Longinusturm

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Der Longinusturm

Der Longinusturm ist ein 32 Meter[1] hoher Aussichtsturm auf dem Westerberg (187,6 m ü. NHN[2]), der höchsten Erhebung der im nordrhein-westfälischen Westmünsterland gelegenen Baumberge.[1].

Der Turm wurde vom Baumberge-Verein zwischen 1897 und 1901 errichtet.[1] Als Baumaterial diente Baumberger Kalksandstein, der noch heute in nahen Steinbrüchen abgebaut wird.[1] Vom Turm bietet sich Aussicht zum Beispiel in die Baumberge und Westfälische Bucht.[1]

Turmbeschreibung und -geschichte

Benannt ist der Longinusturm nach „Doktor Longinus“. Hierbei handelte es sich um ein Pseudonym von Friedrich Westhoff, einem Naturforscher in den Baumbergen, Begründer des Baumberge-Vereins und Initiator zum Bau des Turms. Der Longinusturm befindet sich im Besitz des Baumberge-Vereins.[1]

Der Longinusturm diente von 1944 bis 1945, den zwei letzten beiden Jahren des Zweiten Weltkrieges, militärischen Zwecken. Er wurde auf Grund des Reichsleistungsgesetzes beschlagnahmt. Auf der Aussichtsplattform wurden Ortungsgeräte (Radar) zur frühzeitigen Erkennung anfliegender feindlicher Luftwaffeneinheiten und -verbände installiert. Das Kommando stellte das Luftwaffen-Nachrichten-Regiment 2 in Münster-Gremmendorf. Beim Vormarsch der US-Amerikaner und bei der Besetzung der Baumberge erhielt der Turm an der Nordwestecke einen Artillerietreffer.[3]

Plakette zum ersten Fernsehempfang

Anfang der 1950er Jahre wurde der Longinusturm für das Fernmeldewesen mit einem architektonisch unpassenden Aufbau mit darin integrierter Aussichtsplattform und Antennenanlagen aufgestockt. Auf dem Turm führte der Fernsehtechnikermeisters Reinhold Holtstiege nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1952 erstmals in Westdeutschland öffentlich Fernsehen vor.[1] Da der Turm seinerzeit über keinen Stromanschluss verfügte, erfolgte die Stromversorgung des Geräts über einen Umformer, der von einer Autobatterie gespeist wurde. Die reguläre Ausstrahlung von Rundfunk und Fernsehprogramme erfolgte später jedoch nicht vom Longinusturm selber, sondern von dem in unmittelbarer Nachbarschaft befindlichen Sender Nottuln. Die Programmmodulation wurde vom Funkhaus in Köln kabelgebunden nach Münster übermittelt und von dort über eine provisorische Richtfunkstrecke mit Antennen an einem Holzgerüst am Longinusturm empfangen, um von dort erneut über Kabelleitungen zum wenige hundert Meter entfernten UKW-Sender weitergeleitet zu werden. Die Richtfunkverbindung wurde später durch ein Fernsprechkabel ersetzt.

Am Abend des 18. Januars 1979 wurde von rechtsradikalen Tätern ein Sprengstoffanschlag auf den Longinusturm verübt, um die Ausstrahlung des vierteiligen US-amerikanischen Fernsehfilms Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiss im Dritten Fernsehprogramm zu verhindern.[4] Peter Naumann, Rechtsterrorist und heute Politiker der NPD, zündete mit zwei Komplizen während der Ausstrahlung der einführenden Dokumentation Endlösung zwei Sprengsätze am Longinusturm sowie dem Sendemast des Senders Koblenz.[5] Es entstand ein erheblicher Sachschaden an der Ausrüstung des von der Deutschen Bundespost mit Fernmeldeeinrichtungen genutzten Longinusturmes.[6] Auf das Fernsehprogramm am Standort Nottuln hatte der Anschlag keine Auswirkung, bundesweit waren durch die Anschläge jedoch etwa hunderttausend Fernsehgeräte durch einen Programmausfall des Sender Koblenz betroffen.[6][7] Der Sprengstoffanschlag gilt als einer der ersten rechtsterroristischen Aktionen Nachkriegsdeutschlands.[8]

Der Longinusturm steht seit 1991 unter Denkmalschutz.[1]

1992 erhielt der Longinusturm eine Windmessanlage. In der Nachbarschaft des Turms wurden von 1993 bis 1994 zwei Windkraftanlagen und eine weitere Sende-Anlage errichtet.

Seit 2007 werden Schritt für Schritt umfangreiche Renovierungsarbeiten am Turm durchgeführt. Die Kosten der Renovierungsarbeiten beliefen sich nach Auskunft des "Turmwarts" zwischen 2007 und 2014 auf rund 400.000 Euro.[1] Beim Aufbringen der finanziellen Mittel erhielt der Baumberge-Verein Unterstützung von der NRW-Stiftung.[1]

Neben verschiedenen Telefonanbietern wird die Antennenanlage des Longinusturm durch die Bundes- und Landespolizei genutzt, wodurch der Baumberge-Verein jährlich einige tausend Euro Einnahmen verzeichnen kann.[1]

Aussichtsmöglichkeit

Vom Longinusturm bietet sich in der Westfälischen Bucht oftmals ein schöner Panoramablick über die Baumberge und die diese umgebende Hügellandschaft. Unter anderem sind folgende Ortschaften, Regionen und Landmarken zu sehen:

Billerbeck (Westnordwesten) Emsland (Norden) Teutoburger Wald (Nordosten)
Havixbeck (Ostnordosten)
Niederlande (Westen) Kompassrose, die auf Nachbargemeinden zeigt Münster (Osten)
Die Berge (Westsüdwesten)Rekener Berge (Südwesten)
Nottuln (Südsüdwesten)
Ruhrgebiet (Süden) Sauerland (Südosten)

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k Westfälische Nachrichten: Arbeiten am Sockel: Baumberge-Verein Münster startet neuen Sanierungsabschnitt am Longinusturm, Münster/Umgebung, Münster/Nottuln, Dieter Klein, 24. Februar 2014
  2. Topographisches Informationsmanagement, Bezirksregierung Köln, Abteilung GEObasis NRW (Hinweise)
  3. Die Baumberge Im Selbstverlag des Baumberge-Vereins Münster, Münster 1971
  4. chroniknet.de: Tageseinträge für 18. Januar 1979, abgerufen am 1. März 2013
  5. Vorlage:NgN, abgefragt am 12. Januar 2012.
  6. a b Baumberge-Verein e.V.: 100 Jahre Geschichte des Longinusturms, S. 71
  7. Holocaust: Die Vergangenheit kommt zurück. In: Der Spiegel. Nr. 5, 1979, S. 18 (online).
  8. Armin Pfahl-Traughber: Geschichte des Rechtsterrorismus in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Analyse zu Entwicklung, Gruppen und Vergleich. In: Einsichten und Perspektiven. Nr. 1, 2012 (Geschichte des Rechtsterrorismus in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Analyse zu Entwicklung, Gruppen und Vergleich (Memento vom 26. Dezember 2012 im Webarchiv archive.today)).

Weblinks

Commons: Longinusturm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 51° 57′ 36,2″ N, 7° 21′ 56,5″ O