würde aber die Induktionsverankerung bei einem benötigen, während der (fehlerhafte) Beweis die Induktion bei verankert und somit schon der Schritt von auf scheitert.

Induktionsvarianten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Induktion mit beliebigem Anfang

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Induktionsbeweis der Ungleichung für natürliche Zahlen :

Der Induktionsanfang für ergibt sich mit .
Der Induktionsschritt gilt aufgrund folgender Ableitung, die im zweiten Schritt die Induktionsvoraussetzung und im vierten und sechsten Schritt die Voraussetzung anwendet:

Die endlich vielen Fälle, die solch ein allgemeinerer Induktionsbeweis nicht abdeckt, können einzeln untersucht werden. Im Beispiel ist die Ungleichung für offenbar falsch.

Starke Induktion

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Induktion mit mehreren Vorgängern

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In manchen Induktionsbeweisen kommt man in der Induktionsvoraussetzung mit dem Bezug auf einen einzigen Vorgänger nicht aus, bspw. wenn eine Rekursionsformel mehrere Vorgänger enthält.[16] Der Induktionsanfang ist dann für mehrere Startwerte durchzuführen. Ist zur Ableitung einer Formel etwa die Induktionsvoraussetzung für und nötig, dann ist ein Induktionsanfang für zwei aufeinander folgende Zahlen, also etwa 0 und 1, erforderlich. Als Induktionsvoraussetzung kann auch die Aussage für alle Zahlen zwischen dem Startwert und dienen. Ein Beispiel[17] ist der Beweis, dass jede natürliche Zahl einen Primzahl-Teiler hat:

Induktionsanfang: 2 ist durch die Primzahl 2 teilbar.
Induktionsschritt: Die Aussage sei für alle mit erfüllt. Ist nun eine Primzahl, so ist selbst der gesuchte Teiler, und die Behauptung ist bewiesen. Ist keine Primzahl, so gibt es zwei Zahlen mit und . In diesem Fall besitzt gemäß Induktionsannahme (= Induktionsvoraussetzung) einen Primzahl-Teiler, etwa . Dann teilt auch und ist Primzahl-Teiler von . Damit ist auch für diesen zweiten Fall die Behauptung bewiesen.

Formale Definition

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Aussage ist für alle gültig, wenn Folgendes für jedes beliebige gezeigt wird:

(Induktionsschritt:) .

Das Beweisschema der starken Induktion besteht demgemäß nur aus dem Induktionsschritt.

Der Induktionsschritt ist also der Nachweis, dass
für jedes
die Induktionsvoraussetzung               [18]
die Induktionsbehauptung   nach sich zieht.
Dann folgt die Verallgemeinerung
(der Induktionsschluss): Die Aussage gilt für alle .

Induktionsanfänge, wie sie in der gewöhnlichen Induktion vorkommen, also bspw. der Nachweis der Aussage , sind im Induktionsschritt enthalten.[19] Es kann überdies vorkommen, dass mehr als eine Anfangsaussage vorab zu zeigen ist (siehe Fibonacci-Folge).

Offensichtlich folgt die (in der Einleitung formulierte) gewöhnliche vollständige Induktion aus der starken Induktion. Man kann aber auch die starke Induktion mit Hilfe der gewöhnlichen vollständigen Induktion beweisen.[20]

Beweis  

Zu zeigen ist:

Wenn für alle
aus (Induktionsvoraussetzung gewöhnlich ⇒ stark)
folgt,
dann gilt
für alle . (Induktionsschluss gewöhnlich ⇒ stark)

Wir definieren die folgende Aussage für natürliche Zahlen

und zeigen ihre Gültigkeit mittels gewöhnlicher vollständiger Induktion.

Induktionsanfang: Da , die leere Und-Verknüpfung ist, gilt gemäß Anmerkung[19] sofort.

(Gewöhnlicher) Induktionsschritt von nach :

Sei beliebig und es gelte , d. h. es gelte
.
Wegen der (Induktionsvoraussetzung gewöhnlich ⇒ stark) folgt daraus
.
Zusammengenommen mit ergibt dies
.

Damit haben wir gezeigt, welches ist, und der gewöhnliche Induktionsschritt ist fertig. Wir schließen (gewöhnlicher Induktionsschluss):

Für alle gilt .

Wegen ergibt sich a fortiori der starke Induktionsschluss:

Für alle gilt .  ■

Trotz dieser prinzipiellen Gleichwertigkeit in der Beweisstärke ist der Unterschied in der Ausdrucksstärke wegen der beliebig vielen Startwerte und der Möglichkeit des Rückgriffs auf beliebig viele Vorgänger groß, besonders bei rekursiven Definitionen. Das bedeutet aber keineswegs, dass letztere Definitionen nicht in gewöhnliche Rekursionen überführt werden können.

Beispiel
  • Die Folge sei definiert durch die Rekursionsformel
          .
    Dann gilt:
          .
    Der Beweis mittels starker Induktion ist trivial.
    Die Rekursion lässt sich jedoch auch unschwer in eine auf einen einzigen Vorgänger umformen:
                .

Induktion mit Vorwärts-Rückwärts-Schritten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Augustin-Louis Cauchy führte 1821 eine Induktionsvariante vor, bei der der vorwärts gerichtete Induktionsschritt Sprünge macht (nämlich von nach ) und die entstandenen Lücken nachträglich durch eine rückwärts gerichtete Herleitung von nach auf einen Schlag gefüllt werden.[21][22]

Beispiel: Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel

Weitere Induktionsvarianten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gibt auch Sachlagen, bei denen Aussagen über alle ganzen Zahlen (positive und negative) mit vollständiger Induktion bewiesen werden können. Der Beweis in die positive Richtung geschieht wie gewohnt mit einem beliebigen Induktionsanfang und dem positiven Induktionsschritt von nach . Danach kann es möglich sein, den Induktionsschritt in die negative Richtung von nach auszuführen. Beispielsweise lässt sich bei der Fibonacci-Folge die Rekursionsgleichung in die Gegenrichtung umstülpen.

Die vollständige Induktion ist von natürlichen Zahlen verallgemeinerbar auf Ordinalzahlen. Bei Ordinalzahlen, die größer als die natürlichen Zahlen sind, spricht man dann von transfiniter Induktion.

Die Induktion ist auch übertragbar auf sogenannte fundierte Mengen, die eine der Zahlenordnung vergleichbare Ordnungsstruktur aufweisen; hier spricht man zuweilen von struktureller Induktion.

Rekursive oder induktive Definition

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die rekursive Definition – auch induktive Definition genannt[23][24] – ist ein der vollständigen Induktion analoges Verfahren, bei der ein Term durch einen Rekursionsanfang und einen Rekursionsschritt definiert wird.

Beispiel einer rekursiven Funktion

Mit Hilfe der vollständigen Induktion kann man beweisen (Gaußsche Summenformel):

Die geschlossene Formel erspart die umständliche rekursive Berechnung.

Umgekehrt zeigt das nächste Beispiel, dass eine rekursive Berechnung günstiger sein kann.

Beispiel einer rekursiv definierten Funktion:

für   ,
für   und ungerade,
für   und gerade.

Man kann mit Hilfe der vollständigen Induktion nach zeigen, dass

    für ist.

Der Vorteil dieser rekursiven Definition ist, dass man bei der Berechnung hoher Potenzen nicht Multiplikationen, sondern nur Multiplikationen in der Größenordnung von hat.[25] Sehr hohe Potenzen werden zum Beispiel bei der RSA-Verschlüsselung von Nachrichten verwendet.

Die rekursive Definition hat wie die Induktion allerlei differenzierte Varianten.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Induktionsanfang und Induktionsschritt sind oft mit Methoden der „Schullogik“ herleitbar. Bei der vollständigen Induktion handelt es sich jedoch um ein Verfahren der Prädikatenlogik zweiter Stufe.
  2. a b Euklids Elemente VII, Definition 2. Dazu: Wilfried Neumaier: Antike Rhythmustheorien, Kap. 1 Antike mathematische Grundbegriffe, S. 11–12.
  3. Rabinovitch: Rabbi Levi Ben Gershon and the Origins of Mathematical Induction, in: Archive for History of Exact Sciences 6 (1970), S. 237–248.
  4. Roshdi Rashed: L’induction mathématique: al-Karajī, as-Samaw'al, in: Archive for History of Exact Sciences 9 (1972), S. 1–21.
  5. a b Maurolycus: Arithemticorum Liber primus, S. 7, Proposition 15a. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  6. Blaise Pascal: Traité du triangle arithmétique, S. 7, Conséquence douziesme, Le 1. (Induktionsanfang), Le 2. (Induktionsschritt), eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  7. Lexikon bedeutender Mathematiker, Leipzig 1990, Artikel „Jakob Bernoulli“, S. 48.
  8. De Morgan: Artikel Induction (Mathematics) in: Penny Cyclopædia XII (1838), S. 465–466.
  9. a b c Richard Dedekind: Was sind und was sollen die Zahlen?, Braunschweig 1888, § 6 Satz 80, Originalwortlaut: Satz der vollständigen Induktion (Schluss von n auf n’). Um zu beweisen, dass ein Satz für alle Zahlen n einer Kette m0 gilt, genügt es zu zeigen, dass er für n = m gilt und dass aus der Gültigkeit des Satzes für eine Zahl n der Kette m0 stets seine Gültigkeit auch für die folgende Zahl n’ folgt.
  10. Peano: Arithmetices principia nova methodo exposita, 1889, in: G. Peano, Opere scelte II, Rom 1958, S. 20–55.
  11. Peano: Arithmetices principia nova methodo exposita. 1889. In: G. Peano: Opere scelte. Band II. Rom 1958. S. 35–36, 40–41.
  12. ausführliche Beweise auch in: Edmund Landau: Grundlagen der Analysis. Leipzig 1930.
  13. Felscher: Naive Mengen und abstrakte Zahlen I, S. 130–132.
  14. Dedekind: Was sind und was sollen die Zahlen?, § 6, Erklärung 71.
  15. dargestellt als Dedekind-Tripel in: Felscher: Naive Mengen und abstrakte Zahlen I, S. 147.
  16. S. Beweis der Formel von Binet für die Fibonacci-Folge
  17. Ein weiteres Beispiel ist der Beweis des Zeckendorf-Theorems; s. Der Satz von Zeckendorf.
  18. Definitionsgemäß ist .
    Die Induktionsvoraussetzung (die Induktionsannahme) besteht also darin, dass für alle Zahlen von bis als gültig angenommen wird.
  19. a b Da das neutrale Element der Und-Verknüpfung ist und deshalb die leere Und-Verknüpfung den Wahrheitswert hat, ist die Implikation durch das Zutreffen von nachzuweisen. So betrachtet "steckt/stecken" der/die Induktionsanfang/anfänge bei der starken Induktion alle im Induktionsschritt.
  20. Oliver Deiser: Einführung in die Mathematik 2.1, S. 271/2 Der hauptsächliche Unterschied des starken Induktionsschemas zum gewöhnlichen ist – wie der Beweis zeigt, dass beim gewöhnlichen Schema jede Induktionsvoraussetzung genau einmal (in einer einzigen Induktionsstufe) benutzt wird, während beim starken Schema von mehreren höheren Induktionsstufen aus auf sie Bezug genommen werden kann.
  21. Cauchy, Augustin-Louis. Analyse algebrique. Paris 1821. Der Beweis der Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel ist dort auf Seite 457 ff.
  22. Eine Vorwärts-Rückwärts-Induktion ist auch der Beweis der jensenschen Ungleichung. Jensen: Sur les fonctions convexes et les inégalités entre les valeurs moyennes. In: Acta Math. 30, 1906, S. 175–193.
  23. Hausdorff: Grundzüge der Mengenlehre. 1914. S. 112–113 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  24. Peano: Le Definitione in Matematica. In: Opere scelte. Band II, 1921. S. 431, § 7 Definizioni per induzione.
  25. Zum Beispiel errechnet sich
    für x=3 wird wird in 6 Rechenschritten berechnet:
    1.
    2.
    3. 6 561
    4. 43 046 721
    5. 1 853 020 188 851 841
    6. 12 157 665 459 056 928 801