Olympische Sommerspiele 1972/Leichtathletik – Marathon (Männer)

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Sportart Leichtathletik
Disziplin Marathon
Geschlecht Männer
Teilnehmer 74 Athleten aus 39 Ländern
Wettkampfort Start/Ziel: Olympiastadion
Rundkurs: Münchner Freiheit, Georg-Brauchle-Ring, Schlosspark Nymphenburg, Hirschgarten, Englischer Garten, Olympiapark
Wettkampfphase 10. September 1972
Siegerzeit 2:12:19,8 h
Medaillengewinner
Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Frank Shorter (USA)
Belgien Karel Lismont (BEL)
Athiopien 1941 Mamo Wolde (ETH)
1968 1976

Der Marathonlauf der Männer bei den Olympischen Spielen 1972 in München wurde am 10. September 1972 ausgetragen. Start und Ziel war das Olympiastadion München. 74 Athleten nahmen teil, von denen 62 das Ziel erreichten.

Olympiasieger wurde der in München geborene US-Amerikaner Frank Shorter. Silber gewann der Belgier Karel Lismont, Bronze ging an den Äthiopier Mamo Wolde.

Für die Bundesrepublik Deutschland – offiziell Deutschland – traten an: Paul Angenvoorth (Platz 16), Manfred Steffny (Platz 31) und Lutz Philipp (Platz 32).
Die DDR wurde durch Eckhard Lesse (Platz 25) vertreten.
Mit Alfons Sidler erreichte ein Schweizer als 44. das Ziel.
Läufer aus Österreich und Liechtenstein nahmen nicht teil.

Bestehende Rekorde/Bestleistungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Offizielle Rekorde wurden damals in dieser Disziplin außer bei Meisterschaften und Olympischen Spielen aufgrund der unterschiedlichen Streckenbeschaffenheiten nicht geführt.

Weltbestleistung 2:08:33,6 h Derek Clayton (Australien Australien) Antwerpen, Belgien 30. Mai 1969[1]
Olympischer Rekord 2:12:11,2 h Abebe Bikila (Athiopien 1941 Äthiopien) OS Tokio, Japan 21. Oktober 1964

Der bestehende olympische Rekord wurde bei diesen Spielen nicht erreicht. Der US-amerikanische Olympiasieger Frank Shorter verfehlte den Olympiarekord um 8,6 Sekunden. Zur Weltbestzeit fehlten ihm 3:46,2 min.

Streckenführung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Rennen wurde im Olympiastadion gestartet. Nach einer Laufrunde wendete sich die Route in den Bereich der Stadt München, zunächst in Richtung Norden vorbei am olympischen Dorf und bog dann nach Westen ab. Nach vier Kilometern ging es über die Hanauer Straße Richtung Süden, dann über den Georg-Brauchle-Ring wieder nach Westen. Der Streckenverlauf passierte den Westfriedhof über den Wintrichring an der Nord- und Westseite. Nach etwas mehr als sechs Kilometern machte der Weg einen Rechtsbogen hinein in die Allacher Straße. Die Strecke führte nun drei Kilometer lang westwärts bis zum heutigen S-Bahn-Haltepunkt Untermenzing. Hier ging es nach links in südöstlicher Richtung zum Schlosspark Nymphenburg, weiter südwärts durch den Park. An der Großen Kaskade wurde der Nymphenburger Kanal gequert. Dann ging es nach Osten, südlich vorbei am Badenburger See, anschließend nordöstlich vorbei am Schloss Nymphenburg wieder über den Wintrichring bis zur Südwestecke des Westfriedhofes, der nun südlich passiert wurde. Im Stadtteil Gern gab es erneut einen Rechtsbogen auf die Dantestraße. Über die Waisenhausstraße wurde das östliche Ende des Nymphenburger Kanals erreicht. Hier wandte sich der Weg wieder nach Westen, südlich am Kanal entlang. Am Rondell führte die Route nach Süden bis zum königlichen Hirschgarten, der in östlicher Richtung durchquert wurde. Über die Wendl-Dietrich-Straße, die Donnersbergerstraße sowie die Arnulfstraße wurde der Münchener Hauptbahnhof in nördlicher Richtung passiert. Auf der Brienner Straße wurde der Stadtbezirk Maxvorstadt erreicht. Nun ging es vorbei an der Glyptothek, dem Königsplatz und dem Karolinenplatz. Am Odeonsplatz bog die Strecke nach links in die Ludwigstraße ein bis zum Geschwister-Scholl-Platz. Dort ging es dann vor der Ludwig-Maximilians-Universität nach rechts über die Veterinärstraße zum Englischen Garten, an dem entlang der Weg zunächst nach Süden führte, dann am Schwabinger Bach hinein in den Park. Nordostwärts verlief die Strecke nun vorbei am Japanischen Teehaus, dem Chinesischen Turm und dem Seehaus. Nach Überquerung des Isarrings ging es am Eisbach entlang zur Isar bis auf Höhe des Oberföhringer Stauwehres, von wo aus der Verlauf sich weiter nach Norden richtete. Kurz vor der Wirtschaft Aumeister am Nordende des Parks gab es einen Linksbogen, dem Schwabinger Bach folgend nach Süden. Über die Schwedenstraße wurde der Park nach Westen verlassen. Nach einer weiteren Überquerung des Isarringes ging es wieder nach Süden bis zur Dietlindenstraße, die nach rechts abbog. Die Route folgte weiter dem Straßenverlauf DietlindenstraßeUngerstraßeLeopoldstraßeMünchner FreiheitKarl-Theodor-Straße, südlich vorbei am Luitpoldpark. Über die Ackermannstraße wurde der Olympiapark erreicht. Nach Querung des Olympiasees ging es zurück ins Stadion, wo nach einer Schlussrunde das Ziel erreicht wurde.

Die Strecke wies eine Höhendifferenz von 31 Metern auf. Der höchste Punkt mit 529 Metern wurde kurz nach Kilometer 25 auf Höhe des Alten Pappenheimkrankenhauses erreicht. Der tiefste Punkt mit 489 Metern lag bei Kilometer 36 südlich des Wirtshauses Aumeister.

Rennverlauf und Endergebnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach langer Alleinführung lief Frank Shorter zu seinem ersten Olympiasieg
Silbermedaillengewinner Karel Lismont
Mit Bronze errang Mamo Wolde, Olympiasieger von 1968, wieder eine Medaille
Rang fünf für den Olympiazweiten von 1968 Kenji Kimihara
Der sechstplatzierte Ron Hill
Manfred Steffny (Foto: 2009) – Rang 31
Ferenc Szekeres kam auf den 33. Platz

Datum: 10. September 1972, 15:00 Uhr[2]

Platz Name Nation Zeit Anmerkung
1 Frank Shorter Vereinigte Staaten USA 2:12:19,8 h
2 Karel Lismont Belgien Belgien 2:14:31,8 h
3 Mamo Wolde Athiopien 1941 Äthiopien 2:15:08,4 h
4 Kenny Moore Vereinigte Staaten USA 2:15:39,8 h
5 Kenji Kimihara Japan 1870Japan Japan 2:16:27,0 h
6 Ron Hill Vereinigtes Konigreich Großbritannien 2:16:30,6 h
7 Donald Macgregor Vereinigtes Konigreich Großbritannien 2:16:34,4 h
8 Jack Foster Neuseeland Neuseeland 2:16:56,2 h
9 Jack Bacheler Vereinigte Staaten USA 2:16:56,2 h
10 Lengissa Bedane Athiopien 1941 Äthiopien 2:18:36,8 h
11 Seppo Nikkari Finnland Finnland 2:18:49,4 h
12 Akio Usami Japan 1870Japan Japan 2:18:58,0 h
13 Derek Clayton Australien Australien 2:19:49,6 h
14 Juri Welikorodnych Sowjetunion 1955 Sowjetunion 2:20:02,2 h
15 Anatolijus Baranovas Sowjetunion 1955 Sowjetunion 2:20:10,4 h
16 Paul Angenvoorth Deutschland BR BR Deutschland 2:20:19,0 h
17 Richard Mabuza Eswatini Swasiland 2:20:39,6 h
18 Demissie Wolde Athiopien 1941 Äthiopien 2:20:44,0 h
19 Reino Paukkonen Finnland Finnland 2:21:06,4 h
20 Colin Kirkham Vereinigtes Konigreich Großbritannien 2:21:54,8 h
21 Antonio Brutti Italien Italien 2:22:12,0 h
22 Dave McKenzie Neuseeland Neuseeland 2:22:19,2 h
23 Danny McDaid Irland Irland 2:22:25,2 h
24 Renato Martini Italien Italien 2:22:41,4 h
25 Eckhard Lesse Deutschland Demokratische Republik 1949 DDR 2:22:49,6 h
26 Jacinto Sabinal Mexiko Mexiko 2:22:56,6 h
27 Gyula Tóth Ungarn 1957 Ungarn 2:22:59,8 h
28 Fernand Kolbeck Frankreich Frankreich 2:23:01,2 h
29 Hernán Barreneche Kolumbien Kolumbien 2:23:40,0 h
30 Jørgen Jensen Danemark Dänemark 2:24:00,2 h
31 Manfred Steffny Deutschland BR BR Deutschland 2:24:25,4 h
32 Lutz Philipp Deutschland BR BR Deutschland 2:24:25,4 h
33 Ferenc Szekeres Ungarn 1957 Ungarn 2:25:17,6 h
34 Terry Manners Neuseeland Neuseeland 2:25:29,2 h
35 Igor Schtscherbak Sowjetunion 1955 Sowjetunion 2:25:37,4 h
36 Yoshiaki Unetani Japan 1870Japan Japan 2:25:59,0 h
37 Kim Chang-son Korea Nord Nordkorea 2:26:45,6 h
38 Franco De Menego Italien Italien 2:26:52,2 h
39 Agustín Fernández Spanien 1945 Spanien 2:27:14,2 h
40 Edward Stawiarz Polen 1944 Polen 2:28:12,4 h
41 Armando Aldegalega Portugal Portugal 2:28:24,6 h
42 Desmond McGann Irland Irland 2:28:31,6 h
43 Carlos Cuque Guatemala Guatemala 2:28:37,0 h
44 Alfons Sidler Schweiz Schweiz 2:29:09,2 h
45 Alfredo Peñaloza Mexiko Mexiko 2:29:51,0 h
46 Walter Van Renterghem Belgien Belgien 2:29:58,4 h
47 Donald Walsh Irland Irland 2:31:12,0 h
48 Álvara Mejía Kolumbien Kolumbien 2:31:56,4 h
49 Ryu Man-hyong Korea Nord Nordkorea 2:32:29,4 h
50 Carlos Pérez Spanien 1945 Spanien 2:33:22,6 h
51 Rafael Tadeo Mexiko Mexiko 2:35:48,4 h
52 Víctor Mora Kolumbien Kolumbien 2:37:34,6 h
53 Fernando Molina Argentinien Argentinien 2:38:18,6 h
54 Julio Quevedo Guatemala Guatemala 2:40:38,6 h
55 Ramón Cabrera Argentinien Argentinien 2:32:37,2 h
56 Matthews Kambale Malawi 1964 Malawi 2:45:50,0 h
57 Hla Thein Birma 1948 Birma 2:48:53,2 h
58 Ricardo Condori Bolivien Bolivien 2:56:11,4 h
59 Fulgence Rwabu Uganda Uganda 2:57:04,4 h
60 Bhakta Bahadur Sapkota Nepal Nepal 2:57:58,8 h
61 Crispin Quispe Bolivien Bolivien 3:07:22,8 h
62 Maurice Charlotin Haiti 1964 Haiti 3:29:21,0 h
DNF Nazario Araújo Argentinien Argentinien Aufgabe bei km 40
Rodolfo Gómez Nicaragua Nicaragua Aufgabe bei km 35
Pekka Tiihonen Finnland Finnland
Shag Musa Medani Sudan Sudan Aufgabe bei km 30
Juvenal Rocha Bolivien Bolivien
İsmail Akçay Turkei Türkei Aufgabe bei km 25
Jama Awil Aden Somalia Somalia
Jit Bahadur Khatri Chhetri Nepal Nepal Aufgabe bei km 20
Gaston Roelants Belgien Belgien
Lucien Rosa Ceylon Ceylon
Julius Wakachu Tansania Tansania
Richard Juma Kenia Kenia Aufgabe bei km 10
DNS Josef Jánský Tschechoslowakei Tschechoslowakei
Hüseyin Aktaş Turkei Türkei
Zwischenzeiten
Zwischenzeit-
Marke
Zwischenzeit Führender 5-km-Zeit
5 km 15:06 min Ronald Hill 15:06 min
10 km 31:15 min Derek Clayton 16:09 min
15 km 46:21 min Frank Shorter 15:06 min
20 km 1:01:30 h00 Frank Shorter 15:09 min
25 km 1:17:05 h00 Frank Shorter 15:35 min
30 km 1:32:49 h00 Frank Shorter 15:44 min
35 km 1:48:40 h00 Frank Shorter 15:51 min
40 km 2:05:31 h00 Frank Shorter 16:51 min

In der Anfangsphase übernahm der Brite Ronald Hill die Führung und wurde bis zum Kilometer zehn vom Australier Derek Clayton abgelöst. Der US-Läufer Frank Shorter ging bei Kilometer fünfzehn an die Spitze und war dann schnell alleine vorn. Bis zum Schluss dieses Marathonlaufs gab Shorter seine Führungsposition nicht mehr ab. Bei Kilometer zwanzig hatte er 29 Sekunden, bei Kilometer 25 schon 53 Sekunden Vorsprung. Das Tempo konnte er dabei gleichmäßig hochhalten und war bis Kilometer 35 auf Kurs für einen neuen olympischen Rekord. Shorter gewann schließlich mit über zwei Minuten Vorsprung auf den Belgier Karel Lismont, für den es die Silbermedaille gab. Eine weitere halbe Minute hinter Lismont erreichte der Olympiasieger von 1968 Mamo Wolde aus Äthiopien das Ziel und gewann diesmal Bronze. Auf den letzten Kilometern wurde Shorter im Gefühl des sicheren Sieges etwas langsamer und verpasste den Olympiarekord schließlich nur um knapp neun Sekunden.

Shorter war allerdings nicht der erste Läufer, der ins Olympiastadion einlief. Unter dem Jubel von 80.000 Zuschauern erschien dort ein junger Deutscher, der 16-jährige Oberschüler Norbert Südhaus aus Wiedenbrück. Er war Teilnehmer eines Jugendlagers bei den Olympischen Spielen, malte sich die Nummer 72 auf sein Lauftrikot, konnte sich als Läufer gekleidet auf die Strecke schmuggeln und ungehindert das Stadion betreten. Das Publikum feierte ihn anstelle des eigentlichen Siegers mit großem Jubel. Die Täuschung wurde jedoch schnell entdeckt, der Jugendliche von der Bahn geholt, ohne die Ziellinie zu überschreiten.[3] Er hatte vorher angekündigt: ich werde eine Runde im Olympiastadion laufen. Als Motiv gab er später an, veranlasst habe ihn zu seiner Aktion die traurige Stimmung, die sich nach der Geiselnahme von München fünf Tage zuvor breitgemacht habe. Südhaus wurde vorläufig festgenommen und zu Willi Daume gebracht, der ihn mit dem Satz Sie sind ein dummer Junge, Sie wissen gar nicht, was sie uns heute angetan haben begrüßte und dafür sorgte, dass der junge Mann nach Hause geschickt wurde.[4]

Shorter, der bei seiner Ankunft eigentlich Applaus und Jubel erwartet hatte, wunderte sich über den Aufruhr im Stadion und hatte später Mühe, seine Enttäuschung über den Vorfall zu verarbeiten. Südhaus schrieb ihm später einen Entschuldigungsbrief, der aber unbeantwortet blieb.[5]

Richard Mabuza – Platz siebzehn – war der erste Leichtathlet aus Swasiland, der an Olympischen Spielen teilnahm.
Kim Chang-son – Platz 37 – und Ryu Man-Hyong – Platz 49 – waren die ersten Leichtathleten, die für Nordkorea bei Olympischen Spielen dabei waren.

Videolinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Weltrekord Entwicklung beim Männer Marathon, abgerufen am 28. September 2021.
  2. Offizieller Report 1972: Die Spiele, Band 3: Die Wettkämpfe (PDF; 28.754 KB) S. 43 und 55 (englisch, französisch, deutsch), abgerufen 28. September 2021.
  3. David Clay Large: Munich 1972: Tragedy, Terror, and Triumph at the Olympic Games (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  4. Pfalzsport, Ausgabe 09, September 2012, S. 19.
  5. 1972: MUNICH:Shorter victime d'un plaisantin, marathoninfo.free.fr (französisch), abgerufen am 22. November 2017.