Protokoll (Niederschrift)

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Ein Protokoll hält oder legt fest, zu welchem Zeitpunkt oder in welcher Reihenfolge welcher Vorgang durch wen oder durch was veranlasst wurde oder wird. Protokollierung bezeichnet dabei die Niederlegung der drei Protokollbestandteile Zeitpunkt, beteiligte Personen und Vorgang. Erfolgt die Niederlegung in Schriftform, spricht man auch von Niederschrift.

Etymologie

Das Wort Protokoll ist im deutschen Standardwortschatz seit dem 16. Jahrhundert nachweisbar und aus dem mittellateinischen protocollum entlehnt, welches wiederum selbst aus dem mittelgriechischen πρωτόκολλον, protókollon (aus πρώτος prótos „erster“ und κόλλα, kólla, „Klebe, Leim“) mit der Ursprungsbedeutung „[den amtlichen Papyrusrollen] vorgeleimtes Blatt“ entlehnt wurde. Ein prοtókollon war zuerst ein vorn an Papyrusrollen geklebtes Blatt mit bibliografischen Daten, entspricht also etwa dem heutigen Aktendeckel. Später übertrug sich der Begriff auf andere chronologische Aufzeichnungen, bis hin zur französischen Diplomatie, wo das Wort schließlich eine „Sammlung von Regeln“ bezeichnet.[1]

Einteilung

Protokolle können nach dem Zeitpunkt ihrer Anfertigung, nach ihrem Inhalt und nach der Art der Niederlegung unterschieden werden.

Protokollierung bezeichnet in zeitlicher Hinsicht drei Grundarten:

  • das Voraus-Protokoll („A-priori-Protokollierung“), die Regelung eines künftigen Ablaufs (Konzept),
  • die Jetzt-Protokollierung, die unmittelbare Beobachtung eines derzeitigen Ablaufs (Monitoring),
  • das Gedächtnisprotokoll („A-posteriori-Protokollierung“), die Nachweisung eines gewesenen Ablaufs.

Dort, wo eine richtige Durchführung festgelegter Abläufe auch im Nachhinein überprüfbar sein soll, wird das Voraus-Protokoll mit einem Jetzt-Protokoll oder Gedächtnisprotokoll, etwa in Form einer Prüfliste, verbunden.

In Bezug auf ihren Inhalt werden Verlaufsprotokolle und Ergebnisprotokolle unterschieden. Wird bei einer Sitzung oder Verhandlung das Gesagte genau wiedergegeben, spricht man von einem Wortprotokoll.

Eine Einteilung der Protokolle ist auch nach der Art ihrer Niederlegung möglich. Wird ein Protokoll in Langschrift oder Kurzschrift angefertigt, spricht man auch von einer Niederschrift. Weiterhin können Protokolle auf einen Tonträger gesprochen werden oder eine Ton-Bild-Aufzeichnung angefertigt werden. Eine technische Protokollierung ist durch selbsttätige Niederlegung von Abläufen in einer Datei (Log-Datei) oder einer sonstigen technischen Aufzeichnung möglich. Diese Art der Protokollierung wird in der Informatik als Logging bezeichnet.

Ein Protokoll wird von einem Schriftführer oder Protokollführer oder einem technischen Aufzeichnungsgerät angefertigt.

Aufgabe

Das Protokollieren ermöglicht Vorgänge zu rekonstruieren oder zu planen, um Fehler bzw. Fehlfunktionen zu orten bzw. zu vermeiden. Bei Staats- und Kommunikationsprotokollen soll die Festlegung von Abläufen absehbares Fehlerverhalten oder zumindest Unsicherheiten bei den Beteiligten oder bei den Abläufen zu vermeiden helfen. Bei Abfolge- bzw. den technischen Logging-Protokollen sollen mögliche Fehlentscheidungen bzw. Fehlfunktionen, die in der Gegenwart nicht erkennbar oder nicht unmittelbar behandelbar sind, zumindest im Nachhinein analysiert und kausal zugerechnet werden können (Fehleranalyse). Kommunikationsprotokolle dienen im weitesten Sinne ausschließlich der Beobachtung, Selbststeuerung und Behebung von Übertragungsfehlern.

Insofern werden Protokolle überall dort eingerichtet, wo ebenso mit regelmäßigen Abläufen aber auch Fehlern, Störungen oder Abweichungen gerechnet werden muss, weil deren Auftreten absehbar ist. Protokolle dienen der Kontrolle über Abläufe bzw. Operationen und Entitäten, entweder im Voraus, gegenwärtig oder im Nachhinein. Insofern kann die obige Definition ergänzt werden um die Funktion, die dem Protokollieren im Allgemeinen zukommt:

Das Protokollieren besteht darin, adressierbare Entitäten anhand ihrer Daten erzeugenden Operationen zu beobachten oder beobachtbar zu machen, um Abweichungen zu analysieren oder gegenwärtig zu erkennen oder zukünftig zu vermeiden.

Anforderung an ein Protokoll

An eine Protokollierung im Sinne einer beweisfesten Aufzeichnung werden deshalb hohe Anforderungen gestellt. Darunter fallen insbesondere folgende Gesichtspunkte:

  1. die inhaltliche Richtigkeit
  2. die Vollständigkeit
  3. die Erheblichkeit der erfassten Vorgänge oder Ereignisse
  4. die Echtheit der Urheberschaft
  5. die Gültigkeit des Protokolls

Nur bei Gewähr dieser Anforderungen kann ein Protokoll zuverlässig Auskunft geben. Liegt die Gewähr inhaltlicher Richtigkeit des Protokolls vor, kommt ihm positive Beweiskraft zu. Durch die positive Beweiskraft wird nachgewiesen, dass die protokollierten Vorgänge oder Ergebnisse wie erfasst stattgefunden haben. Ist die Vollständigkeit sichergestellt, kann einem Protokoll auch eine negative Beweiskraft zugeschrieben werden. Dadurch wird der Beweis erbracht, dass nicht beurkundete Vorgänge nicht stattfanden und nicht beurkundete Ergebnisse nicht zustande kamen. Mit der Echtheit des Protokolls steht und fällt seine gesamte Beweiskraft. Der Nachweis der Fälschung entkräftet das gesamte Protokoll. Die Gültigkeit eines Protokolls wird in der Regel mit der Unterschrift oder mit einem sonstigen Abschluss- und Identitätsvermerk des Protokollführers oder einer sonstigen Gewährsperson hergestellt.

Diese Anforderungen muss durch den Zeitpunkt der Anfertigung (Jetzt-Protokoll ist zuverlässiger als ein Gedächtnisprotokoll), die Art und Weise der Protokollierung (technisches Gerät oder Protokollführer), bei der Erfassung (Sensorik, Objektivität) und Lagern der Daten (Archivierung, stabiles Medium mit kontrollierter Zugänglichkeit) erfüllt werden.

Protokoll als Aufzeichnung

Als Protokolle werden solche Aufzeichnungen bezeichnet, die nach einem definierten, in der Regel gleich bleibenden, Schema angefertigt werden. Als klassisches Paradigma für eine automatisierte, beweissichere Protokollierung gilt der Flugschreiber. Diesem ähnlich ist der noch in der Entwicklung befindliche Unfalldatenspeicher in Kraftfahrzeugen, durch den Bewegungsrichtungen vor einem Verkehrsunfall rekonstruiert werden können.

Bei Sitzungen, Tagungen, Verhandlungen usw. wird eine formelle Zusammenfassung der Gespräche und Ereignisse geschrieben. Aus diesem Grund bestimmen Vereine, Verbände und ähnliche Organisationen einen Protokollführer oder Sekretär, der damit beauftragt ist. Man unterscheidet bei diesen Aufzeichnungen zwischen Verlaufsprotokoll und Ergebnisprotokoll.

Bei Computern ist dies die Protokolldatei (die sogenannte Logdatei), in der Ereignisse, wie zum Beispiel der Empfang und Versand von E-Mails oder Vorkommnisse während einer Programmausführung, nach bestimmten Regeln festgehalten (protokolliert) werden.

Bei wissenschaftlichen Experimenten und den dazugehörigen Versuchs- oder Laborprotokollen, werden neben dem Namen desjenigen, der den Versuch durchführt, sowie Zeit und Ort vor allem der Versuchsaufbau sowie die während des festgelegten Ablaufs ermittelten Messwerte notiert.

In dem Buch Film verstehen von James Monaco werden solche Geräte als Protokolltechniken bezeichnet, mit denen audiovisuelle Prozesse anhand von Filmkamera bzw. Projektor und Tonband (bzw. deren multimedialen Weiterentwicklungen) automatisiert aufgezeichnet und abgerufen werden können.

Protokoll als Niederschrift

Protokolle haben eine feste äußere Form:

  • Protokollkopf: Der Kopf des Protokolls enthält genaue Angaben:
    • Anlass (Titel der Veranstaltung, Veranstalter)
    • Datum, Beginn und Ende, Ort, Anwesende, Abwesende, Verteiler, Protokollführer, Vorsitz der Sitzung, Thema und Auflistung der Tagesordnungspunkte (TOP)
  • Hauptteil: Die eigentliche Niederschrift
  • Schluss: Ort, Datum und Unterschrift des Protokollführers rechts und die des Versammlungsleiters links (oft nach Genehmigung in der nächsten Sitzung oder – bei Ergebnisprotokollen – in derselben Sitzung). Durch zwei Unterschriften wird das Protokoll zur Urkunde (ein von nur einer Person gefertigtes Schriftstück ist dem Wesen nach eine Notiz oder ein Aktenvermerk).

Typen von Niederschrift-Protokollen

Gemeinsames: Im Kopf stehen Bezeichnung und Datum der Sitzung, Beginn und Ende, dazu Teilnehmer, Entschuldigte und Verteiler. Im Text einsortiert, vielleicht zusätzlich im Kopf, steht die Tagesordnung. Der Protokollant unterschreibt rechts, der Sitzungsleiter links.

  • Wortprotokoll: Bei einem Wortprotokoll wird jedes gesagte Wort mitgeschrieben (z. B. Deutscher Bundestag). Gefühlsäußerungen und mehrfach gesagte Wörter wie zum Beispiel und, und, und; oder, oder; ja, ja, ja werden hingegen nicht in das Protokoll aufgenommen. Die Erstellung eines Wortprotokolls wird heute zunehmend von Computerstenografen übernommen, die mithilfe einer Stenografietastatur oder Spracherkennungssoftware das gesprochene Wort in Echtzeit mitschreiben können. Eine Aufgabe, die zu früheren Zeiten Schriftdolmetscher ausübten.
  • Verlaufsprotokoll: Genaue Wiedergabe von Verlauf und Ergebnis einer Sitzung. Kurze oder ausführliche sachliche Wiedergabe in der tatsächlichen Reihenfolge; siehe auch Ablaufprotokoll.
    • Zeitform: Präsens, auch Präteritum ist möglich;
    • Gespräche: indirekte Rede (Gesprächsbeiträge in der indirekten Rede)
  • Ergebnisprotokoll: Wiedergabe der Beschlüsse und möglicher weiterer Ergebnisse;
    • Zeitform: Präsens;
  • Unterrichtsprotokoll: Es ist eine Mischung aus Verlauf und Ergebnis. Es wird thematisch nach TOPs gegliedert d. h. man fasst verschiedene Aussagen zu einem Themenaspekt zusammen, auch wenn sie im Gespräch zeitlich getrennt voneinander geäußert wurden.

Anwendungsbereiche

Protokolle in der Telekommunikation und Informatik

Protokolle in der Telekommunikation und Informatik sind Regeln, welche das Format, den Inhalt, die Bedeutung und die Reihenfolge gesendeter Nachrichten zwischen verschiedenen Instanzen (der gleichen Schicht) festlegen, siehe Netzprotokolle, Protokoll (Datenbank). Diese Protokolle regeln den Ablauf, und stellen gleichzeitig dessen Dokumentation sicher.

Eine weitere elementare Funktion der Datenbearbeitung ist die Logdatei (Ereignisprotokoll), die eine automatische zeitliche Aufstellung von gewissen Vorgängen enthält.

Das Protokoll in der Diplomatie

In der Diplomatie unterliegen sämtliche zwischenstaatliche Abläufe einer ganzen Reihe von Regeln, die möglichst genau eingehalten werden müssen, um keinen diplomatischen Zwischenfall auszulösen. Beispielsweise gelten für den Ablauf eines Staatsbesuches, aber auch für die Kleiderordnung, die Tischordnung usw. verbindliche Regeln.

Die Außenministerien der meisten Länder haben Angestellte, die sich ausschließlich mit der Einhaltung des diplomatischen Protokolls und der Beachtung der Protokollarischen Rangordnung, der Präzedenz, befassen. Weitere Protokollstellen gibt es meist beim Staatsoberhaupt, beim Innenministerium (für das innerstaatliche Protokoll und Zeremoniell) und beim Verteidigungsministerium (für die Repräsentationstruppenteile oder Garden). Nicht zum Protokoll gehören, wenngleich sie auch dort eine Rolle spielen, die Umgangsformen (Etikette).

Vgl. auch Vereinbarte Niederschrift in Angelegenheiten der Europäischen Union mit Drittstaaten.

Protokolle in der Diplomatik

In der Lehre von den Urkunden des Mittelalters und der Frühen Neuzeit (Diplomatik) bezeichnet man als Protokoll den formelhaften einleitenden Teil einer Urkunde, der häufig eine Anrufung Gottes (Invocatio), den Titel des Ausstellers (Intitulatio) sowie eine Anrede des Empfängers (Salutatio) enthält. Für diesen Textteil ist auch der Begriff „Eingangsprotokoll“ gebräuchlich, der dann mit dem „Schlussprotokoll“ am Ende der Urkunde korrespondiert.

Versuchsprotokoll in der Forschung

Ein Versuchsprotokoll beschreibt die Durchführung eines wissenschaftlichen Versuchs und dokumentiert mögliche Ergebnisse. Es beinhaltet Versuchsdurchführung, gegebenenfalls Beobachtungen und Erklärung sowie Auswertung der Ergebnisse.

Rechtsprechung

Über die mündlichen Verhandlungen in Gerichtsverfahren wird ein Protokoll erstellt, so im Strafprozess das Hauptverhandlungsprotokoll.

Literatur

  • Melanie Moll: Das wissenschaftliche Protokoll. Vom Seminardiskurs zur Textart: empirische Rekonstruktionen und Erfordernisse für die Praxis (= Studien Deutsch 30). Iudicium, München 2001, ISBN 3-89129-141-8 (Zugleich: München, Univ., Diss., 2001).
  • Michael Niehaus, Hans-Walter Schmidt-Hannisa (Hrsg.): Das Protokoll. Kulturelle Funktion einer Textsorte. Lang, Frankfurt am Main u. a. 2005, ISBN 3-631-50315-6.

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary: Protokoll – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Kluge Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 24. Auflage