Rheinhessen (Provinz)

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Hessen, 1900, Rheinhessen auf dem linken Rheinufer im Südwesten
Die drei Provinzen des Volksstaats Hessen, 1930

Rheinhessen war eine der drei Provinzen des Großherzogtums und späteren Volksstaats Hessen. Die Provinz bestand von 1816 bis 1937 und umfasste hauptsächlich die linksrheinischen Gebiete des Landes. Provinzhauptstadt und größte Stadt des gesamten Großherzogtums war Mainz. Andere wichtige Städte waren Worms und Bingen. Der Name der Provinz hat sich bis heute für die Region erhalten. (Siehe Artikel Rheinhessen)

Gebiet

Alle linksrheinischen (also westlich des Rheins gelegenen) Gebiete Hessens gehörten zur Provinz. Auf der rechten Rheinseite gehörten die sechs rechtsrheinischen Stadtteile von Mainz (Amöneburg, Kastel, Kostheim, wie auch (erst ab 1930) Bischofsheim, Ginsheim und Gustavsburg) zur Provinz Rheinhessen, außerdem die durch die Rheinbegradigung entstandene Insel Kühkopf, die durch die Neutrassierung der Schifffahrtsrinne nun nicht mehr links, sondern rechts des Flusses lag, aber weiterhin ein Teil Rheinhessens blieb.

Die Provinz grenzte im Osten an die hessische Provinz Starkenburg, im Süden an die zu Bayern gehörende Pfalz, im Westen an die preußische Rheinprovinz und im Norden ab 1866 an die ebenfalls preußische Provinz Hessen-Nassau. Die Grenzen zu Hessen-Nassau und Starkenburg bildete, mit den erwähnten Ausnahmen, der Rhein, die Grenze zur Rheinprovinz folgte größtenteils dem Fluss Nahe.

Geschichte

Das linksrheinische Gebiet der späteren Provinz Rheinhessen gehörte von 1798 bis Anfang 1814 zum Département Donnersberg und war Teil Frankreichs. Nach der Einnahme des Linken Rheinufers durch die Alliierten wurde die Region von 1814 bis 1816 von der österreichisch-baierischen Gemeinschaftlichen Landes-Administrations-Commission verwaltet.[1] Auf dem Wiener Kongress (1815) war dem Großherzog von Hessen als Entschädigung für das an Preußen abgetretene Herzogtum Westfalen eine Länderfläche im ehemaligen Departement Donnersberg mit 140.000 Seelen zugesprochen worden (Artikel 47 des Hauptvertrages).[2]

In einem am 30. Juni 1816 mit Österreich und Preußen geschlossenen Staatsvertrag wurden nähere Festlegungen über das Territorium getroffen.[3] Am 8. Juli 1816 erfolgte die Besitzergreifung der nachherigen Provinz Rheinhessen.[4]

Die beiden anderen Provinzen des Großherzogtums Hessen waren Oberhessen (Hauptstadt: Gießen) und Starkenburg (Hauptstadt: Darmstadt). Durch großherzogliche Verordnung vom 11. August 1818 wurde auf Drängen der Rheinhessen erneut der ehemalige Départementalrat, nun unter dem Titel „Provinzialrat“, eingeführt.

Die Provinz Rheinhessen wurde zunächst in elf Kantone aufgeteilt, die aus der französischen Verwaltungsstruktur des Arrondissement de Mayence übernommen wurden. 1835 wurden wie bereits einige Jahre zuvor (1832) in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen die Kreise Mainz, Bingen, Alzey und Worms als staatliche Verwaltungsbezirke eingerichtet, wobei Mainz als Stadtkreis entstand.

Die Provinzen und Kreise des Großherzogtums wurden am 31. Juli 1848 abgeschafft und durch Regierungsbezirke ersetzt, wobei der Regierungsbezirk Mainz zunächst die ganze Provinz Rheinhessen umfasste. 1850 wurde der Regierungsbezirk Worms geschaffen, der aus den ehemaligen Kreisen Worms und Alzey bestand. Diese Verwaltungsstruktur wurde am 12. Mai 1852 wieder rückgängig gemacht und man kehrte zur Kreiseinteilung zurück. Es entstanden wieder die Kreise Mainz, Bingen, Alzey und Worms, sowie der neue Kreis Oppenheim. Mainz wurde wieder in den Kreis Mainz eingegliedert. 1871 wurde Hessen Teil des Deutschen Reichs.

Im Zuge der 1874 im Großherzogtum Hessen nach preußischem Vorbild vorgenommenen Reform der Kreisverfassung kam es auch zu einer neuen Kreiseinteilung. Die damals geschaffene Gliederung des Großherzogtums in sieben die Provinz Starkenburg bildende Kreise (Bensheim, Darmstadt, Dieburg, Erbach, Groß-Gerau, Heppenheim, Offenbach), sechs oberhessische (Alsfeld, Büdingen, Friedberg, Gießen, Lauterbach, Schotten) und fünf rheinhessische Kreise (Alzey, Bingen, Mainz, Worms, Oppenheim) hatte mehr als sechs Jahrzehnte Bestand. Nach der 1936 erfolgten Auflösung der Provinzial- und Kreistage im nunmehrigen Volksstaat Hessen (ab 1918) und der 1937 durchgeführten Aufhebung der drei Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen brachte das Jahr 1938 eine Überprüfung der Kreisgrenzen. Durch Aufhebung der Kreise Bensheim, Schotten sowie Oppenheim verminderte sich im November gleichen Jahres die Gesamtzahl der Kreise auf insgesamt 15. Gleichzeitig wurden die Städte Darmstadt, Gießen, Mainz, Offenbach und Worms als Stadtkreise verselbständigt. Diese so geschaffene Kreiseinteilung des Volksstaates hatte zunächst bis zum Kriegsende 1945 Bestand.

1945 wurden die Gebiete der beiden anderen ehemaligen Provinzen, Starkenburg und Oberhessen, Teil des neuen Landes Groß-Hessen, ebenso die kleinen rechtsrheinischen Gebiete Rheinhessens, also der rechtsrheinische Teil von Mainz und der Kühkopf. Das linksrheinische Hauptgebiet Rheinhessens kam zur französischen Besatzungszone und wurden dort als Regierungsbezirk Rheinhessen Teil des neuen Landes Rheinland-Pfalz.

Heutige Gebietskörperschaften auf dem Gebiet der ehemaligen Provinz sind die kreisfreien Städte Mainz und Worms sowie die Landkreise Mainz-Bingen und Alzey-Worms.

Gliederung

Übernahme der Kantone

In der Provinz Rheinhessen wurden nach ihrer Einrichtung 1816 die Kantone aus der französischen Verwaltungsstruktur zunächst beibehalten.[4] Im Einzelnen waren dies die Kantone des ehemaligen Arrondissements Mainz, mit Ausnahme des Kantons Kirchheim:

sowie zwei der Kantone des ehemaligen Arrondissements Speyer:

Umgliederung in Kreise

Am 5. Februar 1835 wurden die elf Kantone durch vier Kreise ersetzt:[6]

Die Stadt Mainz wurde bereits am 16. Februar 1835 ein eigener Stadtkreis.

Umgliederung in Regierungsbezirke

Ab dem 31. Juli 1848 bestand auf dem Gebiet der Provinz anstelle von Provinz und Landkreisen zunächst der

1850 kam der

Rückkehr zu den Kreisen

Am 12. Mai 1852 wurden wieder die alten Kreise geschaffen, wobei der

  • Kreis Oppenheim neu gebildet wurde und
  • die Stadt Mainz wieder in den Kreis Mainz eingegliedert wurde

Im November 1938 wurde der Kreis Oppenheim aufgelöst und es entstanden die Landkreise Alzey, Bingen, Mainz und Worms, sowie die Stadtkreise Mainz und Worms.[7]

Provinzialdirektoren

Die Provinz wurde ab 1816 zunächst von einer Generaldirektion auf der linken Rheinseite verwaltet. Zum 1. Januar 1817 wurde eine neue Regierungskommission mit der Verwaltung beauftragt, die am 25. März 1818 in Provinzialregierung umbenannt wurde. Präsident dieser Regierung war Ludwig Christian Christoph von Lichtenberg. Mit der Bildung der Kreise mit dem Edikt vom 4. Februar 1835 wurde auch die Provinzialregierung abgeschafft. Ihre Kompetenzen fielen an die Regierung des Großherzogtums Hessen bzw. die Kreise. Der Kreisrat in Mainz erhielt einige Kompetenzen auf Provinzebene in Polizei- und Militärangelegenheiten und führte den Titel Provinzkommissar.

Infolge der Märzrevolution wurden die Kreise abgeschafft und durch Regierungsbezirke ersetzt. 1852 entstanden die Kreise wieder und ebenfalls die Funktionen als Provinzkommissar. Schrittweise wurden die Kompetenzen der Provinzkommissare erweitert und 1860 waren daraus selbstständige Provinzialdirektionen entstanden, an deren Spitze ein vom Großherzog ernannter Provinzialdirektor stand, der auch Vorsitzender des Provinzialtags war.[8]

Dienstbezeichnung Landrat Amtszeit
Kreisrat, Geheimer Regierungsrat Carl Schmitt 1852–1874
Kreisrat, Geheimer Regierungsrat Theodor Goldmann 1874–1877
Kreisrat Ludwig Roeder von Diersburg 1877–1881
Kreisrat Friedrich Küchler 1881–1891
Kreisrat Karl Rothe 1891–1898
Kreisrat Maximilian Freiherr von Gagern 1898–1908
Kreisrat Friedrich von Hombergk zu Vach 1908–1910
Kreisrat Andreas Breidert 1910–1913
Kreisrat Kreisrat Wilhelm Best 1913–1922
Kreisdirektor Karl Usinger 1922–1929 in Mainz
Kreisdirektor Wilhelm Wehner (Kreisdirektor) 1929–1937

Literatur

  • Johann Philipp Bronner: Der Weinbau in der Provinz Rheinhessen, im Nahethal und Moselthai. Heidelberg 1834.
  • Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogtums Hessen. 2. Band, Provinz Rheinhessen, Darmstadt 1830.
  • Johann Andreas Demian: Beschreibung oder Statistik und Topographie des Großherzogtums Hessen. 2. Abteilung, Mainz 1825, Rheinhessen, ab S. 109.
  • Joseph Jérome: Statistisches Jahrbuch der Provinz Rheinhessen für das Jahr 1824. Mainz, Theodor von Labern.

Einzelnachweise

  1. Amtsblatt der K.K.-Österreichischen und K.-Baierischen Gemeinschaftlichen Landes-Administrations-Commission zu Kreuznach, 1816, S. 368 (Online)
  2. Haupt-Vertrag des zu Wien versammelten Congresses der europäischen Mächte, Fürsten und freie Städte vom 9. Juni 1815, Artikel 97, Seite 96 (Online)
  3. Beiträge zur Statistik des Grossherzogthums Hessen, Bände 1–5, 1862, S. 58 (Online)
  4. a b Wilhelm Hesse: Rheinhessen in seiner Entwickelung von 1798 bis Ende 1834, Kupferberg, 1835, S. 119 (Online)
  5. Sammlung Grossherzoglich Hessischer Gesetze und Verordnungen, Band 3, v. Zabern, 1835, S. 198 (Online)
  6. Der Rheinbayer, Kranzbühler, 1835, S. 74 (Online)
  7. Land Hessen 1939 Verwaltungsstruktur
  8. Provinzkommissar u.a.: Repertorien des hessischen Staatsarchives Darmstadt: Regierung der Provinz Rheinhessen (Bestand G 14 C), 2005, Seite V In: Archivinformationssystem Hessen (Arcinsys Hessen).