Sudovikovit

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Sudovikovit
Sudovikovit-Kristallgruppe aus Itabira, Minas Gerais, Brasilien
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1995-009[1]

IMA-Symbol

Svi[2]

Chemische Formel PtSe2[3][1]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfide und Sulfosalze
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

II/D.28-055

2.EA.20
02.12.14.07
Kristallographische Daten
Kristallsystem trigonal
Kristallklasse; Symbol ditrigonal-skalenoedrisch; 32/m
Raumgruppe P3m1 (Nr. 164)Vorlage:Raumgruppe/164
Gitterparameter a = 3,73 Å; c = 5,02 Å[3]
Formeleinheiten Z = 1[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3[4] (VHN20 = 81–93, durchschnittlich 87 kg/mm2[5])
Dichte (g/cm3) berechnet: 9,7[5]
Spaltbarkeit gut[4]
Farbe silbergrau, bleigrau[4]
Strichfarbe grau[4]
Transparenz undurchsichtig (opak)[5]
Glanz Metallglanz[5]

Sudovikovit (IMA-Symbol Svi[2]) ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ mit der chemischen Zusammensetzung PtSe2[3] und damit chemisch gesehen ein Platinselenid. Als enge Verwandte der Sulfide werden die Selenide in dieselbe Klasse eingeordnet.

Sudovikovit kristallisiert im trigonalen Kristallsystem, konnte bisher jedoch nur in Form von mikroskopisch kleinen, unregelmäßigen Körnern und Einschlüssen in Clausthalit bis etwa 180 μm Größe entdeckt werden. Das Mineral ist vollkommen undurchsichtig (opak) und zeigt auf den Oberflächen der silbergrauen bis bleigrauen Körner einen metallischen Glanz. Seine Strichfarbe ist ebenfalls grau. Unter dem Auflichtmikroskop erscheint Sudovikovit allerdings weiß mit einem Stich ins Gelbliche. Zudem variiert seine Farbe aufgrund des starken Reflexionspleochroismus zwischen hellgelb und hellviolett.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals entdeckt wurde Sudovikovit in der Uran-Vanadium-Lagerstätte Srednyaya Padma (russisch Средняя Падма) der Velikaya Guba (russisch Великая Губа) nahe dem gleichnamigen Fluss Padma am Onegasee auf der Halbinsel Saoneschje (englisch: Zaonezhie; russisch Заонежье) in der zur Russischen Föderation gehörenden Republik Karelien. Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte durch Ju. S. Polechowskij, I. P. Tarassowa, A. R. Nesterow, Ja. A. Pachomowskij und A. Ju. Bachtschissaraizew (russisch: Ю. С. Полеховский, И. П. Тарасова, А. Р. Нестеров, Я. А. Пахомовский, А. Ю. Бахчисарайцев), die das Mineral nach dem sowjetischen Geologen und Petrologen Nikolai Georgijewitsch Sudowikow (englisch: Nikolai Georgievich Sudovikov; russisch: Николай Георгиевич Судовиков; 1903–1966) benannten.

Das Mineralogenteam sandte seine Untersuchungsergebnisse und den gewählten Namen 1995 zur Prüfung an die International Mineralogical Association (interne Eingangs-Nr. der IMA: 1995-009[1]), die den Sudovikoit als eigenständige Mineralart anerkannte. Die Publikation der Erstbeschreibung folgte zwei Jahre später im russischen Fachmagazin Доклады Академии наук [Doklady Akademii Nauk] (deutsch: Berichte der Akademie der Wissenschaften). Die Anerkennung wurde 1998 mit der Publikation der New Mineral Names im englischsprachigen Fachmagazin American Mineralogist nochmals bestätigt.

Das Typmaterial des Minerals wird in der Mineralogischen Sammlung der Staatlichen Bergbau-Universität Sankt Petersburg (ehemals Staatliches Bergbauinstitut) in Sankt Petersburg aufbewahrt.[5]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da der Sudovikoit erst 1995 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er in der seit 1977 veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. II/D.28-055. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort der Abteilung „Sulfide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : S,Se,Te < 1 : 1“, wo Sudovikovit zusammen mit Berndtit, Kitkait, Melonit, Merenskyit, Moncheit, Shuangfengit und Verbeekit die „Melonitgruppe“ mit der System-Nr. II/D.28 bildet.[4]

Die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[6] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Sudovikovit dagegen in die Abteilung der „Metallsulfide mit M : S ≤ 1 : 2“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach dem genauen Stoffmengenverhältnis und den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „M : S = 1 : 2; mit Cu, Ag, Au“ zu finden ist, wo es allerdings ebenfalls zusammen mit Berndtit, Melonit, Moncheit, Merenskyit, Kitkait und Shuangfengit die „Melonitgruppe“ mit der System-Nr. 2.EA.20 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Sudovikoit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er ebenfalls in der „Melonitgruppe (Trigonal: P3m1) AX2-Typ“ mit der System-Nr. 02.12.14 innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Seleniden und Telluriden – mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m+n) : p = 1 : 2“ zu finden.

Chemismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der theoretisch idealen, das heißt stoffreinen Verbindung von Sudovikovit (PtSe2) besteht das Mineral aus Platin (Pt) und Selen (Se) im Stoffmengenverhältnis von 1 : 2. Dies entspricht einem Massenanteil (Gewichts-%) von 55,26 Gew.-% Pt und 44,74 Gew.-% Se.[7]

Insgesamt 12 Mikrosondenanalysen an natürlichen Mineralproben aus der Typlokalität ergaben dagegen eine durchschnittliche Zusammensetzung von 53,38 Gew.-% Pt und 43,70 Gew.-% Se sowie zusätzlich einen Palladiumgehalt (Pd) von 2,52 Gew.-%. Auf der Basis von zwei Selenatomen korrespondieren diese Werte mit der empirischen Formel (Pt0,99Pd0,08)Σ=1,07Se2,00, die zur eingangs genannten Formel idealisiert wurde.[5]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sudovikovit kristallisiert in der trigonalen Raumgruppe P3m1 (Raumgruppen-Nr. 164)Vorlage:Raumgruppe/164 mit den Gitterparametern a = 3,73 Å und c = 5,02 Å sowie einer Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Die Kristallstruktur von Shuangfengit besteht aus IrTe6-Oktaedern, die Schichten senkrecht zur c-Achse {0001} bilden. Die einzelnen Schichten werden nur über schwache Van-der-Waals-Kräfte zusammengehalten,[3] was auch die Ursache für die gute Spaltbarkeit entlang dieser Kristallachse ist.

Kristallstruktur von Sudovikovit[8]
Farbtabelle: _ Pt 0 _ Se

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An seiner Typlokalität, der in der Uran-Vanadium-Lagerstätte Srednyaya Padma auf der Halbinsel Saoneschje in der zur russischen Föderation gehörenden Republik Karelien, fand sich Sudovikoit eingeschlossen in Clausthalit in Dolomit-Roscoelith-Gängen. Neben diesen Gangmineralien traten als weitere Paragenesen noch gediegen Bismut und Gold, Bohdanowiczit, Clausthalit, Froodit, Guanajuatit, Insizwait, Padmait, Polarit, Quarz, Sobolevskit sowie die noch unbenannten Verbindungen PtBiSe und PtCoCu(Se,S)4.[5]

Sudovikovit gehört zu den sehr seltenen Mineralbildungen und konnte bisher in nur wenigen Proben nachgewiesen werden. Außer seiner Typlokalität, die auch die bisher einzige Fundstätte in Russland darstellt, trat Sudovikovit weltweit nur noch in der sedimentären Gold-Palladium-Platin-Lagerstätte der Serra Pelada Claims nahe der Stadt Curionópolis im Bundesstaat Pará und in der Eisen-Gold-Palladium-Mine Cauê bei Itabira im Bundesstaat Minas Gerais in Brasilien auf.[9]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ю. С. Полеховский, И. П. Тарасова, А. Р. Нестеров, Я. А. Пахомовский, А. Ю. Бахчисарайцев: Судовиковит PtSe2Новый селенид платины из метасоматитов Южной Карелии. In: Доклады Академии наук. Band 354, Nr. 1, 1997, S. 82–85 (russisch, rruff.info [PDF; 1,6 MB; abgerufen am 21. Dezember 2020] englische Transliteration: Y. S. Polekhovskiy, I. P. Tarasova, A. P. Nesterov, Y. A. Pakhomovskiy, A. Y. Bakhchisaraitsev: Sudovikovite PtSe2 – a new platinum selenide from Karelia metasomite. In: Doklady Akademii Nauk).
  • John Leslie Jambor, Vladimir A. Kovalenker, Andrew C. Roberts: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 83, 1998, S. 1117–1121 (englisch, rruff.info [PDF; 73 kB; abgerufen am 21. Dezember 2020]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Sudovikovite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 1. Februar 2023 (englisch).
  2. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 19. Dezember 2022]).
  3. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 101 (englisch).
  4. a b c d e Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. a b c d e f g John Leslie Jambor, Vladimir A. Kovalenker, Andrew C. Roberts: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 83, 1998, S. 1117–1121 (englisch, rruff.info [PDF; 73 kB; abgerufen am 21. Dezember 2020]).
  6. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 21. Dezember 2020 (englisch).
  7. Sudovikovit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 21. Dezember 2020.
  8. Ralph Walter Graystone Wyckoff: Crystal Structures. Band 1, 1963, S. 239–444, doi:10.1107/S0365110X65000361 (englisch)., siehe auch American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database – Shuangfengite. In: rruff.geo.arizona.edu. Abgerufen am 20. Dezember 2020 (englisch).
  9. Fundortliste für Sudovikovit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 21. Dezember 2020.