Paulusbriefe

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 18. Juli 2016 um 13:28 Uhr durch Kopilot (Diskussion | Beiträge) (steht nicht im Beleg und stimmt wahrscheinlich auch sonst nicht). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Als Paulusbriefe (paulinische Briefe oder Corpus Paulinum) bezeichnet man insgesamt 14 Episteln des Neuen Testaments (NT), die Paulus von Tarsus als Autor nennen oder ihm zugeschrieben wurden. Sieben davon sind in der Paulusforschung als authentisch anerkannt; diese gehören zu den ältesten Schriften des Urchristentums.

Einteilung

Forschungsstand Schriften
authentisch
umstritten
nicht authentisch

Von 14 Paulus zugeschriebenen NT-Briefen nennen 13 ihn explizit als ihren Verfasser. Die historisch-kritische Forschung unterteilt sie in authentische, umstrittene und nicht authentische Paulusbriefe. Für sieben davon ist Paulus als tatsächlicher Autor anerkannt. Zudem verfasste er nachweislich mindestens drei weitere Briefe, die jedoch verschollen sind. Bei sechs der bekannten Briefe ist seine Autorschaft mehr oder weniger stark umstritten. Der Hebräerbrief nennt keinen Verfasser. Die Alte Kirche schrieb ihn Paulus zu, er stammte aber sicher nicht von ihm. [1]

Einige der umstrittenen Briefe werden meist aus stilistischen und inhaltlichen Gründen Schülern von Paulus zugeschrieben: Diese Pseudepigraphen nennt man Deuteropaulinen. Dazu gehören eventuell der Epheser-, der Kolosser- und der zweite Thessalonicherbrief sowie die drei Pastoralbriefe (1./2. Tim, Tit). Sofern letztere in ein noch späteres Stadium datiert werden, nennt man sie auch tritopaulinisch oder Tritopaulinen.[2] Die Briefe an die Epheser, die Philipper, die Kolosser und an Philemon werden Gefangenschaftsbriefe genannt, da Paulus sie als Gefangener (in Rom, Caesarea oder Ephesus) geschrieben haben soll.

Entstehung

Die als authentisch anerkannten Paulusbriefe sind bis zu 20 Jahre vor den vier kanonischen Evangelien entstanden. Der erste Thessalonicherbrief gilt als älteste erhaltene urchristliche Schrift, entstanden zwischen 49 und 51. Der Galaterbrief entstand wahrscheinlich auf der zweiten Missionsreise des Paulus in Ephesus um 54, ebenso der erste Korintherbrief. Etwa im Jahr 57 folgten der zweite Korintherbrief, um 63 der Philipperbrief und der Philemonbrief. Noch zu Lebzeiten des Paulus verfassten Paulusschüler wahrscheinlich den zweiten Thessalonicherbrief (um 51) und den Epheserbrief (um 63). Der Kolosserbrief, der dem Epheser theologisch und sprachlich nahesteht, wird dagegen erst auf etwa 90 bis 100 datiert.[3]

Sehr früh entstanden Sammlungen dieser Briefe, die in den von Paulus gegründeten oder besuchten sowie weiteren Gemeinden zirkulierten und im Gottesdienst verlesen wurden. Diese Sammlung, das Corpus Paulinum, war ein erster Schritt zur Kanonisierung des späteren NT. Es wurde eventuell redaktionell bearbeitet, indem einige ursprünglich selbstständige Briefe zu einem gemeinsamen Paulusbrief zusammengestellt wurden. So könnte der verloren geglaubte und in 2 Kor 7,8-13 EU erwähnte Tränenbrief heute tatsächlich in Kapitel 10 bis 13 des 2. Korintherbriefs erhalten sein.[4] Das Corpus Paulinum wurde zunächst in einem eigenen Handschriftenband zusammengefasst. Eine weitere Sammlung war das Corpus Apostolicum aus der Apostelgeschichte des Lukas und den katholischen Briefen. Die vier kanonischen Evangelien kursierten als Evangeliare ebenso eigenständig. Diese drei Sammelschriften bildeten den Grundstock des NT, dem am Schluss die Offenbarung des Johannes hinzugefügt wurde.

Apokryphe Paulusschriften

Der Kanon Muratori erwähnt zwei ausdrücklich als Fälschungen bezeichnete Paulusbriefe: den Laodizenerbrief und einen Brief des Paulus an die Alexandriner, von dem nur der Name bekannt ist. In einigen Handschriften der Vulgata ist ein lateinisch abgefasster Laodizenerbrief enthalten. So befindet sich eine Abschrift beispielsweise im Buch von Armagh, die zugleich in einer Warnung als Fälschung gekennzeichnet ist. Es ist umstritten, ob dieser identisch ist mit dem Laodizenerbrief, der im Kanon Muratori erwähnt wird, eine andere Schrift mit demselben Namen ist, oder mit ihm zusammenhängt.[5] Unter den Nag-Hammadi-Schriften gibt es das Gebet des Apostels Paulus, das aber gnostische Begriffe verwendet und eindeutig nicht auf Paulus zurückzuführen ist. Der 3. Korintherbrief gilt ebenfalls als Pseudepigraphie. Aus dem vierten Jahrhundert existiert ein fiktiver Briefwechsel zwischen Seneca und Paulus, den keiner von beiden verfasst hat. Bei den Paulusakten handelt es sich um eine apokryphe Apostelgeschichte aus dem 2. Jahrhundert, die aus Kleinasien stammt.

Siehe auch

Literatur

  • Klaus-Michael Bull: Bibelkunde des Neuen Testaments: die kanonischen Schriften und die apostolischen Väter. Überblicke, Themenkapitel, Glossar. 7. Auflage, Neukirchener Theologie, Neukirchen-Vluyn 2011, ISBN 978-3-7887-2557-0.
  • Hans Conzelmann, Andreas Lindemann: Arbeitsbuch zum Neuen Testament. 14. Auflage, UTB S (Small-Format) 52; Mohr Siebeck, Tübingen 2000, ISBN 978-3-8252-0052-7.
  • Udo Schnelle: Einleitung in das Neue Testament. 7. Auflage, UTB 1830; Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2011, ISBN 978-3-8252-1830-0.
  • Claus Westermann: Abriss der Bibelkunde, 13. Aufl. Stuttgart 1991.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ernst Lautenbach (Hrsg.): Lexikon Bibel Zitate: Auslese für das 21. Jahrhundert. Iudicium, 2006, ISBN 3891297890, S. 90
  2. Für David Meade: Pseudonymity and Canon: An Investigation into the Relationship of Authorship and Authority in Jewish and Earliest Christian Tradition, WUNT 39, Tübingen: Mohr, 1986, S. 118, sind Kol und 2 Thess paulinisch: “Although some would want to include Colossians and 2 Thessalonians among the deutero-Paulines, the arguments are so contested that it would not be methodologically sound to assume ... that their pseudonymity is a foregone conclusion”.
  3. Ernst Lautenbach (Hrsg.): Lexikon Bibel Zitate, 2006, S. 91
  4. Claus Westermann: Abriss der Bibelkunde, S. 187.
  5. Karl August Credner: Zur Geschichte des Kanons, Halle 1847, S. 88.