Luxuszug (Tourismus)

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Luxuszüge sind – oft historische – Züge des Fernverkehrs mit besonders komfortabler Ausstattung. Heute haben sie häufig Bedeutung für den Tourismus und werden in Form von Schienenkreuzfahrten betrieben. Ein Luxuszug befährt nach einem eigenen Fahrplan eine Eisenbahnstrecke, die auch im regulären Personenverkehr von normalen Zügen bedient wird.

Luxuszug als Zuggattung

Die Zuggattung Luxuszug (L) existierte in Europa seit der Einführung des Orient-Express im Jahr 1883. Die meisten als Luxuszug eingestuften Zugläufe endeten mit Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939, lediglich einzelne Zugläufe in neutralen Staaten verkehrten weiterhin als „L“. Ein Luxuszug führte bis 1931 ausschließlich Wagen der Ersten Klasse und bestand in der Regel aus Schlafwagen, Speisewagen und Packwagen. Einzelne Zugläufe führten auch Salonwagen. Luxuszüge im Tagesverkehr wurden als Pullman-Express bezeichnet, diese führten keine separaten Speisewagen, sondern die Fahrgäste wurden am Platz bedient.

Nach dem Krieg wurden einzelne Züge wieder unter dieser Zuggattung geführt, sie führten aber auch normale Sitzwagen aller drei Klassen. 1950 wurde daher die Zuggattung abgeschafft, die noch verbliebenen L-Züge wurden bspw. in Deutschland als normale D-Züge oder F-Züge, in Frankreich als Rapides eingestuft.

Die Fahrgäste mussten zusätzlich zum regulären Fahrpreis für die erste Wagenklasse einen Zuschlag entrichten, der von der CIWL erhoben wurde. Im Jahre 1914 kostete eine Reise von Berlin nach Paris in der ersten Klasse 89,30 M (entspricht einem heutigen Gegenwert von etwa 575 Euro), der Zuschlag für den Luxuszug kostete 31,50 M (etwa 203 Euro). Seit dem 1. Dezember 1931 führten die als Nachtzüge eingesetzten Luxuszüge auch Wagen der zweiten Klasse, weil die Weltwirtschaftskrise zu einem Rückgang der zahlungskräftigen Fahrgäste geführt hatte.

Geschichte

Fast alle Luxuszüge auf dem europäischen Kontinent seit der Einführung des Orient-Express im Jahre 1883 bis zum Kriegsausbruch 1914 wurden von der CIWL betrieben. Versuche einzelner Bahngesellschaften in Frankreich und Österreich, ebenfalls in das lukrative Geschäft einzusteigen, scheiterten jeweils nach wenigen Jahren.[1] Die ersten Luxuszüge verbanden die europäischen Hauptstädte Berlin, London, Paris, Rom, St. Petersburg und Wien. Später richtete die CIWL saisonale Luxuszüge zu den bekannten Kurorten Cannes, Karlsbad und Marienbad ein. Die Preußischen Staatseisenbahnen bevorzugten im innerdeutschen Verkehr die dreiklassigen D-Züge und duldeten die Luxuszüge nur im internationalen Verkehr.

Die 1916 gegründete deutsche Schlafwagengesellschaft Mitropa betrieb mit dem London-Holland-München-Express (1922), dem Berlin-London-Express (1922–1926) und dem Skandinavien-Schweiz-Express (1924–1925) lediglich drei Luxuszüge, die sich jedoch nicht rentierten. Der erste Zug fuhr nur wenige Wochen, die beiden anderen wurden 1926 in zweiklassige FD-Züge umgewandelt.[2] Der während des Ersten Weltkriegs von 1916 bis 1918 als Ersatz für den Orient-Express betriebene Balkanzug von Berlin nach Istanbul führte zwar Schlafwagen der Ersten Klasse, war aber nicht als Luxuszug, sondern als normaler D-Zug eingestuft. Auch der vielfach als Luxuszug bezeichnete und von der Mitropa bewirtschaftete Rheingold von Amsterdam in die Schweiz war formell ein Fernschnellzug (FD) und kein Luxuszug.

Nach dem Krieg baute die CIWL wieder ein Netz von Luxuszügen auf, ab 1921 fuhr auch der Orient-Express auf seiner traditionellen Route. Die CIWL konnte 1925 (Ostende-Wien-Express) und 1926 (Nord-Express) wieder weitere Luxuszüge durch Deutschland einrichten, die durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen wurden. Außerdem richtete die CIWL im Jahre 1925 Luxuszüge von den Fährhäfen Calais und Boulogne in die Schweizer Urlaubsgebiete rund um Chur und Interlaken ein. Im gleichen Jahr kam der erste Pullman-Express der CIWL zum Einsatz, der „Milano-Nizza-Pullman-Express“. Zur Feier ihres fünfzigjährigen Bestehens führte die CIWL ein Jahr später den Flèche d’Or als Pullmanzug zwischen Paris und Calais ein. Neben zahlreichen Luxuszügen in Frankreich und Italien eröffnete die CIWL im Jahre 1927 einen Luxuszug zwischen Istanbul und Ankara (Anatolie-Express) und startete 1929 Pullmanzüge in Rumänien.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde der Betrieb von Luxuszügen in den kriegführenden Staaten eingestellt, weil die Transportkapazitäten für Truppentransporte benötigt wurden. Lediglich im neutralen Spanien wurden 1943 zwei Luxuszüge von Madrid nach Barcelona und Lissabon (der Lusitania-Express) eingerichtet. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, als Tausende von Fahrgästen wegen überfüllter Züge auf dem Bahnsteig zurückbleiben mussten, wurde der Einsatz von Erste-Klasse-Wagen ebenso wie der Einsatz von Luxuszügen als Verschwendung wertvoller Transportkapazität betrachtet und die Zuggattung 1950 abgeschafft.

Ein gewisser Ersatz waren die ab 1957 eingeführten Trans-Europ-Express-Züge (TEE), die ausschließlich die erste Klasse führten. Die verwendeten Züge waren im Vergleich mit herkömmlichen Wagen der ersten Klasse deutlich komfortabler ausgestattet. Schon ab den 1960er Jahren entwickelte sich aber das Flugzeug zum bevorzugten Verkehrsmittel der zahlungskräftigen Oberschicht. Als einer der letzten TEE zeichnete sich der noch bis 1987 betriebene Rheingold durch eine besonders komfortable Zuggarnitur aus. Die auffälligen Aussichtswagen verlor der Rheingold allerdings bereits in den 1970er Jahren.

Heute gibt es im planmäßigen Verkehr in Europa und Nordamerika keine rein erstklassigen Luxuszüge mehr. Im Hochgeschwindigkeitsverkehr ist es wirtschaftlicher, Fahrgäste verschiedener Zahlungsbereitschaft und Komfortansprüche im selben Zug zu befördern, denn allein mit den Fahrgästen der ersten Klasse wäre nicht genug Umsatz zu erwirtschaften. Trotz ständiger technischer Verbesserungen des rollenden Materials wird bei der Ausstattung und dem Service nicht mehr der Aufwand getrieben, der zu Zeiten der Luxuszüge üblich war. Dies wird einerseits mit den geringeren Fahrzeiten argumentiert, andererseits ist die zahlungskräftigste Kundschaft auf längeren Strecken zum Flugverkehr abgewandert. Der moderne Schnellverkehr muss daher zwangsläufig im Bereich der Reisekultur Abstriche machen.

Für Kunden mit höheren Ansprüchen wurde mit Wagenklassen wie Business (ÖBB), Executive (Trenitalia), Club (Renfe und NTV) oder Premium (LEO Express) in einigen Fernzügen ein Angebot oberhalb der ersten Klasse geschaffen, in dem eine privatere Atmosphäre, mehr Platz und ein verbesserter Service geboten wird. Im Nachtreiseverkehr gibt es Deluxe-Abteile (bei der Renfe als Gran Clase bezeichnet) mit eigenem Badezimmer (WC/Dusche), einer Einrichtung, die es in dieser Form auch in den Schlafwagen der Luxuszüge nicht gab. Teilweise sind Mahlzeiten im Fahrpreis inbegriffen. Die Anzahl der Sitzplätze in diesen gehobenen Klassen ist jedoch im Allgemeinen gering und nimmt nur einen kleinen Teil des Zuges ein.

Mit der erstmaligen Fahrt des Nostalgie-Istanbul-Orient-Express (NIOE) 1976 begann mit renoviertem Wagenmaterial aus der Zeit der Luxuszüge vor 1939 der Betrieb neuzeitlicher Charterzüge mit luxuriöser Ausstattung und deren Einsatz für Schienenkreuzfahrten. Neben dem NIOE etablierte sich inzwischen vor allem der Venice-Simplon-Orient-Express (VSOE) als europäischer Charter-Luxuszug. Inzwischen existieren solche Züge mit teilweise bewusst nostalgisch gestalteter Ausstattung auch auf anderen Kontinenten, beispielsweise der Eastern and Oriental Express von Singapur nach Bangkok. Dagegen ist der zwischen Pretoria und Kapstadt verkehrende Blue Train in Südafrika, der 1923 eingeführt wurde, einer der letzten verbliebenen traditionellen Luxuszüge aus den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg.

Schienenkreuzfahrten

Eine Form des Luxuszugreisens, die in den letzten Jahren an Bedeutung gewinnt, ist die sogenannte Schienenkreuzfahrt, bei der ein Reiseveranstalter einen kompletten Zug auf einer touristisch interessanten Strecke fahren lässt. Diese Züge verkehren nach einem gesonderten Fahrplan und sind in der Regel nicht mit normalen Zugtickets nutzbar.

Siehe auch

Literatur

  • George Behrend: Geschichte der Luxuszüge. Orell Füssli, Zürich 1977, ISBN 3-280-00918-9.
  • Wilfried Biedenkopf: Quer durch das alte Europa. Die internationalen Zug- und Kurswagenläufe nach dem Stand vom Sommer 1939. Verlag und Büro für Spezielle Verkehrsliteratur Röhr, Krefeld 1981, ISBN 3-88490-110-9.
  • Albert Mühl: Internationale Luxuszüge. EK-Verlag, Freiburg im Breisgau 1991, ISBN 3-88255-673-0.
  • Albert Mühl, Jürgen Klein: Reisen in Luxuszügen. Die Internationale Schlafwagen-Gesellschaft.. EK-Verlag, Freiburg im Breisgau 2006, ISBN 3-88255-696-X.

Einzelnachweise

  1. Albert Mühl: Internationale Luxuszüge. EK-Verlag, Freiburg im Breisgau, S. 92
  2. Albert Mühl: Internationale Luxuszüge. EK-Verlag, Freiburg im Breisgau 1991