Orgelmakerij Reil

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Orgelmakerij Reil ist ein niederländisches Orgelbauunternehmen in Heerde. Das Familienunternehmen wurde 1934 gegründet und wird seit 2001 in dritter Generation von Hans Reil geführt. Seit 1985 wurden mehr als 60 Orgeln gebaut oder restauriert. Reil gilt als eines der führenden niederländischen Orgelbauunternehmen für die Restaurierung historischer Orgeln. Neben anderen Ländern wurden zahlreiche Instrumente nach Österreich, Norwegen und Japan exportiert.

Mitarbeiter der Werkstatt in Heerde

Geschichte

Johann Reil (* 6. April 1907; † 5. Mai 1960) wurde in München geboren. Den Orgelbau erlernte er ab 1922 bei Albert Moser und Leopold Nenninger in seiner Geburtsstadt. Nachdem Reil von 1928 bis 1929 seine Kenntnisse und Fähigkeiten in Augsburg und bei der Orgelbaufirma Zimmermann & Schäfer in Basel vertieft hatte, übersiedelte er im Jahr 1929 in die Niederlande, um im Auftrag von Zimmermann & Schäfer im Amsterdamer Tuschinski-Theater eine Kinoorgel zu bauen. Zwischen 1929 und 1934 arbeitete er für Valckx & Van Kouteren, Flentrop Orgelbouw und De Koff in Utrecht. In Rotterdam machte er sich 1934 mit einer eigenen Werkstatt selbständig, die unter dem Namen Eerste Nederlandsche Orgelonderdeelen Fabriek firmierte und für andere Firmen Orgelteile zulieferte. 1937 erfolgte der Umzug nach Heerde. Dort hatte Reil bereits 1932 seine künftige Frau Dien de Brake kennengelernt. Den ersten Orgelneubau fertigte er für die Hervormde Kerk in IJmuiden-Oost (1938) an. Ab 1948 baute er Orgeln mit mechanischer Traktur, so für die Gereformeerde Kerk in Arnemuiden.[1]

Nach seinem Tod wurde die Werkstatt von den beiden Söhnen Han (20 Jahre) und Albert (17 Jahre) fortgeführt, die beide in der väterlichen Werkstatt den Orgelbau erlernt hatten. Han Reil vertiefte sich bei Orgelbau Kuhn im Intonieren, Albert bei Busch in Herten in der Pfeifenherstellung. Durch die Kontakte mit Klaas Bolt und nachhaltig beeinflusst durch die Schnitger-Tagung 1969 in Groningen entschieden sich die Brüder für einen konsequent historisch orientierten Orgelbau des 16. bis 18. Jahrhunderts.[2] Als Ergebnis entstanden die Orgeln in der Ontmoetingskerk Dieren (1970) und die Nachbauten der Schnitger-Orgel der Jacobikerk Uithuizen (1701) für Scheveningen (1973), der Bielfeldt-Orgel in Scharmbeck für das Tokyo College of Music (1979) sowie der Steevens-Hinsz-Orgel in Tzum (1765) für die Immanuel-Kerk in Ermelo (1981). Neben großer Bewunderung für die hohe Qualität erfuhren die Nachbauten auch heftige Kritik.[3] Zwischen 1983 und 2008 entstanden neun Orgelneubauten in Österreich; 1989/1990 wurde die berühmte Orgel von Andreas Putz (1634) im Stift Schlägl restauriert. Seit 1979 wurden 14 Neubauten nach Japan und 13 nach Norwegen geliefert. Neben den Kirchenorgeln baute der Betrieb mehr als 40 Hausorgeln mit acht bis zwölf Registern (Stand: 2014). Die Firma, die unter dem Namen Gebroeders Reil expandierte, übernahm im Jahr 1994 den Betrieb von Ernst Leeflang (Apeldoorn). Ein Jahr später bezog die Firma in Heerde ein neues Werkstatt.

Als Albert im Jahr 2001 erkrankte und starb, übernahm Hans Reil, Sohn von Han Reil, die Firma. 1992 schloss er als Diplomingenieur an der Technischen Universität Enschede ab, stieg 1993 in den Familienbetrieb ein und vertiefte sich im Intonieren.[1]

Werkliste (Auswahl)

Jahr Ort Gebäude Bild Manuale Register Anmerkungen
1949 Drachten Noorderkerk III/P 31 Neubau unter Verwendung von Registern der Vorgängerorgel; 1978 ersetzt, Pfeifenmaterial in den Neubau von Pels & Van Leeuwen übernommen[4]
1966 Visquard Visquarder Kirche I/p 8 Neubau hinter historischem Gehäuse (vor 1680)
1969 Wirdum Wirdumer Kirche I/P 10 Neubau
1970 Dieren Ontmoetingskerk II/P 10 Neubau[5]
1973 Scheveningen Prinses Julianakerk
II/P 23 Neubau als Kopie der Schnitger-Orgel von Uithuizen (1701)[6]
1979 Tokio Tokyo Music College III/P 31 Neubau in Anlehnung an die Orgel von Erasmus Bielfeldt in St. Willehadi (Osterholz-Scharmbeck) (1734)[7]
1981 Ermelo Immanuelkerk II/P 24 Neubau als Kopie der Steevens/Hinsz-Orgel in Tzum (1764)[8]
1985 Wien Augustinerkirche, „Bach-Orgel“
II/P 25 Neubau
1988 Ancaster Redeemer College II/P 26 Neubau
1989–1990 Schlägl Stift Schlägl
II/P 21 Restaurierung/Rekonstruktion der Orgel von Andreas Putz (1634)/Johann Christoph Egedacher (1708)
1991 Stavanger Stavanger Domkirke III/P 51 Neubau unter Einbeziehung von Teilen der Vorgängerorgel von Frobenius Orgelbyggeri (1941)
1992 Pfarrkirche Statzendorf Pfarrkirche
II/P 14 Neubau
1994 Villach Kirche im Stadtpark II/P 18 Neubau
1994 Hamburg-Eimsbüttel Hochschule für Musik und Theater II/P 14 Neubau einer mitteltönig gestimmten Orgel im italienischen Stil
1996 Zutphen Walburgiskerk
III/P 38 Restaurierung der Orgel von Hans Henrich Bader (1639)
1999 Kampen (Niederlande) Bovenkerk
II/P 29 Neubau mit Trompetenregister über dem Gehäuse des Oberwerks → Orgeln der Bovenkerk (Kampen)
2003 Apeldoorn Jachtlaankerk II/P 14 Neubau, Stimmung nach Johann Georg Neidhardt
2005 Tokio Shinanomachi Church II/P 15 Neubau
2004–2007 Ansbach St. Gumbertus
III/P 46 Restaurierung/Rekonstruktion der Orgel von Johann Christoph Wiegleb (1736–1739)
2008 Wilten Stift Wilten II/P 14 Neubau
2009 Rosenheim Stadtpfarrkirche St. Nikolaus
III/P 41 Neubau[9]
1998–2011 Groningen Der Aa-Kerk
III/P 40 Restaurierung der Orgel von Arp Schnitger (1702) → Orgeln der Der Aa-Kerk (Groningen)
2012 Amsterdam Orgelpark II/P 5 Rekonstruktion der gotischen Orgel von Peter Gerritsz (1479) aus der Nicolaïkerk in Utrecht mit Blockwerk im Hauptwerk (VII–XVIII)
2014 Bodegraven Bethelkerk II/P 27 Neubau unter Einbeziehung alter Register der Gebroeders Van Dam (1824)

Literatur

  • Orgelmakerij Reil (Hrsg.): Harmonie en uitvoering. 75 jaar orgelmakerij Reil. Heerde 2009.
  • Wenzel Hübner: 21000 Orgeln aus aller Welt. 1945–1985. P. Lang, Frankfurt am Main 1986, ISBN 978-3-8204-9454-9 (Quellen und Studien zur Musikgeschichte von der Antike bis in die Gegenwart; 7).

Weblinks

Commons: Orgelbau Reil – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Orgelmakerij Reil: Die Geschichte der Orgelbauwerkstatt Reil, abgerufen am 29. Dezember 2013.
  2. Orgelmakerij Reil (Hrsg.): Harmonie en uitvoering. 2009, S. 25, 27.
  3. Orgelmakerij Reil (Hrsg.): Harmonie en uitvoering. 2009, S. 27–29.
  4. Orgel in Drachten, abgerufen am 29. Dezember 2013.
  5. Orgel in Dieren, abgerufen am 30. Dezember 2013.
  6. Orgel in Scheveningen, abgerufen am 30. Dezember 2013.
  7. Orgel in Tokio, abgerufen am 29. Dezember 2013.
  8. Orgel in Ermelo, abgerufen am 30. Dezember 2013.
  9. Orgel in Rosenheim, abgerufen am 29. Dezember 2013.