Ludwig Bechstein

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 9. Juli 2016 um 23:48 Uhr durch Gridditsch (Diskussion | Beiträge) (Änderungen von Osnatel Austria (Diskussion) auf die letzte Version von Hfst zurückgesetzt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Ludwig Bechstein

Ludwig Bechstein (* 24. November 1801 in Weimar; † 14. Mai 1860 in Meiningen) war ein deutscher Schriftsteller, Bibliothekar, Archivar und Apotheker. Er ist heute vor allem durch die von ihm herausgegebene Sammlung deutscher Volksmärchen bekannt.

Bechsteins Wohnhaus in Meiningen 1840–1860
Bechsteinbrunnen in Meiningen.

Leben

Ludwig Bechstein wurde als unehelicher Sohn der Johanna Carolina Dorothea Bechstein und eines französischen Emigranten unter dem Namen Louis Dupontreau geboren. 1810 adoptierte ihn sein Onkel Johann Matthäus Bechstein. Seither trug er den Namen Ludwig Bechstein. Sein Onkel ermöglichte ihm den Besuch des Gymnasiums in Meiningen und von 1818 bis 1821 eine Apothekerlehre in Arnstadt, wo er dann bis 1824 als Gehilfe tätig war. Schon 1823 legte er als C. Bechstein die Thüringischen Volksmärchen vor. Anschließend war er bis 1826 als Apothekergehilfe in Meiningen und bis 1828 als Provisor an der Schwan-Apotheke in Salzungen tätig. Jedoch befriedigte ihn diese Tätigkeit beruflich nicht. Später gewährte ihm Herzog Bernhard II. von Sachsen-Meiningen ein Stipendium zum Studium der Philosophie, Geschichte und Literatur, das Bechstein 1829 in Leipzig begann und 1830 in München fortsetzte. In Leipzig schloss er sich der Burschenschaft an. Im Jahr 1831 wurde er zum herzoglichen Kabinettsbibliothekar in Meiningen und 1833 zum Leiter der Herzoglichen öffentlichen Bibliothek ernannt. Er gründete 1832 den Hennebergisch altertumsforschenden Verein, dem er bis 1857 als Direktor vorstand. Ludwig Bechstein gab 1834 die „Chronik der Stadt Meiningen 1676–1834“ heraus. 1840 bekam er den Titel Hofrat verliehen und bezog sein eigenes Haus in der Halbestadtstraße. Im Jahr 1842 trat er in die Meininger Freimaurerloge Charlotte zu den drei Nelken ein. 1848 übernahm Bechstein als Leiter und Archivar das Gemeinschaftliche Hennebergische Archiv.

Bechsteins patriotische Lyrik und seine historischen Erzählungen und Romane wie z. B. Der Dunkelgraf sind heute kaum noch bekannt. Geblieben sind seine Märchensammlungen, unter anderem veröffentlicht unter dem Titel Deutsches Märchenbuch, 1845. Bereits 1823 war von ihm der kleine Band Thüringische Volksmärchen erschienen. Mit dem Ziel, pädagogisch zu wirken, nahm er vielfach Veränderungen an den überlieferten Geschichten vor. Seine Sammlung von Volksdichtungen sollte auch ein Beitrag zur Förderung der nationalen Einheit Deutschlands sein. Bechstein sammelte auch Sagen. Sein umfangreiches Deutsches Sagenbuch (1853) wurde zwar nicht so populär wie seine Märchensammlung, wird aber bis heute als Kompendium des deutschen Sagenschatzes genutzt. Auch Bechsteins Veröffentlichungen über Thüringen erlebten immer wieder Neuausgaben, beispielsweise sein Band in der Reihe Das malerische und romantische Deutschland. Bechstein wollte seine Sammlung volkstümlicher Dichtung mit dem Band Deutsches Mythenbuch vollenden, doch sein früher Tod verhinderte dieses Vorhaben. Mit der Biographie über seinen Adoptivvater, Dr. Johann Matthäus Bechstein und die Forstacademie Dreißigacker. Ein Doppel-Denkmal von Ludwig Bechstein, schuf er 1855 die erste eigenständige Lebensbeschreibung eines deutschen Forstmannes in Buchform.

Bechstein war zweimal verheiratet. 1832 schloss er die Ehe mit Caroline Wiskemann aus Oechsen. Aus dieser Ehe ging als einziges Kind der Sohn Reinhold Bechstein hervor, der später Philologe und Germanist wurde. Nach nur zwei Jahren Ehe starb Caroline und 1836 heiratete Bechstein seine zweite Frau Therese Schulz aus Untermaßfeld. Aus dieser Ehe gingen sieben Kinder hervor, darunter mit Adolf Emil Ludwig Bechstein (1843–1914) ein bekannter Zeichner und Illustrator seiner Zeit.

Ehrungen

An Ludwig Bechstein erinnern heute in Meiningen neben der Gedenktafel an seinem Haus die Bechstein-Straße, die Grundschule „Ludwig Bechstein“, der Bechsteinbrunnen, sowie die „Bechstein Apotheke“ in Untermaßfeld. Seit 2001 wird zu Ehren von Ludwig Bechstein an verdienstvolle Märchenerzähler, Illustratoren, Verleger und Anderen mit besonderem Bezug zu Märchen und Sagen der Thüringer Märchen- und Sagenpreis „Ludwig Bechstein“ verliehen.

Werke

Erzählungen

  • Aus Heimat und Fremde (Erzählungen), 1839
  • Hainsterne (Erzählungen), 1853
  • Volkserzählung, 1853, Verlag Rockstuhl, Reprint, ISBN 3-936030-92-8

Gedichte

  • Die Haimons-Kinder (Gedichte), 1830
  • Luther (Gedicht), 1834, Verlag Rockstuhl, Reprint, ISBN 3-936030-94-4
  • Gedichte. 1836
  • Neue Naturgeschichte der Stubenvögel, Lehrgedichte 1846
  • Wartburg (Gedichte), 1859

Landeskunde und Reiseliteratur

  • Chronik der Stadt Meiningen 1676–1834. 1834
  • Meiningen und seine Umgebungen. Kesselringsche Hofbuchhandlung, Hildburghausen 1842
  • Thüringen und der Harz. 1842
  • Schloss Landsberg bei Meiningen. 1847
  • Wanderungen durch Thüringen
  • Dr. Johann Matthäus Bechstein und die Forstacademie Dreißigacker. Ein Doppel-Denkmal von Ludwig Bechstein. Meiningen 1855
  • Thüringens Königshaus. 1860

Märchen

* auch bei Grimms Märchen

Novellen

  • Erzählungen und Phantasiestücke (13 Novellen in 4 Bänden), 1831
  • Arabesken (Novellen), 1832
  • Novellen und Phantasiegemälde. 1832
  • Novellen und Phantasieblüten. 1835
  • Fahrten eines Musikanten (Novellen), 1837
  • Die Manuscripte Peter Schlemihl’s. Kosmologisch-literarische Novelle. 2 Theile. Berlin, 1851

Romane

Sammelbände

Märchen

Sagen

Sonstiges

  • Mährchenbilder und Erzählungen. 1829
  • Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen. 1854 (Digitalisierte Ausgabe unter: urn:nbn:de:s2w-7093)
  • Fahrten eines Musikanten (die abenteuerliche Lebensgeschichte des Johann Daniel Elster), herausgegeben von Ludwig Bechstein, Zweite verbesserte, und mit viertem Band vermehrte Auflage in zwei Theilen 1854
  • Hexengeschichten. 1854, Georg Olms Verlag, Reprint 1984, ISBN 3-487-08260-8
  • Romantische Sagen und Märchen. 1855, Verlag Rockstuhl, Reprint 2003, ISBN 3-936030-93-6
  • Freimaurerische Schriften. Hrsg. von G. v. Goeckingk-Farnbach. Meiningen (1926)
  • Der Verdrüssliche. 2010 (illustriert von Axel Scheffler), Jacoby & Stuart, Berlin ISBN 978-3-941087-81-1

Literatur

  • Reinhold BechsteinBechstein, Ludwig. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 2, Duncker & Humblot, Leipzig 1875, S. 206 f.
  • Werner Bellmann: Ludwig Bechstein. In: Enzyklopädie des Märchens. Hrsg. von Kurt Ranke. Bd. 2. Berlin/New York 1977. Sp. 15-19.
  • Rainer Bens: Einige „Aussteiger aus der Pharmazie“ (= Quellen und Studien zur Geschichte der Pharmazie, Bd. 53). Deutscher Apotheker-Verlag, Stuttgart 1989, ISBN 3-7692-1226-6.
  • Adalbert Elschenbroich: Bechstein, Ludwig. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, ISBN 3-428-00182-6, S. 692 f. (Digitalisat).
  • Alfred Erck, Hannelore Schneider: Aus unveröffentlichten Briefen Ludwig Bechsteins. In: Palmbaum. Bd. 9, Nr. 1/2, 2001, ISSN 0943-554X(?!?!), S. 21–28.
  • Hans Graetz, Andreas Seifert: Ludwig Bechsteins Briefe an Catharina und Wilhelm Sattler. In: Jahrbuch des Hennebergisch-Fränkischen Geschichtsvereins. Bd. 19, 2004, ISSN 0940-8940, S. 289–314.
  • Silke Hermann: Ludwig Bechstein als Bibliothekar in Meiningen. In: Jahrbuch des Hennebergisch-Fränkischen Geschichtsvereins. Bd. 16, Nr. 1, 2001, S. 71–90.
  • Karin Richter, Rainer Schlundt (Hrsg.): Lebendige Märchen- und Sagenwelt. Ludwig Bechsteins Werk im Wandel der Zeiten. Schneider-Verlag Hohengehren, Baltmannsweiler 2003, ISBN 3-89676-739-9.
  • Ludwig Bechstein: Le livre des contes (= Collection Merveilleux, Nr. 45). Présenté, traduit et annoté de l'allemand par Corinne et Claude Lecouteux. José Corti, Paris 2010, ISBN 978-2-7143-1045-3.
  • Harald Lönnecker: „In Leipzig angekommen, als Füchslein aufgenommen“ – Verbindungen und Vereine an der Universität Leipzig im langen 19. Jahrhundert. In: Jens Blecher, Gerald Wiemers (Hrsg.): Die Matrikel der Universität Leipzig. Teilband 2: Die Jahre 1833 bis 1863. Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, Weimar 2007, ISBN 978-3-89739-589-3, S. 13–48.
  • Harald Lönnecker: Zwischen Völkerschlacht und Erstem Weltkrieg. Verbindungen und Vereine an der Universität Leipzig im 19. Jahrhundert (= Jahresgabe der Gesellschaft für Burschenschaftliche Geschichtsforschung e.V. (GfbG), 2007). Gesellschaft für Burschenschaftliche Geschichtsforschung e.V., Koblenz 2008, ISBN 3-9807164-6-5.
  • Konrad Marwinski: Bechstein, Ludwig. Dichter, Märchen- und Sagensammler, Archivar, Bibliothekar, Landeshistoriker, 24. Nov. 1801 Weimar – 14. Mai 1860 Meiningen. In: Lebenswege in Thüringen. 2, 2002, ISSN 0943-9846, S. 20–24.
  • Hanns-Peter Mederer: Die Hoftheater Meiningen und Coburg-Gotha. 1831–1848. Ludwig Bechsteins Briefe an Friedrich Wilhelm von Kawaczynski. Rockstuhl, Bad Langensalza 2007, ISBN 978-3-938997-75-8.
  • Hanns-Peter Mederer: Stoffe aus Mythen. Ludwig Bechstein als Kulturhistoriker, Novellist und Romanautor. Deutscher Universitäts-Verlag, Wiesbaden 2002, ISBN 3-8244-4497-6.
  • Johannes Mötsch: Ludwig Bechstein als Archivar. In: Jahrbuch des Hennebergisch-Fränkischen Geschichtsvereins. Bd. 16, Nr. 1, 2001, S. 53–70.
  • Heiko Postma: Märchenblumen und der süße Reiz der Sage. Über den Forscher und Sammler, Poeten und Erzähler Ludwig Bechstein (1801–1860). jmb-Verlag, Hannover 2008, ISBN 978-3-940970-06-0.
  • Burghart Schmidt: Ludwig Bechstein und die literarische Rezeption frühneuzeitlicher Hexenverfolgung im 19. Jahrhundert (= Veröffentlichungen des Arbeitskreises für Historische Hexen- und Kriminalitätsforschung in Norddeutschland, Bd. 4). DOBU-Verlag, Hamburg 2004, ISBN 3-934632-09-2 (Zugleich: Hamburg, Universität, Habilitations-Schrift, 2004).
  • Klaus Schmidt: Untersuchungen zu den Märchensammlungen von Ludwig Bechstein (= Form und Geist. Bd. 37, ZDB-ID 533299-0). Eichblatt, Leipzig 1935 (Zugleich: Greifswald, Universität, Dissertation, 1935), (Nachdruck: (= Volkskundliche Quellen 3 Märchen und Schwank). Olms, Hildesheim u. a. 1984, ISBN 3-487-07520-2).
  • Susanne Schmidt-Knaebel: Textlinguistik der einfachen Form. (Die Abgrenzung von Märchen, Sage und Legende zur literarischen Kunstform der Novelle). Lang, Frankfurt am Main u. a. 1999, ISBN 3-631-31191-5.
  • Susanne Schmidt-Knaebel: „Man muß doch jemand haben, gegen den man sich ausspricht“. Ludwig Bechsteins Briefe an Dr. Ludwig Storch. Shaker, Aachen 2000, ISBN 3-8265-7952-6.
  • Heinrich Wagner: Ludwig Bechstein als Historiker. In: Jahrbuch des Hennebergisch-Fränkischen Geschichtsvereins. Bd. 16, Nr. 1, 2001, S. 21–32.
  • Heinrich Weigel: Der „Wartburg-Poet“ Ludwig Bechstein (1801–1860). In: Wartburg-Jahrbuch. Bd. 10, 2001 (2002), ISSN 1617-0059, S. 119–142.
  • Heinrich Weigel: Ludwig Bechstein in Briefen an Zeitgenossen. Lang, Frankfurt am Main u. a. 2007, ISBN 978-3-631-54270-5.

Weblinks

Wikisource: Ludwig Bechstein – Quellen und Volltexte
Commons: Ludwig Bechstein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien