Kloster Bordesholm

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Die Klosterkirche von Osten aus gesehen mit südlichem Gruftanbau

Das Kloster Bordesholm war ein Augustiner-Chorherren-Stift in der Gemeinde Bordesholm im Kreis Rendsburg-Eckernförde in Schleswig-Holstein.

Geschichte des Klosters

Das 1125 in Neumünster von Vicelin in Neumünster gegründete Chorherrenstift siedelte 1330 nach Bordesholm um. Die Chorherren machten eine Insel im Bordesholmer See durch drei Dämme landfest und bauten darauf Kirche und Klostergebäude. Für den 1309 begonnen Bau stiftete Otto Pogwisch aus Bistenkesse (Bissee, später Bothkamp), in seinem Testament 1327 300 Mk, davon ausdrücklich 100 Mk. für Glasfenster.[1] Als erster seiner Familie wurde er im damals noch nicht fertiggestellten Chor der Klosterkirche beigesetzt.

Im Laufe der Zeit entwickelte sich das Kloster zu einem bedeutenden kulturellen und religiösen Zentrum. Die Einnahmen durch Wallfahrer erlaubten, die Kirche zweimal zu erweitern. Eine Filiale befand sich in Jasenitz bei Stettin. Dort beendete Propst Reborch 1476 die im folgenden Jahr in Bordesholm erstmals aufgeführte Bordesholmer Marienklage. Dem Kloster inkorporiert war u.a. die Pfarrkirche St. Nikolai in Kiel. 1490 schloss sich das Chorherrenstift der Windesheimer Kongregation an. Ein letzter wirtschaftlicher Aufschwung ermöglichte es noch im selben Jahr, die Erweiterung der Klosterkirche in Angriff zu nehmen.

1528 schrieb der Kieler Pfarrer, der Chorherr Wilhelm Prävest, an Martin Luther, um sich über den Laienprediger Melchior Hofmann zu beschweren. Als sich jedoch herausstellte, dass er gleichzeitig gegen Luther polemisierte, musste er sich nach Bordesholm zurückziehen. Predigt und Seelsorge in Kiel wurden daraufhin von evangelischen Predigern übernommen. Obwohl die Reformation in Schleswig-Holstein bereits 1547 offiziell eingeführt wurde, bestand das Kloster bis 1566, als es von Herzog Hans dem Älteren säkularisiert wurde. Die älteren Chorherren durften bleiben, die jüngeren wurden verpflichtet, am Unterricht der nun evangelischen Fürstenschule teilzunehmen, die in die Gebäude einzog. Stattdessen flohen die Mönche ins Kloster Windesheim in Zwolle und prozessierten 11 Jahre lang - letztlich vergeblich - um die Herausgabe ihres Besitzes. Die Gelehrtenschule wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört und erst 1662 wieder eröffnet. Aber schon 1665 wurde sie nach Kiel verlegt und bildete den Grundstock der dort neu gegründeten Universität. Die Klostergebäude wurden danach abgerissen. Das letzte aus der Bordesholmer Klosterzeit heute noch erhaltene Bauwerk ist die Klosterkirche.

Klosterkirche

Das Innere der Kirche; im Vordergrund das Grabmal der Herzogin Anna († 1514)
Rankenwerkmalerei im Gurtbogen (ursprünglich 1490, erneuert)

Bau und Baugeschichte

Die Klosterkirche Bordesholm ist ein langgestreckter Backsteinbau. Es handelt sich um eine dreischiffige, sechs Joch lange Hallenkirche mit Fünfachtelschluss im Osten. Stützpfeiler sind tief in den Bau eingezogen und außen nur als Wandstreifen sichtbar. Die Kirche ist turmlos, das hohe Satteldach trägt einen Dachreiter. In ihren einheitlich gotischen Formen gilt die Kirche als eine der schönsten Bauten des Landes.

Die Bauzeit für den ersten Bauabschnitt begann 1309. 1332 wurde die Kirche geweiht. Sie hatte anfangs ein dreijochiges Mittelschiff mit begleitenden Seitenräumen. Zwischen 1450 und 1462 wurde im Westen ein Verlängerungsjoch mit schmalen Seitenschiffen angebaut. Es folgte 1490 bis 1509 ein diesmal zweijochiger Verlängerungsabschnitt, sodass der gesamte Bau jetzt aus sechs Jochen bestand. In der Barockzeit wurde schließlich ein Gruftanbau an der Südseite angefügt. In dieser Form ist die Kirche bis heute erhalten.

Innerer Raum

Die Seitenwände im Ostteil des Mittelschiffs (erster Bauabschnitt) sind spitzbogig aufgeschnitten. Nach oben wird der Raum durch ein spätgotisches Kreuzrippengewölbe auf Rundstabdiensten abgeschlossen. Auch die Verlängerungsjoche haben Kreuzrippengewölbe. Im ersten weiträumigen Verlängerungsjoch befinden sich kreuzförmige Pfeiler. Die Pfeiler im zweijochigen zweiten Verlängerungsteil sind achteckig und steigen im Mittelschiff höher auf.

Ausstattung

Chorgestühl (1509) und neugotische Kanzel (19. Jh.)

Ausmalung

Der Mittelschiffgurtbogen zwischen dem 1. und 2. Verlängerungsteil ist mit Rankenwerk bemalt. Die spätgotische Bemalung, ursprünglich aus der Zeit um 1490, wurde aber stark erneuert.

Chorgestühl

Das Chorgestühl von 1509 besteht aus 30 Klappsitzen. Die Rückwand ist in Felder aufgeteilt, darüber liegt ein Baldachin mit Maßwerkstirn.

Triumphkreuz

Das spätgotische 2,20 m hohe Triumphkreuz wurde in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts geschaffen.

Fotoprojektion des Brüggemann-Altar an seinem ursprünglichen Standort

Hauptaltar

Herzog Friedrich stiftete der Klosterkirche nach dem Tod seiner Frau einen Schnitzaltar, den der Künstler Hans Brüggemann 1521 fertigstellte. Dieser Brüggemann-Altar, auch als Bordesholmer Altar berühmte Schnitzaltar wurde 1666 von Bordesholm in den Schleswiger Dom überführt. 1672 überließ die St. Johanniskirche in Brügge eine ebenfalls Brüggemann oder seiner Werkstatt zugeschriebenen geschnitzte Darstellung der Kreuzigung der Bordesholmer Kirche. Diese befindet sich heute auf Schloss Gottorf.[2]

Der heutige Altar mit großem, spätbarockem Aufbau stammt von 1727. Im Sockelbild zeigt er das Abendmahl, im Hauptbild die Taufe Christi. Bekrönt ist er mit Wolken und Strahlenkranz. Der Altar wurde von Herzog Carl-Friedrich von Schleswig-Holstein-Gottorf gestiftet, als die Kirche nach jahrzehntelangem Leerstand eine neue Nutzung als Gemeindekirche erhielt.

Augustinus-Altar

Im ersten südlichen Seitenraum befindet sich ein spätgotischer Schnitzaltar aus der Zeit um 1500. Er zeigt im Mittelschrein die Figur des heiligen Augustin, von Astwerk umrankt.

Kirchenväter-Altar

Im ersten nördlichen Seitenraum steht ein spätgotischer dreiflügeliger Bildaltar mit den Kirchenvätern. Im Mittelfeld sind Augustinus und Ambrosius abgebildet, in den Flügeln Gregorius und Hieronymus. Alle vier Figuren sind vor Brokatvorhängen in Kirchenräumen dargestellt. Der Altar stammt aus der Zeit um 1510 und zeigt niederländische Machart.

Taufe

Die pokalartige Taufe ist aus Kupfer getrieben und stammt von 1737. Der Deckel mit Buckelrand wird durch eine Taube bekrönt, dem Symbol der Heiligen Geistes.

Später im 18. Jahrhundert wurden vier mittelalterlichen Bronzelöwen als Stützen für das Taufbecken benutzt.[3] Sie hatten als Träger der heute noch in der Kirche befindlichen steinernen Grabplatte von Wolfgang Pogwischs und seiner Ehefrau Christina Munk gedient. Wolfgang (Wulf) Pogwisch, ein enger Vertrauter von Herzog und König Friedrich I., erhob auch nach der Reformation noch Anspruch auf das 200 Jahre zuvor von seinem Vorfahren gegründete Stift.[4] Er wurde 1554 als letzter seiner Familie in der Bordesholmer Kirche beigesetzt. Die Löwen wurden aber vermutlich früher angefertigt. Sie tragen in den Tatzen die Wappen der Familien Pogwisch, Munk, Ahlefeld und Rosenkranz nach den Eltern von Wulf Pogwisch und seiner Ehefrau.[5] Die Bronzelöwen wurden in 1864 im Zuge einer Klosterkirchenrestaurierung an Hamburger Händler verkauft und galten seitdem als verschollen. 2015 tauchten sie wieder auf und wurden identifiziert. Die mittelalterlichen Kunstwerke befinden sich im Rijksmuseum Amsterdam und der Eremitage in Sankt Petersburg.[6] In Bordesholm soll eine Replik aufgestellt werden.[7]

Augustinusaltar
(um 1500)
Dreiflügeliger Kirchenväteraltar
(um 1510)
Pokalartige Taufe aus Kupfer (1737)

Grabmal der Herzogin Anna von Brandenburg († 1514)

Im Mittelgang zwischen dem ersten und dem zweiten Erweiterungsteil steht auf einem Sandsteinsockel die Bronzetumba mit den liegenden Figuren des Herzogpaares Anna von Brandenburg und Friedrich I. von Schleswig-Holstein-Gottorp. Es ist das bedeutendste spätgotische Grabmal im Land. Die Wandungen zeigen Reliefs der Wappen der beiden Toten, der Verkündigung und die Figuren der 12 Apostel. Vor den Ecken stehen als Freifiguren vier leuchtertragende Engel.

Der Sarkophag ist allerdings leer. Die Herzogin ist unterhalb des Kenotaphs im Grabgewölbe des Kirchenschiffs beigesetzt, der Herzog hat sein Grab im Schleswiger Dom.

Das liegende Herzogpaar
Apostelfiguren an der Längswandung

Russische Kapelle

Die ehemalige Sakristei gehört zu den wenigen erhaltenen überirdischen Bauresten des Augustiner-Chorherren-Stifts außerhalb der Kirche. Sie ist die Grabkapelle des 1739 verstorbenen Herzogs Carl Friedrich. Der Herzog war mit Anna Petrowna, der Tochter Peter des Großen, verheiratet und Vater des späteren Zaren Peter III., daher der heutige Name der Kapelle.

1999 wurde bei Sanierungsarbeiten eine spätmittelalterliche Wandmalerei, die die Geißelung Christi darstellt, wiederentdeckt und freigelegt.

Orgel

Blick auf die Orgel

Die Orgel wurde 1969 von dem Orgelbauer Paschen erbaut.[8]

I Hauptwerk C–g3
Prinzipal 8′
Spitzflöte 8′
Oktave 4′
Koppelflöte 4′
Nassat 22/3
Oktave 2′
Blockflöte 2′
Mixtur V
Cymbal III
Dulzian 16′
Trompete 8′
II Schwellwerk C–g3
Holzflöte 8′
Salicional 8′
Schwebung 8′
Traversflöte 4′
Quinte 22/3
Oktave 2′
Terz 13/5
Cornettino III
Oboe 8′
Vox Humana 8′
Tremulant
III Brust-Schwellwerk C–g3
Gedackt 8′
Prinzipal 4′
Rohrflöte 4′
Oktave 2′
Oktave 1′
Sesquialtera II
Scharff IV–VI
Krummhorn 8′
Tremulant
Pedalwerk C–f1
Prinzipal 16′
Subbass 16′
Oktave 8′
Gedackt 8′
Oktave 4′
Nachthorn 2′
Hintersatz IV
Posaune 16′
Trompete 8′
  • Koppeln: II/I, II/II (Suboktavkoppel), III/I, IIII/II, I/P, II/P, III/P

Saldern-Gruft

1768 erwarb der Diplomat Caspar von Saldern einen Teil des später abgebrochenen Kreuzgangs und ließ dort eine zweigeschossige Grabkapelle für seine Familie errichten. 1861 wurde die Kapelle vermauert und erst 2011 wieder eröffnet und renoviert.[9] In der Gruft befinden sich heute noch die steinernen Sarkophage von Saldern, seiner Mutter Anna Maria Saldern geb. Kamphövener (1691–1775), seiner bereits 1742 verstorbenen Ehefrau Catharina Lucia Thieden und der 1774 verstorbenen Tochter Anna Maria. Die in hölzernen Särge auf einem Eisengestell darüber später Bestatteten wurden auf den Friedhof umgebettet.[10]

Bibliothek

Das Chorherrenstift verfügte über eine umfangreiche Bibliothek, die bei der Auflösung des Stiftes 1566 über 650 Handschriften und Drucken umfasste. Die Bibliothek diente dann der Gelehrtenschule und wurde 1665 bei Gründung der Christian-Albrechts-Universität als Grundbestand in die Universitätsbibliothek Kiel übernommen. In Kiel sind heute 139 Handschriften und 163 Druckschriftenbände erhalten. Hierbei handelt es sich nicht nur um den wichtigsten mittelalterlichen Handschriftenbestand in Schleswig-Holstein, sondern auch um einen überregional im Hinblick auf Umfang und Geschlossenheit seltenen Überrest einer vorreformatorischen Klosterbibliothek.[11]

Siehe auch

Literatur

  • Kunst-Topographie Schleswig-Holstein. Neumünster 1982, ISBN 3-529-02627-1.
  • Johannes Hugo Koch: Schleswig-Holstein. Köln 1989, ISBN 3-7701-0936-8.
  • Hilke Elisabeth Saggau, Nils Claussen: Klosterkirche Bordesholm. Faltblatt zur Kirche.
  • Enno Bünz: Zwischen Kanonikerreform und Reformation. Anfänge, Blütezeit und Untergang der Augustiner-Chorherrenstifte Neumünster-Bordesholm und Segeberg (12. bis 16. Jahrhundert). (= Schriftenreihe der Akademie der Augustiner-Chorherren von Windesheim. 7), Augustiner-Chorherren-Verlag, Paring 2002, ISBN 3-9805469-9-3.

Einzelnachweise

  1. Hans Wilhelm Schwarz: Das Testament des Ritters Otto Pogwisch aus dem Jahre 1327 (pdf), abgerufen 16. Juni 2016
  2. St. Johannis-Kirche Brügge
  3. Bieke van der Mark: ‘Four north German bronze lions from Bordesholm’. In: The Burlington Magazine. Band 157, Nr. 1352, 2015, S. 749–757.
  4. Paul Steffen: Die Ritterfamilie Pogwisch und das Augustiner Chorherrenstift Bordesholm (abgerufen 16. Juni 2016)
  5. Wappen
  6. Kieler Nachrichten, Kiel, Schleswig-Holstein, Germany vom 13. November 2016: Bordesholmer Klosterkirche – Schätze aus dem Mittelalter aufgetaucht / Nachrichten aus Rendsburg / News - KN - Kieler Nachrichten. In: www.kn-online.de. Abgerufen am 16. Juni 2016.
  7. Der Löwe kehrt zurück. sh:z vom 10. Juni 2016
  8. Informationen zur Disposition
  9. Saldern-Gruft
  10. Andreas Ströbl, Regina Ströbl, Dana Vick: Bestatten, Bewahren, Besuchen – Beispiele zum sachgerechten Umgang mit Gruftinventaren, in: OHLSDORF - Zeitschrift für Trauerkultur Nr. 122, III, August 2013
  11. DFG fördert Erschließung von Bordesholmer Handschriften, Pressemitteilung vom 20. August 2013, abgerufen am 21. August 2013

Weblinks

Commons: Kloster Bordesholm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 54° 10′ 34″ N, 10° 0′ 42″ O