Spread (Wirtschaft)

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Als Spread (englisch spread für ‚Spanne‘) bezeichnet man in der Wirtschaft allgemein die Differenz zwischen zwei einheitsgleichen zu vergleichenden ökonomischen Größen.

Allgemeines

Der Anglizismus „Spread“ bezeichnet die Spanne, Spreizung oder Differenz zwischen zwei vergleichbaren ökonomischen Größen. Als Indikator findet der Spread insbesondere Anwendung im Wertpapierhandel und in der Volkswirtschaftslehre. Hierbei gilt allgemein, dass je breiter ein Spread ausfällt, desto höher die Kredit-, Markt- und Liquiditätsrisiken sind und desto höher die Gewinnspannen ausfallen und umgekehrt. Der Spread ist eine betriebswirtschaftliche Kennzahl und gehört zu den wichtigsten Marktdaten im Finanzwesen.

Arten

Man unterscheidet kursbezogene, zinsbezogene, termingeschäftsbezogene Spreads und die Spreads im Optionshandel.

Kursbezogene Spreads

Die „Geld-Brief-Spanne“ ist bei Wertpapieren, Devisen, Sorten, Edelmetallen (Finanzinstrumente) und Waren (englisch Commodities) die Differenz zwischen Geld- und Briefkurs.[1] Sie wird auch als Marktbreite (englisch bid-ask spread) bezeichnet und ist ein Liquiditätsmaß, das die Transaktionskosten der Marktteilnehmer angibt.[2]

Beide Kurse sind niemals identisch, weil ihre Differenz die Brutto-Gewinnspanne der Kreditinstitute und sonstigen Marktteilnehmer enthält. Sie verkaufen aus ihrer Sicht zum höheren Briefkurs (englisch ask) und kaufen zum niedrigeren Geldkurs (englisch bid). Geld- und Briefkurse gibt es sowohl an der Börse als auch im außerbörslichen Handel. Die Kurszusätze hierfür lauten „G“ und „B“. Bei Wertpapieren bedeuten diese jedoch, dass kein Börsenumsatz stattfand und entweder zwar Nachfrage vorhanden war, jedoch zum gebotenen Preis kein Angebot („G“) oder zwar Angebot vorhanden war, jedoch zum geforderten Preis keine Nachfrage vorlag („B“).

Im Market Making von Jumbo-Pfandbriefen ist der Spread fest definiert und laufzeitabhängig. Bei Laufzeiten bis zu drei Jahren beträgt der Spread 0,05 Eurocent, 3-6 Jahre 0,06 Eurocent, über 6 Jahre bis einschließlich 8 Jahre 0,08 Eurocent und darüber hinaus 0,10 Eurocent. Der Spread signalisiert dem Market-Maker, ob er eine eingegangene Long- oder Short-Position wieder glattstellen kann.

Es kann ferner zwischen dem expliziten Bid-Ask-Spread und dem impliziten unterschieden werden. Während man unter dem expliziten Bid-Ask-Spread den sofort erkennbaren Unterschied zwischen Geld- und Briefkursen versteht, handelt es sich beim impliziten Bid-Ask-Spread um eine Schätzung vorangegangener Transaktionen und Renditen.[3]

Es gibt im Devisengeschäft auch einen Spread zwischen Kassakurs (englisch spot price) und Terminkurs (englisch forward price). Die Differenz beider Kurse heißt bei Mengennotierung Deport (Abschlag), wenn der Devisenterminkurs unter dem Kassakurs liegt oder Report (Aufschlag), wenn der Devisenterminkurs höher ist als der Kassakurs. Bei Devisenswaps, die aus der Kombination eines Kassageschäfts mit einem Termingeschäft bestehen, sind Kassakurs und Terminkurs von Interesse. Die Differenz beider Kurse ist der Spread, der in diesem Falle Swapsatz genannt wird. Bei Commodities beinhaltet der Spread zwischen Kassa- und Terminkurs die Kapitalkosten und Lagerkosten sowie die Prämie für die sofortige Verfügbarkeit des Basiswerts.[4] Im Falle von Rohstoffen besteht meist ein Deport-Markt (englisch Backwardation), auf dem der Kurswert für die sofortige Verfügbarkeit überwiegt und deshalb die Kassakurse höher liegen als die Terminkurse. Das Gegenteil mit höheren Terminkursen heißt Contango; beide sind für Spekulations- und Arbitragegeschäfte geeignet.

Die Wechselkursbandbreiten waren im Devisenmarkt in Zeiten fester Wechselkurse feststehende Kursspannen zwischen Geld- und Briefkurs, die nicht unter- oder überschritten werden durften. Dieses Wechselkursregime besteht seit der Einführung des Euro im Januar 1999 nicht mehr, so dass die Fremdwährungen im Rahmen des Floating frei schwanken dürfen. Übrig geblieben sind bei Devisen noch die Spreads zwischen Geld- und Briefkurs.

Zinsbezogene Spreads

Der Zinsspread ist der absolute Zinsunterschied zwischen dem kurzfristigen und dem langfristigen Zinssatz oder einer Anleihe und einer vergleichbaren risikolosen Anleihe. Zu Normalzeiten gibt es unterschiedliche Zinsniveaus auf den Geld- und Kapitalmärkten, so dass es zu Zinsspreads zwischen beiden Märkten kommt. Dabei kann nach Laufzeit oder Bonität unterschieden werden. Die Differenz zwischen langfristigen Zinsen des Kapitalmarkts und kurzfristigen Zinsen des Geldmarkts wird als stilistische Zinsstrukturkurve bezeichnet. Üblich ist ein Vergleich zwischen 10-jährigen und 3-monatigen Zinssätzen. Dabei stellt die Differenz zwischen dem Nennwert und dem Kurswert eines Wertpapiers die künftigen Renditeerwartungen dar. Diese Differenz wird insbesondere durch den risikofreien Marktzins und den Zinsspread bestimmt. Der Zinsspread gilt als Indikator für makroökonomische Phänomene. So werden einer steilen Zinsstrukturkurve mit niedrigen Zinsen im Geldmarkt expansive Effekte zugeschrieben und umgekehrt.[5] Ein Spread-Risiko liegt vor, wenn über einen risikolosen Zins hinaus noch ein Zinsspread vorhanden ist; er sagt etwas über das Ausfallrisiko eines Schuldners aus.

Der Vergleich von Renditen gleicher Laufzeit und unterschiedlicher Schuldner-Bonitäten wird als Credit Spread bezeichnet. So ist es beispielsweise üblich, bei einer Unternehmensanleihe nicht die absolute Rendite anzugeben, sondern vielmehr den Credit Spread gegenüber einer als weitgehend risikolos betrachteten Staatsanleihe bester Bonität. Je höher der Credit Spread, umso höher ist das Bonitätsrisiko einer Anleihe einzustufen. Die Spreads der Credit Default Swaps (CDS) stellen die Preise von Credit Default Swaps dar. Während Credit Spreads berechnet werden müssen, stehen CDS-Spreads über Börseninformationssysteme für zahlreiche Emittenten und verschiedene Restlaufzeiten zur Verfügung.

Termingeschäftsbezogene Spreads

Als „Spread“ oder „Straddle“ bezeichnet man im Terminhandel den gleichzeitigen Kauf und Verkauf von Termingeschäften mit verschiedenen Laufzeiten am selben Markt, mit verschiedenen Basiswerten oder an verschiedenen Börsen (der letzte Fall wird besser Arbitrage genannt).[6] Diese Spread-Geschäfte zielen nicht auf absolute Preisänderungen bei einem Termingeschäft ab, sondern auf eine Änderung der Preisdifferenz zwischen dem erworbenen und dem veräußerten Termingeschäft.

Optionsstrategie

Auch eine Optionsstrategie bei Derivaten heißt Spread. Sie liegt zugrunde, wenn gleichzeitig zwei Optionen gleicher Art (Kauf oder Verkauf) gekauft und verkauft werden, wobei sich beide Optionen nur im Basispreis oder Verfalldatum unterscheiden.[7] Ist der Optionspreis der verkauften Option höher als der der gekauften Option, entsteht ein Überschuss. Mit Hilfe eines Spreads kann das Risiko gegenüber dem alleinigen Kauf (oder Verkauf) von Kaufoptionen (englisch Calls) oder Verkaufsoptionen (englisch Puts) stärker begrenzt werden, weil der maximale Verlust oder Gewinn von vorneherein feststeht.[8] Als übergeordnete Arten gibt es bei den Preis-Spreads die Bull spreads (bei steigenden Kursen) und Bear spreads (bei sinkenden Kursen). Ihre Unterarten heißen Bull Call Spread und Bull Put Spread sowie Bear Call Spread und Bear Put Spread. Bull spreads und Bear spreads sind durch den Butterfly spread miteinander verbunden.

Bedeutung

Spreads gelten oft als Frühindikatoren, weil sie Hinweise darauf geben können, wie ein Risiko gegenwärtig einzuschätzen ist und sich künftig entwickeln kann. Spreads sind regelmäßig Vergleichszahlen, mit deren Hilfe auch Risikoprognosen möglich sind. Ein Vergleich von Rating und Credit Spread beispielsweise zeigt, dass eine Veränderung des Credit Spread früher eintritt als die Ratingmigration.[9] Die Ratingagenturen reagieren im Regelfall mit einer Zeitverzögerung auf eingetretene Risikoveränderungen, während der Markt diese Veränderungen über Spreads frühzeitig anzeigt.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Dennis Metz, Devisenhandel, 2007, S. 34
  2. Oded Sarig/Arthur Warga, Bond Price Data and Bond Market Liquidity, 1989, S. 370
  3. Till Gombert, Buchliquidität, Präsenzliquidität und Bietverhalten, 2005, S. 77
  4. Marc Engelbrecht, Asset Allocation im Private Banking, 2015, S. 144
  5. Ralph Anderegg, Grundzüge der Geldtheorie und Geldpolitik, 2007, S. 124
  6. Hans Schulz, Erfolgreicher Terminhandel, 1984, S. 21
  7. Heiko Staroßom, Corporate Finance, Teil 1, 2013, S. 173
  8. Heiko Staroßom, Corporate Finance, Teil 1, 2013, S. 173
  9. Andrea Resti/Andrea Sironi, The Basel Committee Approach To Risk-Weights And External Ratings: What Do We Learn From Bond Spreads?, 2005, S. 9